So, das ist einmal wieder eine neue Geschichte – ich hoffe, Ihr habt Euren Spaß und reviewt mir fleißig!?

Lieber Gruß

Demetra

Zur Story: AU- ich gehe davon aus, dass Haldir weder bei Helm Klamm gestorben ist noch in die unsterblichen Lande gegangen ist.

********************************************************

Herrin der Nacht

Prolog

Krachend flog der Mann auf den Tisch. Das morsche Möbel, gezeichnet von den ungezählten Zechern, die ihre Spuren auf ihm hinterlassen hatten, zerbarst mit einem Krach und zog den Betrunkenen mit sich zu Boden. Der Mensch stöhnte noch einmal kurz, dann verlor er das Bewusstsein. Sein Gegner, ein bärtiger Hüne mit einer Augenklappe, grinste breit und massierte seine Knöchel. Dann kehrte er zu seinen Kumpanen an seinen Platz zurück und wenig später setzten die Gespräche in der Kneipe wieder ein, so als sei nichts geschehen.

In einer Ecke, ein wenig abseits von dem Tumult, den betrunkenen Gästen und den Schankmädchen, die ihre Reize nur zu willig zu Schau stellten, saß ein einsamer Gast, die schlanken Finger um einen Kelch mit Wein geschlossen. Obwohl er seine Kapuze so weit in die Stirn gezogen hatte konnte er den gesamten Raum überblicken. Gelächter und der süßliche Duft von billigem Parfum und starkem Tabak wehten zu ihm hinüber, und obwohl ihn dieser Ort anekelte, verharrte er.

Der Wirt sah ab hin und wieder zu ihm hinüber, doch da der Fremde in der Ecke sich nicht rührte, wandte sich der Mensch mit der speckigen Schürze sehr schnell wieder dem Geschehen zu und beobachtete mit einem Kopfschütteln, wie der noch immer besinnungslose Verlierer der Prügelei von einigen Leuten zur Tür hinaus geschleift und dort in den Dreck geworfen wurde. Seit Tagen regnete es über Minas Tirith und das Geschäft lief eh schlecht, da konnte er Krawall nicht gebrauchen.

Einige Zeit später öffnete sich die Tür und in einem Schwall frischer, feuchter Luft trat ein weiterer Gast ein, ein hochgewachsener Mann in einem Kapuzenmantel, der sein Gesicht verbarg. Er verharrte auf der Schwelle und ließ den Blick über die Versammelten schweifen. Als er den Mann in der Ecke sah, zuckt ein Lächeln um seine Mundwinkel.

Die Dirnen, die sich ihm aufdrängten, scheuchte er mit einer unwilligen Handbewegung beiseite und ließ sich wenig später dem einsamen Gast gegenüber auf die Bank fallen. Er kippte seine Kapuze ein Stück nach hinten und offenbarte ein bärtiges Gesicht mit strahlend blauen Augen.

            „Mae gowannen", sagte er leise auf Elbisch und fiel dann in seine Sprache zurück. „Kein schöner Abend."

Sein Gegenüber hob den Kopf und ein Hauch von Amüsement huschte über seine feinen Züge.

            „Du neigst zu Untertreibungen, Aragorn. Nichts gegen Deine Stadt, aber ich ziehe Bäume als Wohnsitz vor."

Der König von Gondor, der mit seinem heruntergekommenen Äußeren eher in die Strassen der Stadt zu passen schien als auf den Thron, lächelte entschuldigend.

            „Ich weiß, Haldir, und ich hoffe Du verzeihst mir, dass ich Dich rufen ließ und vor allem die etwas seltsamen Umstände."

Der lorische Elb hob die breiten Schultern.

            „Ich kam nicht umhin, neugierig zu sein. Was kann ich für Dich tun?"

Aragorn warf einen lauernden Blick auf seine Umgebung, bevor er zu sprechen begann, doch niemand schenkte ihnen übermäßige Aufmerksamkeit, da sich ein Tavernenspinner in der Nähe der Theke niedergelassen hatte und ein zotiges Lied anstimmte.

            „Es ist nicht einfach, ein Reich vom Grund auf neu zu erneuern. Es fordert einen großen Aufwand an Zeit, Geld und Leuten, die bereit sind, mir dabei zu helfen. Zurzeit beschäftigte ich mich sehr intensiv mit den Strukturen des Verbrechens in der Stadt. Es gibt mehrere gut organisierte Diebesgilden, die ich überwachen lasse, doch von außen ist es äußerst schwierig. Ich brauche einen verlässlichen Mann, der auf sich selbst aufpassen kann und der bereit wäre, sich in eine der Gilden einzuschleusen."

            „Und wie kommst Du dabei auf mich?" Haldir trank einen Schluck von dem kaum angetasteten Wein und verzog das Gesicht.

Aragorn suchte kurz nach den richtigen Worten.

            „Ich dachte mir, dass Dir die Veränderungen in Lorien ein wenig Zeit einräumen würden."

            „Das ist richtig. Herr Celeborn bereitet im Moment alles für seinen Aufbruch vor, doch es wird sicher einige Monate dauern, bis er loszieht." Der schöne Elb furchte kurz die Stirn und man sah ihm an, dass ihm die von Aragorn erwähnten Vorgänge nicht gefielen. Dann jedoch wich die Sorge aus seinem Gesicht und wurde von einem Interesse ersetzt, das er nicht verleugnen konnte. „Ich werde Dir helfen – nur um mich schon einmal an die Veränderungen zu gewöhnen."

            „Ich danke Dir." Aragorn schob Haldir ein in Leder eingeschlagenes Päckchen über den Tisch entgegen. „Hier findest Du Deine Informationen." Er machte eine kleine Pause. „Und denk bitte daran – Du kannst jederzeit aufhören, wenn es dir zu gefährlich wird."

Haldir lächelte und Aragorn fragte sich, was im Kopf seines Freundes vorging. Doch dieser schwieg und das tat er, bis Aragorn wieder in die Nacht hinaus verschwand.