GERMAN TRANSLATION
Originalautorin: Athey
Link: s/8149841/1/Again-and-Again
Hinweise: Ich übersetzte lediglich diese großartige Geschichte der Autorin Athey (und das natürlich mit ihrem Einverständnis).
Pairing: HP x LV/TR
Themen: Politische Intrigen, Zeitreisen, Slytherin!Harry, SLASH, romantische Beziehung zwischen zwei Männern
Zusammenfassung: Harry Potter verschwindet von der Türschwelle der Dursleys. Dumbledore ist nicht dazu in der Lage, ihn aufzufinden. Kurz bevor sein erstes Jahr in Hogwarts beginnt, taucht er wieder auf, doch er ist ein kaltes und distanziertes Kind. Der sprechende Hut steckt ihn nach Slytherin – ein Wunderkind? So viele Fragen und eine Antwort, die niemand ahnt.
1. Kapitel:
Machiavellistisch
Ma * chi * a * vel* *lis* tisch
Adj.
1. wie Machiavelli oder einem Machiavelli ähnlich bzw. einem Machiavelli gebührend.
2. Sein oder Handeln gemäß den Prinzipien jener Herrschaftsform, welche in Machiavellis Der Fürst analysiert wurde, in der die politische Zweckmäßigkeit über die Moral gestellt und Täuschung zur Aufrechterhaltung der Autorität sowie Fortführung der Politik eines Herrschers beschrieben wird.
3. charakterisiert durch subtile oder skrupellose Durchtriebenheit, Betrug, Berechnung oder Unehrlichkeit: Er greift zu machiavellistische Taktiken um voranzukommen.
Hass wird sowohl durch gute Werke als auch durch das Böse erlangt.
Niccolò Machiavelli
November 1981
Er verstand nicht, wie das passieren konnte, aber Albus Dumbledore geriet in Panik. Er hatte den jungen Harry Potter auf dem Treppenabsatz der Dursleys zurückgelassen; ausgestattet mit einer angenehm-wärmenden Magie und unter einem mächtigen Schlafzauber, also machte es schlichtweg keinen Sinn, dass er aufgewacht und davon gekrabbelt sein konnte. Aber die Dursleys bestanden darauf den Jungen nie gesehen zu haben. Sie fanden den Korb und den Brief, aber kein Baby und keine Decke.
Sie dachten, die ganze Sache wäre eine Art kranker Scherz und waren nicht sehr erfreut, als Albus Dumbledore ein paar Wochen später auf ihrer Türschwelle stand, nachdem ihm seine filigranen Apparate mitgeteilt hatten, dass die Schutzzauber, die er errichtet hatte, versagt hatten.
Seine schlimmste Sorge war, dass der kleine Harry Potter entführt worden war. Und als ein Verfolgungszauber nach dem anderen fehlschlug, wuchsen seine Ängsten immer weiter an. Ihm wurde klar, dass er es mit einer Art Schutz zu tun hatte, hinter der im Nachteil war, was nur bedeuten konnte, dass er es mit einer Hexe oder einem Zauberer zu tun hatte. Der einzige Trost, den er hatte, war, dass seine Instrumente ihm mitteilten, dass der junge Harry Potter am Leben war.
Januar 1982
Er hatte das Wort der Kobolde von Gringotts erhalten; es gab einen Zugriff auf Harry Potters Verlies. Er war in die Bank geeilt, um seine drängenden Fragen zu stellen, doch die Ergebnisse waren frustrierend limitiert. Der einzige Weg, einen Zugriff auf ein Verlies in Gringotts zu erhalten, ohne im Besitz des Schlüssels zu sein, bestand darin, über eine spezielle Blutprobe zu verfügen, die mit den magischen Aufzeichnungen bezüglich Potters Blut übereinstimmten. Und irgendwie hatte die Person, die die Bank betreten hatte, genau dies bewerkstelligt. Doch die Person, die in die Bank kam, war erwachsen, erzählten die Kobolde – oder er hatte zumindest eine erwachsene Erscheinung. Die Kobolde versagten ihm die Bitte, ihm eine Erinnerung auszuhändigen, welche ihm zeigen konnte, wie dieser Mann aussah. Sie versicherten ihm zwar, dass sie beim nächsten Mal, wenn der Mann zu ihnen kam, ihre Standsicherheitsmaßnahmen bei ihm durchführten, doch das war alles. Er verlangte von ihnen, ihn umgehend zu informieren, wenn der Mann sich wieder blicken ließ, doch auch dies lehnten sie ab.
Es war himmelschreiend frustrierend.
Oktober 1984
Der Mann war noch ein paar Mal zur Bank gekommen, und dies war der einzige Hinweis, den Albus Dumbledore bezüglich Harry Potters Fortlebens hatte. Seine Instrumente sagten ihm noch immer, dass das Kind am Leben war, doch seine Verfolgungs- und Spähzauber lieferten weiterhin keine Informationen. Die Kobolde hatten ihn darüber informiert, dass der Mann, der immer mal wieder in ihre Bank kam und gelegentlich Gold aus Harry Potters Verlies abhob, sich eventuell unter einem Vielsafttrank oder anderen Zauber verbarg. Jedes Mal, wenn er kam, sah er ein klein wenig anders aus, doch er war dennoch dazu in der Lage, den Bluttest zu bestehen und das Verlies zu betreten.
Er kam nicht wirklich oft; nicht mehr als etwa zweimal pro Jahr und für gewöhnlich gab er einigermaßen große Goldbeträge in Auftrag – wenngleich es nicht sonderlich viel war, wenn man es mit der Gesamtgröße des Verlieses und dem, was es beinhaltete, verglich. Gerade genug für eine Person, um einigermaßen komfortabel davon zu leben, ohne arbeiten gehen zu müssen; ein insgesamt eher bescheidener Goldbetrag. Merkwürdigerweise bat die betreffende Person die Kobolde jedes Mal darum, den Großteil des Goldes in Muggelwährung zu wechseln.
Es fehlte nicht mehr viel, bis er in die Luft ging; seine Sorgen und seine Frustration war für Andere mittlerweile offenkundig. Minerva hatte es ihm noch immer nicht vergeben, dass er Harry Potter verloren hatte und bestand immer wieder auf die Notwendigkeit, mit dem Ministerium in's Reine zu kommen, damit sie deren Hilfe bei der Suche in Anspruch nehmen konnten.
Doch er war nicht bereit dies zu tun. Ministerin Bagnold war nicht unbedingt eine schlechte Anführerin der Zauberergemeinschaft, aber sie verstand sich nicht sonderlich gut mit Albus, wenn er die Wahrheit sagen musste. Und Albus war dem nächsten Wahlkandidaten gegenüber erst recht misstrauisch. Das letzte, was er riskiere wollte, war, dass das Ministerium die Nase in diese Sache mit Potter hineinsteckte.
Juli 1991
Albus Dumbledore, Schulleiter der Howartsschule für Hexerei und Zauberei, hatte sich mit seiner stellvertretenden Schulleiterin, Minvera McGonagall, in dem kleinen Turmzimmer versammelt, in dem ein verzauberter Federkiel die Adressen auf die Umschläge der Briefe niederschrieb, die jeden Sommer an die alten sowie zukünftigen Schülerinnen und Schüler ausgesendet wurden. Der Federkiel war gerade erst diesen an diesem Morgen erneut zum Leben erwacht und startete, wie immer, mit den diesjährigen Erstklässlern. Die Muggelgeborenen wurden mit blauer Tinte ausgeschrieben, während die Zaubererkinder grüne Tinte erhielten – dies war eine der Methoden, die Minerva gerne nutze, um schnell zu erkennen, welcher Umschlag welche Briefvorlage erhalten musste. Außerdem gab es ihr die Möglichkeit, einen Überblick darüber zu behalten, welches der Kinder vor Schulbeginn einen Hausbesuch eines Lehrers benötigte.
Die beiden standen da, mit angehaltenem Atem, während der Federkiel unbeirrt seiner Arbeit quer durch das Alphabet nachging und sich dabei immer mehr dem Namen Harry Potter näherte.
Albus wusste, dass er noch am Leben war – alle seine Zauber verrieten ihm dies und auch die halbjährigen Abhebungen bei Gringotts waren über all die Jahre fortgeführt worden. Die Person, die das Gold holte, verhüllte ihre Identität weiterhin –er kam in die Bank und sah jedes Mal anders aus – und Albus war weiterhin ratlos darüber, wer dieser Mann war oder wo Harry Potter festgehalten wurde.
In den letzten Jahren wurde Harry Potter angeblich hin und wieder gesichtet und Albus verlor keine Zeit dabei, diesen gelegentlichen Sichtungen auf den Grund zu gehen, doch er konnte nie mit Sicherheit sagen, ob sie vielleicht nur Einbildungen oder aber Versuche waren, Aufmerksamkeit zu erhalten. Jedenfalls hat keine der Sichtungen jemals zu brauchbaren Informationen geführt.
Nun waren es nur noch zwei Monate, bis Harrys erstes Schuljahr in Hogwarts starten sollte und Albus einzige Hoffnung war, dass der Federkiel ihm nun endlich sagen würde, wo der Junge zu finden war.
„Albus!", keuchte Minerva, als der Federkiel damit begann folgendes aufzuschreiben: ‚Mr. H. Potter, #16 Veronica Gardens, Streatham Vale, England'.
Er hätte lachen können, weil er mit einem Mal so erfüllt war mit Erleichterung. Wenn er es nur irgendwie hinbekommen hätte, dass dieser verdammte Federkiel früher mit ihm kooperiert hätte! Aber die Magie, die ihn beherrschte, war sogar für ihn unantastbar. Er war ein solch altes und mächtiges Artefakt – angefertigt von Rowena Ravenclaw höchstpersönlich.
Albus griff den Briefumschlag und wollte schon mit ihm verschwinden, als Minvera ihn aufhielt. Sie schleppte ihn nach unten in ihr Büro, damit sie den Brief in den Umschlag tun konnten und pochte nun darauf, ihn zu begleiten, damit sie selbst sehen konnte, wie Harry Potter aufgewachsen war.
Nummer 16, stellte sich heraus, war eine Erdgeschosswohnung in einem Gebäude mit sechs Wohneinheiten – drei im Erdgeschoss, drei in der oberen Etage. Albus klopfte an und wartete mit angehaltenem Atem auf irgendein Zeichnen hinter der Tür. Zwei lange Minuten gingen vorbei bis die Tür geöffnet wurde und ein junger Mann mit trüben Augen, unordentlichem schwarzen Haar und runden Brillengläser erschien; nichts am Körper als ein paar Pyjama-Hosen. Er blinzelte sie für ein paar Sekunden an, eher er einen ziemlich resignierten Seufzer von sich gab.
„Mr. Potter?", fragte Dumbledore.
„Das ist richtig", antwortete der Junge, trat einen Schritt zurück und bat die beiden Besucher so herein. Minerva und Albus teilten einen kurzen Blick, bevor sie eintraten. Harry Potter schloss die Tür hinter ihnen und verwies mit einem lässigen Handschlenker in Richtung Couch, eher er in die kleine Küche ging, die Teil des Raumes war. Soweit sie beurteilen konnten, war dies eine wirklich bescheidene Einzimmerwohnung. Gleich hinter der Küchenzeile waren zwei Türen, beide offenstehend, die ein Bad und ein Schlafzimmer offenbarten. Albus war sich ziemlich sicher, dass er einen kleinen Hexenkessel über dem Gasherd sehen konnte.
„Mr. Potter, ich-"
„Möchten Sie einen Tee?", unterbrach Harry ihn.
„Ah… ja, bitte. Ich danke Ihnen.", antwortete Dumbledore, überrascht blinzelnd über die sonderbare Situation.
Potter verbrachte die nächsten paar Minuten damit, ein kleines Tablett mit heißem Wasser, Tee, Milch, Zucker und ein bisschen Biscuit herzurichten, bevor er es zu ihnen hinüberbrachte und auf einem runden Tisch zwischen den Armlehnen von Minervas und Albus Sessel abstellte. Er musste vorher ein bisschen Müll und ein paar offene Briefe entfernen, die er mit in die Küche nahm.
„Bin gleich zurück", rief er, bevor er ins Schlafzimmer verschwand und einen Moment später, ein zerknittertes Shirt und grauen Hosen tragend, wiederauftauchte. Er ließ sich schwer auf die Couch fallen und sah die beiden Professoren mit einer Resignation an, die ihm unübersehbar ins Gesicht geschrieben war.
Die beiden Professoren wechselten abermals einen kurzen Blick, ehe sie ihre Aufmerksamkeit zurück auf den jungen Mann lenkten. Dumbledore atmete tief durch.
„Mr. Potter, ist Ihr… Vormund da?"
„Nein."
Dumbledore blinzelte überrascht über die schroffe Reaktion.
„Nein?"
Potter hob etwas fragend die Augenbraue an.
„Nun, wann wird er hier sein-"
„Ich lebe alleine."
„Alleine?!", rief Minerva aus.
„Sie sind wegen Hogwarts hier", stellte Potter vielmehr fest, als dass er fragte; er ignorierte dabei ihre offensichtliche Verwirrung und ihren Unglauben bezüglich seiner Vormundschaftssiuation.
„Ja, das sind wir", antwortete Dumbledore zögernd, „aber-"
„Ich weiß bereits über die Schule Bescheid. Ich benötige die Besuche für Muggelgeborene nicht und ich kann meine Besorgungen alleine erledigen. Haben Sie den Brief für mich?", unterbrach Harry ihn erneut.
„Mr. Potter", sagte Minerva in einem leicht schimpfenden Tonfall, „bitte unterbrechen Sie uns nicht."
„Wir haben Sie seit einigen Jahren gesucht, Mr. Potter", begann Dumbledore, „und ich muss leider darauf bestehen, die Person kennenzulernen, die all die Jahre für Sie gesorgt hat."
„Da gibt es niemanden kennenzulernen. Ich habe für mich selbst gesorgt."
„Sie können nicht ernsthaft meinen, dass Sie hier alleine wohnen? Für wie lange?", rief Minerva.
„Lange genug", gab Potter kalt zurück, „haben Sie den Brief?"
Die Professoren starrten ihn einen Moment lang an und wechselten zum dritten Mal an diesem Tag einen stillen Blick. Dumbledore griff in seinen Umhang, holte das schwere Pergamentpapier hervor und händigte es aus. Harry brach das Wachssigel, rollte das Papier auseinander und überflog den Brief, eher zur Liste mit den notwendigen Anschaffungen überging.
„Benötigen Sie eine schriftliche Rückmeldung?", fragte er abwesend, während er die Liste las.
„Entschuldigung?", fragte Minerva zurück.
„Hier steht, dass ich bis zum 31. Juli zurückschreiben muss, ob ich erscheinen werde oder nicht, doch da Sie beide hier sind – wird mein Wort genügen oder benötigen Sie eine schriftliche Rückmeldung?"
„Ihr Wort wird genügen", sagte sie stockend. „Aber wir müssen dennoch mit Ihrem Vormund sprechen-"
„Ich habe keinen. Ich lebe hier alleine."
„Sie sind erst 10 Jahre alt!"
„Das ist bisher noch kein Problem gewesen", gab er in einem gelangweilten Tonfall zurück.
„Nun, jetzt ist es ein Problem. Nun, da wir wissen, wo Sie sind, müssen wir dafür sorgen, dass Sie einen Platz in einem sicheren Zuhause bekommen", bestand Dumbledore, „Sie sind hier nicht sicher, erstrecht nicht ganz alleine."
„Ich war bisher sicher", wiederholte Potter mit einer erhobenen Augenbraue. „Sie konnten mich nicht finden, oder?"
„Ein zehnjähriges Kind kann nicht alleine leben!", beharrte Minerva scharf.
„Wenn Sie versuchen mich dazu zu zwingen irgendwo zu leben, wo ich nicht wünsche zu leben, werde ich entkommen und Sie werden mich nie wieder finden", informierte Potter sie kalt, „wenn Sie möchten, dass ich an Ihre Schule komme, werden Sie mich tuen lassen, was ich möchte, während der zwei Monate im Jahr, in denen ich mich nicht in Hogwarts aufhalten werde. Wenn Sie sich weiterhin in meine privaten Angelegenheiten einmischen, dann werde ich nicht nach Hogwarts kommen und Sie werden mich auch nie wiedersehen."
Beide Professoren starrten ihn an, völlig sprachlos und stumm.
„Ich werde hierbleiben, bis Ende August. Ich werde bis dahin meine Miete zahlen und dann meine Möbel einlagern, da ich keine Notwendig darin sehe, für eine Wohnung zu zahlen, die für knapp zehn Monate im Jahr leer steht. Ich werde während des Schuljahres in Hogwarts leben und im nächsten Sommer eine vorübergehende Wohnung anmieten.", legte Harry dickköpfig fest.
„Sie können nicht zwei Monate komplett alleine leben", rief Minerva erneut aus.
„Ich kann und ich werde, sofern Sie mich in Ihrer Schule haben wollen."
„Sie können uns nicht erpressen, Mr. Potter! Es ist nicht nur unethisch, dieses Wohnarrangement zu erlauben, es ist illegal. Ein Zehnjähriger kann nicht so leben-"
Potter stand abrupt auf und blickte die beiden kalt an. „Gehen Sie."
„Was?", kreischte Minvera nun.
„Sie sind in meinem Zuhause nicht willkommen, wenn Sie mich bedrohen."
„Nun beruhigen Sie sich, Mr. Potter", sagte Dumbledore und hob beruhigend seine Hände, „ich bin sicher, dass wir zu einem Kompromiss kommen werden, ohne von der Notwendig von Drohungen Gebrauch zu machen."
„Wenn ich jemand anderes wäre, wären Sie beiden gar nicht hier und Sie würden sich nicht im Geringsten für meine Wohnsituation interessieren.", sagte Potter glatt.
„Aber Sie nicht jemand anderes", entgegnete Dumbledore freundlich, „sind Sie sich Ihrer Stellung in der magischen Welt bewusst, Mr. Potter? Da sind einige Personen, die Ihnen Böses wünschen und ich fürchte, Sie sind nicht sicher in diesem Wohnarrangement. Es ist einzig Ihre eigene Gesundheit, um die wir besorgt sind."
„Ich bin mir meiner Stellung absolut bewusst und ich habe ausreichende Vorsichtsmaßnahmen gegen jeden eingerichtet, der mir schaden wollen würde. Sie konnten mich nicht finden und Sie hatten sogar ein paar meiner Haare und vielleicht sogar ein bisschen Blut. Wenn Sie mich nicht aufspüren konnten in all den Jahren, denken Sie dann wirklich, dass irgendwelche Todesser, die einer Anklage entkommen sind, mich finden könnten?"
Und wieder waren Dumbledore und Minerva nicht dazu in der Lage, angemessene Worte zu finden.
„Vielleicht können wir einen Kompromiss aushandeln, zumindest für den Rest dieses Sommers. Ich könnte jemanden beauftragen, Ihren Wohnsitz zu beaufsichtigen, um sicher zu gehen, dass Sie ausreichend geschützt sind?"
„Unnötig.", antwortete Potter rundweg.
„Sie würden nicht einmal mitbekommen, dass da jemand ist. Diese Personen würden absolut diskret und unsichtbar agieren."
„Ich habe nicht das Bedürfnis, komplett Fremden zu erlauben, mich jeden Moment dieses restlichen Sommers auszuspionieren."
Dumbledore erbleichte. „Sie würden Sie nicht ausspionieren, Mr. Potter. Sie wären – eine Art Leibwächter. Es wäre ihr Job, die Plätze um Ihre Wohnung herum auf etwaige Zeichen hin zu überwachen, die auf eine Person hindeuten könnten, die Ihnen schaden wollen könnte."
Potter schloss seine Augen und atmete ein paar Mal langsam und tief durch, ganz so, als würde er versuchen zu verhindern, dass er seine Beherrschung verliert.
„Das wird nicht notwendig sein."
„Ich bitte Sie, Mr. Potter – um meinetwillen – ich würde mich erheblich besser fühlen, wenn ich Sie in Sicherheit wüsste."
Dumbledore schaute zu ihm auf. Hielt dem kalten Blick des zehnjährigen Jungen für einige Momente lang stand.
„Nein."
Und weil denn ein Fürst imstande sein soll, die Bestie zu spielen, so muss er von diesen den Fuchs und den Löwen annehmen; denn der Löwe entgeht den Schlingen nicht, und der Fuchs kann dem Wolf nicht entgehen. Er muß also ein Fuchs sein, um die Schlingen zu kennen, und ein Löwe, um die Wölfe zu schrecken.
Niccolò Machiavelli
Severus Snape würde widerwillig zugeben – und wenn auch nur ihm selbst gegenüber – dass er eine Menge vorgefertigte Ideen im Kopf hatte, bezüglich dem, was er von Harry Potter zu erwarten hatte. Er hatte die Brut zwar bisher noch nicht getroffen, aber dennoch war er bereits überzeugt davon, dass der Junge eine kleine Kopie seines Vaters sein würde. Er hatte über die letzten Jahre einige Mühen dahingehend investiert, sich so weit wie möglich von Harry Potter und allem, was mit ihm zusammenhing, zu fern zu halten.
Als Albus es irgendwie hinbekam, den Jungen-der-lebt zu verlieren und anschließend alles Mögliche unternahm, um diesen wieder aufzuspüren, versuchte Severus nach wie vor nicht darin involviert zu werden. Sicher, er wurde einige Male ein Stück weit in die Suche hineingezogen – hauptsächlich war er dafür zuständig gewesen, subtil ein Ohr und Auge für mögliches Geflüster aus seiner alten Gemeinschaft offenzuhalten, sollten diese sich den Potter-Jungen angeeignet haben. Doch als einige Jahre vergingen, ohne dass auch nur der kleinste Hinweis gefunden wurde, wo der Junge sein könnte, hörte er im Grunde auf, es auch nur zu versuchen.
Die Tatsache, dass ein Mann - getarnt, aber offensichtlich von Potter-Blut - auf das Gringotts-Verlies dieser Brut zugriff, sagte Severus, dass der Junge ganz klar nicht in der Hand von Todessern war. Da war die Möglichkeit, dass Potters Bastard von einem Vater uneheliche Nachkommen oder anderweitige Verwandte hinterlassen hatte, von denen Albus schlichtweg nichts gewusst hatte, und die erkannt hatten, dass Petunia Evans eine abscheuliche Schlampe war. Sie hatten den Potter-Jungen vielleicht von Albus' kranken Plan gerettet, ihn bei diesen Muggeln zu lassen.
Zugegeben, Severus war ein wenig überrascht gewesen, als er das erste Mal hörte, dass dies der Bestimmungsort gewesen war, den Albus sich für Potter überlegt hatte. Wenn er es ehrlicherweise vorher gewusst hätte – und wenn das Kind wirklich das Ziel erreicht hätte und auch dortgeblieben wäre – hätte er möglicherweise sogar deswegen auf den Putz gehauen. Auch wenn er James Potter verachtete, er hätte nie guten Gewissens zulassen könnten, dass Lilys Sohn von ihrer grauhaften Schlampe von einer Schwester aufgezogen wurde.
Doch stattdessen war er offenbar von irgendeiner unbekannten Potter-Verwandtschaft aufgezogen worden – im Geheimen. Dieser Fakt verfestigte nur Severus' Erwartung, dass der Junge in Hogwarts auftauchen und sich hier umher bewegen würde, als würde dieser Ort ihm gehören; genauso arrogant und unausstehlich, wie auch sein Vater gewesen war. Auf direktem Weg nach Gryffindor, dazu bestimmt, der Lieblingsschoßhund des Schulleiters zu sein und sich alles erlauben zu können, während er die Schulregeln rechts und links liegen lassen würde.
Als er mitbekam, dass Albus und Minerva Potter gefunden und ihm einen Besuch abgestattet hatten, bestätigte dies nur Severus's Annahme, dass ihre ganze exzessive und panische Suche nichts weiter als eine monumentale Zeitverschwendung gewesen war. Er war froh darüber, sein eigenes Engagement in der Hinsicht schon sehr viel früher aufgegeben zu haben. Als Potter sogar ihr Angebot abschmetterte, einen Leibwächter gestellt zu bekommen, wusste Severus mit Sicherheit, dass Potter ein arroganter kleiner Rotzbengel war.
Selbstverständlich hatte Albus die Weigerung des Jungen ignoriert und ein paar Freiwillige aus dem alten Orden rekrutiert, um die Wohnung des Jungen auszuspähen - nur um diese leer vorzufinden. Und wieder hatte Albus eine irrwitzige Menge seiner Zeit geopfert, um den Jungen aufzuspüren; und natürlich hatte er ihn nicht finden können. Nun war er in Panik, dass Potter vielleicht nicht nach Hogwarts kommen würde.
Severus dagegen ignorierte dieses ganze lächerliche Drama und fokussierte sich darauf, das neue Schuljahr vorzubereiten, so wie es auch der Schulleiter tun sollte.
Als also der September anbrach, war Severus darum bemüht, nicht einen Moment lang Ausschau zu halten nach diesem verfluchten Jungen-der-überlebt-hat-nur-um-sein-Leben-noch-komplizierter-zu-machen. Albus dagegen hatte jemanden am Bahnhof Kings Cross stationiert, um auf ein Lebenszeichen des Jungen zu warten. Er hatte kaum an sich halten können mit seiner großen Freude, als endlich die Nachricht eintraf, dass Potter wirklich aufgetaucht war und im Hogwarts Express saß. Doch Severus war nach wie vor entschlossen, dieser Sache keinerlei besondere Aufmerksamkeit zu schenken.
Als die Schüler an diesem Abend im Schloss ankamen, saß er selbst am Lehrertisch und beobachtete milde interessiert, wie die Erstklässler von Minerva in die Große Halle geleitet wurden. Er suchte nicht nach dem Jungen, weil es ihn verdammt nochmal nicht interessierte. Doch als Severus' Augen auf ihn fielen, umspielte schnell ein höhnisches Lächeln seine Lippen, denn er wurde von genau dem begrüßt, was er erwartet hatte. Eine Miniaturausgabe von James Potter. Das unordentliche schwarze Haar und dann diese Brille … er sah exakt so aus, wie Potter Senior in seinem ersten Jahr hier. Nun, abgesehen von den Augen. Doch dank der räumlichen Distanz, die Severus und den Potter-Jungen trennte, war es sehr einfach für ihn, diese schmerzhaft bekannten Augen zu ignorieren, wenn alle anderen Merkmale so klar hervorstachen.
Und der Junge war so arrogant, wie erwartet. Während seine Gleichaltrigen in der Großen Halle voller Ehrfurcht und Staunen umherglotzten, wirkte Potter gelangweilt. Sein Gesichtsausdruck war verschlossen und kalt, welcher, wie Severus zugeben musste, nicht die Art Gesichtsausdruck gewesen wäre, die Potter Senior in einem solchen Moment gezeigt hätte. Dieser hätte eher gegrinst wie ein wichtigtuerischer Idiot und hätte wahrscheinlich über irgendetwas gelacht.
Er hätte wahrscheinlich versucht, jemanden zum stolpern zu bringen, wenn dieser an ihm vorbei und zu seinem Haustisch gegangen wäre.
Weil er genau diese Art von einem Bastard gewesen war.
Doch dieser Potter lachte nicht ein einziges Mal oder lächelte auch nur eines der anderen Kinder an. Sein Gesicht wirkte durch und durch gelangweilt und veränderte sich auch nicht während der ersten Hälfte des Einteilungsrituals. Er sprach nicht einmal mit einem der anderen Kinder, die neben ihm standen oder schien Jenen Aufmerksamkeit zu schenken, mit denen er zukünftig einen Jahrgang bilden sollte.
Als sein Name aufgerufen wurde, erfüllte die Halle aufgeregtes Geflüster und die Schüler verrenkten ihre Hälse oder veränderten ihre Sitzposition, nur um einen Blick auf den berühmten Jungen-der-lebt zu erhaschen. Potter hielt seinen Kopf weiterhin hoch und arrogant wie nur sonst was ging er vorwärts, nicht wirklich darum bemüht, jene zu beachten, die er offenbar als irrelevant eingestuft hatte. Er setzte sich auf den Stuhl und Minerva setzte ihm den Hut auf. Severus erwartete einen schnellen Ausruf nach Gryffindor. Als also der Hut, weniger als eine Sekunde nachdem er auf dem Kopf des Jungen platziert wurde, in Bewegung kam und die Stimme ergriff, war Severus nicht sonderlich überrascht.
Doch er war überrascht, als der Hut „Slytherin!" rief.
Es war, als wäre die Welt auf mit einem Mal auseinandergebrochen und zersplittert. Eine Ohrenbetäubende Stille breitete sich in der Halle aus, wenn man von vereinzelten schockierten Keuchgeräuschen absah. Dann erfüllte die Halle Applaus. Dieser kam vom Slytherin-Tisch, und nur vom Slytherin-Tisch, und auch hier nicht geschlossen. Einige Schüler waren ausgesprochen enthusiastisch und bliesen sich auf vor Stolz, dass sie den Jungen-der-lebte für ihr oft verhöhntes Haus bekommen hatten. Allerdings hüllte sich auch ein beträchtlicher Teil des grün-silbernen Tisches in missmutige Stille. Und dann waren da auch Schüler, denen man nur allzu deutlich ihre Verwirrung ansah.
An den restlichen Tischen herrschte Benommenheit. Es war eindeutig, dass niemand erwartet hatte, dass der Harry Potter in Slytherin enden würde. Und Severus war der letzte, der auf diese Idee gekommen wäre.
Potter war in aller Ruhe und Anmut aufgestanden. Er händigte Minerva, die sich aus ihrer Benommenheit noch nicht befreit hatte, den Hut aus und schritt nun hinüber zu dem immer noch applaudierendem Slytherin-Tisch. Er setzte sich neben Daphne Greengras und gegenüber von Draco Malfoy. Dann fuhr er damit fort, jeden zu ignorieren. Dies zog sich durch die restliche Häuserzuteilungszeremonie und ging auch während des gerade stattfindenden Festessens so weiter.
Er hatte ein paar Mal aufgesehen, als Mitschüler ihm Fragen stellten und schien gelegentlich mit einem Nicken zu antworten. Ein oder zwei Mal schien er sogar zu sprechen, doch es war jedes Mal nur ein kurzer Austausch. Offensichtlich erachtete er nicht mal seine Klassenkameraden aus Slytherin als seiner Aufmerksamkeit würdig.
Arroganter kleiner Rotzbengel.
Severus verbrachte selbstredend nicht das gesamte Festmahl damit, die Potter-Brut zu beobachten, weil er sich natürlich immer noch einen Dreck um ihn scherte. Und es war ihm gleich, ob dieser nun in seine Zuständigkeit fiel oder nicht. Eigentlich versuchte er sogar nicht über den Fakt nachzudenken, dass er nun der Hauslehrer dieses Jungen war, denn das würde sicherlich grauenvoll werden.
Es gab sicherlich manche, die vermuteten, dass Severus es genießen würde, solch eine Macht über den Jungen zu haben, doch er nahm seine Hauslehrerverpflichtungen sehr ernst. Wenn Kinder in sein Haus kamen, trug er für sie die Verantwortung. Er war für die zehn Monate des Jahres, in denen die Kinder in Hogwarts waren, eine Art Ersatzelternteil. Und auch wenn er sie sicher nicht verhätschelte, sorgte er selbstverständlich für sie. Er für jeden von ihnen zuständig, ganz gleich, wie das auf den Rest der Schule wirkte. Und er wollte nicht für Harry Potter zuständig sein.
Quirrel unternahm ein paar halbherzige Versuche, ihn in ein Gespräch zu verwickeln, doch das idiotische Gestotter dieses Mannes frustrierte Severus einfach zu sehr, um lange durchzuhalten. Minerva war auffallend still – es gab keinen Zweifel daran, dass sie furchtbar enttäuscht darüber war, dass sie den neusten Potter-Nachkommen nicht in ihre Obhut nehmen durfte – und doch war sie noch immer eine bessere Gesprächspartnerin, als dieser stotternde Idiot.
Als das Festessen abgeschlossen war, erhob sich Dumbledore für seine alljährliche Willkommensrede. Diese beinhaltete eine Warnung an alle Schüler, sich von dem dritten Stockwerk fernzuhalten, sollten sie nicht den Drang danach verspüren, einen qualvollen Tod zu sterben. Dies war natürlich nicht der sicherste Weg, ein Desaster heraufzubeschwören – Neeein, natürlich nicht. Es war nie eine schlechte Idee, Kindern zu erzählen, irgendwo nicht hingehen zu dürfen, wenn man dabei auch noch Gefahren und Abenteuer erwähnte. Severus wäre mehr als überrascht, wenn sie nicht schon am Ende der Woche ein oder zwei verstümmelte Gryffindors zu versorgen hätten.
Die Schüler wurden schließlich entlassen und Severus beobachtete, wie seine neusten Slytherins von den neu ernannten Vertrauensschülern des fünften Jahrganges hinausgeführt wurden. Etwa fünfzehn Minuten später betrat Severus den Gemeinschaftsraum der Slytherins, weit unten in den Kerkern von Hogwarts, und wandte sich einer Gruppe von kleingeratenen Elfjährigen zu – die meisten schauten ihn ein wenig verschreckt an. Jene, die nicht verschreckt wirkten, waren es natürlich dennoch, versuchten es aber nicht zu zeigen. Nun, Draco wirkte nicht verschreckt oder gar panisch, sondern eher blasiert. Als würde er bereits ganz genau wissen, dass ihm dieser Ort gehören würde. Severus ahnte vage, dass sein Patenkind ihm wahrscheinlich Ärger bereiten würde. Lucius war ein stolzer Mann und hatte seinen Sohn mit harter Hand aufgezogen, doch Narzissa hatte den Jungen verdorben. Zur Hölle, selbst Lucius hatte ihn verdorben. Es gab nie auch nur eine Kleinigkeit, die Draco haben wollte und nicht auch bekomme hätte.
Potter war die einzige Ausnahme. Er machte keinen verschreckten Eindruck; er schaute auch nicht überwältigt oder gar eingeschüchtert drein. Er sah einfach nur… gelangweilt aus. Es war, offen gestanden, ziemlich verärgernd.
Severus entschied in diesem Moment, dass er Potter einfach ignorieren und sich selbst ein paar Nächte gewähren würde, um herauszufinden, wie er mit dieser neusten und unerwarteten Komplikation in seinem Leben umgehen wollte. Daher hielt er seine Standardansprache, ergänzt durch subtile Drohungen bezüglich Nachsitzens, bei dem das Schrubben von Kesseln eine Rolle spielen würde, sollte irgendwer dumm genug sein, von einem der anderen Professoren dabei erwischt zu werden, die Schulregeln zu brechen. Er entließ die Erstklässler anschließend und kehrte in seine eigenen Privatgemächern zurück, wo er sich einen starken Brandy genehmigte.
A prudent ruler ought not to keep faith when by so doing it would be against his interest, and when the reasons which made him bind himself no longer exist. If men were all good, this precept would not be a good one; but as they are bad, and would not observe their faith with you, so you are not bound to keep faith with them.
Niccolò Machiavelli
Draco Malfoy beobachtete Potter, als dieser gelassen durch ihren neuen Schlafraum schritt, geradewegs auf das Bett zu, vor dem zwei identische Koffer standen, und seinen Zauberstab hervorholte. Ein einfaches Schnippen des Zauberstabs und schon kam Bewegung in einen der Koffer – er klappte auf und Potter griff hinein, um etwas herauszuziehen… ein Stück Pergament?
Dracos Augen verengten sich und er näherte sich ein bisschen, um die Szene besser beobachten zu können. Potter drehte sich um und wartete einen kurzen Moment, ehe er sich laut räusperte. Theo war über seinen eigenen Koffer gebeugt und richtete sich auf, während Vince und Greg ausdruckslos zu ihm hinüberblickten. Blaise hatte, genau wie Draco, Potter bereits neugierig beobachtet.
„Ich habe eine Ankündigung", erklärte Potter in einem kühlen, gelassenen Ton.
„Eine Ankündigung?", wiederholte Blaise in einer Mischung von Unglauben und Belustigung.
Potter kickte seinen geschlossenen Koffer in die Mitte des Raumes, nahm das Pergament und legte es auf ihn drauf. „Ich schlage vor, dass alles, was in diesem Raum geschieht, auch in diesem Raum bleibt. Dies ist ein magischer Vertrag. Er wird nur greifen, wenn wir ihn alle unterschreiben. Ich habe meinen Anwalt gebeten, ihn aufzusetzen, um sicherzugehen, dass dort keine Schwachstellen mehr zu finden sind – ihr seid natürlich alle dazu eingeladen, ihn zu lesen, bevor ihr unterzeichnet. Es ist kein unbrechbarer Schwur oder so etwas, sondern eher ein magisches Gelübde. Ihr werdet nicht sterben oder eure magischen Fähigkeiten verlieren, wenn ihr ihn verletzt, doch ihr werdet Schmerzen verspüren, solltet ihr dahingehend in Versuchung geraten. Und wenn ihr ihn komplett brecht, wird sich eure Haut grün färben und ihr werdet sehr krank werden, überzogen mit äußerst unangenehmen Eitergeschwüren.
Die Vereinbarung legt fest, dass nichts von dem, was einer von uns sieht, hört oder in irgendeiner Weise wahrnimmt, während wir in diesem Raum sind, an jemanden weitergegeben werden kann - von uns selbst mal abgesehen. Nicht an Lehrer, nicht als Klatsch an andere Schüler, nicht an die Presse und auch nicht an irgendwelche Gesetzeshüter."
„Und warum sollte irgendjemand von uns so etwas unterschreiben wollen?", fragte Nott skeptisch.
„Weil ich zu diesem Zeitpunkt nur theoretisch davon weiß, dass vier eurer Väter bestimmte Tätowierungen auf ihren linken Unterarmen tragen. Das ist nichts, was vor einem Gericht standhalten würde, sicher. Wir werden jedoch die nächsten sieben Jahre diesen Raum miteinander teilen. Möchtet ihr wirklich zehn Monate im Jahr, und das über sieben Jahre hinweg, in der konstanten Paranoia leben, dass ich vielleicht irgendetwas belastendes mitbekommen könnte? Oder dass ich etwas mithören könnte, was ich gar nicht mithören sollte, und dies vor der falschen Person wiederhole? Möchtet ihr wirklich die nächsten sieben Jahre damit verbringen, jeden verbotenen Gegenstand zu verstecken? Jedes Buch der dunklen Künste? Jedes fragwürdige Artefakt? Möchtet ihr es lieber verbergen, dass ihr den Sabbat oder die Sonnenwende feiert, nur um sichergehen zu können, dass niemand von uns es dem Ministerium meldet? Nein, natürlich nicht. So zu leben würde nerven. Das ist unser Schlafsaal. Wir sollten uns hier alle sicher fühlen können. Sicher in dem Wissen, dass uns nichts geschehen kann, während wir in diesem Raum sind."
„Und was hast du davon?", wollte Draco wissen und starrte Harry mit verengten Augen an. „Das klingt so, als wolltest du uns davor schützen, uns zu verraten, doch was hast du von dem Ganzen? Ich denke, dass jemand, der so etwas vorschlägt, selbst etwas zu verbergen hat."
„Natürlich habe ich das", antwortete Potter schleppend und verdrehte die Augen, „aber das hier bedeutet halt auch, dass ich davor geschützt werde, von euch in meinen Unterhosen fotografiert zu werden. Oder dass ihr privaten Klatsch über mich an die Presse weitergebt. Ich muss mir so keine Sorgen darum machen, dass ihr Informationen über mich sammeln könntet, um sie zu Gold zu machen, Aufmerksamkeit zu bekommen oder mich zu erpressen. Selbstverständlich kann das immer noch außerhalb dieses Saals passieren, aber hier drinnen wissen wir, dass wir sicher sind."
Draco starrte ihn weiterhin argwöhnisch an, doch langsam breitete sich ein süffisantes Grinsen in seinem Gesicht aus. „Weißt du, ich habe mich bereits gefragt, ob der sprechende Hut nicht vielleicht einen Schaden hat, wenn er Harry Potter nach Slytherin schickt, aber langsam denke ich, er weiß immer noch, was er tut."
Potter zog nur verwegen eine Augenbraue hoch, ehe er in Richtung Pergament nickte.
„Wollt ihr es lesen?"
Draco gab ein amüsiertes Geräusch von sich, als er sich den Vertrag griff. Es war offenkundig, dass er von einem Fachmann angefertigt wurde. Draco hatte bereite magische Verträge gesehen, die von dem Anwalt seines Vaters aufgesetzt worden waren. Nun, genau genommen… er hielt das Pergament gegen das Licht und entdeckte schnell das Wasserzeichen, was ihm ein Schnauben und ein weiteres süffisantes Grinsen entlockte. Es war dieselbe Firma, die sein Vater regelmäßig konsultierte.
Potter wusste offenbar, was er tat, als er den Anwalt engagierte. Ein weiterer Grund, sich diesen Vertrag gründlich durchzulesen. Potter öffnete den anderen Koffer und zog weitere Pergamentrollen hervor, während er die anderen darüber informierte, dass dies Extrakopien waren, die sie sich durchlesen konnten, aber dass nur das Original ihre Unterschriften benötigte. Jeder schnappte sich eine der Kopien, noch immer mit vorsichtigem Misstrauen in ihren Gesichtern, und sie setzen sich, um sich still den Vertrag durchzulesen. Greg und Vincent murrten gelegentlich verwirrt und baten Draco darum, bestimmte Wörter zu erklären, die sie nicht begriffen. Schlussendlich entschied Draco, dass der Vertrag keine versteckten Fallen beinhaltete, die Potter dazu nutzen konnte, ihnen in den Rücken zu fallen.
Er war sich nicht ganz sicher, ob er wirklich daran gehindert werden wollte, anderen davon zu erzählen – und zwar ganz besonders seinem Vater – was Potter in diesem Schlafsaal so trieb. Doch was machte es für einen Unterschied? Er war immer noch dazu in der Lage, darüber zu berichten, was Potter außerhalb dieser vier Wände tat. Und es wäre wirklich angenehm, nicht so verdammt paranoid sein zu müssen bezüglich der Dinge, die seine Mitbewohner eventuell sehen oder hören konnten. Nicht nur Potter, sondern sie alle.
Draco war sich dennoch unsicher, ob es so eine gute Idee war, diesen Vertrag zu unterschreiben, ohne vorher seinen Vater konsultiert zu haben. Doch als Potter anfing etwas darüber zu murren, ob Draco denn sein eigener Herr war, oder nur am Rockzipfel seines Vaters zu hängen pflegte, war er verärgert. Auch wenn er sich genaustens darüber bewusst war, dass ihn diese Bemerkung verärgern und manipulieren sollte. Doch das änderte nichts daran, dass er den Vertrag kurz darauf unterzeichnete.
Greg und Vincent folgten seinem Beispiel und Theo Nott tat es ihnen gleich. Blaise zögerte etwas länger, doch schlussendlich unterzeichnete auch er. Als auch Potter seine Unterschrift draufsetzte, glühte das Pergament blau auf und begann kleine Funken zu versprühen, die jeden von ihnen kurz trafen, bevor sie sich wieder auflösten. Dann verschwand auch das Pergament. Potter reichte allen eine Kopie und informierte sie darüber, welche Firma sie kontaktieren mussten, falls sie das Original zu sehen wünschten. Es würde von nun an dort aufbewahrt werden.
Ein Part des Vertrages beinhaltete, dass sie offen über die Existenz des Vertrages reden konnten. Sollte Draco also jemals eine Frage bezüglich Potter gestellt bekommen, die er nicht beantworten durfte, konnte er immer noch erklären, warum er es nicht durfte. Und das war darüber hinaus auch ein guter Grund, ihn nicht dazu zu zwingen, irgendetwas preiszugeben. Denn ein Ministeriumsgesetzt untersagte eine solche Handlung, wenn es anschließend dazu kommen konnte, dass die Gesundheit des Unterzeichners schaden nimmt, weil ein magisches Gelübde verletzt wurde.
Dies war einer der Gründe gewesen, die Draco schlussendlich überzeugt hatten. Nun konnte er die dunklen Künste praktizieren und das genau vor Potters Nase – so lange er es in diesem Schlafsaal geschah – und musste sich keine Gedanken darum machen, dass dieser ihn an den Schulleiter verpetzte. Und ganz gleich, wie entsetzlich eine Sache war, die Draco tat, Potter konnte dagegen nichts unternehmen. Er konnte es niemanden erzählen.
Draco empfand es als einen ziemlich cleveren Schachzug, diesen Vertrag zu unterzeichnen.
Genau bis zu dem Moment, als Potter in seinen zweiten Koffer griff und ein kleines Aquarium hervorzog, es auf seinen Tisch stellte und eine kleine Schlange hineinsetzte – mit der er anschließend eine Unterhaltung begann. In Parsel.
Harry Potter war ein Parselmund und Draco war nicht dazu in der Lage, es irgendeiner Menschenseele zu erzählen.
Alles, was Draco jetzt hoffen konnte, war, dass Potter auch außerdem des Schlafsaals in Parsel sprechen würde, weil er sich darüber bewusst war, wie über allen Maßen sein Vater verärgert sein würde, wenn Draco ihm eine solch große Entdeckung nicht umgehend mitteilen würde.
Geehrter Vater,
ich bin freue mich, dir mitteilen zu können, in Slytherin aufgenommen worden zu sein. Nicht, dass es daran je einen Zweifel gegeben hätte. Allerdings war es eine wirklich große Überraschung, dass niemand anderes als Harry Potter ebenfalls nach Slytherin geschickt wurde. Der Harry Potter wird für die nächsten sieben Jahre mein Mitbewohner sein. Du hättest den Blick des Schulleiters sehen sollen. Die gesamte Halle war in einer Schockstarre. Es war total zum Lachen!
Allerdings gibt es da eventuell ein Problem. Nach der Willkommensansprache von Onkel Severus sind wir hoch in unseren Schlafsaal gegangen, wo sich Potter mit einem ‚Anliegen' an uns wandte. Er hatte einen professionell aufgesetzten magischen Vertrag dabei, der festlegte, dass alles was in unserem Schlafsaal passiert, auch im Schlafsaal bleibt. Er verhindert also, dass einer von uns mit Außenstehenden über bestimmte Ereignisse im Schlafsaal sprechen kann.
Ich muss zugeben, dass er uns den Vertrag schmackhaft machen konnte. Er ließ es so klingen, als ginge es ihm hauptsächlich darum, uns davon abzuhalten, private Informationen über ihn an die Klatschpresse zu verkaufen - oder im Schloss breitzutreten. Er ist schließlich immer noch eine Art Berühmtheit. Als Austausch dafür, dass er keine Fotos von sich in Unterwäsche in der Hexenwoche sehen muss, kriegen wir garantiert, dass wir von ihm mit keinen unerlaubten Aktivitäten in Verbindung gebracht werden können.
Das heißt also, dass ich die Sabbat-Rituale feiern kann, ohne mir darüber Sorgen machen zu müssen, bei Dumbledore gemeldet zu werden, oder noch schlimmer, beim Ministerium. Es bedeutet auch, dass ich mir keine Gedanken darüber machen brauch, wenn ich fragwürdige Bücher im Bett lese.
Also schätze ich, dass diese Vereinbarung durchaus annehmbar ist. Ich habe mir den Vertrag genau durchgelesen und auf Fallstricke geprüft. Er scheint Wasserdicht zu sein und Potter nicht in irgendeine Weise zu bevorteilen. Es ist ein Schutz, von dem wir alle profitieren. Der Anwalt, der den Vertrag geschrieben hat, gehört der Firma von Dodge, E. und Dodge, E.R. an – also dieselbe, die Du gelegentlich nutzt, also denke ich, der Vertrag ist solide. Du kannst Ihnen natürlich schreiben und eine Kopie des Vertrages anfordern oder Sie um Ihre Einschätzung bitten.
An dieser Stelle muss ich Dir gestehen, dass ich Bedenken hatte – ich hätte Dich wirklich vorher um Rat fragen sollen, bevor ich den Vertrag unterschreibe und ich hoffe, ich habe Dich nicht verärgert. Ich dachte, es macht Dich vielleicht stolz, dass ich diese Gelegenheit ergreife, auch wenn ich jetzt befürchte, Dich enttäuscht zu haben.
Ich kann Dir nicht zu viel verraten – alleine, die Feder jetzt zu Papier zu führen, löst bereits Kopfschmerzen bei mir aus – aber ich denke, Harry Potter, ist nicht so, wie ich erwartet habe. Auch, wenn ich bisher nicht viel von ihm mitgekriegt habe, bezweifle ich, dass der ‚Grund' für diesen Vertrag darin besteht, ihn vor Klatsch und Reportern zu schützen.
Er hat Geheimnisse, Vater. Wirklich große Geheimnisse.
Und nun befinde ich mich in einer Position, die es mir nicht erlaubt, Dir mehr darüber zu berichten. Ich kann Dir nur empfehlen, ihn aufmerksam zu beobachten. Er ist nicht die Person, die wir alle erwartet haben. Doch sollte irgendwann etwas Interessantes außerhalb unseres Schlafsaals geschehen, werde ich es Dir sofort davon erzählen.
Sei bitte nicht zu sauer auf mich, Vater. Ich tat nur das, was getan werden musste, um mich und unsere Familie zu schützen.
Richte Mutter liebe Grüße aus. Ich werde euch bald wieder schreiben.
Draco
Severus Snape verließ die angenehme Kälte der Kerker und machte sich auf den Weg in das vierte Stockwerk, wo sich das Lehrerzimmer und der Konferenzraum befanden. Ein Monat des neuen Schuljahres war vergangen und es wurde mal wieder Zeit, sich all den Klatsch über die neuen Schüler zu erzählen oder mit ihnen vor den anderen Lehrern zu prahlen. Höhnische dachte er darüber nach, wie sehr er die kommenden vier Stunden verabscheuen würde. Er verachtete diese Meetings einfach.
Er bevorzugte es, mit den anderen Professoren nicht über seine Slytherins und deren Probleme zu sprechen. Sollte er wirklich an einem seiner Schüler Spuren von häuslicher Gewalt oder irgendwelche anderen Probleme entdecken, würde er darüber im Diskreten mit Albus reden oder sich direkt und im Stillen an die Eltern wenden. Probleme der Slytherins wurden Hausintern geregelt.
Darüber hinaus sah er kaum Anlass dafür, mit ihnen anzugeben, da die restlichen Lehrer ohnehin ihre Vorurteile hatten und ihm nie besonders viel Aufmerksamkeit schenkten, wenn er es denn Mal versuchte.
In diesem Jahr hatte er jedoch einen Schüler, für den sich auch die anderen Lehrer brennend interessierten.
Er betrat den Raum, der bereits gut besucht war, und setzte sich zwischen Minerva und Filius. Leider saß ihm Quirrel direkt gegenüber. Der Geruch von Knoblauch brannte unangenehm in den Augen. Er versuchte sich in den letzten Tagen so wenig wie möglich in der Gesellschaft dieses Mannes aufzuhalten, und doch kam ihm immer mehr der Verdacht, dass irgendetwas mit dem Kerl nicht stimmte. Es war die eine Sache, dass Quirrel aus seinem Sabbatjahr zurückkehrte und vor einfach allem Angst zu haben schien, doch da waren auch noch andere Dinge, die Severus merkwürdig vorkamen.
Eine Minute später erschien auch die letzte von ihnen in den Raum – Trelawney brauchte immer am längsten, um zu ihren Meetings zu finden. Offenbar hatte sie vor, den Rest ihrer Tage ausschließlich in diesem Turm verbringen zu wollen und Severus war absolut glücklich über diese Aussicht, vielen-Dank-dafür!
Albus erklärte das Meeting für eröffnet und - wie immer - sollten die vier Hauslehrer damit beginnen zu berichten, wie sich ihre Erstklässler bisher so machten. Pomona war als Erste dran und sie sprach - ebenso wie immer - eine Weile darüber, welche der neuen Hufflepuffs sich an ihrer Schulter ausgeheult hatten, weil sie so dolle Heimweh haben. Die anderen ergänzten sie mit ihren eigenen Beobachtungen bezüglich der Hufflepuffs – das meiste davon war nicht erwähnenswert, mal abgesehen davon, dass sich Zacharias Smith offenbar zu einem Mobber entwickelte. Pomona kündigte an, ihn im Auge behalten zu wollen.
Gryffindor hatte in diesem Jahr mal wieder eine reiche Ernte an mittelmäßigen Idioten eingefahren. Severus informierte Minerva darüber, wie erbärmlich sich ihre Löwen in seinem Unterricht aufführten – mit einem besonderen Augenmerk darauf, wie viele Kessel Longbottom bereits zum Schmelzen gebracht hatte. Und Weasley war eine große Enttäuschung. So sehr Severus seine Zwillingsbrüder auch für ihre Unruhestiftertendenzen verabscheute, war er gewillt anzuerkennen, dass sie nervtötend brillante Zaubertrankbrauer waren. Percy Weasley, der dieses Jahr zum Vertrauensschüler ernannt worden war, war ebenfalls ein vollendeter Akademiker. Severus würde zwar nicht behaupten, dass der Junge irgendwelche speziellen Talente für Zaubertränke besaß, doch er arbeitete hart und erbrachte adäquate Leistungen. Auch Billius und Charlie waren bewandert in seinem Fachbereich gewesen, doch es schien so, als würde Ronald es nicht mal versuchen, Leistung zu erbringen. Er war schrecklich.
Minerva zog eine Grimasse, als Weasley erwähnt wurde und gab zu, dass er nicht der leistungsstärkste Schüler ihrer Gruppe war – doch letzten Endes schien er immerhin nicht so viel Ärger zu machen, wie seine Brüder aus dem dritten Jahrgang. Sie fürchtete, dass er im Schatten seiner älteren Brüder verloren gehen könnte und wollte sich in ihren Kursen darum bemühen, ihn besonders zu fördern.
Als es um Longbottom ging, vermutete sie, dass Augusta Longbottom vielleicht dafür verantwortlich sein könnte, dass es dem Jungen an Selbstvertrauen mangelte. Er war nicht zu vergleichen mit seinem Vater, Frank. Severus hatte diesen Mann zwar nicht gemocht, doch er war immerhin nie ein solcher Trottel gewesen.
Filius war dran und brüstete sich mit seiner Ravenclaw-Ernte. Er war der Meinung, dass sie alle großes Potential hatten. Severus dagegen dachte, dass sie alle hochnäsige kleine Trottel waren mit einer zu hohen Meinung über ihren eigenen Intellekt, und das nur, weil sie in das Haus für die „klugen Schüler" einsortiert worden waren. Was kompletter Unfug war und alle im Kollegium wussten das auch. Ein Ravenclaw zu sein machte dich ganz sicher nicht klüger, als deine Mitschüler.
Zur Hölle, diese nervige kleine Granger aus Gryffindor war vermutlich sogar schlauer als die Ravenclaws des zweiten Jahrgangs – und zwar alle zusammengenommen!
Doch keiner konnte Severus' eigenes Haus schlagen, wenn es um schiere Brillanz ging. Und auch, wenn er es ungerne zugab, war Harry Potter das beste Beispiel für diese Tatsache.
Als sich die Gespräche schlussendlich Potter zuwandten, war jeder am Tisch ganz begierig darauf, seine eigenen Beobachtungen mitteilen zu können. Und Albus war offenbar ebenso begierig, sich diese anzuhören.
Er war so still. Er war so anständig. Er war so klug. Ein Wunderkind, verkündete Filius. Ein Naturtalent! Es gab keine einzige Frage, die man diesem Jungen stellte, die er nicht korrekt beantworten konnte und doch hob er nie die Hand. Er hob nie seine Hand, um sich selbst zu bevorteilen und meldete sich auch nie freiwillig, um der Klasse etwas zu demonstrieren. Nicht wie Granger, die ihre Hand bei jeder noch so kleinen Gelegenheit manisch hin und her schwenkte, was bei Severus regelmäßig zu Kopfschmerzen aufgrund von Ekel führte.
So sehr Severus auch die bloße Vorstellung hasste, Punkte an Potters verfluchte Brut zu verteilen, so hatte er doch festgestellt, dass dies eine bemerkenswert einfache sowie effektive Methode war, Slytherin zu einem großen Berg an Punkten zu verhelfen. Sie waren bereits weit in Führung und niemand konnte Severus mehr eine unfaire Bevorteilung seiner Schüler vorwerfen. Genau genommen hatte er bereits ein herrliches System entwickelt: er stellte seine Fragen zunächst Weasley oder Longbottom – in dem Wissen, dass sie keinen blassen Schimmer hatten – und wenn diese versagt hatten, richtete er dieselbe Frage an Potter. Nachdem Potter die erste Frage richtig beantwortet hatte, schob Severus weitere Fragen hinterher, die immer schwieriger wurden und das so lange, bis sie ungefähr fünfzig neue Punkte für ihr Haus eingeheimst hatten.
Es war wirklich befriedigend und Weasleys Gesicht nahm jedes Mal eine besorgniserregende Rotschattierung an.
Seltsamerweise schien Potter nicht besonders in dieser Aufmerksamkeit zu schwelgen oder auch nur irgendwie stolz darauf zu sein. Er versuchte nie eine Show daraus zu machen, was Severus von dem Jungen durchaus erwartet hätte. Denn sein Vater hätte das definitiv getan. Stattdessen war er fast schon unterwürfig und häufig sogar gelangweilt. Und doch hatte Severus neulich ein amüsiertes Glitzern in Potters Augen bemerkt, nachdem er ein drittes Mal in Folge sein kleines „System" an ihm durchgeführt hatte.
Es wirkte so, als würde Potter genau wissen, was er tat und dies irgendwie lustig finden.
Dieser Moment der Befriedigung, den Severus gerade noch durchlebt hatte, war sofort verpufft – und zwar durch seinen eigenen starken Willen, diesen Jungen keinesfalls zu mögen, egal was auch geschah.
Die anderen hatten Potters gelegentliche Langeweile im Unterricht ebenfalls bemerkt. Sie befürchteten, dass er sich vielleicht nicht genügend herausgefordert fühlen und dass darunter seine Leistungen leiden könnte. Oder noch schlimmer: dass er versuchen könnte, sich anderweitig auszuleben, sollte er intellektuell nicht genügend gefordert werden.
Seine schriftlichen Arbeiten waren bisher einwandfrei gewesen. Severus war klar, dass der Junge schon seit einigen Jahren mit Feder und Tinte schreiben musste. Tatsächlich hatte eine bessere Handschrift, als so mancher ihm bekannte Erwachsene – gerade, wenn man bedachte, dass er ein elfjähriges Kind war. Auch die anderen Lehrer hatten Indizien gefunden, die darauf hinwiesen, dass Potter in einem magischen Umfeld aufgewachsen sein musste. Er musste einen Privatlehrer gehabt haben, denn ganz egal, wie brillant ein Schüler auch sein mochte, es war schlichtweg nicht normal, dass Potter jeden Zauberspruch gleich beim ersten Mal perfekt aufsagen konnte.
Bestimmte Bewegungen wirkten bei Anfänger anfangs ziemlich schwerfällig und dies blieb meist so lange so, bis sich bei ihnen ein spezielles Muskelgedächtnis entwickelte - was für gewöhnlich erst dann geschah, wenn diese Bewegungen häufig genug durchgeführt wurden und das über Jahre hinweg.
Nun, Potter hatte bereits ein solches Muskelgedächtnis. Selbst Severus, der den Jungen nur im Zaubertrankunterricht erlebte, hatte das bereits feststellen können. Potter war, zusammen mit Draco, einer der wenigen seiner Schüler, denen er es erlaubte, schon jetzt von ihren Zauberstäben Gebrauch zu machen. Normalerweise erachtete er es als zu gefährlich, ihre Zauberstäbe auch nur in Reichweite zu haben, während sie brauten. Doch es gab einige Zaubersprüche, die den Brauprozess beschleunigten – automatische Timer, Rühr-Zauber, magisch kontrollierte Temperatur etc. Und Potter war mit allen vertraut.
Albus wirkte definitiv beunruhigt durch alles, was die Lehrer über Harry Potter zu berichten hatten – sehr beunruhigt. Er erkundigt sich danach, wie Potter auf sozialer Ebene wirkte, abseits von all seinen akademischen Überraschungen. Sie kamen zu dem Konsens, dass der Junge introvertiert war. Er sprach schlichtweg nicht mit anderen Menschen. Soweit man das beurteilen konnte, schien er keinen einzigen Freund zu haben, auch wenn er sich hin und wieder mit seinen Mitschülern aus dem Schlafsaal unterhielt; und das einigermaßen freundlich. Es wirkte eigentlich genau so freundschaftlich, wie die meisten der Slytherins miteinander umgangen. Denn da war nie richtiges Vertrauen unter ihnen – nur eine streng limitierte Freundschaft – und das auch nur so lange, wie es für beide Seiten von Vorteil war.
Potter schien die anderen Schüler aus seinem Schlafsaal nicht verächtlich zu behandeln. Und seltsamerweise beruhte das auf Gegenseitigkeit. Nun, ganz zu Anfang waren die Jungs etwas herablassend gegenüber Potter gewesen – doch irgendwas musste schon vor einiger Zeit geschehen sein. Irgendetwas, durch das sich Potter den Respekt seiner Mitschüler errungen hatte. Und was das genau war, das würde Severus wahrscheinlich nie erfahren, wenn diese Sache wirklich stimmte, die Lucius ihm erzählt hatte.
Er würde Albus von diesem Vertrag erzählen müssen, auf den Potter bestanden hatte, doch er hatte es bisher noch nicht getan. Es würde den alten Mann nur noch paranoider werden lassen und wahrscheinlich dazu führen, dass er die fraglichen Erstklässler und deren Schlafsaal noch genauer beobachten würde. Potter und seine Mitschüler standen aber immer noch unter Severus' Schutz und diese Aufgabe würde er nicht so ohne weiteres an den Schulleiter übergeben. Und soweit er wusste, gab es bisher noch nichts, worüber man sich Gedanken machen musste. Über die Schlafsäle lagen Zauber, die ihm mitteilen würden, wenn dort drin etwas zu Illegales praktiziert werden würde und nichts in den Koffern von Potter hatte irgendeinen Alarm ausgelöst.
Goyles dagegen schon und der war bereits von Severus ermahnt wurden, etwas diskreter sein zu müssen mit dem, was er so in die Schule schmuggelt.
Albus bat die Lehrer darum, Potter etwas mehr dazu ermutigen, sich mit seinen Mitschülern zu beschäftigen – man könnte zum Beispiel versuchen, ihn in Gruppenaktivitäten einzubinden, damit Potter viele verschiedene Leute kennenlernte. Irgendwo könnte dann ein Match sein, das zu einer Freundschaft führt. Severus war davon überzeugt, dass dies verschwendete Mühe war. Potter wollte einfach keine Freunde haben.
Als irgendwann klar wurde, dass sie alle nicht noch mehr Zeit damit verschwenden konnten, über ein paar Erstklässler zu debattieren, sprach Albus noch ein paar andere Themen an. Doch als das Meeting eine Stunde später endlich beendet war, bat er Severus und Minerva noch kurz zu bleiben. Und schon ging die Diskussion über Potter weiter.
Albus hatte selbstverständlich nicht aufgegeben, das Geheimnis um Potters letzte zehn Jahre zu lüften, war damit aber weiterhin erfolglos geblieben. Er hatte keine Ahnung darüber, wie Potter aufgewachsen war – und unter welcher Ideologie. War er eher Pro-Licht? Oder Pro-Dunkel? Wer hat ihn unterrichtet? Was hatten sie ihm beigebracht? Wie war er so früh zu einem Zauberstab gekommen, ohne entdeckt zu werden? Denn das war die einzige logische Erklärung für sein fortgeschrittenes Können.
Minerva war sich nicht sicher, wie sie den Jungen erreichen konnte – immerhin war sie nicht seine Hauslehrerin – aber Albus schlug vor, ihre frühere Beziehung zu seinen Eltern auszunutzen. Vielleicht würde der Junge gerne mehr über sie erfahren? Er hatte das auch Severus vorgeschlagen, der darauf nur mit einem lauten Schnauben geantwortet hatte. Er war wohl die letzte Person, mit dem Harry Potter über James Potter sprechen sollte.
Aber Albus und Minvera waren sich sofort einig, dass er eine gute Quelle bezüglich Lily war. Schließlich hatte er sie schon vor Hogwarts gekannt.
Severus glaubte nicht daran, dass das funktionieren würde. Potter war nicht dumm genug, um so einfach manipuliert zu werden – warum sollte er sensible Informationen herausgeben, nur um etwas über seine toten Eltern zu erfahren? So sehr Severus es auch hasste, es zugeben zu müssen: Potters Brut war dafür einfach viel zu intelligent.
Er hatte schon vor einiger Zeit aufgehört, die Entscheidung des sprechenden Hutes infrage zu stellen.
Potter war ein Slytherin. Das war nicht abzustreiten. Es war eine Tatsache.
Nachdem Albus von Severus und Minvera das widerwillige Versprechen erhielt, alles zu versuchen, die harte Felswand zu durchbrechen, mit der Potter sich umgab und dafür eine Art Vertrauensverhältnis aufzubauen, entließ er die beiden - deutlich darüber murrend, wie es nur möglich sein konnte, dass alles so furchtbar schiefgelaufen war.
