Liebe auf Umwegen
Verschwitzt
rannten wir über das Tennisfeld. Mila, unsere Tennistrainerin hatte kein
Erbarmen mit uns. Noch ein letztes Doppel, dann waren wir endlich erlöst.
Lachend und
erzählend verschwanden wir in der Duschkabine. Mimi, meine beste Freundin erzählte
von ihrem Freund Michael, der in den USA lebte.
Ich seufzte
leise. Einen Freund. Einen Freund hätte ich auch gerne.
Frisch und mit
nassen Haaren schlenderten wir zu unseren Fahrrädern.
„Tschau, Midori!
Bis später im ‚Globetrotter'!"
Das Globetrotter
war ein Jugendtreff, in dem sich Jugendliche zu einem Cappuchino treffen
konnten.
„Bye, Sora!
Treffen wir uns auch im Globetrotter?" hörte ich plötzlich Mimi. Ich hatte gar
nicht bemerkt, dass wir schon bei Mimis Haus angekommen waren. Ihre Eltern arbeiteten
beide den ganzen Tag, deshalb hatte sie sturmfreie Bude.
„Jaaa,
vielleicht. Ich ruf dich an", gab ich ohne große Lust zurück.
„Tschau Mimi!"
Unaufmerksam radelte ich aus einer Gasse auf die Hauptsrasse. Da hörte ich ein
Hupen und dann wurde alles schwarz.
Als ich die Augen
aufschlug, sah ich ein besorgtes Gesicht mit braunen Haaren, grünen Augen und
einigen Sommersprossen.
Er sagte: „Na
endlich. Mensch, bin ich froh", dann wandte er sich zu mir und fragte: „Wie
fühlst du dich? Tut dir irgendetwas weh?"
Jetzt merkte ich
erst, dass ich in einem Krankenwagen war. Ich konnte nur noch mit dem Kopf
nicken, dann wurde wieder alles schwarz.
Ich wachte mit
einem stechenden Schmerz im rechten Bein auf und merkte, dass es in einem Gips
lag. An meinem Bett stand das süße Gesicht. Er konnte höchstens 17 Jahre alt
sein.
„Ich heiße
Kazuya", sagte das Gesicht, „du bist mir ins Auto geradelt."
Ich versuchte zu
sprechen, doch bei seinem Anblick brachte ich kein Wort heraus.
Er fing an zu
lachen, als er mein Gesicht sah:" Sehe ich so schrecklich aus, dass du vor
Angst kein Ton rausbringst?"
Ich schüttelte
den Kopf.
„Du siehst witzig
aus, wie du das so mit deinem Gips liegst", sagte er.
„Danke", brachte
ich endlich heraus.
„Du kannst ja sprechen.
Das ist toll. Kannst du mir auch deinen holden Namen nennen?"
„Klar. Ich heiße
Sora", sagte ich grinsend.
In diesem Moment
kam meine Mutter ins Zimmer und Kazuya verzog sich in eine Ecke. Nachdem meine
Mum wieder gegangen war, kam er zu mir und verabschiedete sich: „Bye, ich muss
jetzt auch gehen. Wenn du etwas brauchst, kannst du mir das immer sagen. Ich
muss schließlich etwas gutmachen. Es ist ja immerhin meine Schuld, dass du hier
bist."
Ich wollte sagen:
Ja, ich habe einen Wunsch. Bleib da!, aber ich traute mich nicht. Daher
schüttelte ich den Kopf: „Nein, ich brauche nichts. Tschüß. Und komm mich mal
wieder besuchen."
Als die Tür
zufiel rief ich Mimi an. Die beschwerte sich erst einmal, dass ich so lange
nicht angerufen hätte: „Mensch Sora, warum hast du dich nicht gemeldet? Jetzt
brauchen wir auch nicht mehr zu gehen."
Ich erzählte
Mimi, was passiert war und sie versprach sofort zu kommen. Ich wartete 15
Minuten, dann ging die Tür auf und Mimi stand tränenüberströmt vor mir. Ich
fragte sie: „Mimi, was ist los. Mach erst mal die Tür zu und dann erzähl was
los ist."
„Mein Freund,
Michael," sie weinte wieder los, „er hat Schluss gemacht. Am Telefon. Und er
hat nicht mal selbst angerufen, sondern es durch einen Freund ausrichten
lassen."
Ich war entsetzt:
„So ein Feigling. Der ist ja total bescheuert!" Die arme mimi. Ihr ging es
überhaupt nicht gut. Ich versuchte sie zu trösten. Aber sie wollte nur noch
Heulen. Schon kurz nach ihrem Auftauchen verschwand sie wieder nach Hause.
Kazuya besuchte mich
jeden Tag und versuchte mich aufzuheitern, was sich in bunten Blümchen auf dem
Gips ausdrückte.
Als ich nach
einer Woche auf Krücken das Krankenhaus verlassen durfte, holte mich –
natürlich – Kazuya ab. Meine Mutter war im Geschäft und sie wusste, dass Kazuya
mich abholte. Ich bat ihn noch in mein Zimmer und stellte Cola und Knabberzeug
auf den Tisch.
„Hast du gute
Musik? Ich höre total gerne Green Day (jaja, ich weiß, is halt schon uralt die
Geschichte ;o) )", fragte Dennis.
„Ja, Green Day
ist klasse2, sagte ich in die ersten Takte von Basket Case. (ohoh,
ASBACHuralt!)
Eine Weile saßen
wir da und hörten der Musik zu. Dann sagte Kazuya, dass er gehen müsse, da er
noch eine wichtige Verabredung hatte.
Ich spürte einen
Stich im Herzen. Er hatte eine Freundin.
Traurig
begleitete ich ihn zur Tür. Er ging, ohne sich zu verabschieden.
Als die Tür
hinter ihm in Schloss gefallen war, begann ich zu heulen. Ich weiß nicht wie
lange, auf jeden Fall muss ich eingeschlafen sein. Als ich am nächsten Morgen
aufwachte, war es viertel nach 9.
Ich erschrak:
„Mist, total verpennt. Ach, jetzt ist das auch egal" Vorsichtig und langsam
stand ich auf. Mit den Krücken zu laufen war schwer. Da fiel mir der gestrige
Tag ein und ich wurde sofort wieder traurig. Ich war eben nicht sein Traumgirl.
Rote Haare, kleine Nase und Sommersprossen. Und dazu noch ziemlich hellhäutig,
na ja, käseweiß.
Meine Mutter war
schon im Blumenladen. In der Küche standen Brötchen und Kaffee bereit. Ich ließ
es mir schmecken. Dann rief ich Matt, meinen besten Freund an, der mit einer
Erkältung im Bett lag. Er war schon mein bester Kumpel seit ich denken konnte.
Er war 16, wie ich und ich konnte ihm mein Herz ausschütten. Und das tat ich
auch. Ich erzählte von dem Unfall an bis zum heutigen Morgen alles.
Matt sagte: „Bist
du dir sicher, dass er eine Freundin aht? Vielleicht hat er sich auch mit einem
Kumpel getroffen."
„Nein. Er sagte,
eine WICHTIGE Verabredung. Oh Matt, er hat bestimmt eine Freundin, was soll ich
machen? Bitte hilf mir!"
„Ok, Sora. Mach dir
keine Sorgen. Ich regle das irgendwie. Wie heisst Kazuya denn mit Nachnamen?"
„Mmm, ich glaube
Tzunogiba"
„Was? Kazuya
Tzunogiba? Das ist ein na ja, Kumpel aus meiner Clique."
Mein Herz machte
einen Sprung: „Ehrlich? Klasse! Matt, du bist ein Schatz, ich werf dir bei
Gelegenheit auch mal wieder einen Stein in den Garten. Machs gut, Matt. Und
vergiss nicht, ihn auszuquetschen, Tschau!"
Ich war total happy. ER war in Matts Clique.
Dann war er auch bei uns auf der Schule. Ich habe ihn vorher noch nie bemerkt.
Ich überlegte, ob ich Mimi anrufen sollte. Aber ihr Freund hatte ja mit ihr
Schluss gemacht. Schade.
Am nächsten
Morgen ging ich wieder zur Schule.
Da kam Matt auf
mich zu: „Hi Sora. Ich habe Kazuya ganz unauffällig ausgequetscht. Ich hab ihm
erzählt, dass ich gestern versucht habe bei ihm anzurufen und er nicht da war.
Und jetzt rate mal, wo er war...bei einem Vorstellungsgespräch."
Ich wusste nicht,
was ich sagen sollte, also drückte ich Matt ein Küsschen auf die Wange. Rein
freundschaftlich versteht sich. Er wurde ganz rot und stammelte: „he, lass das.
Ich denke, du magst Kazuya?"
In der großen
Pause ging, oder besser humpelte ich zu Kazuya. Er begrüßte mich, indem er
mir einen Kuss auf die Nase gab. Jetzt
wurde ich rot: „He, doch nicht vor allen Leuten, Kazuya."
Die anderen
lachten. Kazuya nahm mich bei der Hand und zog mich in eine stille Ecke des
Schulhofes. Dort schaute er mir tief in die Augen und sagte: „Ich hab mich
total in dich verliebt, Sora."
Ich starrte ihn
ungläubig an, während in meinem Bauch Abermillionen Schmetterlinge zu sein
schienen: „In mich?"
„Ja, in dich. Du
bist so niedlich mit deinen roten Haaren und den Sommersprossen", sagte er,
dann küsste er mich sanft auf den Mund.
Ich fühlte mich
wie im 7. Himmel und bemerkte nicht, dass Matt zu uns rübersah.
Ich lud Kazuya zu
mir nach Hause ein.
Während den
restlichen Schulstunden dachte ich nur noch an Kazuya und zu Hause richtete ich
alles für seinen Besuch her, so gut es mit meinem Gipsbein eben ging.
Endlich läutete
es. Kazuya stand mit einem riesigen Strauß Rosen vor der Tür. Ich freute mich
sehr über die Blumen. Dann gingen wir in mein Zimmer.
Dort saßen wir
zunächst auf der Couch, dann begannen wir uns zu küssen. Mehr passierte nicht.
Wir erzählten von
uns, auch dass Kazuya nächste Woche Geburtstag hat.
Er sagte: „Den
feiern nur wir beide."
Darüber war ich
froh.
Am nächsten
Morgen überlegte ich, was ich Dennis schenken könnte. Eine CD, oder Parfüm oder
ein Sweatshirt? Ich entschied mich für eine CD von Green Day...und musste dabei
an unser erstes Treffen denken.
Mimi, die sich
von dem Trennungsschmerz wieder erholt hatte, war so lieb und amchte für mich
die Besorgungen.
Dann kam Kazuyas
Geburtstag. Ich war total aufgeregt. Doch dann klingelte das Telefon und Kazuya
war dran. Er war ganz heiser und sagte: „Tut mir leid, Schatz, aber ich bin
total erkältet. Wir müssen unsere Feier leider verschieben."
Eine Welle der
Enttäuschung stieg in mir auf: „Wieso? Ist es denn so schlimm?"
Als ich den Hörer
auflegte, dachte ich, wie soll ich denn die nächsten Tage verbringen? Ich
sterbe ja vor Langeweile. Dann fiel mir Matt ein. Ich wählte seine Nummer.
„Ishida?", meldete sich Matts Vater.
„Guten Tag, Herr
Ishida. Ist Yamato zu sprechen?"
„Hallo Sora.
Nein, er ist zu einer Freundin, lernen."
Ich fühlte, dass
ich sauer auf die Freundin von Matt war. Oh Gott, bin ich jetzt eifersüchtig
auf Matts Freundin? Ich liebe doch Kazuya!
„Äh, ja, danke
Herr Ishida. Sagen sie Matt bitte, dass er mich zurückrufen soll. Tschüss!"
10 Minuten später
klingelte das Telefon.
„Sora? Hi, ich
bins Matt. Du wolltest mich sprechen?"
„Ja. Was machst
du morgen? Kazuya ist krank und ich weiß nicht, was ich machen soll", sagte
ich.
Matt überlegte
kurz: „Klar kann ich. Kommst du zu mir?"
„Ja, bis dann!"
Ich war
erleichtert, dass ich nicht daheim rumsitzen musste.
Um 13:30Uhr
klingelte ich bei Ishida. Matts Vater öffnete die Tür:" Matt ist noch nicht da,
aber du kannst in seinem Zimmer warten, ich muss zur Arbeit, tschüss"
„Tschüss!"
Ich humpelte mit
den Krücken langsam in Matts Zimmer und setzte mich auf den einzigen Stuhl am
Schreibtisch.
Ich wollte ein
Blatt Papier und einen Stift aus einer Schublade holen, da sah ich sein
Tagebuch.
Es war nicht
richtig abgeschlossen worden. „Leg es zurück" sagte meine innere Stimme, aber
ich ignorierte sie und schlug das Buch auf. Da stand:
Liebes
Tagebuch,
Sora hatsich
in den größten Aufreißer der Stadt verliebt. Ausgerechnet in Kazuya. Er hat
doch für jeden Monat eine andere Freundin.
Ich will
nicht, dass er Sora wehtut, dafür liebe ich sie viel zu sehr.
Aber ich kann
ihr das auch nicht sagen, weil sie das ebenfalls verletzen würde. Aber sie
würde mir sowieso nicht glauben.
Kazuya hat mir
ein blaues Auge angedroht, wenn ich Sora sage, dass er nur mit ihr spielt. Ich
liebe sie, aber ich bin nur ein Kumpel.
Ich kann es
ihr nicht sagen. Ich habe Angst, dass unsere Freundschaft daran zerbricht. Was
soll ich nur machen?
Matt
Ich konnte mich
überhaupt nicht mehr bewegen vor Schreck. Matt liebte mich, aber ich liebte
Kazuya. Aber warum ist in mir dann ein Gefühl von eifersucht gegenüber Matts
Freundin aufgestiegen?
Meine Gefühle
spielten verrückt.
Ob Kazuya
wirklich so war, wie Matt ihn beschrieb? Nein, nie. Nicht Kazuya. Er war so
liebevoll.
Ich schlug das
Buch zu und legte es auf seinen Platz zurück.
Kurze Zeit später
kam Matt zurück. Er bemerkte nichts.
Wir gingen
zunächst in ein Eiscafé und dann zum Arzt, wegen meinem Gips.
„In 3 Wochen
kannst du wieder ohne Gips laufen."
Ich jubelte: „Na
endlich!"
Die nächste Woche
verbrachte ich mit Matt. Aber irgendwie fühlte ich mich komisch dabei.
Bald darauf war
Kazuja wieder gesund. Er rief an und lud mich ins Globetrotter ein.
Die drei Wochen mit
Gips vergingen schnell und dann durfte der Gips endlich ab. Ich durfte zwar
noch kein Tennis spielen, aber die 2 Wochen bis zum nächsten Tennistraining
brachte ich auch noch rum.
In der Schule
ging es aufwärts und auch mit Kazuya lief es super.
Von Matts Eintrag
erzählte ich ihm nichts.
Als ich eines
Tages bei Kazuya auf der Couch saß und mit ihm schmusen wollte, drückte er mich
weg und sagte: „Hör doch auf. Willst du immer nur kuscheln und knutschen?
Mensch, bist du langweilig!"
Ich war
geschockt. Wie konnte er mir das antun? Kazuya sah mein Gesicht und sagte
plötzlich in einem sanften Ton: „Es tut mir leid, mein Schatz. Bitte gib mir
noch eine Chance"
„Tausende",
flüsterte ich.
Einige Tage
später, ich kam gerade vom Tennistraining, sah ich ein schmusendes Pärchen.
So geht es mir
auch dachte ich. Doch dann lösten sich die Köpfe voneinander und ich sah –
Kazuya!
Ich drehte mich
um und rannte weinend davon.
Ich rannte zu
Mimi.
„Was ist denn
los, Sora?"
Ich erzählte ihr,
was ich gesehen hatte.
Am nächsten Tag
machte er Schluss.
Ab diesem Tag lag
ich nur in meinem Zimmer und hörte laut Musik. Ich ging nur noch für die Schule
aus dem Haus. Als die erste 6 in mein Leben flatterte und das ausgerechnet in
Japanisch, meinem besten Fach, machte mich das nur noch trauriger.
Nach einigen
Wochen ging es mir wieder besser. Ich spielte wieder Tennis und die 6 bügelte
ich auch aus.
In dieser Zeit
wollte ich aber von Jungs nichts wissen. Mimi versuchte mich zu trösten: „
Komm, es gibt noch so viele Jungs..."
Da erzählte ich
ihr von Matts Tagebucheintrag.
„Ist das wahr,
Sora? Oh je."
Zur Ablenkung lud
sie mich ins Kino ein.
Nach dem Film
schlenderten wir lachend die Strasse entlang und trafen Matt – mit einem
Mädchen.
Ich spürte einen Stich
im Herzen. Nein, bitte nicht, das darf nicht wahr sein. Jetzt, wo ich Matt mit
einem Mädchen sah, merkte ich, wie sehr ich ihn mochte, doch es war zu spät. Er
hatte ein anderes Mädchen.
Da ging Mimi zu
den beiden und fragte sie irgendetwas.
Ich konnte es
immer noch nicht glauben; als ich aufsah, sah ich Matt auf mich zukommen: „Hi
Sora. Wie geht's?"
Doch das Mädchen
kam zu uns gelaufen und sagte: „Komm, Matt. Wir haben immer noch kein Geschenk
für mich gefunden."
„Jaja, ich komme.
Das ist übrigens Yuri, meine Stiefschwester", sagte Matt mit einem
Augenzwinkern.
Mir fiel ein
Stein vom Herzen. Ich warf Mimi einen Blick zu.
„Können Sora und
ich nicht mit euch kommen?", fragte Mimi ganz plötzlich.
„Klar könnt ihr"
sagte Yuri.
Matt und ich
liefen etwas hinter Yuri und Mimi, die angeregt über Mode diskutierten.
Plötzlich legte
Matt den Arm um mich. Wir blieben stehen. Ich drehte mich zu Matt und schaute
ihm in die tiefblauen Augen.
„Du,
Sora...ich..also..ich liebe dich!"
Statt einer
Antwort packte ich Matt beim Kragen, zog ihn zu mir herunter und gab ihm einen
sanften Kuss, in dem wir ewig versanken.
ENDE