Spoiler: irgendwann vor Tick, Tick, Tick ... & Boom in der 2. Staffel.

Das hier wird keine lange Geschichte lediglich ein weihnachtlicher Zwei- oder Dreiteiler.


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Home for the Holidays

Kapitel 1

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„Wir würden uns freuen, wenn du mit uns den Abend verbringen würdest", erklärte Alexis, die ihren Vater vom Revier abholte. Es war erst drei am Nachmittag und sie wusste, dass er sich, sofern sie ihn nicht abholen würde, verspäten würde. So wie jeden Tag, den er mit Beckett verbrachte. Seit zwei Jahren verbrachte er jeden schreibfreien Moment mit dieser Frau, doch näher waren sie sich nie gekommen. Soweit sie das als Teenager beurteilen konnte. Castle sprach zwar ohne Pause von ihr – ihrem Intellekt, der Art und Weise wie sie ihn auf die Palme brachte, nichts aus ihrer Vergangenheit verriet. Den Sommer, den er zurückgezogen in den Hamptons verbracht hatte, um zu schreiben, hatte sie gehasst – er war unerträglich gewesen. Immer wieder war Gina aufgetaucht und hatte versucht, ihm näherzukommen, sich wieder in sein Leben zu drängen, allerdings ohne Erfolg, da er stets lediglich harsche Worte für sie übrig hatte.

Und nun war Weihnachten und Martha hatte gemeint, dass sie Kate einladen sollte, es würde ihr sicherlich gut tun.

„Ich habe noch zu tun …"

„Detective Beckett", ertönte es plötzlich aus Montgomerys Büro.

Die Polizistin stand auf, wusste nicht recht, was er von ihr wollen könnte und ging in das Büro ihres Vorgesetzten.

„Captain …."

„Wir haben mehr als genug Leute heute, Detective Santa, O'Hara und Gregory sind hier bis Mitternacht. Danach kommen Franklin, Jackson und Tyler. Wir haben wirklich genügend Leute. Nehmen sie doch die Einladung des Mädchens an. Sie haben in den letzten zehn Jahren jedes Weihnachten gearbeitet."

„Aber …"

„Es wird ihnen gut tun, einmal mit einer Familie Zeit zu verbringen. Wo ist ihr Vater?"

„Bei meinem Onkel in Colorado", antwortete sie leise und blickte nervös auf dem Boden. Wieso brachte er sie in solch eine Situation? Jetzt war es quasi unmöglich, das Angebot abzulehnen, ohne unhöflich zu wirken.

„Also, gehen sie nachhause, gönnen sie sich ein Bad und dann schauen sie, dass sie pünktlich zum Abendessen bei Castle und seiner Familie sind."

„Ist das ein Befehl?"

„Muss es einer sein?", fragte Montgomery bestimmt nach, starrte sie hart an und gab ihr zu verstehen, dass er es nicht zulassen würde, dass sie sich einfach so aus dieser Situation zurückziehe. Wenn notwendig, würde er es laut genug am Revier verkünden, wenn dies nur endlich dazu beitragen würde, dass sich diese beiden näher kommen würden. Es war an manchen Tagen unerträglich, diese sexuelle Energie, die im Raum war. Unerträglich. Die Streitereien. Die Eifersüchteleien. Und dann sah sie ihn manchmal so an, das hatte er mehrmals beobachten können, mit einer unglaublichen Intensität, richtete sie ihren großen grünen Augen auf den Autor. War es ihm aufgefallen?

Mit gesenktem Kopf verließ Kate das Zimmer des Captains und ging in Richtung ihres Schreibtischs. Alexis und Rick warteten darauf, dass sie verkünden würde, dass sie einen neuen Fall hätten, doch nichts Dergleichen kam über ihre Lippen. Es war vielmehr eine gewisse Nervosität, die sich auf ihre Gesicht abzeichnete.

„Kate?", fragte Alexis abermals nach, wissend, dass sie nun eine Antwort bekommen würde.

„Gut, wann?"

„Halb sechs?", stellte Rick in den Raum, als er aufstand, um sich seinen Mantel anzuziehen.

Beckett nickte lediglich und begann alle Dokumente auf ihrem Schreibtisch zu ordnen.

„Bis dann", sagte Alexis erfreut.

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Obwohl ein halber Meter Schnee in den letzten Stunden gefallen war, schien sich New York im normalen Tempo zu bewegen. Indirekt hatte Kate vielleicht gehofft, dass sie den Schnee als Ausrede verwenden könne, um Ricks Feierlichkeiten zu entgehen. In ihrem kleinen Apartment angekommen, versuchte sie sich zu entspannen. Ja, sie war nervös. Es war eine ungewohnte Situation für sie. Bisher war sie niemals zu einer Weihnachtsfeier eingeladen gewesen. So lange ihre Mutter gelebt hatte, war es immer ihre kleine Familie gewesen, die zusammen die Feiertage verbracht hatte. Und danach war Weihnachte nicht mehr dasselbe gewesen. Ihr Vater war entweder betrunken gewesen oder bei seinem Bruder in Colorado, und sie war anfänglich auf der Uni geblieben und dann, so bald die Möglichkeit bestanden hatte, hatte sie freiwillig jeden nur erdenklichen Feiertagsdienst übernommen, der sich angeboten hatte. Vielleicht waren auch diese zusätzlichen Stunden der Grund gewesen, wieso sie so rasch aufgestiegen war.

Ein heißes Bad hätte sie beruhigen solle, tat aber nichts dergleichen. Es wühlte sie im Gegenteil sogar eher auf. Sie versuchte, ihn aus ihrem Kopf zu bekommen, doch unweit der Wanne lag das bereits zweimal gelesene Buch – Heat Wave. Immer wieder ging ihr diese eine erotische Szene durch den Kopf, immer wieder stoppte sie ihre Hand, die gerne danach gegriffen hätte.

Schließlich föhnte sie ihr Haar, bis es sanft auf ihr Gesicht umspielte. Sie entschied sich für einen weiten schwarzen Rock, der tief auf ihren Hüften saß und ein weinrotes Oberteil – einen Pullover mit einem sanften U-Boot-Ausschnitt und langen Ärmeln. Dezent trug sie Make-up auf und griff nach kleinen rötlich glitzernden Ohrsteckern. Es dauerte nicht lange, bis sie aus dem hintersten Teil ihres Mantels ihren Daunenmantel hervorgeholt hatte und hohe warme Stiefel. Rick würde an diesem Abend eine andere Seite von ihr sehen, eine, die nur an hohen Feiertagen hervorgeholt wurde.

Zwei gute Flaschen Rotwein aus ihrem Regal entnommen fuhr sie mit einem Taxi zu Ricks Loft. Immer noch quälte eine gewisse Unsicherheit sie. Sie fühlte sich fehl am Platz.

Als sie im Lift stand, ging ihr noch einmal durch den Kopf, dass es wohl einfacher wäre, sie würde eine Ausrede erfinden und wieder umkehren, vielleicht stand das Taxi sogar noch vor der Haustüre. Doch sie klopfte an und eine begeisterte, strahlende Martha öffnete ihr die Türe.

„Katherine", begrüßte sie sie freundlich, schloss sie in ihre Arme, bevor sie ihr aus dem Mantel half und diesen in der Garderobe verstaute.

Mitten in Ricks Wohnzimmer stand ein riesengroßer Baum, geschmückt mit unterschiedlichen Ornamenten in Rot, Grün und Gold. Castles Mutter bot Kate Hausschuhe und warme Socken an, nachdem sie gesehen hatte, dass Kate dabei war, ihre hohen Stiefel auszuziehen.

Was die Polizistin nicht bemerkt hatte, waren Marthas kritische Augen, die genau wahrnahmen, dass Kate sich für ein komplett anderes Outfit entschieden hatte, etwas äußerst Feminines.

Aus dem gemeinsamen Essen wurde ein regelrechtes Zeremoniell. Rick hatte mit Martha Fisch zubereitet, ein altes Familienrezept, sofern man Martha glauben konnte. Dazu gab es Kartoffelsalat, diverse grüne Salate und eine Fischsuppe. Kate genoss die belanglose Unterhaltung, die geführt wurde – man sprach über Alexis Schulerfolg, die Politik in New York, neue Bücher und Theaterstücke. Martha ließ sich über eine Kollegin aus, die sie vor Jahren bei einem Vorsprechen geschlagen hatte und deren Broadway-Stück nach lediglich drei Tagen abgesetzt wurde. Die Kritiken waren vernichtend gewesen, dann waren die Investoren abgesprungen und damit war man dem Untergang geweiht. Die Art und Weise, wie Martha ihre Geschichte darbot, ließ sie weder bösartig noch gemein wirken, eher unterhaltsam und leicht, als würde dies ständig passieren.

Zum Nachtisch trank man süßen Eiswein, der rasch in den Kopf stieg und aß frisches Apfelmus mit Rosinen, Nelken und Zimt. Ein weihnachtliches Dufterlebnis.

„Lasst uns doch zur Couch gehen", erklärte Rick und gab Alexis ein Zeichen. Das Mädchen ging zum DVD Regal und suchte nach einer speziellen DVD – dem traditionellen Weihnachtsfilm.

Natürlich war Rick aufgefallen, wie viel weicher sie in dem Rock und quasi barfuß wirkte. Der Pullover betonte ihren schlanken Hals, die feine Rundung ihrer Brust, den flachen Bauch und die schmalen Hüften, an denen der Bund des Rockes saß. Immer wieder ertappte Rick sich dabei, wie er am liebsten nach ihr gegriffen hätte, um zu wissen, ob der Pullover so weich war, wie er aussah. Oder ihre Taille so schmal.

Wenn er normalerweise sich nach einer Frau verzehrte, dann war dies ein weitaus einfacheres Spiel. Er umgarnte sie kurz, sagte wer er war und sie lag ihm schon zu Füßen. Kate hingegen war von all dem nicht sonderlich beeindruckt, zumindest nicht mehr. Anfänglich vielleicht, in den ersten zwei, drei Wochen ihrer Zusammenarbeit, doch rasch hatte sie erkannt, dass er eine kindische Nervensäge sein konnte und obwohl er sie zum Lachen brachte, veränderte dies nichts in ihrer Beziehung. Und genau diese Art, wie sie sich aus seinem Namen und seinen Millionen nichts machte, genau das gefiel ihm an ihr – sie war nicht wegen seines Geldes hinter ihm her. Nein, sie war überhaupt nicht hinter ihm her. Vielleicht war es genau das, was ihn sich nach ihr verzehren ließ.

Nun saß sie auf seiner großen Couch neben Alexis, die Beine angezogen und zu dem Mädchen gelehnt, sie lachten über etwas das Martha und Rick nicht hören konnten, wie zwei Teenager. So entspannt hatte er Kate noch nie erlebt und es freute Castles Mutter war entzückt, wie sich die junge Frau mit ihrer Enkeltochter verstand. Es waren viele Frauen durch Ricks Leben gewandert, wenige haben nachhaltige Spuren hinterlassen und bisher war er immer darauf bedacht gewesen, möglichst wenige Spielgefährtinnen seiner Tochter vorzustellen. Und nun saß Kate auf ihrer Couch, seiner Couch, und lachte mit Alexis, als wäre es das Normalste in ihrem Leben. An was es lag, wusste Martha nicht, eventuell war es der Fakt, dass Rick nur Interesse an ihr zeigte – sehr offensichtliches Interesse, das sie scheinbar nicht teilte – und diese fragile Beziehung nicht durch sexuellen Kontakt zerstört hatte.

Die meisten Frauen hatten Alexis zudem zunehmend als Konkurrenz betrachtet, verbrachte sie doch viel Zeit mit ihrem Vater und verlangte ihm auch viel ab – sie war ein überdurchschnittlich intelligentes Wesen, das genau wusste, was sie wollte und was nicht. Und eine Stiefmutter, so wie es Gina gewesen war, war es bei Gott nicht. Gina hatte Castle stets unter Druck gesetzt, ihm alles abverlangt und ihn dafür – und das wusste beinahe niemand – sexuell verhungern lassen. Sobald sie in Vegas geheiratet hatten, war die Lust bei ihr verflogen und Rick, in seiner puren Gutmütigkeit, hatte sie keinen Ehevertrag unterschreiben lassen. Da die Ehe am Ende allerdings lediglich 10 Monate gedauert hatte, hatte der Richter ihr vieles gar nicht erst zuerkannt, zudem waren ihre Affären ihm zugutegekommen. Der Richter war milde gestimmt gewesen und Rick wollte sie einfach loswerden – so gut sie als Verlegerin auch war, als Gattin war sie eine absolute Niete gewesen. Unfreundlich. Fordernd. Forsch. Egoistisch. Freudlos. Stets hatte sie ihn lediglich kritisiert und Rick, in seiner naiven Art, hat sich tendenziell in den Whiskey geflüchtet, bis Martha ihn eines Tages darauf hinwies, dass diese Ehe, die sie eingefädelt hatte, doch nicht zu funktionieren schien. Innerhalb von neun Monaten waren sie wieder geschiedene Leute, kein einfacher Prozess, aber vollbracht.

„Heiße Schokolade, Liebe?", fragte Rick Alexis noch in der Küche stehend.

„Hm . … bitte. Bitte auch für Kate …."

Rick hob die Augenbraue, als sie zu ihm blickte , fragend, ob das wirklich ihrer Vorstellung entsprach und sie nickte mit einem Lachen auf den Lippen, eines, das er in dieser Art und Weise noch nie in ihrem Gesicht gesehen hatte – jugendhaft, unschuldig und unbeschwert.

Als er mit beiden frischen Tassen Schokolade zum Couchtisch kam, hatte er neben Kates ein kleines Glas mit Cognac gestellt und als er sie fragend anblickte, nickte sie lediglich, Rick leerte es hinein und sie nahm ihm das Heißgetränk aus der Hand.

Es war Weihnachten und sie war nicht am Revier. Es war Weihnachten und sie fühlte sich nicht einsam und verlassen, hilflos und chancenlos, jemals den Mörder ihrer Mutter zu finden. Es war Weihnachten und sie fühlte sich in einer Familie gut aufgehoben, heimelig in diesem großen Loft und selbst als Rick sich neben sie setzte, stieg keinerlei Nervosität in ihr auf. Nein. Sie war immer noch entspannt. Vielleicht war es der Alkohol, den sie während des Essens konsumiert hatte oder einfach die Weihnachtsstimmung. Oder Ricks Nähe.

Natürlich nahm Kate seinen guten Geruch wahr, so wie jede Tag, den er an ihrer Seite verbrachte, doch dieses Mal fühlte es sich anders an. Er war nicht der Kollege, er war ein guter Freund. Ein Vertrauter. Sie brauchte sich vor ihm nicht verstellen, dafür hatte er sich bereits zu intensiv mit ihrer Vergangenheit vertraut gemacht, als er sich in den Mordfall ihrer Mutter gearbeitet hatte.

Und nun lief vor ihnen auf dem modernen Flatscreen ein typischer Disney Familienfilm mit Maureen O'Hara, eine Verfilmung des „Doppelten Lottchens", aus den fünfziger Jahren mit dem Titel „The Parents Trap". Die beiden Mädchen hatten sich gerade im Sommercamp kennengelernt und begannen gerade, sich die ersten Streiche zu spielen.

Intuitiv lehnte sich Kate zurück und spürte dabei, dass Ricks Hand hinter ihr auf der Rückenlehne der Couch lag. Als er sie wegziehen wollte, berührte sie diese kurz, um ihn wissen zu lassen, dass es sie nicht störe, er sie dort liegen lassen solle. Und so tat er auch. Als eine der Zwillinge ihrem Großvater das große Geheimnis des Platztausches verriet, begann er mit ihren Haaren zu spielen und streift immer wieder ihren Hals.

Kate wich ihm auch nicht aus, als er sie irgendwann begann am Hals und ihrer Schulter begann zu berühren, zu streicheln. Und schließlich sang Maureen O'Hara das Lied, das sie beim ersten Date mit ihrem Ex-Mann in dem Restaurant gehört hatte, währenddessen sank Kates Kopf gegen Ricks Schulter.

Martha beobachtete das Spektakel vom anderen Ende der Couch, sie studierte die beiden mehr als den Film. Sie kannte ihn in- und auswendig, so oft hatte sie ihn mit Alexis bereits gesehen und einst, als Rick klein war, mit ihm. Ein Lächeln war auf ihre Lippen gezeichnet, als Kates sich an ihren Sohn schmiegte, war es nun gewollt, lange geplant oder aus dieser sehr intimen und privaten Situation heraus.

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Ende Kapitel 1

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