Inhalt: Adventskalender-FF. Was haben diejenigen zu sagen, die nicht so oft zu Wort kommen? Was treibt Professor McGonagall in ihrer Animagusform? Welcher Film lockt Charlie Weasley und Hagrid ins Kino? Wie hat Dudley seine Zeit mit Harry erlebt und warum haben die Dementoren ihn so beeinflusst? Bis Weihnachten werdet ihr es wissen.

Titel: Hidden Voices

Autor: ChrissiTine

Disclaimer: Alle Potter- und Weasley-Kinder gehören J.K. Rowling, selbst wenn die meisten nur in Interviews erwähnt worden sind. Alle Ehepartner und Freunde der nächsten Generation sind allerdings meine eigenen Erfindungen.

A/N: Die FF gehört in mein 10-kleine-Dinge-Universum, kann aber auch separat gelesen werden. Ohne Bezug zu The Cursed Child.

So, da ist er wieder, mein jährlicher Adventskalender. Ich hoffe, er interessiert überhaupt noch jemanden. Dieses Jahr hatte ich einige Probleme, ein Thema zu finden, das sich durch die FF zieht, und weil mir nichts Gutes eingefallen ist, sind die Geschichten dieses Mal etwas durcheinander gewürfelt. Charlie und Hagrid haben mich auf Tumblr inspiriert, und was ein kurzer One-Shot werden sollte erstreckt sich jetzt über sechs Kapitel (wundert euch nicht, wenn Hagrid nicht gleich auftaucht, der kommt schon noch). Genauso ging es mir mit McGonagall und ihren Abenteuern als Katze. Und dann war da noch Dudley, mit dem ich mich überhaupt nicht beschäftigt habe, für den ich mir aber eine ein wenig andere Zukunft vorstelle als JKR in ihren Interviews, also werde ich da etwas abweichen. Ich war überrascht, wie gut mir Dudley von der Hand ging, deshalb werdet ihr etwas mehr über ihn zu lesen bekommen. Ich hoffe, auch er wird euch interessieren. Im Moment ist der Plan also wiefolgt:

1. Dezember, Adventssonntage, 23./24. Dezember: Charlie bei seinen Nichten und Neffen im Fuchsbau und im Kino mit Hagrid (Spoiler zu Drachenzähmen leicht gemacht)

6. Dezember: Professor McGonagall als Katze

Der Rest: Dudleys Geschichte, angefangen bei ihm als kleiner Junge, bis hin zu einem erwachsenen Mann, der Harry nicht das letzte Mal als Teenager gesehen haben wird

Sollte euch Dudley nicht so sehr interessieren, könnt ihr ja auch nur an den „besonderen" Tagen vorbei schauen. Mich hat er überraschend fasziniert, deshalb hoffe ich, euch wird es auch so gehen. Ich bin noch nicht ganz fertig mit seinem Teil der Geschichte, aber die ersten zwei Wochen sind abgedeckt und treue Leser wissen, dass ich bisher noch immer irgendwie jeden Tag ein neues Kapitel online gestellt habe.

Ich hoffe, euch wird der Kalender auch dieses Jahr wieder gefallen. Ich würde mich freuen, wenn ihr mir auch ein kleines Geschenk macht und ein Review hinterlasst.

1. Dezember: Überfall Zuhause

April 2010

„Onkel Charlie! Onkel Charlie!", rief die fünfjährige Lucy so laut, dass Charlies Mutter in der Küche beinahe den Kuchen fallen ließ, den sie gerade aus dem Ofen geholt hatte. Sie hatte Apfelkuchen, seinen Lieblingskuchen gebacken, wie immer, wenn er zu Besuch kam. Letztes Jahr hatte er leider zu Weihnachten nicht frei bekommen, weil ein paar von den neu geschlüpften Chinesischen Feuerbällen unerwartet krank geworden waren und sie jedes Paar Hände gebraucht hatten. Es hatte Charlie zwar leidgetan, seine Familie zu enttäuschen, aber Weihnachten mit seinen Drachen war auch wunderbar und er hatte es nicht bereut. Seine Familie war schon extrem chaotisch und laut, im Vergleich dazu war Drachengebrüll da beinahe beruhigend. Aber er wusste auch, dass alle tief enttäuscht wären und keine Ruhe geben würden, wenn er sich bis nächste Weihnachten nicht blicken lassen würde, also hatte er um ein paar freie Tage zu Ostern gebeten, um vorbeizuschauen.

Charlie blieb gerade genug Zeit, seinen Reiseumhang abzulegen und sich den Ruß aus dem Haar zu schütteln, bevor Lucy an ihm hochsprang und sich an seinem Hals festklammerte. Geistesgegenwärtig schlang er die Arme um seine kleine Nichte und hielt sie fest.

„Typisch", kommentierte George grinsend, der mit verschränkten Armen neben dem Kamin stand und auf ihn gewartet hatte. „Eigentlich bin ich immer der coole Onkel, der die besten Sachen mitbringt, aber kaum tauchst du auf, sind wir alle abgemeldet."

Charlie verdrehte die Augen. „Tja, nicht jeder muss seine Nichten und Neffen bestechen, damit sie sich freuen, einen zu sehen", sagte er triumphierend. Natürlich stimmte das nicht ganz, er hatte schließlich auch ein paar Mitbringsel dabei. Aber während George immer irgendwelche neuen Produkte aus dem Scherzartikelladen mitbrachte, meistens misslungene, aber ungefährliche Süßigkeiten, brachte Charlie Dinge wie abgefallene Drachenschuppen mit, auf die die Kinder ganz wild waren.

Er dachte sich immer abenteuerlichere Geschichten aus, wie er an die Schuppen oder Zehennägel oder Zähne kam. Die Kinder sogen immer alles begeistert auf, auch wenn er in Wahrheit das meiste Zeug einfach aufsammelte, wenn er die Gehege reinigte. Aber er war glaubwürdig genug, dass sogar seine Mutter ihm abgenommen hatte, dass er unter einem Regen von Feuerbällen im Zickzack in eine Drachenhöhle gerannt war, um zwei besonders schön glänzende grüne Schuppen zu stehlen. Er hatte eine halbe Stunde auf seine Mutter einreden müssen, bis sie ihm endlich geglaubt hatte, dass er die Schuppen in einem Haufen Drachendung gefunden hatte. Den hatte er auf seine Bestandteile hin untersuchen müssen, um festzustellen, oder der Drache auch ausreichende und abwechslungsreiche Ernährung bekam. (Konnte es ihm irgendjemand verdenken, dass er flunkerte, um bei den Kindern besser dazustehen?)

„Jaja", murmelte George. „Wenn ich mich auch nur einmal im Jahr blicken lassen würde, dann würden die Kinder auch so ausflippen wie bei dir", beschwerte er sich und schlug dann seinem Bruder lachend zur Begrüßung auf die Schulter, weil Lucy sich immer noch wie eine Katze an ihm festkrallte.

„Mach dir nichts draus, Onkel George", erwiderte Lucys große Schwester, die siebenjährige Molly, die Lucy gefolgt war, um Charlie zu begrüßen. Aufmunternd lächelte sie ihm zu und drückte mitfühlend seine Hand. „Dafür fehlt dir ein Ohr, das ist wirklich cool. Oder, Lucy?"

„Ja!", rief Lucy bekräftigend und so nah an seinem Ohr, dass Charlie sich einen Moment wünschte, es würde ihm auch fehlen. Er und George grinsten sich verschwörerisch zu. „Onkel Charlie, wir haben einen ganz tollen Film gesehen, den musst du auch sehen!"

„Hey! Wir hatten gesagt, dass ich ihm das sagen darf!", widersprach Molly empört, ließ Georges Hand los und begann, an Lucys Bein zu zerren. Aber Lucy ließ sich das nicht gefallen, trat nach ihrer Schwester und krallte sich nur noch fester an Charlies Pullover fest.

„Ich war aber zuerst da!", protestierte Lucy. „Selbst schuld!" Dann trat sie erneut nach Molly und traf sie an der Schulter. „Lass endlich los, du blöde Kuh!"

„Aua!", schrie Molly und stolperte mehr vor Überraschung als vor Schmerz einen Schritt zurück. Rasch kniete sich George auf den Boden und fing die taumelnde Molly in seinen Armen auf. „Das hast du mit Absicht gemacht!"

„Du hast mich doch gezogen!" Tränen der Wut waren mittlerweile in Lucys Augen getreten und Charlie schluckte schwer. Er war doch gerade erst angekommen und keine zwei Minuten später hatte er zwei heulende Mädchen an der Backe.

„Keine Sorge", versicherte George ihm über den Kopf der wütenden Molly hinweg. „So geht das ständig bei den beiden."

Charlie hatte zwar gewusst, dass Molly und Lucy nicht gerade die besten Freundinnen waren, doch dass es mittlerweile so zwischen den beiden Mädchen eskaliert war, überraschte ihn doch. Gerade, weil sie Percys Kinder waren. Und wenn einer auf Disziplin achtete, dann war es sein kleiner Bruder. Aber gegen Mädchen war man manchmal machtlos.

„Was ist denn nun schon wieder, Mädchen", fragte Percy genervt. Er war wohl von den Streitereien seiner Kinder angelockt worden. Sein Blick schweifte über seine aufgebrachten Töchter und suchte sie nach offenen Wunden ab. Als er keine entdecken konnte, atmete er erleichtert durch. „Eure Mutter und ich haben euch doch gesagt, wenn ihr heute wieder so ein Theater macht, dann gehen wir sofort nach Hause und ihr könnt Onkel Charlie überhaupt nicht sehen."

Lucy starrte ihn entsetzt an und Molly schnappte nach Luft. „Das habt ihr doch nicht ernst gemeint!", rief Lucy und klammerte sich noch fester an Charlie. Charlie hoffte, dass er keine Kratzer davontragen würde und nicht erwürgt wurde.

„Wenn ihr so weiter macht, dann werdet ihr das noch sehen!", sagte Percy streng und ging zu Charlie, um ihm Lucy abzunehmen. Nach einem kleinen Kampf ließ sie ihn schließlich los und blieb bei ihrem Vater auf dem Arm. Percy streckte seine freie Hand aus und schaute Molly auffordernd an, die sich zögerlich aus Georges Umarmung löste. „Und jetzt werdet ihr eurer Großmutter bei den Bohnen für das Mittagessen helfen. Und die werdet ihr dann alle auch aufessen!"

„Ugh!", stöhnten beiden Kinder dramatisch.

Percy lächelte Charlie gequält zu. „Schön, dass du da bist. Tut mir Leid, dass dich die zwei gleich so überfallen haben."

„Mach dir keine Sorgen, Perce, ich weiß doch, wie kleine Kinder sein können", sagte Charlie beruhigend und kniff Lucy in die Wange, bevor er Molly zuzwinkerte. „Ich bleib ja ein paar Tage, da finden wir schon Zeit für eine Unterhaltung."

Percy nickte erleichtert und verschwand mit seinen Töchtern wieder aus dem Wohnzimmer.

„Wer hätte gedacht, dass er die schlechterzogenen Quälgeister haben würde, was?", flüsterte George Charlie grinsend zu.

Charlie schüttelte lachend den Kopf und stieß ihm mit den Ellbogen in die Rippen. „Lass den Armen doch in Ruhe." Schlecht erzogen waren die beiden Mädchen gar nicht, sie hörten ja im Großen und Ganzen auf ihre Eltern und waren höflich und nett, sie kamen nur miteinander immer schlechter aus. Charlie konnte sich dunkel daran erinnern, dass er mit Percy oder den Zwillingen als kleiner Junge auch nicht immer auf einen grünen Zweig gekommen war. Mit der Zeit wuchs man aus sowas meistens wieder heraus und mittlerweile verstanden sich alle Weasley-Geschwister ziemlich gut. Was in Charlies Fall ja auch keine Kunst war, da er höchstens zwei Wochen im Jahr mit ihnen zusammen war.

„Ich werde ihn in Ruhe lassen, wenn er aufhört, mir darüber Vorträge zu halten, wie wichtig es ist, direkt nach der Geburt mit der Erziehung anzufangen und Babys sofort an feste Tageszeiten zu gewöhnen und im eigenen Zimmer zu lassen und sich nicht alles von ihnen gefallen zu lassen. Hat ja super geklappt bei ihm", sagte George kopfschüttelnd und verschränkte die Arme vor der Brust.

Charlie seufzte. Da hatte er es wohl übertrieben mit der Zuversicht, dass sich alle Weasleys gut verstanden. Wahrscheinlich wollte Percy George nur dabei helfen, die Probleme zu vermeiden, die er gerade mit seinen eigenen Kindern hatte. „Ich meine, ich bin seine Klugscheißerei ja lange genug gewöhnt, ich weiß, wie man bei seinen Vorträgen auf Durchzug schaltet, aber Angelina treibt er langsam auf die Palme und mit meiner Frau ist gerade nicht zu spaßen." Er seufzte beinahe ebenso dramatisch wie seine Nichten gerade. „Man hätte doch meinen können, dass unser lieber Bruder genug Menschenkenntnis besitzt, eine Frau zwei Wochen vor ihrem Geburtstermin nicht zu reizen, aber Percy wusste ja schon immer alles besser."

„Er kann halt nicht aus seiner Haut", versuchte Charlie Percy halbherzig zu verteidigen. Er konnte genauso gut wieder jeder andere auf die Vorträge seines Bruders verzichten, doch da er sie so selten zu hören bekam, störten sie ihn nicht weiter. Was er aber wusste war, dass man sich normalerweise hüten sollte, den Erziehungsstil anderer Eltern zu kritisieren sofern die Eltern nicht explizit danach gefragt hatten. So landete man ganz schnell im Krankenhaus. Und dass George sich nicht die Bohne an Percys Ratschläge halten würde, das konnte man auf hundert Meter Entfernung sehen.

„Ich erzähl ihm doch auch nichts über seine missratene Brut", widersprach George. Überrascht stellte Charlie fest, dass George wirklich wütend auf Percy war, was seine Einmischungen betraf.

Charlie seufzte und schüttelte den Kopf. „Ich glaube, das macht ihr besser unter euch aus", sagte er schließlich und klopfte George aufmunternd auf die Schulter. Wenn er eins wusste, dann, wann er sich am besten heraushalten sollte. Er war schließlich nicht bescheuert.

TBC…