Hallo zusammen und herzlich willkommen,

dies ist mein erstes Fic überhaupt – jedenfalls das erste, das ich poste. Es ist ein Draco/Harry-Fic, also hiermit gleich ein freundliches ‚Tschüss' an alle, die davon nichts wissen wollen. Denn diese Story wird mit Sicherheit ihre ganz unverblümt schwulen Momente bekommen. Also, dass mir hinterher keiner deswegen rummotzt. Technik-, grammatik- und rechtschreibbezogenes Motzen ist dagegen ausdrücklich erlaubt.

Aber jetzt erstmal Schluss mit der Begrüßungszeremonie und zur eigentlichen Geschichte. Mein Plot setzt (wie so viele andere Fics hier) zu Beginn des sechsten Schuljahres an, wird aber sofort eine komplett andere Richtung einschlagen. Sonst könnte ich ja auch gleich die Buchseiten einscannen und posten. Und das wäre nicht nur sinnfrei, sondern auch verboten.

Wo wir gerade dabei sind – Harry Potter und alle Namen, Orte und sonstigen Schöpfungen aus der Harry-Potter-Reihe sind das geistige Eigentum von Joanne K. Rowling und werden von mir nicht zur kommerziellen Bereicherung genutzt.

Also – viel Spaß! Hoffe ich.

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Prolog

Völlige Stille und Dunkelheit herrschten in Little Hangleton. Es war weit nach Mitternacht und trotz der Jahreszeit lag eine eisige Kälte und dichter Nebel über der nächtlichen Landschaft. Die Menschen schliefen in ihren Betten, friedlich und ahnungslos.

Dann wurde die Stille von einem Zischen und Sausen durchschnitten, und etwas flog sehr schnell über das schlafende Dorf hinweg. Das Flugobjekt verlor schnell an Höhe und steuerte auf einen Ort etwas abseits des kleinen Dorfes zu.

Dort stand auf einem Hügel ein großes, heruntergekommenes Herrenhaus, umgeben von einem verwilderten und verwachsenen Anwesen, welches früher einmal ein großer, prächtiger Garten gewesen war. Ein Mann namens Frank Bryce hatte ihn zeit seines Lebens gehegt und gepflegt, doch dieser Mann war tot. Und so schienen die Hecken ein gieriges Eigenleben entwickelt zu haben, in dem sie danach strebten, am Haus emporzukriechen, die langen Finger in die Fenster und Türen zu strecken und es irgendwann endlich ganz zu verschlingen.

Der Mond kam hinter den Wolken hervor und erhellte die Nacht. Hinter dem grauen, toten Haus führte ein langer, von Unkraut überwucherter Weg sanft hügelabwärts durch einen spärlichen, kahlen Wald, welcher ebenfalls zu dem Anwesen gehörte. Auch hier wies nichts darauf hin, dass gerade der Juni begonnen hatte; kein Blatt und kein Vogel belebte die schwarzen Äste und Zweige, langfingrig, kalt und gierig krallten sie sich in den verhangenen Nachthimmel. Tief hingen die Äste der letzten Bäume des Pfades über dem Weg und verdeckten die Sicht auf das Vorausliegende, als schämten sie sich dafür oder für das, was dort geschehen war.

Hart landete der Magier in der Mitte des dunklen Friedhofes und stieg eilig von seinem Besen. Sofort zückte er den Zauberstab. Sein magisches Auge surrte wild in seiner Höhle herum. Nach einigen Sekunden straffte sich der Zauberer mit dem schäbigen braunen Mantel und ließ seinen Zauberstab langsam sinken.

Laut und deutlich sprach Alastor Moody. Seine Stimme hallte von den stillen Gräbern wider.

„Zeigt euch, Pack. Ihr seid in der Überzahl, wozu diese Feigheit? Kommt heraus und zeigt euch! Ich habe euch etwas zu sagen!"

Eine gebeugte Gestalt trat hinter ihm aus dem Schatten. Und Moody wusste seit seiner Landung, dass er keine Chance hatte. Er lächelte grimmig.

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Kapitel 1

Ein Platz frei

Es regnete.

In London regnete es fast immer, selbst jetzt im Spätsommer. Die Straßen waren ein Meer von Grau, die Menschen zogen lange Gesichter unter ihren Regenschirmen und hasteten durch den Tag, um nur schnell in ihre warmen, trockenen Wohnungen zu kommen. Hunde zerrten nervös und ungehorsam an ihren Leinen. Die Autofahrer waren gereizt und ungeduldig und fluchten und hupten. An der Kreuzung am King's Cross hatte sich ein Stau gebildet und der Parkplatz war voll von schimpfenden Fahrern, die auf die Straße und schnell nach Hause wollten. An solchen Tagen wollte anscheinend jeder nur noch nach Hause.

Aber in der großen Bahnhofshalle, zwischen Gleis neun und zehn stand ein schwarzhaariger Junge mit Brille an der Absperrung, der nirgendwohin weniger wollte als nach Hause. Sein offizielles Zuhause sah er nur einmal im Jahr für sechs Wochen, und das ertrug er auch nur mit Not.

Dieser Junge, der da in seinen viel zu großen Klamotten unentschlossen und verloren vor der Absperrung zwischen den Gleisen stand, hieß Harry Potter und er unterschied sich in vielen Punkten von den um ihn herum hastenden Menschen. Er nannte ein altes Schloss mit riesigen Ländereien sein Zuhause, war aber alles andere als ein reicher Schlossherr. Er hatte sehr gute Freunde, aber er wollte keinen von ihnen jetzt bei sich haben, hier auf dem Bahnhof. Er hatte vor zwei Jahren erfahren, dass sein einziges lebendes Familienmitglied (abgesehen von den Dursleys, die er ebenfalls nur mit Mühe und Not sechs Wochen im Jahr ertrug) ein gesuchter Gefängnisausbrecher war, und doch war sein Tod ein so unbegreiflicher Verlust in seinem Leben, dass nun nichts mehr wie vorher war.

Harry Potter blickte hinauf zur großen Bahnhofsuhr am Ende des Gleises. Verstrubbelte Haare rutschten ihm von der Stirn und gaben den Blick auf eine blitzförmige Narbe direkt unterhalb seines Haaransatzes frei. Bei näherem Hinsehen sah er ziemlich heruntergekommen aus – wie jemand, der lange nicht mehr richtig geschlafen oder gegessen hatte. Unter seinen grünen Augen zeichneten sich dunkle Ringe ab, seine Gesichtsfarbe war blässlich und seine Wangen wirkten hohl. Sein Gesichtsausdruck war teilnahmslos und wirkte festgesetzt und erstarrt, als würde er in letzter Zeit immer so leer dreinschauen.

Es war zehn Minuten vor elf an einem Freitagmorgen. In zehn Minuten würde der Zug zu eben dem Schloss abfahren, nach dem er sich sechs Wochen lang gesehnt hatte, und doch fühlte Harry sich dem Wiedersehen mit seinen Klassenkameraden und Freunden auf Hogwarts, der Schule für Hexerei und Zauberei, ferner denn je. Scheinbar widerwillig gab er sich schließlich einen Ruck und stieß sich von der Absperrung ab. Er sah noch einmal auf einen bestimmten Punkt an der Gleisabsperrung, als könnte diese ihm eine andere als die ihm aufgezwungene Lösung verraten. Dann ging er in Richtung Bahnhofsausgang. Vor den Bahnhofstoiletten hatte sich eine kleine Warteschlange gebildet, weil irgendjemand die Tür blockierte. Harry verschwand in der hektischen Menschenmenge, ohne sich noch einmal umzusehen.

Auf dem Gleis zerrte ein ungehorsamer, nervöser Pekinese an seiner Leine und kläffte aufgeregt die Gleisabsperrung an, denn vor dieser erschienen gerade wie aus dem Nichts ein seltsam gekleideter Mann mit spärlichem rotblondem Haar und eine rundliche kleine Frau mit ebenfalls rotblondem, langem, lockigem Haar. Sie unterhielten sich leise und machten sorgenvolle Gesichter. Der Mann sah den kleinen Kläffer kurz an und wies mit dem viel zu langen Ärmel seines grün-rot karierten Tweedmantels auf ihm, woraufhin der Pekinese plötzlich schwieg und den Schwanz einzog. Er verschwand zitternd hinter seinem Frauchen, die von alldem nichts mitbekommen hatte, da sie gerade ihrer Tochter den Mantelkragen zuknöpfte und ihren Schal richtete.

Mr. und Mrs. Weasley sahen sich um, als würden sie jemanden auf dem Bahnhof erwarten. Dann sahen sie sich bekümmert an und gingen Hand in Hand zum Seitenausgang des Londoner Hauptbahnhofs. Draußen war der Regen stärker geworden.

* * *

„Hermine? … Hermine, komm schon. Ich sage dir doch, er kommt nicht."

Resigniert gab Ron seinen dritten Versuch auf, Hermine davon abzubringen, pausenlos mit gerunzelter Stirn aus dem Fenster ihres Zugabteils auf das geschäftige Treiben auf dem Bahngleis zu starren. Mit einem ermüdeten Seufzer hievte er sich aus seinem Sitz hoch. Für ein paar Sekunden stand er unentschlossen da und sah ebenfalls aus dem Fenster. Dann schaute er wieder Hermine an, die weiterhin keine Reaktion zeigte. Er ging zur Abteiltür und zog sie auf.

„Ich schau mal nach, wo Neville und die andern sind. Kannst ja nachkommen, wenn du willst", sagte er, klang dabei aber nicht sehr hoffnungsvoll. Nach einem letzten missmutigen Blick auf Hermine trat er kopfschüttelnd aus dem Abteil, zog die Tür wieder zu und ging.

Der Zug rollte nun langsam an. Die Hände in die Hosentaschen gestopft, schlenderte er langsam an den Abteilen vorbei, während der Hogwarts-Express den Bahnhof verließ. Er brauchte nicht lange suchen; im nächsten Waggon sah er durch die zweite Türscheibe Neville Longbottom zusammen mit Luna Lovegood in einem Abteil sitzen und trat ein.

„Oh, hallo, Ron!", sagte Neville erfreut und hob seine Kröte Trevor vom Sitz gegenüber, um Ron den Platz anzubieten. Ron nickte kurz, schloss die Tür und setzte sich. Luna lächelte ihm verträumt über ihre neueste Ausgabe des Klitterers hinweg zu.

„Hi, Ron. Wartet sie immer noch?"

Wie immer erstaunt, wie Luna solche Dinge mitkriegte, ohne dass man ihr etwas erzählte, schaute Ron sie kurz verdutzt an, nickte dann aber mit zusammengepressten Lippen und senkte den Blick. Neville verstand nicht gleich, nach einem Moment aber hellte sein Gesicht sich verstehend auf – und verfinsterte sich wieder.

„Mann, ich bin ja auch nich' grade begeistert, aber immerhin hat er uns schon vor Wochen geschrieben, dass er nicht kommen kann …" Er wandte sich an Neville.

„Alter, das ist doch seine Entscheidung, oder? Ich mein', wenn mich Du-weißt-schon-wer fast getötet hätte und mein Patenonkel tot wär und mir die ganze Zeit keiner – auch nicht in der Schule – geglaubt hätte … Weißt du, was ich meine?" Er zuckte ratlos mit den Schultern. „Das wär mir wohl auch'n bisschen zu viel." Doch Neville schüttelte den Kopf.

„Ich weiß nicht, Ron. Mich könnte nichts und niemand von Hogwarts fernhalten. Meine Oma würde das sowieso niemals erlauben. Sie meinte nach diesem Kampf im Ministerium, sie sei ziemlich stolz auf mich und dass meine Eltern es genauso gemacht hätten. Den Todessern die Stirn geboten, meine ich." Er strahlte seinen rothaarigen Klassenkameraden an.

„Naja, ich glaub nicht, dass Harry von seinen Muggeln dafür besonders geschätzt wird. Ich hab sie mal erlebt. Echt fiese Typen, sag ich dir! Ich kann sowieso nicht verstehen, wie er es so lange da aushalten will."

Luna war wieder hinter ihrem Magazin aufgetaucht und lächelte wieder (oder immer noch) ihr träumerisches Lächeln. „Also, ich denke, er kommt doch noch", meinte sie kurz und bestimmt, als wäre es die unumstößliche Wahrheit. Sie blickte zwischen ihren beiden Mitschülern hin und her. Beide schauten gleichermaßen ratlos drein, wenn auch nicht ohne eine gewisse Hoffnung in den Augen.

„Naja … immerhin ist er ein Gryffindor, nicht? Und außerdem wird Du-weißt-schon-wer am wenigsten erwarten, dass er sich das traut. Wenn auf dem Haus wirklich noch dieser Schutzbann liegt, den Dumbledore erwähnt hat, wird er erwarten, dass Harry sich dort verkriecht und vor sich hin trauert." Sie hob wieder ihren Klitterer.

„Harry wird kommen."

Damit war es für Luna beschlossene Sache. Ron und Neville schauten sich verlegen an.

„Was meinst du, wer dieses Jahr Verteidigung gegen die dunklen Künste gibt?", fragte Neville und wechselte so das Thema.

Ron stieg dankbar darauf ein: „Mein Dad meinte, Dumbledore hat jemanden gefunden, den er noch aus seiner eigenen Zeit als Lehrer kennt. Er war mal Hauslehrer bei den Slytherins. Harold Smugborn oder so."

Neville setzte Trevor auf die kleine Tischplatte zwischen ihm und Ron, woraufhin die fette Kröte nur träge blinzelte und an Ort und Stelle hocken blieb. Der Schwarzhaarige stand auf, griff nach oben auf die Gepäckablage und fischte eine durchsichtige Plastiktüte mit buntem Inhalt herunter. Er setzte sich wieder, öffnete sie und packte mehrere Handvoll Säuredrops, Schokofrösche und schwach orange glühende Kürbiskekse auf die Tischplatte. Trevor betrachtete die Süßigkeiten neben sich ungerührt, zog die Beine dichter an den Körper und hockte sich noch breiter hin.

„Nehmt, so viel ihr mögt! Meine Oma kauft mir seit Ende des letzten Schuljahrs so viele Süßigkeiten, dass ich sie allein gar nicht schaffe. Einmal habe ich so viele Schokofrösche auf einmal gefuttert, dass mir den ganzen nächsten Tag über schlecht war. Seitdem halte ich mich lieber etwas zurück."

Und so saßen sie eine Weile, lutschten mit zerknitterten und zerknautschten Mienen Säuredrops und keiner sagte groß etwas außer „Snape wird bestimmt wieder ätzend sein" oder „Bin schon gespannt auf die neuen Erstklässler" oder „Mal sehen, was McGonagall uns diesmal für schwere Zauber beibringen wird". Keiner wollte wirklich über die aktuellen Geschehnisse ums Ministerium oder die Nachrichten im Tagespropheten sprechen; einerseits, weil jeder von ihnen die ganzen Sommerferien nichts anderes zu hören bekommen hatte, und andererseits, weil sie so nicht weiter über Harry und seine Entscheidung, nicht mehr nach Hogwarts zu kommen, sprechen mussten.

Vor dem Zugfenster rauschte die neblige und graue Landschaft vorbei und das Tageslicht begann, wie so oft in letzter Zeit, viel zu früh zu schwinden. Also Luna gerade ihren Klitterer wegpackte, öffnete sich die Abteiltür. Hermine stand mit trauriger Miene und einem Buch unterm Arm in der Tür. Doch als Ron sie ansah, brachte sie ein schwaches Lächeln zustande.

„Das ist wieder typisch, Ron! Wenn ich nicht hergekommen wäre, hättest du alle Säuredrops weggefuttert und mir nichts angeboten."

Ron grinste und rutschte ein wenig von der Mitte der Sitzbank zum Fenster hin, froh, dass Hermine doch noch zu ihnen gekommen war.

Doch er wollte nicht taktlos sein, machte gleich wieder ein ernstes Gesicht und fragte vorsichtig: „Und? Ich meine, hast du ihn vielleicht doch noch …" Hermine schüttelte den Kopf und setzte sich neben Ron.

„Hallo, Neville – Luna …"

Dann erklärte sie in aufgeräumten Ton: „Wahrscheinlich ist es auch im Moment das Vernünftigste, wenn er dort bleibt. Du-weißt-schon-wer will schließlich Harry, und Professor Dumbledore hat ja selbst gesagt, dass er im Haus seiner Muggel nicht an ihn herankommt. Ich hab's damals ja gleich nachgelesen in der Bibl…"

„…iothek", warf Ron in scherzhaft gelangweiltem Ton dazwischen, und Hermine warf ihm einen missbilligenden Blick zu.

„Jedenfalls ist das uralte Magie, die kein noch so mächtiger schwarzer Magier brechen könnte. Da kann er machen, was er will."

Sie schaute in Nevilles Gesicht und sah seine ängstliche Frage kommen, bevor sie gestellt war.

„Aber wird er dann nicht schrecklich … wütend? Meine Oma hat mal gesagt, dass er damals oft Freunde oder Verwandte von Leuten entführen lassen hat, nur damit sie rauskamen und sich ihm stellten."

Hermine nickte und erwiderte, diesmal selbstsicherer: „Um uns zu kriegen, muss er erstmal an Dumbledore vorbei, und der Orden und die Mysteriumsabteilung machen zurzeit alles mobil, um unsere Familien zu schützen."

„Aber Hermine … deine Eltern sind doch Muggel – naja, die wird er doch sicher nicht lange in Frieden lassen?", fragte Ron unsicher. „Was, wenn er so über mehrere Ecken an Harry herankommen will? Und da würde er doch gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, oder? Ich mein': Zwei Muggel weniger und Harry zugesetzt …" Ron schluckte. Über die unmittelbare Gefahr, in der Hermines Eltern schwebten, hatte er noch gar nicht richtig nachgedacht.

Er schaute Hermine sorgenvoll an. Doch die ließ sich nicht mehr beirren. Sie wollte jetzt anscheinend einfach entgegen jedem Zweifel zuversichtlich sein.

„Ron, denkst du wirklich, Dumbledore und der Orden würden das zulassen? Unser Haus wurde natürlich von mehreren Auroren mit Schutzzaubern und Gegenflüchen aller Art belegt, und meinen Eltern haben sie gratis Feindgläser und Spickoskope dagelassen. Wenn sich irgendwas tut, haben sie die strikte Anweisung, Flohpulver zu verwenden und sofort zum Hauptquartier zu kommen."

Sie lehnte sich in den Sitz zurück und verschränkte mit entschlossener Miene die Arme. „Wir haben es bereits dreimal geprobt. Es kann praktisch nichts schiefgehen." Dem wollte niemand etwas entgegnen.

Die vier Freunde lächelten sich schwach zu und Luna nahm sich noch ein Drops. Hermine schlug ihr Buch auf – Arithmantik für Erprobte – und begann zu lesen. Ron und Neville sahen sich einen Bildband über Denkwürdige Quidditch-Meisterschaften an und schauten ab und zu verstohlen zu Luna hinüber, die nun eine riesige Brille mit glitzernden, undurchsichtigen Gläsern trug, mit der sie wie eine überdimensionale Fliege aussah. Mit schiefgelegtem Kopf beugte sie sich immer wieder ganz dicht an Nevilles linkes Ohr heran, um es zu betrachten.

„Hier wimmelt es eindeutig von Schlickschlupfen … Mein Vater könnte dir ein gutes Mittel verraten; also, Neville …", meinte sie großzügig, „… wenn du dich mal irgendwie wuschig fühlst, sag einfach nur Bescheid." Und ohne Nevilles verwirrtes Nicken zu beachten, schaute sie weiter mit schräg gestelltem Kopf in der Luft umher.

Außer Luna, die abgehoben wie immer wirkte, schien jedoch niemand in seine normale Stimmung zu kommen. Nach einigen Stunden, als es draußen schon stockduster war, stand Hermine schließlich auf und ging zur Tür.

„Ron, es wird langsam Zeit, dass Du dich auch umziehst", sagte sie, selbst wie immer bereits im Schulumhang. „Wir sehen uns spätestens in der Großen Halle."

„Bis dann!", sagte Neville und stand ebenfalls auf, um seine Uniform hervorzuholen. Luna war wie Hermine bereits umgezogen.

„Ja, wir sehen uns" sagte sie, als Ron noch kurz die Hand hob und dann die Schiebetür zuzog.

Sie machten sich schweigend fertig für die Ankunft in Hogsmeade und gingen schließlich durch die bereits vollen Gänge zur Waggontür.

Auf dem Gleis begrüßten sie wie immer Hagrid, der jedoch kaum Zeit für mehr als ein flüchtiges „Hallo, ihr zwei" hatte, da er sich mit einem hochgewachsenen Auroren mit kurzem grauen Haar und finsterer Miene absprechen und gleichzeitig die Erstklässler zu den Booten führen musste. Er wirkte bereits ziemlich gestresst und schaute sich immer wieder nervös um, ob auch niemand zurückblieb, während der finster dreinblickende Zauberer ihm immer wieder mit tiefer Stimme Ermahnungen und Ratschläge zuraunte und mit dem Zauberstab vor Hagrids Gesicht herumschlenkerte.

Ron drängelte sich durch die Menge, wobei er beflissen darauf achtete, Hermine den Weg freizumachen. Die Schüler schienen diesmal auch nervöser als sonst zu sein, denn sie schubsten und drängelten mehr als üblich, und einmal trat jemand Ron auf die Füße. Ein blonder untersetzter Schüler sah ihn einen Moment lang entnervt an. Dann machte er ein zerstreutes Gesicht, patschte sich aufstöhnend an die Stirn und drängelte sich zurück in Richtung Zug.

„Tja, bei der Drängelei was im Zug zu vergessen … armer zerstreuter Kerl", meinte Hermine mitleidig. Ron empfand nicht besonders viel Mitleid für ihn, sagte aber nichts.

Und auch sonst war die allgemeine Stimmung unangenehm angespannt. In den Kutschen wurde auf der Fahrt zum Schloss kaum oder nur Belangloses gesprochen, und am Eingangstor trampelten Schüler nervös von einem Bein aufs andere, während vorn Professor Flitwick und zwei dunkel beumhangte Auroren alle Schüler und deren Gepäck überprüften.

Ron blickte missmutig drein, und Hermine zog ihn kurz am Umhang: „Schau, Ron, da!" Sie zeigte schräg nach vorn auf einen weißblonden Hinterkopf kurz vor dem Eingangstor.

„Mann, ich dachte, der hätte ‚Besseres' zu tun, als Zauberkunst zu büffeln! Schließlich hat sein Vater ständig im Tagespropheten gegen Dumbledore und Hogwarts geschossen. Bevor er eingebuchtet wurde, versteht sich." Ron fügte den Nachsatz bitter grinsend hinzu.

„Nein, guck mal, mit wem er da spricht!"

Draco Malfoy stand ein wenig abseits der wartenden Schüler und sprach mit gesenktem Kopf und verbissenem Gesichtsausdruck mit einem weiteren dunkel gekleideten Zauberer, der offensichtlich auch nicht zur Belegschaft von Hogwarts gehörte. Der Zauberer aber schaute Malfoy wütend an. Dann wies er mit dem Zauberstab nach unten, woraufhin der Koffer Malfoys auf seine Augenhöhe schwebte, so dass Ron und Hermine von ihrem Standort aus sehen konnten, wie er ihn mit einem Schlenker seines Zauberstabes langsam um die eigene Achse rotieren ließ. Nach ein paar Umdrehungen leuchtete der Koffer kurz schwach weiß auf und der Zauberer ließ ihn wieder herab. Malfoy wandte sich nach einem langen, kalten Blick in das Gesicht des Auroren ab, packte seinen Koffer und stapfte in Richtung Schloss davon.

„Ha!", rief Ron triumphierend. „Anscheinend hat unser Goldjunge gerade Bekanntschaft mit einem Leben ohne Sonderbehandlung gemacht! Dieser Auror hatte Malfoys Kronprinzen jedenfalls ziemlich auf dem Kieker."

„Ja, endlich", meinte Seamus Finnigan hinter ihm. „Vorbei die Zeiten, als Mr. Alles-tanzt-nach-meiner-Pfeife immer im Ministerium herumschlich und Leute auf seine Seite zwang."

Neben ihm nickte Dean Thomas zustimmend: „Ja, die von der Mysteriumsabteilung haben seit damals dazugelernt, die lassen sich nicht mehr von solchen Wichtigtuern zum Narren halten."

„Der platzt bestimmt vor Wut, wo er doch seinen Koffer allein schleppen muss", feixte Seamus. Dann schaute er Ron und Hermine nachdenklich an und schaute suchend in der Umgebung umher.

„Sagt mal, wo bleibt Harry denn heute? Holt wohl noch was aus dem Zug, oder?"

Ron und Hermine schauten sich betreten an. „Er kann dieses Jahr nicht kommen …", antwortete Hermine zögernd.

Sie suchte gerade nach einer Begründung, die nicht nach Verstecken oder Flucht klang, als ein ganzes Stück hinter ihnen Unruhe aufkam. Eine Gruppe Schüler drängte sich dicht zusammen, und ihren lauter werdenden Rufen nach zu urteilen war ein Streit oder eine Rauferei im Gange.

Ron schob sich zwischen den Schülern hindurch und schaute neugierig über einige Erstklässler hinweg auf das Geschehen. Er sah Crabbe und Goyle, die sich wieder einmal mit einem einzelnen Jungen angelegt hatten, den Ron als den untersetzten, schüchternen Blonden vom Bahngleis wiedererkannte.

„I-Ich meinte das doch gar – hey, gib den her!" Er schnappte nach seinem leeren Eulenkäfig, den der ungeschlachte, schrankbreite Crabbe ihm entrissen hatte und jetzt hoch über seinem Kopf hin- und herbaumeln ließ.

„Sollteste dir nächstes Mal vorher überlegen! Freche Bengels müssen bestraft werden!", höhnte er von oben herab.

„Genau, Kleiner. Keiner is' nämlich so blöd und sagt öffentlich", Goyle betonte „öffentlich" wie ein unheimlich kompliziertes Fachwort, „was gegen Mista Malfoy oder Draco oder was er wohl im Koffer hat oder so!" Er schubste den dicklichen Blonden zurück, der ungeschickt über seine eigenen Füße stolperte und mit den Armen rudernd auf sein Hinterteil plumpste.

„Musst nicht denken, dass du 'ne Ausnahme für mich bist, Svensson!", blaffte Goyle ihn an.

Das reichte Ron. Er schob zwei Erstklässler vor sich zur Seite und stapfte auf die beiden fies gackernden Sechstklässler zu.

„Hey, Mann, haltet euch mal besser zurück, sag' ich euch!" Er war Gregory Goyle an Körpergröße noch fast um einen Kopf überlegen und baute sich vor ihm auf. Crabbe warf den Eulenkäfig weg, der scheppernd neben dem verschreckten Svensson landete, welcher ihn zu sich heranzog und unbeholfen aufstand. Dümmlich grinsend stellte Crabbe sich neben seinen Klassenkameraden und überragte dabei selbst Ron, der über die Ferien ein gutes Stück gewachsen war, noch um einige Zentimeter.

„Und was sollte uns abhalten, dem frechen kleinen Wikinger noch eine Lektion zu erteilen?", fragte er provozierend und ließ die Fingerknöchel knacken.

Da kam auch Hermine hinter Ron aus der Menge hervor und stellte sich mit wütender Miene neben Ron. Sie war mit Abstand die kleinste der vier Schüler, die hier im Kreis von schaulustigen Schülern standen, und doch wichen die beiden Slytherins kaum merklich ein Stück zurück.

„Weil wir als Vertrauensschüler euch ziemlichen Ärger machen könnten!"

Sie ging noch einen Schritt vor, so dass sie genau vor Goyle stand, der jetzt vergleichsweise kleinlaut schien. „Wenn ich daran denke, wie dringend Mr. Filch jemanden zum Toilettenschrubben sucht … Ich bin fast versucht, ihm einen Tipp zu geben!" Einen Moment lang funkelte sie die beiden zornig an, und Ron, der sprachlos hinter ihr stand, hätte schwören können, feine Funken aus ihrem Lockenschopf blitzen zu sehen.

„Lange wirst du nicht mehr so große Töne spucken, Granger!", stammelte Crabbe wütend und zog Goyle mit sich in Richtung der Warteschlange. Hermine schaute mit gehobener Augenbraue in die Runde, und die Schüler gingen – manche unter enttäuschtem Murren – ebenfalls weiter zum Tor.

Ron drehte sich um und wollte mit Svensson sprechen, doch der schien genug von der ganzen Aufregung zu haben und hatte sich schon ein Stück weiter vorn in die Schlange der Wartenden eingereiht. Auf dem Weg zurück zu Dean und Seamus nickte Ron ihm kurz zu und ließ es dabei bewenden, zumal der blonde Schüler sich auch nicht gerade besonders dankbar zeigte und einfach tat, als hätte er es nicht gesehen.

Hermine hatte das beobachtet und beschwichtigte Ron: „Lass ihn einfach, du siehst doch, wie schüchtern er ist."

„Hätte sich ja ruhig mal bedanken können. Und besonders freundlich war er vorhin am Zug auch nicht."

Doch seine braungelockte Freundin lächelte ihn nur fröhlich an.

„Was?", wollte Ron wissen.

„So selbstlos, wie du ihm zu Hilfe geeilt bist, kann es ja nicht allzu schlimm gewesen sein. Und außerdem hat er den beiden gegenüber was gegen Malfoy gesagt; so schlecht kann er nicht sein."

Der Rotschopf kratzte sich am Kopf. „Tja, also … Irgendwann muss ich meine Verantwortung als Vertrauensschüler ja annehmen, oder? Ich meine – heh, du lachst mich doch nicht aus, oder?"

Hermine kicherte amüsiert. Dann schaute sie ihn gutmütig lächelnd an. „Nein, Ron. Das war ziemlich gut!"

Ron wurde jetzt tatsächlich rot. „Also – Mensch, du warst auch nich' grade übel – Filch sucht Hilfe beim Toilettenschrubben und so …"

„Jaah, lass mal gut sein" sagte Hermine abwinkend.

„Nee, ehrlich! Und dein Blick!", er machte einen wahnsinnigen Gesichtsausdruck, der an einen durchfallkranken Ghul erinnerte. „Ey, echt zum Fürchten, ich schwör's!" Hermine prustete empört los.

So habe ich ganz bestimmt nicht geguckt, Ron! Los, wir sind gleich beim Tor!" Lachend gingen sie weiter zu dem riesigen Berg aus Koffern, der neben dem breiten Weg zum Schloss aufragte.

Als sie endlich an den langen Tafeln in der Großen Halle saßen, war es bereits weit nach neun Uhr abends, viel später als jemals zuvor, und alle Schüler sahen ziemlich müde aus und erwarteten ungeduldig das Ende der Aufnahmezeremonie. Ron schaute ziemlich verdrießlich drein, als sein „Schützling" vom Sprechenden Hut nach Slytherin geschickt wurde

„Mit dem stimmt doch was nicht. Wo kommt der eigentlich so plötzlich her?", murrte er grimmig, seine Rettungsaktion von draußen schon bereuend. Sollten die Slytherins sich doch gegenseitig die Köpfe einschlagen.

Hermine zischte ihn seitlich durch den Mundwinkel an. „Du kennst ihn doch gar nicht. Vielleicht ist er nur neu zugezogen."

Professor Dumbledores Ansprache nach dem Essen war kurz und nicht besonders trostspendend oder ermutigend. Er warnte davor, allein auf den Gängen herumzulaufen, wies auf das Verbot hin, ohne Ab- und Wiederanmeldung die Klasse oder das Schloss zu verlassen, und dann sprach er auch noch eine Mitteilung des Zaubereiministeriums aus, nach der die Hogsmeade-Besuche für dieses Schuljahr noch nicht genehmigt waren, was mit einem enttäuschten Stöhnen von den Schülern quittiert wurde. Außerdem stellte er den neuen Lehrer vor, Professor Slughorn („Naja, war doch fast richtig", meinte Ron achselzuckend zu Neville).

Doch im nächsten Moment ging ein Raunen durch die Schülermengen, denn der neue Lehrer war für das Fach Zaubertränke eingestellt.

„Den Unterricht in Verteidigung gegen die dunklen Künste wird in diesem Schuljahr unser Professor Snape erteilen. Ich bin sicher", Dumbledore hob die Stimme etwas, um die empört murmelnden Schüler zu übertönen, „er wird euch ein ausgezeichneter Lehrmeister sein und ihr werdet fleißig lernen!"

Snape war aufgestanden und neigte den Kopf kaum merklich und mit unergründlicher Miene. Dann setzte er sich wieder und sprach weiter mit seinem Tischnachbarn, Professor Flitwick.

„Darauf möcht' ich wetten", meinte Angelina grimmig zu ihrer Sitznachbarin Lavender.

Ron wandte sich flüsternd an Hermine: „Was soll das jetzt wieder, häh? Warum hat er ihm den Posten dann jahrelang vorenthalten? Dieser Dumbledore ist echt noch schräger, als ich dachte!"

Hermine mahnte zischend: „Wart doch erst mal ab! Professor Dumbledore wird schon wissen, warum er ihm vertraut." Doch sie sah selbst nicht besonders glücklich aus.

Ron sah sie stirnrunzelnd an, doch dann drehte er den Kopf weiter nach rechts und sah quer durch die Halle hinüber zum vorderen Ende des Slytherin-Tisches. Svensson, der sich direkt zwischen Blaise Zabini und Gregory Goyle gesetzt hatte, flüsterte mit geneigtem Kopf mit Goyle. Ron tippte Hermine an und wies mit dem Kinn in die Richtung.

„Was tuschelt der da so mit Goyle? Ich denk', die verstehen sich nicht!", flüsterte er verschwörerisch. Er fühlte sich irgendwie hintergangen. Hermine drehte sich kurz um und verdrehte die Augen.

„Ron, jetzt lass ihn doch in Ruhe. Ich hab' dir doch schon gesagt, du kennst ihn nicht, und vielleicht –"

„Nein, ist doch so", beharrte Ron. „Man kloppt sich doch nicht erst und tuschelt dann herum!" Hermine seufzte nur genervt und drehte sich wieder nach vorn.

Ron murmelte nur undeutlich etwas von „ist doch nicht normal, der Typ" und verschränkte die Arme vor der Brust. Doch er hatte nicht viel Zeit, den Beleidigten zu spielen. Um sie herum standen die ersten Schüler bereits auf und schickten sich an, zu ihren Gemeinschaftsräumen zu gehen.

„Komm, Ron, wir müssen die Erstklässler anführen!", sagte Hermine und zog ihn auch schon am Umhang mit sich.

„Mann, warum schleift sie mich andauernd hinter sich her?", jammerte Ron. Hinter ihm kicherte Seamus leise zu Dean: „Selber schuld, wer sich von den Mädchen schleifen lässt …"

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So, das war's mit dem ersten Kapitel soweit … Der Köder ist ausgelegt, jetzt muss nur noch jemand anbeißen. Ich weiß, allzu viel ist noch nicht passiert, aber das muss sich ja auch erst mal entwickeln. Eine Geschichte, die groß werden will, muss erst mal wachsen, oder? Außerdem kommt in Kapitel 2 wieder was … Jawoll.

Übrigens: Nein, ich weiß nicht genau, wie ein durchfallkranker Ghul guckt. Bemüht einfach Euer Kopfkino ;-) … Oder besser nicht. Zu spät? Sorry.

Und bitte vergesst nicht zu reviewen; sonst weiß ich ja gar nicht, ob ich überhaupt weiterschreiben soll, GELL?

Bis demnächst, Euer Fox.