A/N: Guten Abend, ihr Lieben,

kaum ging es mit meiner letzten Fanfiction zuende, kann ich Euch bereits voller Stolz neuen Lesestoff präsentieren!
Die Idee zu dieser Geschichte schwirrte mir bereits eine Weile im Hinterkopf, sodass ich sie nun endlich einmal zu Papier bringen musste. :-)

Anmerkungen:
Dies ist eine Femslash-Story. Solltet Ihr Geschichten dieser Art nicht mögen, dann rate ich Euch davon ab, diese Fanfiction zu lesen.

Die Handlung setzt unmittelbar nach dem letzten Kapitel von "Harry Potter und die Heiligtümer des Todes" ein und verläuft wie meine bisherigen Geschichten im Großen und Ganzen im Einklang mit dem offiziellen Canon. Lediglich den Epilog werde ich im Rahmen dieser Fanfiction ignorieren.

Das Rating liegt zunächst bei T, eine Hochstufung im weiteren Verlauf ist jedoch nicht auszuschließen.

Wie bisher gilt: Begrifflichkeiten, die schottisch-gälischen, lateinischen oder anders gearteten Ursprungs sein sollten, werde ich in den Fußnoten angeben.

Auch diese Story ist ungebetat, wer Rechtschreibfehler findet, darf mich gerne darauf hinweisen.

Alle Charaktere und Orte, die auch in den Büchern vorkommen, gehören J. K. Rowling, was darüber hinausgeht, ist meiner Vorstellungskraft zu schulden. Geld verdiene ich keines, Eure Kommentare sind mein einziger Lohn. -)

Was die Regelmäßigkeit von Updates angeht, so wissen die Einen oder Anderen von Euch, dass ich diese nicht immer gewährleisten kann. Ich hoffe aber dennoch, dass Ihr darüber hinwegsehen und Freude an dieser Geschichte finden könnt.

In diesem Sinne: viel Spaß mit dem ersten Kapitel! Lasst mich wissen, was Ihr davon haltet! :-)

LG


A BREEZE OF SOMETHING

~ Prolog ~

Ein langgezogenes Pfeifen erscholl über dem Bahnsteig 7 ½, als die kolossale Lokomotive anfuhr und sich gemächlich an dem dichten Gewühl von Hexen und Zauberer vorbeiwälzte, die den Reisenden hinter den Zugfenstern eifrig zuwinkten, bis sie hinter watteweißen Dampfwolken verschwanden. Das erste Licht des Tages glänzte auf dem schwarzen Dampfross, das mit voller Kraft an seinen zehn Wagen zerrte, sobald es King's Cross hinter sich gelassen hatte und endlich ungezügelt losstürmen durfte. In seinem luxuriösen Inneren lehnten sich die Fahrgäste in ihren samtenen Polstersesseln zurück, rieben sich vergnügt die Hände und ließen sich von der Vorfreude auf die bisweilen abenteuerlichste Reise ihres Lebens berauschen. Einige bestellten sogleich ihr erstes Goldlackwasser und vertieften sich in die neuste Ausgabe des Tagespropheten, andere verwickelten ihre Mitreisenden in muntere Konversationen über ihre Fahrtroute oder die aktuelle Wettervorhersage, und wieder andere begnügten sich mit einem ungestörten Schläfchen.
In einem der hinteren Wagons des Zuges mühte sich eine betagte Hexe, die sich schwer auf einen Gehstock stützte, mit ihrem Gepäck im Schlepptau an mehreren mäßig besetzten Abteilen vorbei, bis sie durch die ovale Kristallscheibe der nächstgelegenen, mit Mahagoni vertäfelten Tür nahezu ausnehmende Leere erblickte. Lediglich eine junge Frau saß auf einem der Plätze am Fenster und blickte gedankenverloren hinaus, wo Dörfer und Städte wie Traumgespinste im blassen Nebel vorüberzogen. Ein prüfender Blick auf ihre Fahrkarte ließ die vornehme Dame entschlossen ihren kunstvoll gearbeiteten Zauberstab heben, woraufhin die Abteiltür geräuschlos zur Seite glitt und den Weg freigab. Lächelnd trat sie vor und neigte leicht ihren Kopf, wo ein purpurner Filzhut ihr aufwendig gestecktes, schlohweißes Haar schmückte.

„Guten Tag, Miss. Ich hoffe, Sie sind mir nicht böse, doch ich fürchte, Sie werden nun nicht länger dem Genuss der Einsamkeit frönen können."

Das Fräulein am Fenster wandte den Kopf und erwiderte ihr Lächeln mit entwaffnender Herzlichkeit.

„Ganz und gar nicht, Madam. Bitte, lassen Sie mich Ihnen mit Ihrem Koffer helfen."

Bevor die Greisin ihr Angebot ablehnen konnte, hatte sie sich bereits erhoben und ihren eigenen Zauberstab hervorgeholt. Mit wenigen geübten Gesten ließ sie die schwere Reisetruhe draußen auf dem Gang auf eine handliche Größe schrumpfen und anschließend mühelos an ihrer Besitzerin vorbei schweben und unter dem zweiten Sessel am Fenster verschwinden, der dem ihren gegenüberlag.

„Haben Sie vielen Dank", erwiderte die ältere Hexe, als die Geräusche des Zuges durch die geschlossene Tür in den Hintergrund traten, und verlagerte ihre lederne Handtasche auf den linken Arm, um die Hand ihrer Mitreisenden zu schütteln. „Es ist mir ein Vergnügen, Sie kennenzulernen, Miss…?"

„Hermine Granger, Madam", stellte sich die junge Frau vor, deren bronzene Augen von ausnehmender Intelligenz zeugten, und ein Schmunzeln hob die faltigen Mundwinkel im Gesicht der Dame. Bei näherer Betrachtung fiel auf, dass sie die Ärmel ihrer hellblauen Sommerbluse bis zu den Ellbogen hochgekrempelt hatte, sodass eine leichte Binde um ihren linken Unterarm zu sehen war. Zudem lugte eine feine, noch nicht vollends verheilte Schnittwunde unter ihrem Kragen hervor, die eindeutig von einer Stichwaffe herrühren musste.

„Welch ungewöhnliche Fügung uns doch hier und heute zusammengeführt hat, Miss Granger. Ich habe vielerlei Geschichten über Ihre bedeutende Rolle im Kampf gegen Tom Riddle und die Dunkle Seite gehört; abgesehen davon soll Ihre bisherige akademische Karriere in der Geschichte von Hogwarts ihresgleichen suchen."

Beim Klang von Voldemorts früherem Namen huschte ein seltsamer Ausdruck über die Miene ihres Gegenübers, welcher jedoch sogleich einem zartroten Schimmer wich. „Ich bin sicher, in diesem Punkt wurde ein wenig übertrieben."

Ein erheitertes Krächzen entwischte der Kehle der alten Magierin. „Nun, ich bin gewillt, mir selbst ein Bild Ihrer Fähigkeiten zu machen, Miss Granger, und vertrauen Sie mir, wenn ich Ihnen sage, dass ich wohl annähernd einschätzen kann, wie Sie sich im Angesicht des vergangenen Jahrhunderts in der Schulhistorie von Hogwarts geschlagen haben."

Die Brauen der jungen Hexe schossen nach oben und ihr Blick wurde mit einem Mal wachsam. „Bitte um Verzeihung, Madam, aber wer sind Sie?"

Mit einem Finger an der Krempe ihres Hutes und einem amüsierten Funkeln in den stahlblauen Augen hielt die Hexe Hermines Blick stand. „Ich bin Galatea Merrythought. Den Glanz früherer Jahre müssen Sie sich hinzudenken."

Sie sind Professor Merrythought?", platzte die junge Frau mit großen Augen hervor, als sie der Hexe zu ihrem Sessel half und die pensionierte Dozentin daraufhin begann, die Haarnadeln zu lösen, die den Hut auf ihrem Haupt hielten. „Sie waren Lehrerin für Verteidigung gegen die Dunklen Künste in Hogwarts!"

„In der Tat; und das über fünfzig Jahre lang. Ich habe unzählige Hexen und Zauberer unterrichtet, wie seinerzeit auch Tom Riddle. Natürlich wusste damals noch niemand, was einmal aus ihm werden würde." Merrythought hob den Hut vorsichtig von ihrer Frisur und legte ihn ordentlich neben sich nieder, ehe sie sich wieder mit nachdenklicher Miene ihrer Mitreisenden zuwandte. „Der Krieg hat so viele junge Menschen ins Verderben gestürzt und viele von ihnen tragen die Erinnerung daran ihr ganzes Leben lang mit sich."

Hermine lief nun in einem intensiveren Rotton an und legte unwillkürlich eine Hand auf ihren Arm, wo unter dem hellen Leinen der Beweis verborgen lag, dass es sich bei den vergangenen Monaten nicht nur um einen schrecklichen Alptraum gehandelt hatte, sondern um bittere Realität. Merrythought musterte sie aufmerksam und als sie gewahrte, wie unangenehm der jungen Frau ihre Selbstentblößung war, nickte sie bedeutungsvoll zu ihrem Gehstock mit dem silbernen Knauf hinunter, der neben ihren Knien lehnte.

„Ich war sicherlich bereits vor jenem Vorfall nicht mehr die dynamischste Kämpferin auf dem Schlachtfeld, doch seit mich dieser Cruciatusfluch im Frühjahr niedergestreckt hat, kann ich keinen Schritt mehr ohne dieses vermaledeite Ding tun."

„Das muss bestimmt furchtbar für Sie gewesen sein. Sie hätten dabei umkommen können", erwiderte Hermine betroffen und empfand zunehmenden Respekt für jene Zauberin, die bereits ein wahrhaft biblisches Alter erreicht haben musste, als sie dem Folterfluch zum Opfer gefallen war. Diese jedoch zuckte lediglich mit den Schultern und schürzte die Lippen, wobei sie einer Schildkröte mit Perücke zum Verwechseln ähnlichsah.

„Ich habe bereits in mehreren Kriegen gekämpft und bin daher bestens mit der Wirkung dieses Fluches vertraut. Außerdem, wenn man bereits so lange lebt wie ich, verliert der Tod in zunehmendem Maße an Schrecken."

Schweigen senkte sich über die beiden Hexen, unterlegt vom steten Rumpeln und Rattern der Wagenräder, die auf den Schienen dahin walzten, und Hermine dachte über die Worte der älteren Frau nach. Als Merrythoughts Stimme erneut durch das Abteil schwebte, konnte sie sich nur mit Mühe darauf konzentrieren.

„Ist dies Ihre erste Reise mit dem Zephyrus-Express*, Miss Granger?"

„So ist es. Ich muss zugeben, ich war etwas unschlüssig, ob ich überhaupt mitfahren sollte, doch nun bin ich froh, hier zu sein."

„Und wohin wird Sie diese Reise führen, mein Kind?"

Diese Frage flößte Hermine Furcht ein, besonders, weil sie die Antwort darauf nicht kannte.
Nun, da Voldemort besiegt war, begann die Zaubererwelt allmählich, taumelnd und noch immer wie betäubt von dem Grauen, das ihre Sinne durchtränkte, zu ihrem gewohnten Leben zurückzufinden. Doch für die junge Frau gab es kein solches Leben mehr; ihre Eltern, zu ihrem eigenen Schutz ihrer Erinnerungen beraubt, würden sie niemals mehr als ihre Tochter wiedererkennen, sollte sie eines Tages unverhofft auf deren Türschwelle auftauchen. Sie war ihrer Wurzeln enthoben wie ein Schössling im Sturm, ziellos umherwirbelnd, bis sie schließlich irgendwo herabsinken würde, ohne Halt, ohne Orientierung, und ohne einen Ort, an den sie gehörte.
Ihre Gedanken trugen sie unversehens zurück zu dem Tag vor ihrer Abreise. Es war sehr still gewesen, als sie vom Fuchsbau aus zum „Tropfenden Kessel" nach London aufgebrochen war. Die Weasleys, die noch immer um ihren gefallenen Sohn trauerten, waren nicht in der Lage gewesen, ihr das Gefühl zu geben, gebraucht zu werden, was ihr den Abschied entschieden einfacher gemacht hatte. Diesen bedauerte sie lediglich um Harrys Willen, der genau wie sie nach allem, was geschehen war, in der Luft hing und herauszufinden versuchte, wie es weitergehen sollte. Anders als er jedoch, der ein neues Heim sowie Trost im Hause seines besten Freundes gefunden hatte, verspürte Hermine das seltsame Gefühl, nicht mehr Teil dieser Gemeinschaft zu sein, was sie letztendlich zu dem Entschluss veranlasst hatte, diese Reise anzutreten. Eine Reise, die sie voranbringen sollte, fort von ihren Dämonen und Alpträumen, hin zu sich selbst und, wie sie hoffte, zu der Person, die sie in Zukunft sein wollte.

Es dauerte einige Augenblicke, ehe sie sprechen konnte. Als sie es tat, fühlte sich ihre Kehle rau an und die Worte rollten schwer wie Kiesel von ihrer Zunge. „Ich hoffe, sie führt mich zurück ins Licht."

Merrythought sah sie lange an und es war ihr, als sähen jene glitzernden Augen geradewegs in ihre Seele. Dann beugte sie sich vor, streckte beide Hände nach Hermines aus und hielt sie erstaunlich fest in den ihren. Auf der runzligen, mit Altersflecken übersäten Haut konnte Hermine unzählige Vernarbungen erkennen, und doch waren ihre Finger warm und weich und zitterten nicht ein einziges Mal, während sie ihre nächsten Worte sprach:

„Das Licht, meine Liebe, ist immer in unseren Herzen. Bisweilen jedoch müssen wir erst einmal durch seinen Schatten treten, um uns wieder daran zu erinnern."


A/N:
*Zephyrus-Express (lat.
zephyrus: "Westwind"): das magische Äquivalent zum Orient-Express (von JKR namentlich nicht näher spezifiziert). Die Fahrtroute ähnelt in dieser Geschichte grob den historisch gesicherten Verbindungen zwischen London/Paris und Konstantinopel (Istanbul).