Liebe Besucher*innen des Fan Fic Festivals!

Als das Kurator*innenteam mich angefragt hat, ob ich die Schirmherrschaft für ihr Festival übernehmen will, musste ich nicht lange nachdenken und habe sofort zugesagt. Schließlich bin ich sehr vertraut mit dem speziellen Beziehungstypus zwischen Fan und Star, und zwar von beiden Seiten. Zudem glaube ich fest an die Kraft der Fiktion. Dieser Glaube leitet mich und treibt mich an. Fanfiction, dieses gigantische Projekt der kollektiven Weiterführung, Ergänzung und Uminterpretation bestehender Erzählungen aus Kunst und Unterhaltungsindustrie, definiert einen Kosmos, als dessen Teil ich mich als öffentliche und Künstler- person fühle.

Das Festival ist diesem Kosmos gewidmet und möchte mit seinen künstlerischen Arbeiten und seinen ergänzenden Programmpunkten dessen Spielarten und Potentiale in der Perspektive auf zeitgenössische Performance untersuchen. Dabei geht es darum, einerseits Zugänge zu der faszinierenden Welt der Fanfiction zu erschließen und andererseits praktisch zu erproben, inwiefern z.B. narrative oder politisch- aktivistische Strategien von Fanfiction für die Performing Arts produktiv gemacht werden können.

Ich selbst habe schon sehr früh in meinem Leben kreative Energie daraus entwickelt, die Geschichten, Attitudes und Styles meiner Role Models aktiv und exzessiv auf mich selbst anzuwenden und daraus eigene Geschichten zu schaffen. So, wenn ich mit dem Sony Camcorder von dem Vater eines Schulfreundes das Musikvideo zu Bowie/Jaggers »Dancing In The Street« auf einem Marienfelder Gewerbehof drehte.

Oder wenn ich – meinem Vorbild Andre Agassi nacheifernd – in zerrissenen und abgeschnittenen Jeans auf dem Tennisplatz stand, zwanzig Schläger kaputt- schlug, das Spiel schließlich mit einem vom Gegner geliehenen Schläger zu Ende spielte und gewann. Fantum war für mich ein entscheidender Motor, der mich zu dem Künstler gemacht hat, der ich heute bin. Gleichzeitig erfahre ich heute, wie in einer Form von »Reverse Fandom« von mir selbst auf Grundlage meines eigenen Fanseins geschaffene Narrative in der Beziehung zu Fans um zusätzliche Bedeutungen und politische und kulturelle Aspekte angereichert werden.

Ich freue mich sehr darauf zu sehen, wie die Künstler*innen des Fan Fic Festivals nach meinem Vorbild Leben und Werke anderer aus sich selbst heraus neu erzählen, in andere Kontexte übertragen und um unerwartete Perspektiven und Bedeutungen anreichern werden. Und ich wünsche euch vier aufregende, unterhaltsame und erkenntnisreiche Festivaltage im Ballhaus Ost.

Herzlich,
euer Lars Eidinger