Basierend auf den Figuren aus dem Buch bzw. der Granada!Holmes Serie aus den 80ern.

Es ist meine erste deutsche SH/JW Slash-Geschichte, die allerdings auf einem Konflikt der Beiden aufgebaut ist,

der schon eine Weile zwischen den Beiden steht.

Ich muss gestehen, eine der größten Schwierigkeiten war für mich wann wer wenn beim Vornamen nennt und wann geduzt wird. Die Engländer und Amis wissen manchmal gar nicht wie leicht sie es haben ;).

Über Reviews, Anmerkungen und Kritik würde ich mich freuen.

Wie stets, gehört mir hier nichts, Sherlock Holmes und Doktor Watson gehören Sir Arthur Conan Doyle.

Viel Spaß!


Watson

Mir fehlen die Zeiten als wir noch ungezwungen miteinander umgingen. Unser abendliches Ritual vor dem warmen Feuer zu sitzen, die Zeitungen zu studieren, Pfeife und Zigarette zu rauchen und über Klienten, Fälle oder einfach das Weltgeschehen zu reden. Das fehlt mir, sehr.

Nicht das wir dieses Ritual nicht mehr pflegen würden, stets endet unser Abend vor dem Kamin, meist bis ich mich entschließe mich in mein Zimmer im Obergeschoss zurückzuziehen. Aber es hat sich in den letzten Monaten etwas verändert. Es ist nicht mehr dasselbe Ritual aus Leichtigkeit und ungezwungenem Meinungsaustausch. An manchen Abenden sprechen wir kaum ein Wort miteinander, nur Schweigen hängt im Raum wie eine dicke Wolke. Holmes verschwindet dann meistens hinter einem Nebel aus Tabakrauch und Gedankenspielen und ich vergrabe mich hinter der Abendzeitung die mich eigentlich in keiner Weise mehr stimuliert. Früher war mir das wichtig, die Neuigkeiten aus London und der Welt, jetzt ist das Lesen der Zeilen nur noch ein Alibi, um Zeit zu schinden und um Holmes über den Rand des Papiers von Zeit zu Zeit einen verstohlenen Blick zuzuwerfen. Verstohlen ist wahrscheinlich zu viel gesagt, er wird es merken, aus dem Augenwinkel heraus, aber er lässt sich nichts anmerken. Kein Wort, keine Regung, auf die ich so sehr hoffe. Wenn es dann zu unerträglich wird falte ich die Zeitung müde und erschöpft vom Warten auf eine Reaktion zusammen und lege sie neben dem Kamin, damit Mrs. Hudson am nächsten Morgen einen Anzünder für ein frisches Feuer hat.

„Gute Nacht, Holmes," zögernd stehe ich neben Sofa und warte wieder. Es gibt Abende da schleiche ich mich förmlich aus unseren Wohnbereich, doch meist wirft er mir einen kurzen Blick zu, nickt. An guten Tagen, erwidert er meinen Abschied mit denselben Worten.

Der Abend ist der schlimmste Teil des Tages, dann wenn kein Fall und kein Klient mehr die Gedankenmaschienere von Holmes und auch von mir auf Trab halten. Tagsüber ist unser Verhältnis besser, stets begleite ich Ihn zu seinen Fällen und stets wünscht Holmes meine Anwesenheit ohne Ausnahme. Und doch gibt es Momente in denen ich auch dieses Verhältnis bedroht fühle. Momente in denen wir beide zur selben Zeit nach unseren Mänteln an der Garderobe greifen und beide in Verlegenheit zurückweichen bevor sich Holmes als erster fängt, die Situation überspielt und mir mit einem Lächeln auf die Schulter klopft und ruft „Kommen Sie, Watson, das Spiel hat begonnen!".

Er hat so etwas und andere Reden schon früher gehalten, aber seit einiger Zeit ist sein Lächeln belegt und ich habe es eines Tages als halb wahr entlarvt.

Ach, wie dumm war ich damals nur, vor sieben Monaten! Ich hatte nie erwartet, dass es so enden würde, in all dieser Verzweiflung.

Wie jeden Dienstag hatte ich meinen Club besucht um mich bei Cognac und Zigarren von einer spannenden Woche mit Holmes und dem Fall „der zwei Schlangenfrauen" zu erholen. Ein Ritual das ich mir jedes Mal gönne, es fällt mir dann leichter meine Gedanken zu sortieren wenn ich am nächsten Tag beginne die Geschichte für den „Strand" niederzuschreiben.

An diesem Abend jedoch begab es sich, dass Randal Scott an mich herantrat, ein Geschäftsmann, den ich über den Club kennen gelernt habe. Ein wirklicher Gentleman und kein Mann der lauten Tönen, eher diskret und ausgestattet mit einer guten Menschenkenntnis. So erkannte er auch bald was sich hinter meiner Fassade verbarg.

Zwar lebte ich offiziell als Junggeselle in 221b, trotzdem bin ich natürlich kein Mönch. Von Zeit zu Zeit ereilt mich wie den Meisten von uns das Bedürfnis nach körperlicher Nähe. Es sei zu erwähnen das ich mich nicht nur zu Frauen hingezogen fühle, sondern auch eine Schwäche für den männlichen Körper habe. Als junger Mann erkannte ich in den ersten Monaten meiner Armeezeit schnell, dass der männliche Körper eine genauso starke Anziehung auf mich ausübt wie der Körper einer schönen Frau. Natürlich ist diese Neigung nicht ganz ungefährlich und verlangt ein Übermaß an Diskretion und weit mehr Contenance als der weit mehr akzeptierte Kontakt zum anderen Geschlecht.

In London gibt es viele Orte um genau das zu finden was man möchte. Meist suche ich in einem bestimmten Café nach einer Dame - ein oder zweimal im Jahr auch nach einem Mann -, die ebenfalls ein Abenteuer für die Nacht sucht. Meist sucht man zusammen eine Art Hotel auf – anzüglich kann man es auch Stundenhotel nennen, es wird dem allerdings nicht gerecht und die Zimmer sind sehr angenehm und sauber und unauffälliger als die Übernachtung in einem normalen Hotel, was unweigerlich zu Gerede führen würde. In die Baker Street lade ich nie Frauen ein, die Angewohnheit von Holmes zu jeder Tag und Nachtzeit in meine Schlafzimmer zu stürmen um einen neuen Fall anzukündigen würde unweigerlich zu peinlichen Momenten führen. Obwohl ich davon ausgehe, dass er von meinen abendlichen Unternehmungen weiß, hat er sie nie erwähnt.

Um nun zurück zu Randal Scott zu kommen, welcher bald erkannte, dass ich meine Sexualität nicht völlig unter den Tisch kehre, drückte mir an diesem Abend ein kleines rotes Lederbüchlein in die Hand.

„Doktor Watson, ich glaube dieses Buch wird in Ihnen einen Liebhaber finden. Ein Freund eines Freundes hat es herausgebracht und es gibt nur eine limitierte Anzahl und daher ist es nur für ganz bestimmte Personen gedacht. Ich denke es trifft ihren Geschmack."

Oh, und wie es meinen Geschmack traf. Die Seiten enthielten gesammelte erotische Erzählungen, äußerst angenehm zu lesen und wahrlich kein Schund, das Ganze wurde abgerundet von mehreren Fotografien. Ein wenig Frivol wie ich fand aber doch für das Auge schön anzusehen. Liebende Paare. Ich würde fast behaupten es gab mehr homoerotische Abbildungen als unbekleidete Frauen. Natürlich errötete ich auf den Punkt und Mister Scott wusste, dass ich der Richtige dafür war.

Ich eilte nach Hause, schließlich war ich neugierig das Buch zu erkunden, was unweigerlich dazu führen würde meinen eigenen Körper zu erkunden. Der Gedanke allein stimulierte mich ungemein. Leider hatte ich in nicht mit Holmes guter Laune gerechnet.

„Watson! Das müssen Sie sich ansehen," er hatte den ganzen Abend an seinen chemischen Experimenten gearbeitet, dass konnte ich an der Verwüstung des Seitentisches erkennen.

„Bitte?"

„Ich habe es tatsächlich geschafft auf der Probe des gewaschenen Lacken Blut nachzuweisen," überschwänglich wedelte er mit einem Stück Stoff, welches grün angelaufen war, vor mir herum. Gedanklich war ich natürlich überhaupt nicht bei der Sache.

„Wirklich? Das ist ja fantastisch," erklärte ich Holmes, während er den grauen Kittel gegen sein Jackett austauschte.

„Das müssen wir feiern."

„Feiern? Jetzt?" meine Stimme war mir wohl etwas entglitten den ich erntete sofort einen skeptischen Blick von meinem Freund.

„Natürlich. Das ist ein wissenschaftlicher Durchbruch."

Das war der Moment als ich den Fehler beging, der unweigerlich zur Katastrophe führen musste. In meiner innerlichen Auf und Erregung hob ich die Hände in denen ich das rote Büchlein trug. „Ich bin wirklich sehr müde, Holmes. Eigentlich wollte ich mich zurückziehen."

„Zurückziehen?" das Rot des Buches zog Holmes Blicke sofort an. Mit einem zweiten erkennenden Blick wusste er, dass ich alles andere als Müde war, und meine Absicht eine andere war. Für Ihn unbekannt aber das Vorschieben der Müdigkeit eine Lüge war. „Watson, Sie sind ein schlechter Lügner," mit einem schnellen Griff hatte er das Buch aus meinen Finger geschnappt, „mir scheint Sie wollten sich heute lieber der Lektüre widmen."

Sofort hätte ich Holmes in ernstem Ton bitten sollen mir mein Buch wieder auszuhändigen, aber ich hatte mit seiner kindischen Ader zum einen nicht gerechnet und zum anderen war es natürlich nicht irgendein Buch. Das Wissen um den delikaten Inhalt raubte mir vernünftige Worte. „Bitte.. Holmes."

Sogleich nahm er den Einband des Buches und sein Äußeres unter die Lupe. „Kein sehr dezentes Buch. Rot.. sehr anziehend," warf er mir ein verschmitztes Lächeln zu. „Neu. Frisch gedruckt. Oh-ho!"

Zögernd trat ich einen Schritt auf Ihn zu und nur halbherzig war mein Griff nach dem Buch. Geschwind presste es Holmes an seine Brust und trat in Richtung Fenster zurück. „Oh Watson, hat der „Strand" etwa Ihre Geschichten neu aufgelegt?"

Schnellen Schrittes folgte ich, in Bedrohung dass er das Buch nun öffnen würde, griff ich energischer danach, doch geschickte wehrte er mich ab und drehte mir den Rücken zu.

„Holmes, ich bitte Sie," ich hörte bereits das rascheln der Blätter.

„Watson, haben Sie sich nicht-," die Spannung des Moments war greifbar, „-so."

Seine grauen Augen flackerten über die Seiten, vor allem wohl die Bilder, während er sich langsam zu mir herumdrehte. Nun war ich wütend. Mehr auf mich als auf Ihn.

Als seine Augen meine trafen griff ich nach seiner Hand um einen letzten Versuch zu unternehmen das Buch wieder an mich zu nehmen. Holmes war schon immer ein Meister der Körperspannung und Reaktion, so erwischte ich stattdessen nur sein Handgelenk welches ich an mich zog, mit diesem auch seinen ganzen Körper. Ich wusste welche Bilder er gesehen hatte, welche Gedanken in seinem Geist nun losgetreten waren, dass konnte ich in seinen Augen sehen. Dazu eine seltsame Art Furcht.

Da standen wir nun, eng an eng, durch eine kleine Rangelei zusammengebracht, noch immer hielt ich sein Handgelenk, spürte die Wärme seines Körpers an meinem, roch seinen typischen Geruch aus abendländischem Tabak und seinem körpereigenem Geruch den ich immer als zart holzig empfand. Rau und etwas moschusartig. Ob es am Ende der Cognac aus dem Club im meinem Blut war, Holmes Geruch oder eine Mischung aus beiden was mich dazu veranlasste sein Handgelenk noch näher an mich zu ziehen kann ich nicht sagen. Ich weiß nur, dass ich nichts anders reagieren konnte, als das meine Lippen plötzlich seinen Handrücken berührten. Küssten.

Sherlock Holmes ist kein Mann der leicht zu überraschen ist, aber seine aufgerissenen Augen und das schwache Zittern das bei dem Kuss durch seinen ganzen Körper vibrierte verriet mir, dass er damit nicht gerechnet hatte.

„John," bei der Nennung meines Vornamens blähten sich seine Nasenflügel und für einen Bruchteil einer Sekunde glaubte ich zu spüren wie sein Körper gegen den Meinen drückte. Nicht weil ich Ihn zog, nein, weil er sich mir entgegen lehnte.

Ich hatte es all die Jahre abgestritten, verleugnet, aber Holmes war nicht nur ein Freund für mich. Ich hatte Ihn erst sehr attraktiv gefunden und am Ende hatte ich Ihn begehrt. Ich hatte mich wohl verliebt in all den Jahren die wir die gemeinsamen Räume der Baker Street teilten. Da ich wusste, dass Holmes keinerlei Interesse an körperlicher Nähe hatte, unterdrückte ich mein Gefühl und lebte es auf rein platonischer Ebene aus. Dies genügte mir, das hatte ich zumindest gedacht. Ein Irrtum.

Ich wusste nicht was in dieser Situation das Richtige gewesen wäre, was man hätte machen können, nicht im Traum hatte ich damit gerechnet. Aus einem Impuls heraus hob ich meine andere Hand und legte sie etwas umständlich auf seine Schulter, gerade so, dass mein Zeigefinger seinen Wangenknochen zärtlich berühren konnte.

„Sherlock."

„Watson!" mit einem Ruck löste sich Holmes aus meinem Griff, lies das Buch zu Boden fallen und lief an mir vorüber zum Feuer. Für einige Sekunden verharrte ich am Fenster, irritiert durch die Situation und bereits bewusst, dass etwas geschehen war, was unsere Freundschaft auf eine harte Probe stellen würde. Holmes verharrte ebenfalls in Bewegungslosigkeit, erst als ich das Buch vom Boden nahm blickt er sich kurz um. Aus Furcht vermied ich jeden Blickkontakt.

„Es ist wohl besser, wir vergessen das alles," damit griff Holmes nach seinen Zigaretten. Die Konversation war damit beendet. Ich nickte nur und verließ schweigend den Raum.

Seitdem haben wir nicht mehr über den Vorfall gesprochen, doch der Versuch ihn totzuschweigen war gescheitert. Das Ereignis lastet über uns wie ein graues nicht ausbrechend wollendes Gewitter. Holmes wirkt seit dem reserviert, ich vermute er kann mit meiner Neigung für Männer nichts anfangen, ich hingegen fühle mich mittlerweile wie ein Haufen Elend. Verzweiflung und Trauer hatten sich in meinen Alltag geschlichen, hatten die Hoffnung auf ein Wort von Holmes vertrieben. Selbst hatte ich ein paar Mal versucht Holmes auf den Abend anzusprechen aber er hatte es jedes Mal vorhergesehen und die Konversation auf ein anderes Thema gelenkt oder sie komplett abgebrochen.

Ich fürchte, dass wir dem Ende entgegen gehen.