Prolog

Die Prophezeiung

„Noch mal! Erzähl's noch mal Dynivain!" bettelte Zion.

„Lass Dynivain in Ruhe, Zion!" wies ihn seine Mutter streng zurecht. „Er wird müde von der Reise sein."

„Ach lass ihn nur." Wiegelte Dynivain freundlich ab und setzte sich schwerfällig neben das Feuer.

Die Wärme tat ihm gut, all seine Glieder schmerzten ihn. Er war lange fort gewesen aus Jidara, seinem Heimatdorf und froh wieder hier zu sein. Der kleine Zion war enorm gewachsen. Als er fort ging, lernte er gerade laufen und jetzt war er schon ein richtig großer Junge. Zion kauerte sich neben seine Füße und schaute ihn treuherzig mit großen Augen an. Liebevoll strich er ihm durch sein kurzes strohblondes Haar und zerzauste es ihm dabei.

„Soll ich dir die Legende noch einmal erzählen?" fragte er ihn mit einem Schmunzeln auf dem faltigem Gesicht.

Dynivain war alt, sehr alt. Er war der Älteste im Dorf und so war es an ihm die Geschichten zu erzählen. Auf all seinen Reisen sammelte er sie. Schnappte überall wo er hinkam Geschichten und Märchen auf und nahm sie mit nach Hause. Aber die Kinder aus Jidara wollten alle nur eine Geschichte hören. Die Prophezeiung vom Niedergang des bösen Herrschers Balogh.

„Nun gut dann höre gut zu. Von Anbeginn der Zeit gab es sie, die Legende. Einst würde ein grausamer Herrscher kommen und das Volk knechten. Mit eiserner Hand regierte er über alle Völker, es gab kein Entrinnen vor seiner Grausamkeit. Wer sich ihm widersetzte fand den Tod. So würde er viele, viele Jahre herrschen, bis zwei magische Geschöpfe seiner Macht ein Ende setzten.

Die Legende spricht von einem weißen und einem schwarzen Magier. Niemand wird wissen woher sie kamen, in einer Geschichte heißt es der Wind nahm sie von einem fernen Land jenseits des großen Meeres mit auf seinen langen Reisen und brachte sie zu uns und als sich ihr Schicksal erfüllt hatte, nahm er sie wieder mit sich fort. In einer anderen heißt es die Erde selbst hat sie ausgespuckt und nach vollbrachter Tat wieder verschlungen.

Denn ihr Reich lag tief unter der Erde. Balogh selbst spuckte auf diese Erzählungen und tat sie als Altweibergewäsch ab, doch das Volk glaubte fest daran und sagte sich immer, wenn es unter seiner Willkür zu leiden hatte, eines Tages bezahlt er den Preis für seine Untaten!"

Zion der die Geschichte in- und auswendig kannte hing trotzdem bei jedem Wort, das der alte Dynivain erzählte, gebannt an dessen Lippen. Es war seine Lieblingsgeschichte. Auch seine Mutter lauschte den Worten Dynivains. Wie alle in ihrem Ort hoffte auch sie insgeheim, dass vielleicht doch ein Körnchen Wahrheit in dieser Prophezeiung steckte. Seufzend wandte sie sich wieder dem Feuer zu und schaute darauf, dass die Flamme nicht ausging.

Nein es war zu unwahrscheinlich. Balogh hat alle Magie aus dem Land entfernen lassen, auch er kannte diese alte Geschichte, denn schon vom Anbeginn der Zeit stand sie fest. Es gab keinen Funken Magie mehr im ganzen Land, dafür hatte er gesorgt. Es war doch nur eine dumme Geschichte um den Kindern Mut zu machen, sonst nichts. Balogh wird ewig herrschen, denn er besaß alle Magie.

1 Irgendwo im Nirgendwo

Morgen Severus!" flötete Minerva McGonagall fröhlich und ließ sich auf ihren Stuhl fallen.

Mit einem undefinierbaren Brummen antwortete Severus und widmete sich ganz seinem Kaffee und seiner Portion Speck mit Eiern. Es waren Sommerferien und er würde sich bestimmt den Tag nicht mit unnützem Geplapper verderben lassen.

„Möchten sie gar nicht wissen wer uns heute besuchen kommt?" fragte sie ihn augenzwinkernd.

„Nein!" kam es knapp von ihm.

Erstick an deinem Tee und lass mich in Ruhe! Schoss es ihm durch den Kopf. Er steckte sich eine Gabel voll Eiern in den Mund und kaute genüsslich daran, als sich McGonagall verschwörerisch zu ihm beugte.

„Miss Granger wird heute unser Gast sein."

Prompt verschluckte er sich und hustend rang er nach Atem. Nein! Nicht sie! Schrie alles in ihm. Er hatte sie sieben verdammt lange Jahre als Schülerin ertragen müssen und fast genauso lange war sie jetzt schon aus der Schule. Er verspürte absolut kein Verlangen nach diesem verzogenen Balg. Im Gegenteil als Schülerin ging sie ihm tierisch auf die Nerven und der Tag an dem sie endgültig die Schule verließ gehört zu einem der Glücklichsten seines Lebens.

„Geht's ihnen nicht gut, Severus?" besorgt beugte sie sich noch näher und schlug ihm heftig auf den Rücken. Abwehrend hob er die Hände.

„Schon gut! Hören sie auf!" fauchte er und seine Augen begannen bedrohlich zu glitzern. Eingeschnappt presste Minerva die Lippen aufeinander.

„Seien sie nicht so, ich wollte nur verhindern, dass sie ersticken!" rief sie beleidigt aus.

„In dem sie mir das Rückgrat brechen?" Severus erhob sich, er hatte genug von dem Frühstück. Bevor er seinen Platz verlassen konnte, sprach ihn Minerva noch einmal an.

„Sie werden doch hier sein, wenn unser Gast kommt?" fragte sie ihn vorsichtig und sah ihn lauernd an.

„Sie rechnen doch nicht ernsthaft mit meiner Anwesenheit? Ich denke nicht daran meine kostbare Zeit für Miss Granger zu opfern!" meinte er fest.

„Aber…" setzte Minerva an, wurde aber grob von Severus unterbrochen.

„Vergessen sie es!" Mit wehendem Umhang rauschte er aus dem Saal. Missmutig starrte Minerva hinter ihm her und seufzte. Er würde sich niemals ändern.

Manchmal wünschte sich Hermione ein anderes, vielleicht besseres Leben. Sie fand ihr Leben langweilig und wünschte es wäre anders. All das was ihr ihre Freunde neckisch und so manch einer weniger wohlgesinnter bösartig vorwarfen und sie kriegerisch das Kinn nach vorne schieben lies, dass sie ein Bücherwurm und Streber war. Das sie nichts anderes als Lernen interessierte und sie deshalb trocken und verstaubt war.

Es tat weh und doch sie alle hatten Recht. Sie mochte sich selber nicht, aber sie schaffte es nicht irgendetwas in ihrem Leben zu verändern. Sie wusste nicht wie sie etwas anders machen sollte und vor allem wurde sie das Gefühl nicht los, das etwas in ihrem Leben fehlte. Nur was? Vor 7 Jahren hatten sie Voldemort gestürzt.

Sie hatte ein Jahr verspätete ihren Abschluss in Hogwarts nachgeholt und hatte danach ihr Studium in Zaubertränke und Heilkunst in Irland natürlich mit Auszeichnung abgeschlossen. Jetzt war sie auf der Suche nach einem Job. Ihre alte Professorin McGonagall hatte sie eingeladen einen Tag in Hogwarts zu verbringen. Mit Freuden nahm sie an. Sie liebte das Schloss und sie war glücklich hier mit ihren Freunden gewesen.

Nun wanderte sie ganz alleine durch die alten Mauern. Sie hatte mit Minerva eine Tasse Tee getrunken und sich dabei an die alten Zeiten erinnert. Was wirklich alles schon so lange her? Minerva war gerade dabei gewesen mit ihr einen Rundgang durch das Schloss zu unternehmen, als sie plötzlich von Hagrid weggerufen wurde.

„Sie kommen doch alleine zurecht?" fragte sie mehr beiläufig Hermione und eilte schon von dannen.

Hermione schmunzelte leicht, so gewissenhaft war Minerva schon immer gewesen. Sie besuchte den Gryffindorturm und plauderte mit der fetten Lady ein paar Worte. Schaute bei Madam Pomfrey im Krankenflügel vorbei und natürlich in der Bibliothek, ihrem liebsten Ort im ganzen Schloss. Ziellos lief sie dann weiter. Sah in diverse Klassenräume hinein. Gut dass Sommerferien sind. Dachte sie sich, so war sie zur Gänze ungestört und konnte sich nostalgischen Gedanken hingeben. Irgendwann erreichte sie die Stufen hinab in den Kerker.

Unschlüssig stand sie da. Das war Snapes Reich. Sie hatte keine Lust ihm zu begegnen. Das was sie die ganze Schulzeit von ihm gesehen hatte, reichte ihr für ihr restliches Leben. Mit Schaudern dachte sie an seinen Unterricht zurück. Man hätte meinen können, der Sturz von Lord Voldemort würde auch ihn verändern, weit gefehlt. Er zog seinen Unterricht mit gewohnter Härte und Ungerechtigkeit durch. Alle waren euphorisch nach dem Ende des Krieges gewesen, natürlich gab es viele Opfer zu beklagen, aber sie hatten gewonnen und waren glücklich noch am Leben zu sein. Nur an einem ging all das spurlos vorüber – Professor Snape. Nachdem er sich von seinen schweren Verletzungen die ihm Nagini zugefügt hatte, erholt hatte, war er wie immer. Leider!

Hermione straffte die Schultern. Wie wahrscheinlich war es das er überhaupt im Schloss war? Er hatte auch Ferien. So ein Mensch wie er würde doch sicher auch so was wie Urlaub machen, oder? Nein, er war sicher nicht hier. Redete sie sich selber gut zu und stieg nach unten. Tatsächlich war es ganz still, wie ausgestorben. Erleichtert atmete sie aus. Insgeheim war sie froh dass er nicht da war. Sie schlich leise den Gang entlang, es war so ruhig hier unten, dass sie das klackern ihre Absätze selbst als störend empfand und strich mit den Fingern die alte Steinmauer entlang.

Wie es wohl war ganz alleine hier unten zu leben? Abgeschottet von allem und jedem? Er war ein komischer Kauz. So in Gedanken hätte sie beinahe die Tür unmittelbar vor sich übersehen. Hermione stutzte sie kannte diese Tür gar nicht. Sie konnte sich nicht erinnern, dass hier eine Tür war. Merkwürdig. Neugierig ging sie darauf zu und probierte ob sie sich öffnen ließ und tatsächlich, sie hatte Glück, es war nicht abgeschlossen. Zaghaft öffnete sie die Tür und lugte um die Ecke. Enttäuscht wollte sie sich gleich wieder zurückziehen.

Ein Abstellraum, voll gestopft mit allem möglichen altem Kram. Ein Glitzern vom Ende des Raumes lies sie innehalten. Hermione stieß die Tür ganz auf und trat ein. Am Ende des Raumes, leicht versteckt in einer Ecke, stand ein großer Spiegel, ähnlich dem Spiegel Nerhegeb. Ob er einem auch etwas zeigte wenn man hineinblickte? Durchfuhr es sie schlagartig neugierig.

Sie riss das schützende Tuch, das den Spiegel zum Teil bedeckte, herunter und sah gespannt hinein, doch nichts passierte, sie sah nur sich. Es war ein ganz gewöhnlicher Spiegel, aber mit einem außergewöhnlichen Rahmen. Fasziniert strich sie mit den Fingern über die feinen Schnitzereien. Am Rahmen tummelten sich Einhörner, Zentauren, Riesen, Basilisken, Drachen und andere magische Geschöpfe. Alle blickten ehrfürchtig zum Spiegel auf. Seltsam! Bevor sie weiter darüber nachdenken konnte wurde sie grob von einer Stimme, die sie nie vergessen hatte und selbst unter tausenden erkennen würde, unterbrochen.

„Unbefugten ist es untersagt hier einzutreten! Was machen sie hier?" bellte sie eine samtig dunkle und eindeutig wütende Stimme an.

Kurz schloss Hermione ihre Augen, mit ihm hatte sie nicht mehr gerechnet. Langsam drehte sie sich um.

„Guten Tag, Professor Snape!"

Severus stürmte in den Abstellraum, wie immer bauschte sich sein Umhang hinter ihm und ließ ihn beinahe wie eine riesige Fledermaus aussehen. Er hatte sich kein bisschen verändert, er war immer noch ganz in schwarz gekleidet, hatte immer noch seine Stirn in eine steile Falte gelegt und seine schwarzen Augen funkelten immer noch vor Zorn und Unmut. Er vermittelte einem immer den Eindruck die ganze Welt und im Besonderen man selbst habe sich gegen ihn verschworen und das einzige Ziel das man verfolgte diente lediglich ihm das Leben zur Hölle zu machen.

„Miss Granger? Was treibt sie hierher?" rief er überrascht und verärgert aus.

Er hatte sie erreicht. Bedrohlich ragte er über ihr und blickte sie mit einem unergründlichen Ausdruck an. Eigentlich war er auf dem Weg in den Speiseraum gewesen, um sich einen kleinen Lunch servieren zu lassen. Er hatte vor einen neuen Trank auszuprobieren und dieser nahm sehr viel Zeit in Anspruch, er würde später nicht mehr zum Essen kommen. Er liebte seine Ungestörtheit im Kerker und hatte mit niemanden gerechnet, als er sah dass diese Tür offen stand.

Wer wagte sich hier herab? Wahrscheinlich Filch auf der Suche nach seinem räudigen Vieh. Dachte er verächtlich. Doch als er hineinblickte sah er eine Frau, dunkel kam sie ihm bekannt vor. Egal wer sie war, sie hatte hier nichts zu suchen! Als sie sich umwandte erkannte er sie. Miss Granger! Sie sah aus wie vor 7 Jahren als sie die Schule verließ und doch ganz anders. Reifer, erwachsener, weiblicher. Schoss es ihm durch den Kopf. Innerlich schüttelte er sich über seine Gedanken. Weiblicher! Pah! Sie war und blieb eine impertinente Person und sie war unbefugt in sein Reich eingedrungen.

Unter seinem Blick fühlte sie sich klein und eingeschüchtert und doch. Dieser Mann war faszinierend, wie sie sich insgeheim eingestand. Ihn umgab eine Aura voller Geheimnisse und Düsterheit. Ein Teil von ihr wollte ihn schon immer ergründen. Was verbarg sich unter all dem schwarzen Stoff? Eine schwarze Seele oder ein Mann aus Fleisch und Blut?

Je älter sie wurde, umso stärker empfand sie seine Präsenz. Um so öfter blieben ihre Gedanken bei ihm hängen. Er war so anders als alle anderen Menschen die sie kannte. Egal ob man nett zu ihm war oder nicht, er behandelte alle gleich – schlecht! Er hielt alle Menschen auf Distanz. Mit Niemandem wollte er etwas zu tun haben. So zugeknöpft wie seine Kleidung, war auch er. Er schwieg und kostete ihre Unsicherheit bis zur Neige aus.

Sie im Ungewissen zu lassen, was jetzt kommen würde, war noch besser als gleich einfach loszubrüllen. Vielleicht war heute doch ein guter Tag gewesen um aufzustehen? Ein teuflisches Grinsen erschien auf seinen Lippen. Oh ja, er genoss es Hermione Granger so vor sich zappeln zu sehen. Abwartend verschränkte er seine Arme vor der Brust und zog eine Augenbraue in die Höhe.

„Nun Miss Granger ich warte, oder hat es ihnen die Sprache verschlagen?"

Hermione holte tief Luft. Das hatte es tatsächlich. Ihn so plötzlich zu sehen und sich gleichzeitig seiner Präsenz so überdeutlich bewusst zu werden, war zuviel für sie gewesen. Umso wütender wurde sie auf sich und ihn. Musste er sich auch immer so anschleichen und einen so anpflaumen? Konnte er sich nicht einmal, ein einziges Mal normal benehmen?

„Ähm, Minerva hat mich eingeladen und mir erlaubt mich im Schloss frei zu bewegen." Erwiderte sie tapfer.

Snape zog die Luft durch die Nasenflügel ein und beugte sich leicht nach vorne. So wirkte er noch bedrohlicher. Das machte er absichtlich. Er hatte das bis zur Perfektion trainiert. Ein wütendes Glitzern bildete sich in Hermiones Augen. Nicht mit mir, Freundchen. Unwillkürlich umklammerte sie den Rahmen fester mit der Hand, auch Snape hielt sich an diesem fest. Tief sahen sich die beiden in die Augen und dann geschah es.

Die Wut war vergessen, das Schloss, selbst der Raum. Nur mehr diese faszinierenden unergründlichen schwarzen Augen von ihm und die haselnussbraunen mit kleinen grünen Tupfen gesprenkelten von ihr zählten. Wie verzaubert sah Hermione Severus an, unmöglich sich von seinen Augen zu lösen.

Sie schluckte und befeuchtete nervös mit der Zunge ihre Lippen. Was automatisch Severus Augen genau auf diese Stelle lenkte und endgültig jeden rationalen Gedanken auslöschte. Das einzige woran er dachte war dieser Mund und wie es sich anfühlen würde ihn mit seinen Lippen zu berühren. Schon beugte er sich leicht nach vorne um genau das zu tun.

Ruckartig riss er sich aus der Starre und räusperte sich. Tief atmete er die frische Waldluft ein und versuchte so seine Gedanken zu klären. Waldluft? Was zum Teufel ging hier vor? Erschrocken sahen sich beide um. Sie waren nicht mehr länger in Hogwarts, in einem Abstellraum. Sie waren……..Ja wo?

„Was……?" rief Hermione erstaunt aus, brach aber den Satz ab. Rings um die beiden waren Bäume und davon jede Menge und einige größere Gesteinsbrocken.

Was zum Teufel hatte sie getrieben? Was war das für ein bescheuerter Zauber? Wie hatte sie ihn nur hierher gebracht und noch dazu ohne das er es merkte? Er sah sie wutentbrannt an und entdeckte an ihrem ratlosen Blick - sie hatte auch keine Ahnung wie sie hier im Nirgendwo gelandet waren, aber es war trotzdem ihre Schuld! Es war ihre Schuld, dass sie hier festsaßen und die Dämmerung bereits einsetzte. Schon bald würden sie im stockdunklen Wald herumtaumeln müssen!

„Wissen sie eigentlich was sie getan haben? Ich kann nur für sie hoffen, dass es sich hier um den verbotenen Wald handelt, ansonsten das schwöre ich ihnen bereuen sie es für den Rest ihres bedauerlichen Lebens!" drohte er ihr.

Er war stinksauer. Waldluft bekam ihm wohl nicht so. Bei diesem Gedanken musste Hermione grinsen, was ihm natürlich nicht entging.

„Was gibt es da zu grinsen? Sind sie stolz auf sich, dass sie uns in Gefahr gebracht haben? Ich kann ihnen versichern, durch den verbotenen Wald zu stolpern birgt durchaus tödliche Gefahren!" fauchte er sie an.

Gott! Für wie blöd hielt er sie eigentlich? Natürlich wusste sie um die Gefahren des verbotenen Waldes. Aber entgegen seiner Behauptung konnte sie wirklich nichts dafür, dass sie sich in dieser misslichen Lage, wie er es ausdrückte, befanden. Woher sollte Hermione denn wissen, dass der Spiegel magisch war? Sie hatte ihn berühren müssen, er war so unglaublich schön. Vielleicht wenn er die Finger davon gelassen hätte, schließlich hätte er wissen müssen um was für ein vermaledeites Ding es sich handelte, immerhin befand es sich in seinem Kerker, wäre nichts passiert. Im Grunde war es seine Schuld. Hermione holte tief Luft, sie fand sie hatte sich lange genug beschimpfen lassen.

„Wieso steht so ein gefährliches Ding ungeschützt im Schloss herum und warum haben sie mit keiner Silbe erwähnt, dass es besser wäre die Finger davon zu lassen?" schrie sie ihn an.

Laut genug um ihn zu übertönen. Betroffen schwieg er. Sie glaubte in seiner 20 jährigen Karriere als Lehrer hat ihn noch nie jemand so angeschrieen.

Dieses, dieses Mädchen, nein diese Frau wagte es doch tatsächlich ihn, einen Lehrer von Hogwarts anzuschreien! Momentan verschlug es ihm die Sprache. Ungläubig starrte er sie einige Sekunden an. Woher nahm sie nur den Mut, oder war es Überheblichkeit? Dachte sie sich, weil sie einst die klügste Schülerin die Hogwarts je hatte war und auch noch gut aussah, sie könnte sich alles erlauben? Nun es wurde Zeit sie eines besseren zu belehren.

„Miss Granger einmal abgesehen von ihren dummen und haltlosen Anschuldigungen, was hatten sie eigentlich in diesem wie ich betonen möchte verschlossenen Raum verloren? Sie sind keine Schülerin mehr und Besuchern ist es nicht gestattet alleine im Schloss umher zu wandern. Warum laufen sie wie eine hirnlose pubertierende Zwölfjährige durch die Gänge und dringen in verbotene Räume ein? Und wieso denken sie, sie könnten sich, obwohl sie einen schweren Fehler begangen haben, Frechheiten mir gegenüber herausnehmen? Nun ich darf ihnen versichern, dass dem sicher nicht so ist!" polterte er im besten Lehrerton los.

Er zückte seinen Zauberstab und richtete ihn unwillkürlich auf sie. Ach wie gerne würde er ihr einen unverzeihlichen Fluch an den Hals hexen und allen sagen wenn er zurück in Hogwarts war, dass er keine Ahnung hätte was mit Miss Granger passiert war, aber das durfte er als Lehrer natürlich nicht. Ein wehmütiger Seufzer entrang sich seinen Lippen.

Weit riss Hermione die Augen auf. Oh Gott jetzt passierte es. Er würde ihr einen unverzeihlichen Fluch an den Hals hexen und allen in Hogwarts eine verrückte Geschichte erzählen, von wegen er hätte sie nicht gesehen. Ängstlich griff sie sich an den Hals, keuchte auf und wich vor ihm einige Schritte zurück. Automatisch schloss sie ihre Augen und fügte sich in das Unausweichliche.

Doch es kam nicht. Vorsichtig schlug sie ein Auge auf und sah das leicht irritierte und verblüffte Gesicht von Snape vor sich. Er schüttelte den Kopf über sie und blickte auf seinen Zauberstab. „Lumos!" murmelte er. In der festen Erwartung nun Licht zu haben, wollte er schon losmarschieren, doch es tat sich nichts. Sein Zauberstab blieb dunkel. Das brachte Snape nun wirklich etwas aus der Fassung. Leicht entglitten ihm seine Gesichtszüge, was irrwitzig aussah, aber Hermione biss sich so fest auf ihre Lippe damit ihr auch nicht der geringste Ton entwischte, den er eventuell als Grinsen definieren konnte.

Konnte das Gör Gedankenlesen? Gerade sah es so aus als wüsste sie ganz genau was für eine Idee ihm durch den Kopf gegangen war. Severus schüttelte seinen Kopf und sprach:

„Lumos!" doch es tat sich nichts.

„Lumos!" rief er erneut und wieder tat sich nichts.

Für ihn war das Unfassbar. Er war mit Magie groß geworden, sie war ihm so eigen wie die Luft zum atmen. Noch nie war ihm ein Zauberspruch missglückt. Leicht entsetzt blickte er seinen Zauberstab an. Probierte es wieder und wieder, aber es geschah nichts. Gereizt forderte er von Miss Granger ihm ihren Zauberstab zu reichen, was diese natürlich sofort tat.

Er versuchte es mit ihrem Stab, aber auch dieser spendete kein Licht. Eine grausame Erkenntnis kroch seinen Rücken hoch und machte sich in seinem Hirn breit. Er hatte alle Magie durch den Spiegel eingebüsst. Vermutlich musste er den Rest seines Lebens wie Filch als Squib verbringen. Sofort verdrängte Severus diesen Gedanken wieder. Das wäre wahrscheinlich nur vorübergehend! Er war fest davon überzeugt.

Snape hatte seine Magie verloren! Stumm reichte er Hermione ihren Zauberstab zurück und wartete. Sie sollte ihrem Stab Licht entlocken. Zitternd hielt sie ihn vor sich. Was wenn sie genauso wie er ihre Magie eingebüßt hatte? Hermione atmete tief ein und schluckte, dann rief sie mit fester Stimme.

„Lumos!"

Im ersten Moment wagte sie es nicht ihren Zauberstab anzublicken, doch auch ohne hinzusehen war ihr sofort klar, dass sie ein ernsthaftes Problem hatten. Sie beide verfügten über keinerlei Magie mehr. Nun bekam sie wirklich Angst. Sie war alleine mit Snape in einem unbekannten Teil des hoffentlich verbotenen Waldes und wenn es irgendeine schreckliche Kreatur auf sie abgesehen hatte, würden sie beide den Tod finden.