Savin'

Prolog: Flaming Courage

Meine Hände zitterten und meine Narbe brannte, als ich vom Fenster des Gryffindorturms aus in die Nacht starrte, als lauere dort die Antwort, die ich so verzweifelt suchte – die Antwort auf eine Frage, derer ich mir schmerzlich bewusst war. Die Antwort auf das Leid und die Jahre, die vergangen waren, seit ich, meines eigenen Schicksal noch lange nicht bewusst, den Fuß über die Schwelle dieser Schule gesetzt hatte.

„Wann hat das alles ein Ende?" schien meine geschundene Seele in die Nacht hineinzuschreien, sich verzweifelt aufzubäumen. Doch das Licht der Sterne blieb das gleiche und in der schwarzen Stille regte sich nichts. Wie viele Unschuldige mussten noch ihr Leben lassen, für die Mission, die die Prophezeiung Trelawneys vor etlichen Jahren auf meinen Schultern abgelegt hatte?

Diese Schultern waren zu schmal, das Schicksal der Zaubererwelt zu tragen, zu schmal, diesem grässlichen Druck noch lange standzuhalten. Das vermeintlich unterstützende Vertrauen der Menschen, die ich liebte, legte mir immer weitere Schnüre um den Hals und zog daran. Es war nur noch eine Frage der Zeit, wann ich daran erstickte, an meiner eigenen Zukunft zerbrach.

Was war das für eine Zukunft, auf die ich keinerlei Zugriffsrecht mehr besaß? Wer hatte den Code für mich umgeschrieben? Wer hatte mir eine friedliche, glückliche und leichte Jugend verprogrammiert? Und wenn es einen Gott gab, wo war er dann jetzt?

Ich ließ die Finger über das Fensterbrett wandern, ertastete die Unebenheiten im kalten Marmor. Gleichzeitig aber schienen sie mein Herz zu erfühlen, zerrissen und taub, aber doch lebendig. Und das war es, was zählte: Ich lebte.

Ich stieß mich vom mondbeschienen Stein ab. Im selben Moment, in dem meine Fingerspitzen die glasig spiegelnde Fläche verließen, lichtete sich der Nebel in meinem Kopf, den ich vorher überhaupt nicht bemerkt hatte. Erst jetzt, da er verschwand, verstand ich meine eigene Blauäugigkeit.

Ich dachte an Hermine, Ron, Hagrid und all die anderen, die sich darauf verließen, dass ich das richtige tat. Seit wann war ich so schrecklich egoistisch, so selbstfixiert? Was war mit all denen, die an mich glaubten, die fest davon überzeugt waren, ich könne es mit Voldemort aufnehmen?

Zwar lastete eben jenes Vertrauen auf mir wie ein Fluch, aber wenn ich zurückdachte, wurde mir plötzlich bewusst, wie viele Menschen sich bereits vor mich geworfen hatten und bereit wären, es wieder zu tun, um mich zu schützen.

So wie Sirius. Er war gestorben, um mich am Leben zu erhalten, er hatte für mich gekämpft und verloren.

Beim Gedanken an ihn machte sich das Glitzern von Tränen in meinen Augen breit und ich warf einen flüchtigen Blick zum schwarzen Umriss des Spiegels auf meinem Nachttischschränkchen. Ich bildete mir ein, ihn kurz aufblitzen zu sehen. Nein, ich würde nicht riskieren, dass etwas derartiges noch einmal passierte. Ich hatte nicht vor, sie alle als Schutzschilder zu benutzen, jene Menschen, die mir am wichtigsten waren auf dieser Erde, nur um mich selbst vor dem Bösen dieser Welt zu beschützen. Es war genau andersherum; ich musste sie beschützen, wenn es sein musste mit meinem Leben.

Wie die warmen Lichter, die den Fenstern von Hagrids Hütte entflohen und den Saum des Verbotenen Waldes gespenstisch beleuchteten, so schienen auch sämtliches Selbstmitleid und alle Depression in lodernden Flammen aufzugehen und die Verzweiflung einzuschließen, in einem Kreis aus Feuer, der so schnell nicht zu löschen sein würde.