Conan lag röchelnd am Boden. Die letzten Sonnenstrahlen des Tages fielen durch das verspiegelte Kellerfenster, ein blutrotes Leuchten, das sich trüb in seiner zerbrochenen Brille widerspiegelte. Stöhnend betrachtete er das Schauspiel, das sich ihm vor seinen Augen bot. Der Anblick der Brille trieb ihm die Tränen in die Augen; sie erinnerte ihn allzusehr an das, was er vor wenigen Tagen noch seinen Alltag genannt hatte: Morgens hatte er zusammen mit Ran und Kogoro gefrühstückt, war danach zur Schule gegangen, hatte dort Ayumi, Mitsuhiko und Genta getroffen, seine Zeit in der Schule abgesessen und dann den Tag entweder mit Ran oder seinen kleinen Freunden verbracht. Er war immer unzufrieden mit diesem Leben eines Grundschülers gewesen, hatte immer gehofft, dass er möglichst bald zu seinem alten Leben zurückkehren könnte.

Und nun gab es kein Leben, zu dem er zurückkehren konnte. Weder als der Grundschüler Conan Edogawa noch als Oberschüler Shinichi Kudo.

Denn sie alle waren tot. Ermordet von der Organisation.

Ihn hatten sie auf dem Heimweg von der Schule aufgegriffen, und der einzige Grund dafür, dass er noch am Leben war, war der, dass sie den Aufenthaltsort von Ai noch nicht ausfindig gemacht hatten und vermuteten, dass er ihn kannte.

Offenbar hatte sie, vielleicht durch Zufall, vielleicht durch Vorahnung, es geschafft, zu fliehen, bevor man sie und den Professor hatte exekutieren können.

Das Licht schwand langsam und die Dunkelheit setzte sich allmählich in dem ohnehin schon düsteren Keller fest.

Die Tränen liefen dem Jungen über die Wangen.

Seine Beine waren ihm gebrochen worden, als er sich geweigert hatte, zu reden und schmerzten bei jeder noch so kleinen Bewegung. Geronnenes Blut klebte ihm im Gesicht und er hatte Prellungen am ganzen Körper. Er war gezeichnet vom Verhör der Männer in Schwarz.

Keine Hoffnung. Keine Zukunft. Kein Ort, an den er zurückkehren konnte. Er wollte nur noch sterben.

Welche Ironie , dachte er, das, was mir vor so kurzer Zeit als wichtigstes Gut erschienen war, bedeutet mir nichts mehr. Das Leben…es kann an Bedeutung verlieren. Wer hätte das gedacht ? Ich nicht.

Zwei Monate später wurden die Medien von einer Nachricht aus dem Ausland überflutet :

Ein bekannter Professor aus Japan hatte die Machenschaften einer Geheimorganisation aufgedeckt, die hunderte von Menschen auf dem Gewissen hatte und Agenten in wichtigen Einrichtungen in ganz Japan eingeschleust hatte. Kurz bevor die Polizei das Hauptquartier räumen wollte, gab es eine riesige Explosion, die alle Menschen im Gebäudeinneren getötet hatte.

Im Keller des HQ wurde die verkokelte Leiche eines Kindes aufgefunden, das wohl schon vor längerer Zeit gestorben war.

Die Zweigstellen der Organisation wurden ausfindig gemacht und die Mitglieder, die nicht bereits Selbstmord begangen hatten, wurden verhaftet. Diese Mitglieder waren jedoch ausschließlich von niedrigstem Rang und konnten keine Auskunft über die eigentlichen Pläne der Organisation geben. Somit blieb die Schwarze Organisation für immer ein Mysterium.

Ai stand vor Conan Edogawas Grab.

Niemand würde je erfahren, dass der Grundschüler niemand anderes als Shinichi Kudo gewesen war, der nun offiziell als vermisst galt.

Sie legte ihre Hand auf den kalten Marmor und eine Träne rollte ihre Wange hinunter.

„Ich hoffe, du hast Erlösung gefunden, Kudo".

Ein Lichtstrahl brach durch den wolkenverhangenen Himmel und schien auf die Ruhestätte.

Haibara schaute in das Licht und lächelte.

„Das freut mich für dich".