: Entscheidungen im Morgengrauen
Der Raum sah aus wie ein gewöhnlicher Geschäftsraum. Die Wände waren weiß gestrichen und grauer Teppichboden bedeckte den Boden. Ein wuchtiger schwarzer Schreibtisch nahm die rechte Ecke in Beschlag. Auf ihm ordentliche Papierstöße aus seriös aussehenden Dokumenten, daneben ein edler silberner Stiftehalter, halb versteckt hinter einem schweren Brieföffner in Form eines Drachen. Durch die verglaste Front konnte man das frühmorgendliche Dublin betrachten, dass von hier so viel schöner aussah, als es tatsächlich war. Die Scheinwerfer der Autos wanden sich durch dir Straßen, wie glitzernde Schlangen und im dunklen Wasser der Liffey spiegelten sich die Lichter der Pubs von Temple Bar, in denen trotz, oder eher wegen der frühen Stunde immer noch einige Dubliner saßen, um ihren Probleme und Sorgen bei einigen Gläsern Whiskey zu vergessen.
Vor den hellen Lichtern zeichneten sich die Umrisse eines Mannes ab, der am Fenster stand und die Stadt überblickte. Trotz der eher spärlichen Beleuchtung konnte man erkennen, dass sich auf seinen kantigen Gesichtszügen Sorgen abzeichneten. Der Blick seiner eisblauen Augen schweifte in die ferne, als er anfing zu sprechen.
„Die Leute fangen an, an ihnen zu zweifeln", sagte Mr. Bliss ruhig. Er drehte sich zu dem zweiten Mann im Raum um. Dieser wischte sich eine Strähne des grauen Haars aus der Stirn und blickte ihn aus müden Augen an.
„Wieso?", fragte Thurid Guild.
„Sie denken, dass Sie die Macht für sich haben wollen."
„Aber ich habe Sie doch schon als zweiten Ältesten einberufen."
„Das reicht nicht. Ich bin oft im Ausland und nicht hier. Sie müssen den dritten Ältesten ernennen, wenn Sie eine Revolution verhindern wollen."
Der Großmagier seufzte.
„Wen?", fragte er erschöpft, „So wie ich Sie kenne , sind Sie nicht hergekommen, ohne sich zumindest einen Kandidaten zu überlegen."
Bliss drehte sich zu ihm um. „Auch wenn es ihnen nicht gefallen wird: Skulduggery Pleasant."
Guild riss die Augen auf. „Auf keinen Fall!"
„Die Leute vertrauen ihm. Sie fühlen sich sicher, wenn er die Entscheidungen in der Hand hält."
„Nein."
„Dadurch würden Sie den Konflikt zwischen ihnen beiden ein für alle mal aus dem Weg räumen."
„Nein."
„Wenn Sie ihn als Ältesten einberufen, wird er sich nicht mehr an den Sanktuariumsfällen ermitteln können."
Guild zögerte kurz. Damit hätte er den verhassten Detektiv aus den Sanktuariumsermittlungen heraus, doch... „Nein. Das Risiko, dass er in unpassenden Momenten... falsche Informationen ans Tageslicht bringt ist mir zu groß. So oder so, würde er sich nie darauf einlassen."
„Wen schlagen Sie also vor?"
„Michael Eclipse."
Bliss zuckte mit den Schultern. „Solange Sie ihn schnell ernennen, ist mir das relativ egal." Mit diesen Worten verließ er den Raum und ließ Guild allein zurück. Der neue Tag brach langsam und die ersten Sonnenstrahlen erkämpften sich ihren Weg durch die Dunkelheit. Guild seufzte erneut.
