1. Der Anfang

Wieder lag er hier. Erneut hatte er sich nicht gewehrt. Warum nur? Alle hassten ihn. Keiner half ihm. In letzter Zeit wurde alles nur noch schlimmer. Selbst seine so genannten Freunde gingen Naruto aus dem Weg.

Die Dorfbewohner sahen ihn immer noch mit diesen Blicken an. Sie tuschelten immer noch hinter seinem Rücken. Nannten ihn immer noch Monster.

Immer öfters kamen einige besoffene Männer zu ihm, um ihn für etwas zu bestrafen. Obwohl er doch nichts getan hatte. Was konnte er denn dafür, dass der Yondaime den Kyuubi ausgerechnet in ihm versiegelt hatte? Gar nichts! Doch warum verstanden die Menschen das denn nicht?

Er wollte nur seine Ruhe haben. Endlich akzeptiert werden und nicht immer in Angst leben.

Doch das war wohl zu viel verlangt.

Naruto dachte, dass dieser Tag endlich mal anders wird. Doch was dachte er sich überhaupt?

Heute war sein Geburtstag. Sein dreizehnter Geburtstag. Allerdings war dies auch der Tag, an dem Kyuubi das Dorf angegriffen und viele Menschen getötet hatte.

Trotz allem hatte Naruto gedacht, dass er heute verschont bleiben würde. Aber er irrte sich, wie so oft schon.

Naruto ging nämlich gerade nach draußen, als er auch schon aufgehalten wurde.

Einige Männer standen an seiner Tür und schienen nur darauf gewartet zu haben, dass er die Wohnung verlassen würde.

Zwei von ihnen hielten Naruto fest, während die anderen immer wieder auf ihn einschlugen. Betteln tat Naruto schon lange nicht mehr. Das brachte nichts, das hatte er früher immer versucht. Weinen half auch nicht, im Gegenteil, es stachelte die Leute nur weiter an.

Das einzige worauf Naruto hoffen konnte, war, dass sie irgendwann die Lust verlieren würden. Vor allem, wenn der Blonde alles über sich ergehen ließ. Allerdings dauerte es lange, sie schienen heute gar nicht aufhören zu wollen.

Und nun lag er hier und konnte sich vor Schmerzen nicht mehr bewegen. Die Ohnmacht wollte sich heute auch nicht zeigen. Wie lange es wohl dieses Mal dauern würde, bis er sich wieder einiger Maßen wieder bewegen konnte? Letztes Mal lag Naruto einige Stunden im Dreck. Hilfe kam von keinem. Nicht einmal vermissen taten sie ihn. Er war anscheinend allen egal.

Nach etwa einer Stunde konnte er aufstehen, ohne allzu große Schmerzen zu haben. Dank dem Fuchs heilte er recht schnell. Er ging wieder in seine Wohnung und legte sich direkt ins Bett. Im Liegen sah er auf seinen Wecker, der auch schon mal besser ausgesehen hatte.

Naruto war ein Morgenmuffel und haute des öfteren viel zu hart auf seinen Wecker, sodass dieser nun einige sichtbare Dellen aufwies. Bald würde sein Training anfangen. Der Wecker zeigte ihm, dass es kurz vor neun Uhr war, in einer viertel Stunde müsste er am Trainingsplatz sein.

Aber heute wollte er nicht mehr nach draußen. Sicher lauerten außerhalb seiner Wohnung schon die nächsten, die es kaum erwarten konnten, ihn zu verprügeln. Ob wohl einer aus seinem Team vorbeikommen würde, um ihn abzuholen?

Langsam schlief Naruto wieder traumlos ein.

Zwei Stunden später wurde der Blondschopf wieder wach. Kurz sah er sich desorientiert um, bis er erkannte, dass er in seinem Bett lag. Seine Wunden waren nun wieder vollständig verheilt. Keine Narbe blieb übrig.

Anscheinend war auch keiner bei ihm vorbei gekommen. Das hätte er doch mit Sicherheit gehört. Aber es überraschte ihn auch nicht wirklich. Seine Freunde distanzierten sich ja auch immer mehr von ihm. Vor allem Sakura zeigte ihm ihren Hass. Alle anderen fingen an ihn zu ignorieren oder ihn zu vergessen.

Auch wurde er nicht mehr so oft von den anderen eingeladen. Sonst trafen sie sich öfters, meist um einfach nur rumzuhängen. Aber diese Zeiten waren auch vorbei.

Das Naruto immer mehr litt, schien keiner zu bemerken. Nicht einmal Iruka, Kakashi, Tsunade oder Jiraya bemerkten seinen Kummer. Iruka musste sich viel um die Akademieschüler kümmern, Kakashi war zu sehr in seinem Buch vertieft, Jiraya machte seine Nachforschungen, bei denen er nicht dabei sein sollte und Tsunade? Tsunade war mit ihrem Job als Hokage voll ausgelastet. Meist schlief sie oder sie trank Sake.

Andere erwachsene Personen hatte Naruto nicht. Entweder hassten sie ihn oder hatten einfach kein Interesse an den Jugendlichen, der sein Leben bisher fast komplett alleine war.

Der einzige, der sein Verhalten ihm gegenüber nicht verändert hatte, war Sasuke.

Zwar sahen sie sich selten und wenn sie sich dann doch mal trafen, endete das meistens in einem Kampf. Trotzdem merkte Naruto immer, dass Sasuke immer noch seine Überheblichkeit und Arroganz besaß. Immer noch bezeichnete der Uchiha ihn als Usurantonkachi oder als Teme und Dobe. Immer sagte er, dass Naruto einfach zu schwach sei. Aber das war nie anders. Sasuke war der einzige, der sich nicht von Naruto entfernte.

Schon damals, als Sasuke noch in Konoha war, waren sie Rivalen und Brüder. Beste Freunde, auch wenn es keiner von beiden zugeben würde.

Er vermisste Sasuke. Anfangs fühlte er sich nur alleine. Doch nun fühlte er sich vollkommen verlassen. Keiner war da, der sich um ihn sorgte. Keiner der ihn in den Arm nahm. Niemand, der ihm sagte, dass er ihn gern hatte.

Naruto stand niedergeschlagen auf. Irgendwann hätte er aufstehen müssen, spätestens dann, wenn sein Magen sich gemeldet hätte. Die Mittagszeit war nicht mehr weit entfernt.

Naruto ging in die Küche, um sich seine geliebten Ramen zu machen. Als er aber den Küchenschrank öffnete, wo er seine Nudelsuppen aufbewahrte, fand er nur Leere vor.

Gestern musste er, ohne darauf geachtet zu haben, seine letzte Nudelsuppe aufgegessen haben.

Langsam gewann die Verzweiflung die Überhand über Naruto. Er konnte doch jetzt nicht rausgehen, eigentlich den ganzen Tag nicht. Die Menschen würden ihn wie ein wildes Tier jagen. Das heute morgen, war bestimmt nur der Anfang gewesen. Da musste noch mehr kommen, da war sich der Blondschopf sicher. Also Hungern?

Narutos Magen protestierte aber direkt. Er knurrte laut. Naruto hatte seit gestern Mittag nichts mehr gegessen. Noch etwas, was keiner merkte. Naruto wurde immer dünner. Er aß nicht mehr soviel und regelmäßig wie vorher. Einerseits lag es an seinem mangelnden Appetit, aber es lag auch an den Dorfbewohnern. Niemand wollte ihm freiwillig etwas verkaufen. Einzig und allein bei Teuchi konnte er eine Nudelsuppe essen. Es war nur nicht gesund, immer das gleiche zu essen. Er brauchte ausgewogenere Mahlzeiten um gesund zu bleiben. Aber niemand interessierte das.

Und immer konnte er sich die Nudelsuppe aus dem Restaurant auch nicht leisten. Soviel Geld verdiente er als Genin nicht. Und viele Missionen hatte er in letzter Zeit auch nicht mehr gehabt. Richtiges Training bekam er auch nicht mehr. Sensei Kakashi konzentrierte sich mehr auf Sakura und Sai.

Vollkommen deprimiert setzte sich Naruto auf seine Couch. Das war für ihn einfach nur ein beschissener Tag. Und der Tag war noch nicht zu Ende. Was wohl noch auf ihn zukam?

Narutos Magen knurrte immer lauter. Er war verzweifelt und hatte Angst. Er wollte einfach nicht nach draußen gehen. Er wollte den Dorfbewohnern nicht in die Händen fallen und auch wollte er keinen von seinen so genannten Freunden treffen. Es war alles zum Haare raufen.

Nach einiger Zeit hielt es Naruto nicht mehr aus. Er hatte Hunger und einfach nur rum sitzen war auch nichts für ihn. Er stand auf, zog sich seine Sandalen an und schnappte sich sein Krötenportemonnaie.

Vorsichtig lugte er aus seiner Haustür heraus. Niemand war zu sehen. Noch einmal würde der Blonde nicht den Fehler machen und einfach ohne Absicherung nach draußen gehen. Als Naruto sich sicher war, dass niemand kam, stieg er die Treppen herunter.

Auf dem Weg vor seinem Haus war nichts los. Das wunderte ihn allerdings auch nicht großartig. Warum sollten sich auch ausgerechnet hier viele Leute herumtummeln? Der einzige Grund für eine Menschenmasse auf dieser Straße, war er. Wenn sie Lust hatten ihn zu verprügeln, dass war der einzige Grund, warum jemand herkam.

Naruto hatte keine Nachbarn. Eigentlich sollte dieser Teil von Konoha komplett abgerissen und wieder neu aufgebaut werden. Allerdings verweigerte sich Narutos Vermieter, den Umbau geschehen zu lassen. Schließlich müsste er dann Naruto in einer dieser neuen Wohnungen leben lassen. So aber konnte er ihm immer das Wasser und den Strom abstellen, wie es ihm passte. Außer Naruto gab es niemanden, der sich beschweren konnte.

Die früheren Nachbarn von Naruto waren alle weggezogen. Er war in der Straße komplett alleine.

Naruto hatte es ohne Probleme zu Ichirakus geschafft, den Ramenladen von Teuchi. Schnell setzte er sich auf einen der freien Hocker und wartete.

Nach einigen Minuten kam der Besitzer nach vorne und begrüßte Naruto freundlich.

"Hallo Naruto. Schön dich wieder zu sehen. Was kann ich dir bringen?"

"Hallo Teuchi. Ich hätte einmal gerne eine große Portion Miso-Ramen." Naruto freute sich. Endlich mal jemand, der nett zu ihm war.

"Kommt sofort."

Teuchi ging wieder zurück in die Küche und bereitete Narutos Essen vor.

Währenddessen sah sich der Blondschopf um. Alles sah so aus, wie er es kannte. Es hatte sich nichts verändert. In all den Jahren, in denen er hier herkam, war alles gleich geblieben.

Vor ihm war eine kleine Theke mit Hockern. Ein Tuch verhüllte einen anderen Raum, der, wie Naruto wusste, die Küche war. Außerdem verdeckten Tücher den halben Eingang des Restaurants.

Im Hintergrund hörte Naruto viel Gelächter. Die meisten Geschäfte schlossen jetzt. Nur die Imbissbuden und Restaurants waren heute Nachmittag geöffnet. Alle anderen machten wegen der großen jährlichen Siegesfeier zu.

Naruto war noch nie auf einem Fest, welches in Konoha stattfand. Die Menschen scheuchten ihn immer weg, sobald sie ihn sahen. Auch heute würde er nicht teilnehmen.

Naruto wurde aus seinen Gedanken gerissen, als vor ihm seine Schüssel Ramen hingestellt wurde.

"Guten Appetit Naruto."

"Danke Teuchi." Naruto begann zu essen.

Es war ruhig, während er aß. Heute war niemand da, mit dem er sich unterhalten konnte. Teuchi war auch wieder in seiner Küche beschäftigt.

Nachdem Naruto aufgegessen hatte, bezahlte er und machte sich wieder auf den Weg in seine Wohnung.

Naruto setzte sich auf sein Bett, winkelte seine Beine an und umarmte seine Beine. Seinen Kopf legte er dann auf die Arme.

Lautlos liefen Tränen über seine Wangen. Womit hatte er das alles verdient? Er war doch kein schlechter Mensch. Er hatte nie jemanden etwas getan. Er kannte ja noch nicht mal seine Eltern. Hier in Konoha hielt ihn auch nichts mehr. Man würde ihn mit Sicherheit nicht vermissen.

Sie würden ihn wahrscheinlich nur wegen Kyuubi suchen. Vielleicht sollte er weggehen und woanders ein neues Leben beginnen? Möglicherweise fand er einen Ort, an dem er glücklich werden konnte. Irgendwo, wo ihn keiner kannte. Wo keiner wusste, dass der Kyuubi in ihm eingesperrt war.

Langsam entstand in Narutos Kopf ein Plan. Er würde aus Konoha verschwinden. Eine Nachricht brauchte er nicht hinterlassen, dass würde eh keinem interessieren. Nur wann sollte er weg und vor allem wohin sollte er gehen? Seine Sachen könnte er schnell packen. Viel besaß Naruto eh nicht. Ein paar Klamotten und seine Waffen. Mehr gab es einfach nicht.

Vorerst konnte er auch durch die Gegend reisen. Zumindest solange, bis er einen geeigneten Platz gefunden hatte. Sein Training konnte er auch selbst übernehmen, irgendwas würde ihm da bestimmt einfallen. Der Blonde konnte mit bestimmt mehr als hier lernen.

Er würde abhauen. So sicher war er sich. Hier hielt er es nicht mehr länger aus.

Naruto stand auf und fing an, sein Hab und Gut in eine Tasche zu packen. Nach einer halben Stunde war er fertig. Jetzt würde er sich noch etwas hinlegen und schlafen.

Sobald die Straßen in den frühen Morgenstunden leer waren, würde er sich auf den Weg machen. Naruto legte sich hin und schlief auch schnell ein.

Nach einigen Stunden wurde er durch ein Hämmern an seiner Tür aus dem Schlaf gerissen.

Irgendjemand klopfte hartnäckig immer fester an der Tür.

Die Dorfbewohner schienen wieder Lust auf Prügel zu haben. Ein Shinobi hätte sich nicht lange mit der Tür aufgehalten.

Naruto schnappte sich seine Tasche und verschwand durchs Fenster. Musste er eben früher als geplant verschwinden.

Der Blondschopf lief zum Trainingsplatz seines Teams. Von dort konnte er leichter in den Wald verschwinden und Konoha schnell hinter sich lassen.

Naruto lief immer weiter Richtung Osten. Eine Pause gönnte er sich nicht.

Nach einigen Stunden erreichte er die Grenze des Feuerreiches. Inzwischen war es tiefste Nacht. Der Himmel war klar. Man konnte sehr gut den Mond und die Sterne betrachten. Naruto hielt kurz an und sah in den Himmel.

Nun konnte sein neues Leben beginnen. Ohne Verachtung, ohne Hass und ohne Angst. Er würde sich ein schönes Zuhause suchen. Einen Gedanken an Konoha wollte er auch nicht mehr verschwenden. Einfach in die Zukunft blicken. Und hoffen, dass alles besser werden würde.

Naruto ging nun langsam weiter. Bis die bemerken würden, dass er nicht mehr im Dorf ist, würden einige Stunden, wenn nicht sogar Tage vergehen. Bis dahin war er weit weg.

Er folgte einem Trampelpfad, der anscheinend oft benutzt wurde. Mal sehen, wohin ihn der Weg führen würde.