Planet Wasserfall
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Prolog
Major John Sheppard beobachtete, wie die Türe zum Konferenzsaal mit einer Drehung vor ihm aufglitt. Sobald das leise Zischen verklang, trat er ein. Ein kurzer Gedanke genügte, und die Tür schloss sich hinter ihm. Im Raum kehrte Ruhe ein.
Sheppard grüßte alle durch zunicken, wandte sich nach links und setzte sich neben Leutnant Aiden Ford.
"John." Dr. Elizabeth Weir nickte dem ranghöchsten Militär zu, und eröffnete die Teambesprechung:
"Major Sheppard bat mich, zusätzliche Missionen zuzulassen, in Anbetracht der 3 Wraithbasisschiffe..."
Sheppards Blick fiel auf Dr. Rodney McKay, der ihm gegenüber an dem dreieckigen Tisch saß, mit verschränkten Beinen, und unruhig mit dem Fuß wippte. Ab und zu stieß er mit einem "Klonk" gegen ein Tischbein. Sheppard warf ihm einen missbilligenden Blick zu.
McKay unterbrach sein Wippen, um Sheppard einen gereizten Blick zurückzuwerfen.
John verstand sofort, dass McKay sich fürchtete, und lieber die verbliebene Zeit bis zur Wraithankunft verbringen wollte, indem er sich tief in die Antikerdatenbank verbuddelte.
"... die Notwendigkeit, einen Evakuierungsort zu finden, wird immer wichtiger." fuhr Dr. Weir indes fort.
"Ich weiß, das heute ihr freier Tag ist. Die Umstände jedoch lassen nicht zu, auch nur ein paar Minuten unserer verbleibenden Zeit ungenutzt zu lassen..."
Aus Elizabeths Augen und ihrer Stimme sprach die Anspannung. Sheppard ließ seinen Blick durch den Raum schweifen: Er wollte wissen, wie sein Team mit dem Stress zurande kam, insbesondere, wie Rodney reagieren würde auf die heute angesetzte Mission. Auf dem Mann lag einiger Druck, da von ihm als Atlantis Chefwissenschaftler einerseits erwartet wurde, eine Lösung aus dem Hut zu zaubern gegen die Wraith, und andererseits John von ihm verlangte, dass er jederzeit für einen Außeneinsatz bereit sei.
Rodney zog seinen Stuhl näher an den Tisch und klopfte mit den Fingern einen unruhigen Rhythmus auf den Tisch.
Rechterhand Rodneys saß Dr. Radek Zelenka. Der Wissenschaftler hatte sich im Stuhl nach vorne geneigt und die Arme auf dem Tisch verschränkt. Seine volle Aufmerksamkeit galt Dr. Weir.
"... prüfen, ob M1K-439 als Ausweichplanet taugt..."
John lauschte nur mit einem Ohr, was Elizabeth von sich gab. Er hatte sie heute morgen, noch vor dem Frühstück, gebeten, für heute eine Mission anzusetzen.
Auch Teyla, stellte John fest, war angespannt. Er sah, wie sie die Lippen zusammenpresste. Diesen intensiven Blick zeigte sie sonst nur, wenn sie sich nähernde Wraith fühlte.
Etwas quietschte, und Johns Aufmerksamkeit schwenkte von Teyla über Elizabeth weiter zu Sergeant Bates. John musterte den Sicherheitschef von Atlantis kühl. Der Mann klemmte ein neues Blatt in das Klemmbrett vor sich, und schrieb an einem Text weiter, der aussah wie eine Niederschrift über ihre Besprechung. Sheppard nahm sich vor, den Bericht bei Gelegenheit anzufordern. Es konnte nicht schaden zu prüfen, ob sich Bates einen objektiven Stil bewahrt hatte.
Aus den Augenwinkeln sah John linkerhand eine Bewegung. Leutnant Ford, der sich hektisch an seiner Armbanduhr zu schaffen machte. Ein zweimaliger Piepston drang aus der digitalen Uhr, ehe Ford es gelang, was-auch-immer abzustellen. Ford lächelte nervös, und nach einem raschen Blick zu Sheppard richtete er seine ganze Aufmerksamkeit zurück zu Dr. Weir.
John schien es, als wollte Elizabeth im nächsten Moment etwas wegen der Unterbrechung sagen. Aiden biss sich auf die Unterlippe, ein "Sorry, Ma´am" im Blick, und Elizabeth fuhr fort.
Sheppard erhaschte einen Blick auf Fords linken Arm. In großen schwarzen Lettern zeigte es 7.59 Uhr an. Er wunderte sich. Wenn der Alarm nicht der vollen Stunde galt, was dann?
Elizabeth nickte, als ob Sie sich bestätigen wollte, alles nötige angesprochen zu haben, und fuhr mit fast flehender Stimme fort: "Und genau deshalb eilt es, endlich einen akzeptablen Planeten zu finden. Wir brauchen eine Fluchtmöglichkeit vor den Wraith!" Sie starrte in die Runde.
Als John sich nicht mehr fixiert fühlte, neigte er den Kopf zu Ford.
"Was galt der Alarm?" wisperte er in Fords Ohr.
Teyla lugte zu ihnen.
Aiden neigte den Kopf, als würde er nachdenken. "Gester..", setzte er schließlich an, als ihn Dr. Weir unterbrach:
"Major?"
"Ja." Sheppard nickte ihr zweimal kurz zu, um zu signalisieren, dass er dabei war.
"John, ich habe den Bericht von Dr. McKay und Dr. Zelenka über 439 gelesen, den sie mir heute morgen übergeben haben. Darin steht deutlich, dass noch kein MALP Kamerabild erholt werden konnte. Hat Peter inzwischen die MALP Telemetrie soweit entschlüsselt, dass wir ein klares Kamerabild vorliegen haben?"
"Ich war vor der Besprechung bei Grodin. Er sagte mir: Nein. Auf dem Planeten hat es Regen, etwas wie graue Felsen, und... Regen.", schloss er etwas hilflos. Er überlegte krampfhaft, wie er Elizabeth eine Erlaubnis abringen konnte, ohne allzu sehr wie ein Bittsteller zu wirken. Eilig setzte er hinzu, hoffend, dass niemand ihm seinen kleinen Aussetzer als Schwäche auslegen würde: "Die Analy-"
"Aha.", stieß McKay aus, und stieß mit dem Zeigefinger auf den Tisch. Natürlich hatte er den wunden Punkt in Sheppards Argumentation erkannt: Es existierten keine neuen Fakten über den Planeten. John wusste, dass Rodney sich jetzt dafür aussprechen würde, im Labor nach Lösungen zu suchen.
Zelenka warf John einen nachdenklichen Blick zu, bevor er sich im Sessel zurücklehnte. Er umschloss die Armlehnen, und blickte abwartend - forschend auf McKay. Er schien ein Stück zurückzurollen mit seinem Stuhl; und ihm konnte es ja auch gleich sein: Er würde so oder so auf Atlantis bleiben und einen Verteidigungsplan gegen die Wraith aufstellen helfen, egal ob Rodney eine Gatereise entfernt war oder nicht.
McKay verzog die Lippen unwillig. Gerade, als er den Mund aufmachte, griff Elizabeth ein.
"Bitte, meine Herren." Ihr Blick ruhte auf Rodney.
Teyla schien nicht glücklich über die Entwicklung. Indem Sheppard McKay aufforderte, mitzukommen, musste dieser Atlantis für eine unbestimmte Zeit in den Händen anderer lassen.
Sheppard behielt Rodney im Blick, der auf die Tischplatte starrte, und zu überlegen schien.
Als von McKay nichts kam, gebot John durch kurzes Heben seiner Hände Ruhe und fuhr fort:
"Ich möchte den Planeten erforschen. Die Analyse aller anderen MALP-Daten ist abgeschlossen, im Wasser sind keine Giftstoffe, die Atmosphäre ist nicht sauer. Es mag sein, dass wir noch nichts vom Planeten über die Sondenkamera gesehen haben, doch das sollte nicht heißen, dass wir den Planeten verwerfen. Und wir können ihn nicht ewig aufschieben, Elizabeth." Er schaute ihr in die Augen, und hoffte, dass sich das nur in seinen Ohren flehend anhörte. Gespannt wartete er auf Reaktionen.
Nun endlich meldete sich McKay. "Sheppard hat Recht, Elizabeth." John nahm überrascht zur Kenntnis, dass Rodney sein Anliegen unterstützte. "Ich habe diesen Bericht geschrieben", er wedelte zu den Unterlagen vor Dr. Weir, "und darin alles niedergelegt, was ich von hier aus herausfinden konnte. Jetzt würde mir das gerne aus der Nähe ansehen." Er legte die Arme vor sich auf den Tisch.
"Ok.", antwortete Dr. Weir, leichte Überraschung im Blick.
Teyla und Sheppard atmeten zeitgleich leise auf. Teyla brachte fast so etwas wie ein Lächeln zustande. John wusste, dass sie am meisten unter der anstehenden Wraithankunft litt.
Zelenka beugte sich wieder zum Tisch vor und legte die Arme auf. Auch Ford rückte näher.
Bates setzte den Stift just in dem Moment auf das Papier, und fing zu schreiben an. John wollte mehr denn je wissen, was der Mann da schrieb. Fasste er alles was er sah in Worte, oder hielt er sich an ein der Form völlig genügendes Protokoll, dass ihre Feststellungen und Schlussbemerkungen beinhaltete?
McKay fuhr auf einen Wink von Elizabeth fort, um die anderen außer John und Zelenka ins Bild zu setzen: "Grodin schickte stichprobenartig drei-, viermal ein MALP dorthin, sammelte Daten, und aktivierte eine kleine Subroutine im MALP, die es nach Ausschalten des Gates selbstständig Atlantis anwählen ließ. Dadurch konnte Grodin es zurückholen."
"Das wissen wir bereits, Rodney.", nörgelte Sheppard.
"Dann wissen Sie auch, dass ich das MALP- Zurückhol- Programm schrieb?" McKays Gesicht leuchtete auf, er gestikulierte zu sich selbst.
Ein Teil der Anspannung schien von ihm abzufallen, etwas, dass John schon häufiger bei McKay erlebt hatte, sobald der eine Entscheidung getroffen hatte.
John antwortete beiläufig durch Hochziehen der Augenbrauen, und einem seiner "Ach- Wirklich?" - Blicke. Er wusste, dass er stichelte.
Dr. Weir bemerkte es auch, und schaltete sich ein, um ein erneutes Ausbreiten der Anspannung zu verhindern. Bates beobachtete kritisch die einzelnen Besprechungsmitglieder, den Stift lauernd über dem Papier. Sheppard beschloss, sich zurückzunehmen, um dem Mann keine Zielscheibe zu bieten.
Dr. Weir schien von Johns Abneigung Bates gegenüber nichts mitbekommen zu haben. Sie blickte in die Runde und sagte: "Rodneys und Peters Untersuchungen sprechen für sich. John, Sie haben grünes Licht, sobald eines der Teams um Radek oder Rodney es schafft, klare Kamerabilder zu erholen. Ich lasse sie nicht M1K-439 erforschen, solange wir nicht mal die Türschwelle dort begutachten können. Falls der Planet letztlich zur Evakuierung taugt, versuchen sie, die Gegend ums Gate abzutrocknen." Dabei fixierte sie John.
McKays Blick wanderte zwischen Elizabeth und John hin und her, und er bemerkte den vertrauten Ton zwischen den beiden. Das gab ihm einen leichten Stich, auch wenn er wusste, dass Elizabeth zu ihm, Rodney, auf die selbe kameradschaftliche Weise redete. Doch außerdem störte ihn, dass Elizabeth jetzt nicht auch ihn ansprach. Einen unschönen Moment lang fühlte er sich herabgesetzt, und er wandte den Kopf ab.
Dann schalt er sich, zu viel in Elizabeths Satz hineingedeutet zu haben. Niemand wertete ihn ab. Er schielte zu Radek, und als dieser den Blickkontakt ohne jeden spöttischen Unterton erwiderte, lehnte er sich nach ein paar Sekunden zu ihm, um halblaut zu äußern: "Ihr ist klar, dass das an mir hängen bleiben wird?"
Im Gegensatz zu John hatte Elizabeth den Satz gar nicht verstanden. John warf Rodney den zweiten missbilligenden Blick an diesem Tag zu.
Radek überlegte, ob eine Antwort lohnte, und neben ihm beäugte Teyla abwechselnd Dr. Weir und Sheppard.
Elizabeth hob ihre Hände von der Tischplatte in einer beschwichtigenden Geste.
"Leiten sie das Wasser um, stauen sie es oder stellen eine Schutzwand auf. Wenn wir vor den Wraith Atlantis verlassen, sollten wir ein Lager auf ´dem´ Planeten nicht in pitschnasser Kleidung aufbauen müssen. Aber bedenken sie auch, die Umgegend muss nicht perfekt sein."
"Ja. Wir klemmen uns dahinter.", bestätigte John, bevor Rodney etwas sagen konnte.
Als Dr. Weir sich erhob, folgten die anderen dem Beispiel. Die Runde löste sich auf.
Fortsetzung folgt...
