Amy rannte aus dem Haus, sie lachte fröhlich und schoss an Lou vorbei, die grade in den Stall gehen wollte. „Hey, was ist denn mit dir los?", grinste Lou hinter ihrer kleinen Schwester her. Diese stoppte vor Spartans Box und hielt ihm eine Möhre hin, während sie seinen Hals streichelte. „Ich fahre nur gleich zum Flughafen, Ty und Scott müssten demnächst landen, und ich will auf die beiden warten und sie abholen", lächelte Amy vor sich hin. Lou grinste: „Bist du dir sicher, dass du es nicht einfach nur nicht abwarten kannst, dass Ty wieder kommt?" Sie wusste genau, wie lange es gedauert hat, bis Amy und Ty ihre Gefühle füreinander eingestanden hatten und wie tief die Verbindung der beiden ging.

Auch Amy dachte daran, wie sie endlich Mut gefasst hatte und ihre Gefühle zu Ty eingestanden hatte, im letzten Winter, als sie oben in der alten Fischerhütte waren.

Ty war auf einmal zusammengebrochen. Erst stand er noch neben ihr, aber nachdem sie ein paar Schritte auf die Wildpferde zu gemacht hatte, und dabei immer noch mit ihm redete und plötzlich keine Antwort mehr bekam, drehte sie sich zu ihm um und sah nur noch, wie er zusammenbrach. In dem Moment verspürte sie einfach nur eins: Angst. Angst, dass sie es nicht schaffen würde, ihn in die alte Fischerhütte zu bringen, Angst, dass sie nicht die Chance bekommen würde, ihm ihre Gefühle klar zu machen.

Zum Glück war er nicht bewusstlos, so dass sie beide ins Haus gelangten, auch wenn es ein Kraftakt für Amy war, auf die Ty sich stützte. Unter Protest bugsierte Amy Ty auf das Bett, auch wenn er darauf bestand, sofort zurück zu fahren. Es wäre eine schlechte Idee gewesen, denn nur Minuten später war er eingeschlafen, er sackte einfach zur Seite weg und blieb ruhig liegen. Amy konnte nichts weiter tun außer ihn zuzudecken und das Feuer anzufachen, denn obwohl er Fieber hatte, was sie überprüft hatte, war es eisig kalt und eigentlich sollte niemand bei diesem Schneetreiben draußen unterwegs sein.

Sie machte sich Vorwürfe – es war ihre Idee gewesen, zu diesem Zeitpunkt des Winters raus zu fahren, da die Pferde sonst verhungern könnten. Und auch wenn Ty ohne Widerspruch voll hinter ihr und ihrem Plan gestanden hatte, machte sie sich dafür verantwortlich, dass er jetzt krank war und sie keine Hilfe holen konnten.

Sie setzte noch Tee an, den sie Ty reichte, nachdem sie ihn vorsichtig geweckt hatte – er musste etwas trinken, um nicht zu dehydrieren. Er bemühte sich, sie nicht zu sehr zu beunruhigen, und lächelte sie an. „Danke", brachte er leise hervor. Er hatte keine Kraft, um laut zu sprechen. Er trank den Tee, der auch sein Fieber lindern sollte und sank dann wieder in den unruhigen Schlaf, den er auch vorher schon hatte.

Amy wusste nicht, was sie tun sollte, also überprüfte sie noch mal das Feuer, damit es nicht ausging und legte sich dann hilflos zu Ty ins Bett. An Schlaf war für sie allerdings nicht zu denken, sie erinnerte sich an einige Momente , die sie mit Ty verbracht hatte und fasste den Entschluss, ihm endlich zu sagen, was sie für ihn empfand. Seine Krankheit machte ihr klar, wie schnell man einen geliebten Menschen verlieren kann, ohne dass er die Gefühle von ihr kannte. Sie wusste, dass er sie liebte, und dass machte ihr die ganze Sache einfacher – sie musste nur endlich über ihren Schatten springen und den Mut finden, ihm zu sagen, dass sie ihn liebte.

Sie schloss ihre Augen, und ohne bewusst daran zu denken, spielten sich Bilder und Erinnerungen vor ihrem inneren Auge ab.

Der Moment, als er nach 4 Monaten wieder nach Heartland kam, an ihrem 16. Geburtstag – ihr Großvater hatte ihn aus Calgary abgeholt. Ihre Wut und unausgesprochener Ärger in dem Moment, dass er sie einfach verlassen hatte, und nur einen Brief hinterlassen hatte – es war alles vergessen jetzt.

Der Moment, wo der wilde Mustang, der sie nicht an sie heran ließ, ohne zu zögern auf Ty zu trabte, seinen Kopf neigte und Ty ihn streicheln konnte.

Der Moment vor dem Turnier im Winter, als sie unsicher war und nicht wusste, ob sie es überhaupt wagen sollte, anzutreten, und er mit ihr in den Wald gefahren ist. Dort hatte er im Sommer ein Trainingsparcour gebaut, so dass Spartan nicht in den Anhänger muss – er hatte damals noch zu viel Angst davor gehabt. Sie hatten geredet, ihr Vater hatte ihr den Glücksring ihrer Mutter gegeben, damit sie gut im Turnier abschließen würde. Sie hatte Zweifel, auch was ihren Vater betraf, aber er wäre da, wenn es wirklich wichtig ist. Ty hatte damals Tränen on den Augen, weil er schon wusste, dass er Heartland bald verlassen würde, aber er überspielte es. Er sprach ihr Mut zu, und legte seinen Arm um sie, drückte sie an sich und sie wusste, es würde schon alles gut werden. Sie hatte das Turnier gewonnen, und an dem Abend, als sie auf der Farm gefeiert hatten, hatte sie Ty zum ersten Mal geküsst. Er war in der Nacht verschwunden, mit einer Notiz für sie, dass er seinem Vater helfen müsste.

Der Moment, als sie ihn nachmittags im Heuschober gefunden hatte, nachdem er ihr nachts von seiner Vergangenheit erzählt hatte, wo er am offenen Fenster stand. Sie fragte ihn, warum er ihr nicht früher davon erzählt habe, und er meinte nur: „Das hab ich noch nie jemandem erzählt." Sie erkannte sein Vertrauen und umarmte ihn nur lächelnd.

Ein unbedeutender Moment, als sie draußen auf der Veranda saßen, und nur die Gesellschaft des anderen genossen, ohne Worte zu verlieren. Da wurde ihr klar, dass sie vielleicht mehr empfindet, als sie sich selbst eingestehen wollte – aber Mallory hatte ihr vorher mal wieder die Ohren abgequatscht, und meinte nur, dass es für jeden klar wäre, dass sie Ty liebt.

Der Moment, als das Hudson-Derby statt fand und sie Ty spielerisch umwarf, und er dann auf ihr liegen blieb und sie fast küsste – damals war er noch mit Kit zusammen.

Der Moment, als sie ihn aufhielt auf dem Kuhtrieb, den sie in Gedenken von Jacks Freund gemacht hatten, und ihn küsste, zum ersten Mal, nachdem er wieder auf Heartland aufgetaucht war – sie wollte, dass es wieder so wird wie früher, bevor er gegangen war.

Der Moment, als sie zum ersten Mal bereit war, mit ihm zusammen zu sein, und sie sich im Regen küssten – er war damals noch nicht bereit, er wollte sie nicht verletzen, was er allerdings genau damit tat. Er wusste gleich darauf, dass er einen Fehler gemacht hatte, aber Amy wollte nicht nachgeben, sie war in ihren Gefühlen verletzt und konnte ihm nicht gleich verzeihen.

Und schließlich, der Moment, als sie sich zum ersten Mal küssten, im Stall, vor der Box von Spartan, nachdem sie das Turnier gewonnen hatte – sie war so überglücklich.

Und dann der Moment, wo ihr klar wurde, dass er sie liebte, auch wenn er dort noch mit Kit zusammen war. Es war, als Spartan gestohlen wurde und sie ihn befreien wollte und sich und Ty in große Gefahr brachte. Sie schwebten beide in Gefahr, ins Gefängnis zu kommen, schließlich sind sie in den anderen Stall eingebrochen, um Spartan zu befreien. Sie entschuldigte sich für ihre Dummheit, aber er machte ihr nur klar: „Ich würde alles für dich tun."

Nach einer Ewigkeit, so schien es für sie, schlief sie endlich ein und wachte erst am Morgen nach einer traumlosen Nacht wieder auf. Sie musste sich erst einmal orientieren, und wusste nicht, wo sie sich befand, aber nach einigen Minuten fiel ihr Tys Krankheit wieder ein und sie schaute zur Seite – nur um einen wachen und relativ gut aussehenden(was die Krankheit betraf) Ty neben sich zu sehen. Sie fühlte seine Stirn, und (ein Glück) das Fieber ist über Nacht schwächer geworden. Es war aber auch kein Wunder, denn wie sie bemerkte, war es eiskalt im Raum. Das Feuer muss in der Nacht ausgegangen sein. Sie stand auf, um es erneut zu entfachen. Als sie vor dem Ofen hockte, setzte Ty sich auf, und sie hörte nur ein: „Du bist wunderschön." Sie lächelte, stand auf und ging zu dem Bett zurück, um ihm zu sagen, was sie schon viel früher hätte sagen sollen. Als sie jedoch tief Luft holend aus dem Fenster sah, erblickte sie draußen die Wildpferde, gemeinsam mit dem Hengst, den sie zu zähmen versucht hatte. „Wir haben Besuch", lächelte sie auf Ty hinunter. „Denkst du, du schaffst es mit meiner Hilfe nach draußen?" Er nickte.

Sie sind dann raus, wo sie die Wildpferde beobachteten, die das Heu fraßen, das sie mit hochgebracht hatten. Ty ging ein paar Schritte auf die Pferde zu, und der Hengst erkannte ihn und kam langsam auf ihn zu. Er streichelte ihn, und Amy trat vorsichtig neben Ty und konnte somit auch den Hengst berühren, der sie bisher nicht in seine Nähe gelassen hatte. Ty legte wieder den Arm um sie, nachdem der Hengst zurück zu den anderen Pferden getrabt ist, teils aus Erschöpfung, aber natürlich auch aus Zuneigung.

Als sie dort standen, fand Amy endlich den Mut, mit ihm zu reden. Sie drehte sich ein wenig in seinem Arm, so dass sie ihm ins Gesicht sehen konnte. „Du hattest Recht", begann sie schüchtern, „wir können Freunde sein, ich meine, wir sind Freunde, nicht wahr? Nur, wir können MEHR als das sein – und wir müssen mehr als das sein." Er sah sie mit einem fragendem Blick an, aber sie konnte es nicht sehen – ihr Blick war gesenkt. „Weil….weil….ich dich liebe. Ich hab dich schon immer geliebt, ich weiß, ich hab es ein paar Mal vermasselt, aber … ich liebe dich so sehr." Unsicher blickte sie in sein Gesicht, nur um ihn befreit lächelnd zu sehen. „Ich liebe dich auch." Erleichtert senkte er seinen Kopf und küsste sie.

„Amy, ich denke, du solltest langsam los, du willst doch etwa nicht zu spät kommen, hm?", fragte Lou. Sie bekam keine Reaktion. „Amy? Hallo, Erde an Amy, bitte landen!" Amy schien endlich aus ihrer Trance erwacht – sie schüttelte lachend ihren Kopf. „Sorry, ich war total in Gedanken versunken, was hast du gesagt?" „Ähm, wolltest du nicht wohin?" Amy sah total ahnungslos aus, worum das Gespräch mit Lou grade ging. Diese konnte es gar nicht fassen. „Wie wäre es mit Flughafen, Ty, Rückkehr mit Scott, klingelt da was?" Lou konnte nur grinsen. „Oh mein Gott, ja!! Ich muss los!", bemerkte Amy mit einem Schrecken. Sie eilte zum Truck von ihrem Großvater und fuhr los.