Part I: Schmerzensgrenzen

Die Decken raschelten als Jet sich von dem schlaffen Körper unter ihm herabrollte und sich daneben legte. Der schwere Atem der beiden jungen Männer war deutlich zu hören. Von der Straße könnte man wütendes Schimpfen aus einer naheliegenden Taverne hören und der Regen prasselte auf die Holzdächer des Unteren Ringes.

„Gott…" brachte Jet heraus und ließ eine Hand über Zukos Arm wandern. „Das…das war gut. Du…du solltest mir dankbar sein."

Zuko antwortete nicht sondern sah aus dem Fenster in die Nacht hinaus, wo sich der wolkenverhangene Himmel achtlos spannte.

Er fühlte sich so leer.

„Wirklich." Versicherte ihm Jets aufdringliche Stimme, als hätte er nicht gemerkt, dass der entehrte Prinz ihm nicht zuhörte. Als hätte er die Sehnsucht bemerkt, mit der die goldenen Augen zu den weiten des Himmels hinaufsahen und wollte diese nun zur Verzweifelung nähren.

Das brauchte er nicht. Zuko war verzweifelt.

Inzwischen verlangte Jet ihn jeden Abend in seinem billigen Unterschlupf. Und Zuko folgte diesem Ruf. Der Tausch war einfach. Jets Schweigen über ihre wahre Identität gegen Zukos Körper. Die Sicherheit seines Onkels und ihm selbst gegen einen zufriedenen Jet.

Es sollte ihm nicht so wehtun.

Er sollte sich daran gewöhnen.

Er sollte nicht jeden Abend neue Tränen ersticken müssen.

Er hatte nichts mehr zu verlieren- Wenn er sich verkaufte, dann war es kein Absturz mehr.

Es war nur Teil des Urteils, dass für seine Schwäche über ihn gefällt worden war. Er hatte jeden Schmerz verdient, die die Welt auf ihn schleuderte, musste jede Demütigung erdulden. Das war seine Strafe.

Aber…es tat weh. Und es wurde zu viel.

Es tat so weh, das seine Augen brannten. So tief war er noch nie gesunken. Er verkaufte seinen Körper um…

Ja…um was? Warum?

Für seine eigene Sicherheit? Damit er überleben würde, bis er seine Jagd nach dem Avatar fortsetzen könnte? Nein.

Es gab nur einen Grund und Zuko hatte nicht mehr die Kraft ihn zu leugnen.

Für seinen Onkel. Für Iroh, der in dieser Stadt so glücklich schien. Der seinen Sohn hier verloren hatte, und doch hierhin zurückkehrte und sein bestes gab. Der weitermachte, nach dem er Lu Ten verloren hatte und sich nun auch um Zuko kümmerte. Zuko verstand nicht, warum Iroh ihn nicht einfach verließ. Am Nordpol hatte er gesagt, dass Zuko wie ein Sohn für ihn war. Und Zuko hatte sich selten glücklicher und trauriger zugleich gefühlt.

Er hatte sein Glück kaum in Worte fassen zu können, dass sein Onkel ihn genug liebte, um so etwas nur zu denken.

Und gleichzeitig war er am Boden zerstört, denn er wusste nun, wie sehr er seinem Onkel mit seinem ständigen Versagen und seinen harschen Worten zusetzen musste.

Hätte sein Onkel Azula sein Herz geschenkt wie ihr Vater es tat, dann würde er niemals enttäuscht werden.

Aber Iroh liebte Zuko – nicht Azula. Und tief in seinem Innersten war er nie für etwas dankbarer gewesen…wenn es sich nur nicht so unverdient angefühlt hätte.

Und wenn er in die frohen Augen seines Onkels sah, und selbst nichts verspürte als Hoffnungslosigkeit, fühlte er sich mehr als eine Schande für die Feuernation als jemals zuvor. Er konnte sich nicht einmal für den Mann freuen, der immer an seiner Seite gewesen war und alles gegeben hatte, um ihn all die Jahre aufzumuntern. Nicht einmal diesen Gefallen konnte er ihm machen.

Also musste das hier genügen. Das war sein Opfer, dass er still und schweigend brachte. Weil er sonst nichts konnte.

Auch wenn er Schmerzen hatte.

Auch wenn er seine Jungfräulichkeit dem hasserfüllten Freiheitskämpfer geopfert hatte.

Auch wenn Jet brutal war und nicht davor zurückschreckte Zuko zu zeigen, was er von einem Feuerbändiger in dieser Stadt hielt.

Er wusste, dass er morgen weiter Blutergüsse an seinem ganzen Körper haben würde. Und er wusste, dass sich ein schmerzhafter Abdruck von Jets Zähnen an seinem Hals bildete.

Jets schwerer Atem beruhigte sich langsam und er konnte spüren, wie sich der nackte Körper des Erpressers an seinem rieb, als er sein Gewicht verlagerte.

„Du kannst jetzt gehen." Brummte er nachlässig. „Morgen. Zur gleichen Zeit."