Disclaimer: Die Figuren gehören natürlich alle J. K. Rowling!
Dies ist die autorisierte Übersetzung von Scarlet Hours "The Hourglass", welche 20 Kapitel umfasst, wobei das letzte nur Anmerkungen zur Geschichte enthält.
Das Original findet ihr hier: .net/s/5373225/1/The_Hourglass.
Durch meine Beta-Dienste für eine Geschichte mit Ginny/Blaise bin ich auf dieses Pairing aufmerksam geworden, leider hält sich das deutsche Angebot sehr in Grenzen.
Von allen englischen Geschichten hat mir diese hier am meisten gefallen, vielleicht gerade weil es keine (wie die Autorin meinte) "Hardcore Ginny/Blaise-Handlung" gibt, sondern auch eine richtige (andere) Handlung erkennbar ist. Deswegen wollte ich mich mal an einer Übersetzung versuchen und ich hoffe, es ist mir gelungen.
Viel Spaß damit!
K A P I T E L 1
-Pilot-
Blättern Sie zur Seite 17 um. Lesen Sie das Kapitel und beantworten Sie dann die Fragen am Ende. Keine Gespräche.
Es gab nichts zu tun.
Ginny Weasley saß am Ende des Klassenraums und starrte auf das Blatt vor ihr, ohne ein Wort davon zu verstehen. Es war nicht so, dass sie Zauberkunst hasste, aber sie hatte es noch nie weniger gebraucht als jetzt.
Dies ist die Natur des raffinierten Fidelius-Zaubers ...
Fidelius. Ginnys Gedankengänge stoppten bei diesem Wort und verharrten dort. Das war es. Fidelius. Treue. Das war, was fehlte.
Ihr Bruder hatte sie verlassen. Hermine hatte sie verlassen. Und der Junge, den sie liebte, seit sie ihn das erste Mal mit zehn Jahren sah, war weggegangen, um Voldemort zu bekämpfen, und kehrte möglicherweise niemals zurück.
Ginnys Gedanken wanderten träge zu dem Kuss, den sie und Harry diesen Sommer miteinander teilten, dem Kuss, den sie ihm als ein Geschenk zu seinem siebzehnten Geburtstag gegeben hatte, um ihn an ihre Zuneigung für ihn zu erinnern. Es machte sie zur gleichen Zeit krank, wütend und extrem einsam. Hatte sie ihm wirklich so wenig bedeutet? Dass er einfach vom Erdboden verschwinden konnte, in der Hoffnung, ihr ginge es gut?
Sie sagte sich immer und immer wieder, das könnte der letzte Kuss gewesen sein, den er jemals von ihr bekam, aber sie wusste, dass das nicht stimmte … im Hinterkopf wusste sie, dass das überhaupt nicht stimmte.
Ginny schloss ihre Augen, um die schmerzlichen Wörter auf dem Blatt zu verdrängen. Sie hatte sich in ihrem Leben noch nie einsamer gefühlt.
Er ist weg, dachte sie. Er ist weg und über den Kuss nachzudenken, den du ihm niemals hättest geben sollen, bringt ihn nicht zurück.
Ginny wiederholte das innerlich mindestens fünfmal am Tag, aber es nützte nichts. Sie fühlte, wie sich ihr Herzschlag beschleunigte, wann immer sie eine Männerstimme hörte, die seiner ähnelte … Sie guckte Jungen mit grünen Augen immer zweimal an, obwohl sie niemals annähernd den gleichen Ton wie Harrys hatten.
Neville war die Quelle des größten Trosts für Ginny. Auch wenn er niemals genau der Held ihrer Abenteuer gewesen war, hatte Ginny irgendwie den Eindruck gewonnen, dass Harry ihn von den anderen Jungs aus ihrem Jahrgang am meisten mochte, von Ron offenbar abgesehen. Somit fand Ginny innerlich Gefallen an dem unbeholfenen, nervösen Jungen, dem immer zu unglücklich mitgespielt worden zu sein schien, um von irgendeinem Nutzen für die aktuelle Situation zu sein. Ziemlich wie Ginny selbst. Zudem schien Neville ähnliche Gefühle über die Abwesenheit von Harry, Ron und Hermine zu hegen, und Ginny drängte ihn nicht nach Informationen daüber, was nicht stimmte. Ginny spürte, dass er sie verstand, ohne dass sie mit ihm sprach.
„Miss Weasley?" Ginnys Gedanken wurden durch den freundlichen, kleinen Professor Flitwick unterbrochen, der mit seinem Zauberstab gegen die Seite ihres Tisches tippte. „Konzentrieren Sie sich bitte. Der Aufsatz ist am Ende der Stunde fällig."
„Ja, natürlich ..." Ginny zwang sich zu einem Lächeln und setzte sich gerader hin.
Doch ein weiterer, ärgerlicher Faktor für Ginny war, wie wirklich fade all ihre Stunden geworden schienen. Letztes Jahr hatte sie Spaß am Lernen. Dieses Jahr, obwohl sie nicht wusste, ob es eine Folge von Harrys Verschwinden war oder nicht, fühlte sie eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber dem Unterricht. Ohne Dumbledore hatte das Zauberministerium die Verantwortung für die Bestimmungen des Lehrplans von Hogwarts übernommen und Snape, der Mann, von dem Harry schwor, er hätte Dumbledore getötet, war der neue Schulleiter.
Es war unwahrscheinlich, dass Voldemort sich selbst genug um das Ministerium sorgte, um die Ausbildung der Schüler sehr zu stören, aber seine Todesser taten ihr Bestes, den Lehrplan trotzdem einzuschränken. Aufmerksamkeit war nun zwingend in der Schule. Viele Schüler fehlten dieses Jahr wegen der Verfolgung von Muggelgeborenen und die Schüler, die geblieben waren, waren entweder hochnäsige Reinblüter, die im Geheimen die Entwicklungen befürworteten (Slytherins) oder andere Schüler, die sich zu sehr vor dem Zorn des Ministeriums fürchteten, um irgendetwas gegen Snapes Regeln zu unternehmen.
Das Schloss schien die ganze Zeit so dunkel zu sein. Vielleicht war das nur ein Hirngespinst von Ginnys Einbildung, aber sie spürte, dass sich etwas Grundlegendes in der Atmosphäre der Schule änderte. Die Lehrer waren zum Großteil dieselben und die gleiche Dekoration wurde aufgestellt, aber es herrschte eine Stille im Schloss, ein Schatten über den Gefühlen. Die Lehrer hörten nicht auf, mit den Kindern in den Gängen zu sprechen; sie schienen nur immer distanziert, beunruhigt. Ginny bekam den Eindruck, dass Lehrer wie McGonagall und Flitwick nur in Hogwarts geblieben waren, um einen gewissen Grad an Schutz über die Schüler auszuüben. Sie waren Snape gegenüber sicherlich nicht treu, oder wenn sie es in der Vergangenheit waren, wurde all diese Treue durch den Anblick Snapes als Puppe eines korrupten Zauberministeriums beseitigt.
Muggelkunde wurde ganz und gar gestrichen und neue Bücher für das Jahr hatten eine stärkere Betonung auf die Überlegenheit der Zauberer in der Welt und glorifizierten eher, dass Zauberer so viele Techniken besaßen, als dass die sich darauf konzentrierten, was diese Techniken waren.
So überaus langweilig ...
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Der Slug-Club traf sich noch immer Samstagnacht. Ginny nahm aus keinem anderen Grund teil, als dass es ihre Gedanken für eine Weile von der Situation ablenkte. Letztes Jahr war sie nur in der Hoffnung gekommen, Harry zu sehen, aber so vieles hatte sich seit dem geändert.
Die Schüler des Slug-Clubs waren kaum mehr dieselben. McLaggen schien eine Menge von seiner Zuversicht verloren zu haben, nachdem er in dem Gryffindor-Quidditch-Team im vorigen Jahr so miserabel versagt hatte, und die einzigen anderen Leute, die Ginny kannte, waren Neville und Blaise Zabini, den sie vage vom Gesicht her kannte, sich aber niemals darum kümmerte, mit ihm zu reden. Er hatte im vorigen Jahr vorrangig Zeit mit Malfoy verbracht und besaß daher wahrscheinlich die gleiche, tiefsitzende Verachtung für Muggelgeborene.
Ginnys größte Annehmlichkeiten im Klub waren seine Geräusche.
Sie blieb generell am Rande der Feiern, sprach gelegentlich mit Neville, aber sie fand hauptsächlich Ruhe in dem dumpfen Geschwätz. Sie konnte sich darin verstecken und niemand störte sie. Nun, niemand außer Blaise. Er redete niemals wirklich mit ihr, aber er warf ihr Blicke zu, die ihr das Gefühl gaben, als ob sie vor kurzem aus einem Trog von Kuhdünger herausgetreten war.
Wenn er sie finden konnte, leistete Slughorn für gewöhnlich einen Beitrag zu Ginnys Abend, indem er seinen schweren Arm um Ginny legte und sie im Raum umherführte, um neue Gesichter zu treffen und sie seinen neuesten Freunden vorzustellen.
Keinesfalls Ginnys Vorstellung eines lustigen Abends.
Etwa halb durch das Abendessen an einem dieser Abende überraschte es Ginny nicht, als Slughorn (einen starken Geruch von Met von sich gebend) noch einmal das Thema anschnitt, wie talentiert er jedes Mitglied seines „Slug-Clubs" einschätzte, und um den Tisch herumging, während er jedem all ihre speziellen Fähigkeiten aufzählte. Aber was sie überraschte, war, mit was er fortfuhr.
„Fühlen Sie sich ein bisschen niedergeschlagen durch das Wetter, meine Liebe?", fragte er in einem verstörend lauten Ton an Ginny gerichtet, die ihren Teller mürrisch angestarrt hatte. Ihr Kopf fuhr nach oben.
„Mir geht's gut", log sie automatisch.
Er zwinkerte ihr zu. „Vermissen Sie Potter?", riet Slughorn verschmitzt, während McLaggen kicherte und Blaise sauer guckte. „Ich bin mir sicher, ihm geht's gut, wo auch immer er ist. Ziemlich fähiger Bursche, wenn ich mich erinnere."
Slughorn lachte laut, als ob er etwas wirklich Geistreiches gesagt hätte, und nahm einen langen Schluck aus seinem Kelch.
Ginny wusste nicht, was sie sagen sollte, deswegen wartete sie darauf, wie er weitermachen würde. Neville warf ihr einen nervösen Blick über den Tisch herüber.
„Aber hören Sie", sagte Slughorn ernster, auch wenn etwas Met von seinem Kinn heruntertropfte, „Ich möchte dieses lange Gesicht nicht die ganze Zeit sehen. Wenn Potter gegangen ist, ist es aus einem wichtigen Grund und Sie können nichts mehr honorieren als das. Ich sage immer, das Zeichen eines wahren Sluggies ist, wenn er erwachsen genug ist, um sich seinen Weg ohne den Slug-Club zu bahnen!"
Ginny runzelte die Stirn, Slughorn war ganz klar betrunken. Er hätte niemals den Nerv gehabt, diese Dinge zu Ginny zu sagen, wenn er nüchtern gewesen wäre. Wahrscheinlich konnte er sich momentan nicht daran erinnern, was am Ende des letzten Jahres passiert war.
„Jawohl", sagte Slughorn und rieb sich seine Augen, „Potter hat sich endlich dazu entschieden, Verantwortung zu übernehmen. Was mich mehr überrascht, um ehrlich zu sein, sind dieses Granger-Mädchen und Wie-auch-immer-sein-Name-ist, die ihm folgen."
Blaise kicherte laut und Neville machte eine plötzlich Bewegung, als wenn er dabei war aufzustehen, aber er besann sich eines Besseren, als es Slughorn gegenüber an Respekt mangeln zu lassen.
„Ron", sagte Ginny in einem kühlen Ton, „seine Name ist Ron Weasley. Und ich denke, ich werde jetzt gehen."
Ginny warf ihre Serviette nach unten und stand auf.
„Oh, kommen Sie, seien Sie nicht so!", rief Slughorn. Er blickte aufgrund ihrer Antwort ziemlich alarmiert. „Ich sage das alles im Scherz. Ich bin sicher, Potter ist weg und versucht sein Glück in Borgin und Burkes oder etwas von die-"
„Er kämpft gegen Voldemort."
Ginny wusste nicht, was sie dazu brachte, das zu sagen. Sie hatte niemals vorgehabt, jemanden den Grund von Harrys Abwesenheit zu erzählen, aber alles was sie in diesem Moment wusste, war, dass sie Slughorns unwissende Bemerkungen und Blaise' schadenfrohes Grinsen nicht eine weitere Sekunde ertragen könnte.
Zumindest Ginnys Antwort hatte einen Effekt. Es wischte das Grinsen von Blaise' Gesicht, der zwischen geschockt und verärgert aussah. Neville wurde bleich. McLaggen guckte überrascht. Slughorn ließ seinen Kelch fallen.
„Sagen Sie seinen Namen nicht", tadelte Slughorn sie und sah vollkommen geschockt aus." Ich meine, ernsthaft Mädchen, was denken Sie, dass Sie tun?"
„Vielleicht gibt es ihr das Gefühl mutig zu sein", sagte Blaise in einem leisen Ton. Er blickte Ginny das erste Mal an diesem Abend an. „Vielleicht gibt es ihr das Gefühl … näher bei Potter zu sein."
Sie funkelte ihn wütend an und richtete ihre Aufmerksamkeit zurück zu Slughorn.
„Entschuldigen Sie, Professor", sagte Ginny mit kontrollierter Bemühung. „Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist."
„Ich sage Ihnen, Mädchen ...", sagte Slughorn, während er die Metflecken auf der Vorderseite seiner Robe bemerkte und anfing, sie ohne Erfolg wegzuwischen, „Wenn Sie von Potters Grund so überzeugt sind, warum versuchen Sie nicht, ihm zu helfen?"
Ginny wurde still. Sie starrte Slughorn an. „Was meinen Sie, Professor?"
„Nun, wir wissen, Er-dessen-Name-nicht-genannt-werden-darf ist zurück, ist es nicht so?", rief Slughorn aus, noch immer an seinem Hemd fummelnd. „Ein Verteidigungskurs würde an diesem Punkt nicht schaden, oder? Ich habe Ihre Kräfte selbst erlebt – wieso überlegen Sie sich nicht, wie Sie anderen Schüler helfen könnten, indem Sie sie lehren, sich selbst zu verteidigen?"
Ginny öffnete ihren Mund und schloss ihn. Sie blickte Neville an und wusste, dass sie denselben Gedanken hatten. Was Slughorn gerade vorschlug, klang ziemlich wie die D.A.
Ginny ging einen Schritt zurück.
„Ich bin müde", sagte sie. „Ich werde nun gehen."
„Oh, gut, wenn Sie darauf bestehen", sagte Slughorn ungeduldig. Er zückte seinen Zauberstab und richtete ihn auf die Vorderseite seines Hemds. „Ich kann dieses verdammte Ding nicht sauber bekommen!"
Das Letzte, was Ginny sah, bevor sie aus dem Raum schlüpfte, war Slughorn, der versuchte, die roten Flecken aus seinem weißen Hemd zu bekommen und es nur schaffte, sein gesamtes Hemd rot zu färben. Dann stürmte sie den Flur entlang, bevor irgendjemand ein weiteres Wort einwerfen konnte.
Ginny fühlte sich sehr seltsam. Sie wusste nicht, ob es eine schlechte Idee gewesen war, die Gruppe über Harrys Suche aufzuklären. Es war nach allem für jeden offensichtlich, dass Harry sich wahrscheinlich auf eine Art persönlicher Mission befand, aber vielleicht hätte sie nicht so stark zu Harrys Gunsten sprechen sollen. Sie würde wahrscheinlich in Schwierigkeiten geraten, sofern diese Information zurück zu Snape gelangte, was unwahrscheinlich war ... Soweit es das betraf, war die einzige Besorgnis Blaise Zabini. Er schien der einzige der Gruppe zu sein, bei dem es entfernt möglich war, dass er Ginny verriet, und je mehr sie darüber nachdachte, desto unbehaglicher fühlte sie sich.
Dann war da Slughorns Vorschlag, einen Verteidigungskurs zu gründen. Ginny wusste, dass Slughorn betrunken gewesen war … dennoch ergaben seine Worte für Ginny viel Sinn. Was, wenn sie diese letzten paar Monate nur sich selbst bemitleidet hatte? War es Zeit, den Kummer zurückzudrängen und anzufangen, der Sache nachzuhelfen … Sollte sie darüber nachdenken, den D.A.-Klub wieder ins Leben zu rufen? Schon seit Anfang des Jahres beschäftigte sich Ginny mit dem Gedanken, den Klub wieder zu erneuern, aber sie hatte es nicht ernst genommen, bis jetzt. Tatsache war, dass die meisten Schüler entweder offen das Regime des Ministeriums befürworteten oder sich zu sehr davor fürchteten, um irgendetwas zu tun, was Snape nicht billigen würde. Natürlich gab es keine formale Sperre für Klubs – zumindest bisher nicht – aber es gab keinen Zweifel, dass das Ministerium die Treffen eines Verteidigungskurses nicht billigen würde.
Ginny runzelte die Stirn und schüttelte ihren Kopf. Das alles war sehr verwirrend. Wenn sie lang genug darüber nachdachte, könnte jeder Gesichtspunkt Sinn ergeben … aber sie wünschte sich nur, sie hätte nicht die Beherrschung gegenüber Slughorn verloren und ihm erzählt, was Harry vorhatte. Wenn McLaggen irgendetwas darüber zu sagen hätte, würde es bis morgen die ganze Schule wissen. Ginny seufzte und war gerade dabei, die Treppen hinaufzugehen, als sie eine Stimme hinter sich sagen hörte: „Stopp."
Ginny wirbelte erschrocken herum und zog dabei ihren Zauberstab, nur, um sich Blaise Zabini gegenüber wiederzufinden.
„Expelliarmus!"
Bevor Ginny sich bewegen konnte, hatte Blaise sie entwaffnet. Er bewegte sich danach jedoch keinen Schritt näher.
„Wofür was das?", fragte Ginny zornig. Erhobenen Hauptes ging sie dahin, wo ihr Zauberstab gelandet war und hob ihn auf. „Betreibst du es als Sport, Leuten den Abend zu ruinieren?"
„Ich habe mir nur überlegt, dass du denken würdest, ich würde dir hinterherschleichen. Ich wollte nicht wirklich eine deiner Verhexungen am eigenen Leib erfahren, deswegen hielt ich das für sicherer", sagte Blaise glatt. Er verschränkte seine Arme auf eine zufriedene Art und Weise und beobachtete ihre Bewegungen.
Ginny runzelte die Stirn. Sie betrachtete Blaise und wusste, dass sie wahrscheinlich genauso gehandelt hätte, wie Blaise beschrieb, wenn er sie nicht entwaffnet hätte.
Er schien viel größer, als sie ihn in Erinnerung hatte, obwohl das vielleicht aus dem Grund war, das er für gewöhnlich krumm da saß, wann immer sie ihn sah, und sie mit diesen merkwürdig ausgerichteten Augen beobachtete, die niemals irgendwelche Gefühle preiszugeben schienen.
„Du läufst schnell", fügte er ausdruckslos hinzu. „Ich musste praktisch rennen, um dich einzuholen, nachdem du gegangen warst." Er hatte eine Art an sich, extrem gelangweilt zu klingen, wenn er mit Ginny sprach, weshalb sie sich fragte, wieso er überhaupt hier war.
„Was willst du?", fragte Ginny. Ihre Augen verengten sich und sie verschränkte ihre Arme. Sie fühlte sich irgendwie schutzlos. Warum wählte er gerade sie aus?
„Die Verfolgungsjagd beenden?" Blaise hob eine Augenbraue und schien leicht amüsiert. Oder vielleicht war er verärgert, weil sein entspanntes Gesicht in ein leichtes Stirnrunzeln fiel.
„Du hast gehört, was Slughorn gesagt hat."
Ginny war verblüfft. Sie wusste nicht, was sie erwartet hatte, als Blaise sie ansprach, aber das war es ganz sicherlich nicht gewesen.
„Was von dem?", fragte sie schließlich.
Blaise blickte sie ungläubig an. „Du erzählst mir nicht ernsthaft, dass du, bevor Slughorn es erwähnt hat, noch nie überlegt hast, einen Klub zu gründen?", fragte er zweifelnd.
„Wieso sollte ich?", log Ginny und versuchte, ihre Seite der Konversation kurz zu halten.
„Du bist vermutlich die talentierteste Hexe in deinem Jahr, oder?", sprach Blaise auf seine unerträgliche Weise gedehnt. „Hast du wirklich nie überlegt, dass wir nicht auf die Lehrer zählen können? Dachtest du niemals daran, die Sachen in die eigene Hand zu nehmen?"
„... worauf willst du hinaus?", fragte Ginny und starrte ihn an.
Blaise seufzte verärgert. „Ich kann es dir nicht erklären, wenn du dumm bist oder du bist einfach nur schwierig", sagte er kalt, „aber ich baue auf letzteres, da ich aus erster Hand weiß, wozu du fähig bist. Offensichtlich frage ich dich, ob du einen Verteidigungskurs mit mir anfangen willst."
Er war schließlich mit der Sprache herausgerückt und hatte es gesagt. Ginny wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie fühlte sich völlig falsch erwischt. Der Vorschlag, sich zusammen zu tun, schien nicht nur so völlig vernünftig, dass sie nicht akzeptieren konnte, dass es von Blaise Zabini kam, sie dachte außerdem, er wäre wie alle anderen Slytherins. Freute er sich nicht, dass Voldemort zurück war?
„Ich dachte, du unterstützt Voldemort?", sagte sie, bevor sie sich selbst daran hindern konnte.
Blaise starrte sie an und sie starrte grimmig zurück zu ihm, unfähig sein Gesicht zu lesen. Er schien etwas zu überlegen.
„Das gehört weder hierhin noch dorthin", sagte er schließlich. „Alles, was ich weiß, ist, dass ich keinen widerlichen Werwolf oder jemand anderen an meinem Hintern haben will, wenn diese Schule überfallen wird."
Er spielte auf Fenrir Greyback an, Ginny war sich sicher. Vielleicht mochte Zabini nicht jeden von denen, die Voldemort zur Unterstützung herangezogen hatte. Vielleicht wollte er bloß wissen, wie er sich selbst vor einer solchen Situationen wie dieser schützen konnte. Aber wieso bräuchte er Ginny dafür ...?
„... kennst du andere Leute, die daran interessiert wären zu lernen, sich selbst zu verteidigen?", fragte Ginny langsam, da sie realisierte, wieso Blaise ihr das gerade erzählte.
Blaise schien ein bisschen weniger erbost. „Nun verstehst du."
Eine Pause.
„Aber wann? Wo?", fragte Ginny. „Wie viele Leute kennst du?"
„Genug", sagte Blaise nüchtern, „wir bräuchten einen ziemlich großen Raum."
'Der Raum der Wünsche' war der erste Gedanke, der in Ginnys Gedanken aufblitzte. Dennoch fühlte sie sich irgendwie abgeneigt ihn zu benutzen, so, als wäre es Harrys Ort und daher heilig. Ginny schüttelte den Kopf. Sie konnte nicht weiter machen, so zu denken, das war kontraproduktiv ...
„Ich kenne einen Ort", sagte sie, „es ist-"
„Shh", sagte er, „Schreib es auf. Es könnte jemand zuhören."
„Klubs sind nicht verboten", bemerkte Ginny.
Blaise blickte sie an, als wäre sie dumm. „Nun, ich würde nicht darauf vertrauen, dass sie das bleiben", sagte er. „Er ist nur eine Frage der Zeit, bevor das Ministerium anfängt, eine der Regeln von Umbridges Regime wieder in Kraft zu setzen.
Ginny schauderte bei der Erinnerung. Sie fragte sich, ob Blaise das aufgrund persönlicher Verbindungen zum Ministerium wusste oder ob er nur spekulierte. Viel wichtiger war aber, dass Ginny nicht wusste, ob sie Blaise überhaupt trauen konnte. Er schien über sein Anliegen, seine eigene Haut zu retten aufrichtig genug, aber er war trotz allem ein Slytherin ...
„Wieso machst du das?", fragte Ginny und guckte Blaise direkt an. „Ich glaube nicht, dass du anderen Leuten helfen willst und wenn du dir nur selbst helfen wolltest, dann würdest du mich nicht brauchen. Was ist dein eigentlicher Plan?", verlangte sie zu wissen.
Anstatt zu leugnen, dass er einen anderen Plan hatte, wie Ginny von ihm vermutete, lachte Blaise leise. Er ging einen Schritt vorwärts.
„Ich und du, Ginny", sagte er, „wir sind anders. Slughorn hat uns ausgewählt. Wusstest du, dass Slughorn der Erste war, der Du-Weißt-Schon-Wer's Talent bemerkt hat?"
„Gräueltaten, meinst du", korrigierte Ginny. Sie fühlte sich genervt.
„Wie auch immer." Blaise musterte sie aufmerksam. „Wenn wir nicht führen, wer dann?"
Ginny antwortete nicht. Sie vertraute ihm noch immer nicht, aber diese Antwort war zweifellos arrogant genug, um zu gewährleisten, dass Blaise noch immer dieselbe Person war. Sie biss die Zähne zusammen.
„Und warum denkst du, du seist besser als alle anderen?", fragte sie herausfordernd.
„Weil ich es bin." Er sagte es mit keiner Spur von Stolz oder Selbstgefälligkeit in seiner Stimme; nur eine einfache Nüchternheit, die sie unglaublich wütend machte. Es war, als ob er lediglich einen Fakt nennen würde und nichts weiter.
„Ich bin besser als die anderen", wiederholte er. „Genau wie du. Wie dein Potter."
Ginny fühlte ihr Gesicht heiß werden, als Blaise fortfuhr, sie zu studieren.
„Was sagst du?", fragte er schließlich und brach die Stille.
„Nächsten Donnerstag. Neun Uhr." Sie quälte sich durch die befremdliche Menge von Gefühlen, die in ihr tobten.
„Bring mit, wen immer du willst." An dem Punkt wollte Ginny nur so weit wie möglich von Blaise wegkommen.
„Nun redest du vernünftig. Der Raum?"
Blaise lächelte auf schrecklich zufriedene Weise und trat zurück.
„Ich werde dir eine Eule schicken." Ginny ging einen weiteren Schritt zurück.
„Das reicht."
Sie schauten einander noch einen Moment länger an.
Ich glaube, du warst mittendrin davonzustürmen", suggerierte Blaise sarkastisch, während er die Treppe hinauf deutete. „Du warst dabei, einen netten kleinen Abgang zu machen, angetrieben durch deinen Zorn, dass jemand deine Jungs beleidigt hat … bevor ich dich gerufen habe … "
Ginny hob ihre Hand, um Blaise zu ohrfeigen, besann sich aber im letzten Moment eines Besseren. Er war es nicht Wert. Sie senkte nur ihre Hand, drehte sich um und stapfte die Treppe hoch.
Blaise starrte ihr einen Moment hinterher und grinste selbstgefällig vor sich hin, bevor er ebenfalls ging.
