Graftschaft Yorkshire, 1970
John Lupin war ein hochgewachsener Mann kurzem, braunen Haar und war gerade dabei seinen Laden zu schließen. Ein kleiner Gemischtwarenladen für magische Gegenstände. Hier auf dem Land gab es nicht viele Läden für Magier und die Winkelgasse in London konnten sich weit weniger Menschen leisten als es die Werbung ahnen ließ.
Aus der Dunkelheit nährten sich ihm zwei Gestalten. Sie waren groß und trugen Anzug und Krawatte über die sie ihre dicken Ledermäntel trugen. Sie waren kahl rasiert und ihre Gesichter von den Narben zahlreicher Kämpfe übersät.
Nicht die schon wieder!, dachte John. Er baute sich vor seiner Ladentür auf umfasste den Zauberstab in der Tasche seinen Tweet-Jacketts.
„Hallo John.", sagte der eine mit einem süffisanten Grisen.
„Ich habe nichts zu sagen.", entgegnete John Lupin.
„Das ist aber schade.", sagte der Mann und zückte ein Messer. „Mr Grayback mag es nicht, wenn er nicht bekommt, was er will."
„Wollt ihr mich abstechen?", sagte John herausfordernd. „Ich werde niemals mit Grayback und seiner Bande zusammenarbeiten."
Der Mann mit dem Messer hielt ihm die Waffe ins Gesicht und fuhr mit der Klinge über seine Wange.
„Du willst doch nicht, dass noch jemanden etwas zustößt, oder? Vielleicht deiner Frau oder deinem Sohn?"
„Lasst sie da raus.", antwortete John ungerührt.
Er hatte keine Angst vor Grayback und seinen Schlägern, die seit Monaten die Gegend terrorisierten, aber sollten sie seiner Familie etwas antun, dann ...
John konnte den Gedanken nicht vollenden. Der Mann steckte ihm die Klinge in sein rechtes Nasenloch und zog sie durch. Er schlitze ihm den Nasenflügel auf. John schrie auf vor Schmerz und hielt sich die blutende Nase.
„Das ist unsere, letzte Warnung, Lupin. Entweder du zahlst wie alle anderen auch, oder niemand kann für deine Sicherheit garantieren."
Die beiden Männer gingen davon. John Lupin sah den beiden nach bis sie in der Dunkelheit verschwanden. Anschließend machte er sich auf den Heimweg.
Es war nicht die erste Drohung, die er erhalten hatte, weil er sich weigerte mit Grayback zusammenzuarbeiten geschweige denn ihm ein Schutzgeld zu zahlen. Schutzgeld! Wo waren sie denn hier? In New York? Bei der Mafia? Ganz bestimmt nicht!
Als John bei seinem Haus ankam ging er in die Küche. Seine Frau saß dort und blickte ihn erschrocken an.
„Grayback.", antwortete er ihrer wortlosen Frage.
„Vielleicht sollten wir doch ...", begann sie, doch er schnitt ihr das Wort ab.
„Ich werde mich ganz bestimmt nicht diesem Verbrecher beugen! Wenn die Auroren nicht bald etwas gegen dieses Pack unternehmen, dann kann mich das Ministerium mal kennen lernen!", schimpfte John.
„Und was ist, wenn sie hier auftauchen?", sagte seine Frau.
Sie bat ihn immer wieder, dass er sich kooperativ zeigte, aber er würde sich Grayback nicht beugen. Er würde sich nicht von diesem Mistkerl erpressen lassen. Wo sollte das außerdem hinführen? Wenn er sich einmal erpressen ließ, dann würde er das immer wieder tun. John wusste noch aus seiner Zeit in London wie solche Nummern liefen.
Er ging ins Bad und wusch sich das trockene Blut aus dem Gesicht. John sah nach draußen. Er sah wie Schatten um die Hecken huschten. Verdammt!
John rannte in die Küche und zog seinen Zauberstab aus dem Jackett.
„Helen, hol Remus! Sie sind hier!"
Seine Frau stürzte aus der Küche, hinauf ins obere Stockwerk. Es dauerte keine Sekunde, da flog die Haustür aus den Angeln. Zwei Männer in Ledermänteln kamen herein. John feuerte mit dem Zauberstab auf sie, traf aber nur die Wand hinter ihnen. Einer der beiden warf sich geradezu wie ein Tier auf ihn. Er schlug ihm mehrmals mit der Faust ins Gesicht, verdrehte ihn den Arm und nahm ihm den Zauberstab ab. Ohne viel federlesen zerbrach er ihn mit einer Hand.
„So, jetzt bist du nicht mehr so mutig.", sagte der Mann und zwang ihn auf die Knie.
Zwei weitere Männer kamen ins Haus, gefolgt von einem besonders großen Kerl. Er war breitschuldrig, trug wie die anderen einen Ledermantel, allerdings war dieser wesentlich abgetragener. Sein von Narben entstelltes Gesicht lächelte. Auf seinem Kopf trug er einen schwarzen Herrenhut.
Zwei Männer kamen aus dem oberen Stockwerk. Sie hielten seine Frau und seinen Sohn als Geiseln vor sich.
„Keine Metzchen.", sagte einer von ihnen.
„Schade, Lupin, ich hätte Sie für klüger gehalten.", sagte der Hühne und zündete sich gelassen eine Zigarette an.
„Tut ihnen nichts. Sie haben nichts damit zutun!", rief John.
„Du hast sie da mit reingezogen.", sagte der Hühne. „Du wolltest es ja auf die harte Tour."
Der Mann packte seine Frau am Kinn und roch an ihrem Hals, fast so wie ein Tier, dass nach Beute schnupperte.
„Dad!", rief sein Sohn. Er war gerade so zehn Jahre alt und verstand nicht, was hier vorsich ging.
„Lass sie in Frieden!", rief John und wollte sich aus dem Griff seines Peinigers befreien.
Der Hühne ließ von Helen ab und wandte sich John zu.
„Man hält mich nicht zum Narren! Ich habe dir Chancen gegeben, Lupin, aber du wolltest sie nicht."
„Grayback, ich schwöre dir ...", begann John voller Wut.
„Was? Willst du mich eigenhändig töten?" Der Hühne lachte nur höhnisch. „Ich habe da eine viel bessere Idee. Sieh zu wie ich dir das nehme, was dir am Wichtigsten ist."
„Nein!", rief John. „Nein, lasst sie!"
Der Hühne namens Grayback beugte sich zu dem Jungen herunter.
„Nimm es mir nicht übel, aber dein Vater hat es so gewollt.", sagte Grayback, entblößte seine spitzen, raubtierähnlichen Zähne und versenkte sie in der Schulter des jungen Remus Lupin. Dieser Schrie wie am Spies.
„NEIN!", schrie John völlig außer sich. Seine Frau heulte ebenso auf.
Grayback baute sich auf und der Mann, der seinen Sohn festgehalten hatte ließ ihn gehen. Remus sank zu Boden und seine Glieder zuckten, während Blut über den Flur floss.
John riss sich endlich los und stürzte zu seinem Sohn. Er presste ihm die Hand auf die blutende Schulter. Auf einmal spürte er wie Grayback ihm in die Seite trat. Der lachte auf eine fürchterliche Art und Weise. Während er nach Luft schnappte hörte John seine Frau schreien und Schleifgeräusche.
„Halt still, dann tut es auch nicht weh."
John zwang sich nicht hinzuhören. Er wusste, was sie mit ihr tun würden und wollte nicht hinsehen. John nahm Remus in die Arme, drückte mit der Hand auf die Wunde. Tränen liefen ihm über die Wangen.
Es dauerte lange ehe Grayback sich wieder blicken ließ. Zu lange. Wortlos verließen er und seine Schläger das Haus. Sie hatten was sie wollten.
Die Nacht in der Fenrir Grayback und seiner Männer das Haus der Lupins überfielen brannte sich in das Gedächtnis der Familie. Ganz besonders in das von Remus Lupin. Es war ihm erst später klar geworden, dass ihr Peiniger ein Werwolf war. Genau genommen erst in der Nacht als er sich das erste Mal verwandelte. Sein Vater hatte es gewusst, ebenso seine Mutter, die seit dem Vorfall nicht mehr sprach.
Remus Lupin lag wortlos auf dem Sofa im Wohnzimmer. Sein ganzer Körper war bandagiert. Selbst sein Kopf. Unter den Binden sahen einige, braune Haarbüschel hervor. Er selbst konnte sich kaum an die Zeit während er verwandelt war erinnern, außer dass die Transformation selbst wahnsinnig weh getan hatte und er am ganzen Körper blutete.
Remus lag in eine Wolldecke eingerollt auf der Seite. Er tat so als ob er schlief, aber eigentlich wollte er bloß in Ruhe gelassen werden.
Er hörte wie sich die Tür zum Wohnzimmer öffnete.
„Remus?", hörte er seinen Vater. „Hier ist jemand, der mit dir sprechen möchte."
Remus öffnete die Augen und sah auf. Ein alter Mann in Anzug und Krawatte stand neben seinem Vater. Er trug einen altmodischen Hut und ging an einem Stock. Zudem hatte er einen langen, weißen Bart wie Merlin höchstpersönlich.
„Wer sind Sie?", brummte Remus. Er hatte keine Lust auf Ärzte.
„Ich bin Albus Dumbledore, der Schulleiter von Hogwarts. Du kennst doch Hogwarts?"
„Hmm.", brummte Remus. „Daraus wird jetzt sowieso nichts."
„Das würde ich so nicht sagen.", sagte Dumbledore und zog sich einen der Stühle am Esstisch heran. „Ich und dein Vater haben uns unterhalten. Wir müssten einiges organisieren, aber ich glaube, du könntest sicher nach Hogwarts, wenn du das möchtest."
Remus setzte sich unter Schmerzen auf.
„Sehen Sie mich an. Wer will sowas an einer Schule haben?", sagte er. „Ich bin ein Monster."
„Nein.", antwortete Dumbledore sanft. „Nein, du bist ein Junge, dem Schlimmes widerfahren ist. Deine Krankheit ..."
„Es ist keine Krankheit!", entgegnete Remus unwirsch. „Ich bin ein Werwolf. Ich bin ein Monster. Und ich wurde dazu gemacht."
Dumbledore atmete tief.
„Ja, ich weiß. Dein Vater hat mir die Geschichte über den Überfall erzählt."
„Hat er Ihnen auch erzählt, dass sie meine Mutter vergewaltigt haben und sie seitdem nicht mehr spricht?" Remus war wütend. So wütend wie ein Zehnjähriger nur sein konnte.
„Was deiner Familie widerfahren ist, ist grausam. Niemand kann das je wieder gut machen. Das Leben hat aber mehr zu bieten als das. Es ist nicht nur Trauer und Schmerz, auch wenn es einem manchmal so vorkommen mag. Wir kriegen das hin, Remus."
„Ich wäre lieber tot.", antwortete Remus.
„Nein, mein Junge, glaub mir, das wärst du nicht.", sagte Dumbledore.
Remus sah an dem alten Magier vorbei zu seinem Vater, der noch immer an der Tür stand. Er sah unsicher zu ihm herüber.
„Weißt du, es geht nicht nur darum, dass du zur Schule gehst, sondern auch darum sich normal zu fühlen. Ich bin mir sicher Hogwarts kann dir das bieten."
Sich normal fühlen? Wie nur sollte sein Leben jemals wieder normal werden?
„Ich kann dir helfen.", sagte Dumbledore
„Warum sollten Sie das tun?"
„Weil man mit elf Jahren sein Leben nicht einfach wegwirft.", antwortete Dumbledore. „Du hast noch ein ganzes Leben vor dir."
„Er ist schuld.", sagte Remus und sah zu seinem Vater. „Es wäre nie passiert, wenn er nicht so stur gewesen wäre!"
Er brach in Tränen aus und rollte sich wieder auf der Seite ein. Sie sollten ihn alle in Frieden lassen. Remus wollte nichts hören, wollte niemanden sehen. Er hatte keine Ahnung, was sein Vater und der Magier ausheckten, aber er war sich sicher, dass es nichts Gutes war.
Er weinte noch lange still vor sich hin. Die Bilder jener Nacht waren lebendig. Sobald er einschlief sah er alles wieder vor sich und die erzählten ihm sie wollten, dass sein Leben normal war. Nichts würde je wieder normal sein! Absolut nichts!
