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"Klare Sicht"
Eine Ranma1/2 FanFiction
Von Mark Soul
Disclaimer:
Ich habe nicht, hatte nie und werde niemals
haben, die Copyrights am
Material von Ranma1/2. Die folgende
Geschichte selbst ist mein geistiges
Eigentum, jedoch stelle ich
den Text unentgeltlich zur Verfügung.
Mousse erwachte durch das trockene Klappern und Scharren, das Holzmöbel
oftmals erzeugten, wenn sie hin und her gerückt wurden. Er schlug die Augen
auf und ein wunderbarer Anblick begrüßte ihn. Shampoo, die Liebe und das
Licht seines Lebens, war damit beschäftigt die über Nacht hochgestellten
Stühle wieder unter die Restauranttische zu stellen.
Er steckte seinen Kopf zwischen den Gitterstäben seines
Käfigs hindurch und
wollte ihr einen guten Morgen wünschen,
aber heraus kam nur ein: "QUACK!"
Aber das schnatternde Geräusch reichte aus, um die
Aufmerksamkeit der Amazone
zu erlangen. Sie warf ihm einen
mißbilligenden Blick zu, bevor sie mit ihrer
Arbeit
fortfuhr.
"QUACK!" sagte Mousse, was diesmal so viel bedeutete wie: "Ich liebe dich!"
Diesmal gab es keine Reaktion, und als er endlich aus seinem
Gefängnis
befreit wurde war es auch nicht Shampoo, sondern
Cologne, die ihn
herausholte. Grob packte sie ihn an seinem
empfindlichen Hals und hob ihn in
die Höhe.
"Sie zu, daß du dich verwandelst, die ersten Gäste
werden bald kommen, und
du hast noch jede menge Arbeit vor dir."
Sie ließ ihn los und scheuchte ihn
Richtung Bad, während
sie selbst in der Küche verschwand.
Nachdem Mousse wieder ein junger Mann war und sich eine seiner
Roben
übergeworfen hatte, eilte er zurück ins
Nekohanten, wo Shampoo mittlerweile
die Tische mit einem feuchten
Tuch säuberte und auf die ersten Kunden
wartete.
Mit einer gekonnten Bewegung zauberte er einen Blumenstrauß
hervor und
reichte ihn ihr. "Für dich, meine Liebste,"
säuselte er.
Ruckartig drehte Shampoo sich zu ihm um, riß ihm die Blumen
aus der Hand,
warf sie in Richtung Mülleimer und verpaßte
ihm eine Ohrfeige die ihn
rückwärts taumeln ließ
- das alles in einer einzigen, fließenden Bewegung.
Dann
wischte sie die Tische weiter ab, als wäre nichts gewesen.
Cologne fischte den Strauß aus dem Abfalleimer wieder
heraus, stellte ihn in
einer Vase und diese auf einen der Tische.
"Keine schlechte Idee, Mu-Tsu. Du
kannst so ein Gesteck auf
jeden Tisch stellen."
Seufzend ließ Mousse Kopf und Schultern hängen.
Einen hohen Stapel schmutziges Geschirr balancierend, wankte der junge
Kämpfer in die Küche und setzte seine Last im Spülstein ab. Das war zumeist
seine Aufgabe im Nekohanten: Die dreckigen Teller und Tassen einsammeln und
abwaschen.
Mit mürrischem Gesicht zog er zwei lange Gummihandschuhe an -
zwar war das
Spülwasser meistens warm, aber sicher ist
sicher - und begann mit der Arbeit.
Heute war zum Glück
nicht so viel los gewesen, der normale mittägliche
Andrang
hatte sich in Grenzen gehalten. Nachmittags hatte das Restaurant für
gewöhnlich geschlossen, und Mousse rechnete sich gute
Chancen aus, daß diese
Pause heute auch für ihn gelten
würde. Das war keineswegs immer so, als Mann
hatte man bei
den Amazonen wenig zu lachen, und die Affenmumie schien ständig
irgendwelche Arbeit für ihn zu haben.
"Sieht ganz so aus, als könnten wir uns heute eine Pause
gönnen," hörte
er Cologne zu Shampoo sagen. "Du
könntest die Zeit nutzen, und deinen
Bräutigam besuchen
gehen."
"Aiya, das ist eine ausgezeichnete Idee, Urgroßmutter.
Ich glaube ich weiß
auch, wo ich ihn gleich finden kann."
"Dann verliere keine Zeit, Xian-Pu. Mu-Tsu und ich werden uns
um die
restlichen Arbeit im Nekohanten kümmern."
Ein fröhliches Lächeln erschien auf Shampoos Gesicht.
"Vielen Dank, O-baba.
Ich werde sofort losgehen."
Als Mousse diese Wörter hörte, sah er rot. Er ließ
Teller und Bürste fallen
und stürzte aus der Küche.
"Xian-Pu, geh nicht!" rief er. "Du weißt nicht,
was Saotome mit dir-" Er kam nicht dazu den Satz zu
vollenden, ein Stock
zwischen den Beinen unterbrach ihn, sowohl
beim Sprechen als auch beim
Rennen.
"Sei still, Mu-Tsu, und geh zurück an deine Arbeit!"
herrschte ihn Cologne
an. "Misch dich nicht in Dinge ein,
von denen du keine Ahnung hast!"
Ärgerlich warf Mousse den Stock, über den er gestolpert
war, nach der alten
Amazone. "Ich habe genug Ahnung, daß
ich Saotome nicht über den Weg traue."
Er riß
sich die Gummihandschuhe von den Händen und lief hinter seiner
Angebeteten her aus dem Restaurant.
Cologne lehnte sich kopfschüttelnd auf ihren Stock, den sie
lässig wieder
aufgefangen hatte. "Mu-Tsu, die
Sehschwäche deiner Augen ist nicht deine
einzige Blindheit,"
murmelte sie.
Aber Mousse hörte die Worte nicht mehr. Er war zu sehr damit
beschäftigt
Shampoo einzuholen, welche auf ihrem Fahrrad ein
gutes Stück Vorsprung hatte
und diesen auch immer weiter
vergrößerte.
"Xian-Pu! Warte!"
Die Amazone wandte sich kurz um, sah ihn, und beschleunigte ihr
Tempo. Einige
Autofahrer mußten entsetzt mit ansehen, wie
ein Fahrrad sie überholte und
dann mit quietschenden Reifen
in eine Seitenstraße einbog.
Als Mousse die Abbiegung erreichte, war von dem lilahaarigen
Mädchen keine
Spur mehr zu sehen. Verbissen rannte er
weiter, aber an der nächsten Kreuzung
mußte er schon
wieder halt machen. In welcher Richtung war sie verschwunden?
Links?
Rechts? Oder geradeaus? Im Gegensatz zu Shampoo hatte Mousse keine
Ahnung, wo Ranma um diese Zeit zu finden war, und somit auch
keine
Möglichkeit einen von beiden aufzuspüren.
Das heißt, fast keine Möglichkeit. Aufgrund seiner
absurden Kurzsichtigkeit
hatte sein Gehör eine fast
übermenschliche Schärfe entwickelt und so schloß
er
die Augen und lauschte. Und er hatte Glück, ein ihm
wohlbekanntes Klingeln
kam von rechts. Ohne weiter zu zögern
rannte Mousse los, hangelte sich die
nächste Straßenlaterne
hinauf und von dort weiter auf die Hausdächer.
Mit die Schwerkraft verspottenden Sprüngen jagte er von
Dachfirst zu
Dachfirst, die Ohren gespitzt auf weitere Hinweise.
Und da war es wieder, der
Ton von Shampoos Fahrradglocke! Ein
erschrockener Ausruf folgte, dann das
Geräusch einen
Zusammenstoßes. Scheinbar hatte Shampoo Ranma gefunden.
Schlitternd kam der Amazone auf den Ziegeln zum Halten und blickte
hinab auf
die Straße. Dort sah er nicht nur den Menschen,
den er am meisten liebte,
sondern auch den, den er am meisten
haßte. Ranma hatte einen Reifenabdruck
quer im Gesicht,
zweifelsohne hatte er sich mal wieder Shampoo absichtlich in
den
Weg gestellt und nutzte nun ihre Besorgtheit aus.
Wutentbrannt mußte Mousse mitansehen, wie sein Rivale
Shampoo zwang ihn zu
umarmen, während er selbst nur
teilnahmslos die Zuneigung genoß. Ohne eine
weitere Sekunde
zu vergeuden sprang Mousse vom Dach und warf noch im Fallen
eine
Salve spitzer Nadeln. Zufrieden registrierte er, wie sein Angriff
Ranma und Shampoo voneinander trennte, als die Beiden zu
entgegengesetzten
Seiten auswichen.
Mousse landete genau zwischen ihnen, um Shampoo zu schützen
und Ranma keine
weitere Gelegenheit zu geben, sie an sich zu
reißen. Eine stachelbesetzte
Keule ziehend, wandte er sich
seinem Rivalen zu. "Saotome!"
Der angesprochene Junge ging augenblicklich in Kampfhaltung,
machte aber
auch ein eindeutig genervtes Gesicht. Kein Wunder,
dachte Mousse bei sich,
hatte er Ranma doch bei dessen
hinterhältigen Plänen gestört - wie immer die
auch
aussehen mochten.
"Mousse sein Trottel!" keifte Shampoo ihn an. "Können
Mousse nicht sehen,
wenn Shampoo wollen sein alleine mit Airen?"
"Aber Xian-Pu, merkst du nicht, daß Saotome dich nur
ausnutzt?" verteidigte
sich Mousse auf chinesisch und drehte
sich zu seiner Geliebten um. "Ich
will dich doch nur
beschützen, und-"
Weiter kam er nicht. Ein unerwarteter Stoß in den Rücken
ließ ihn taumeln.
Dieser hinterhältige Saotome hat
mich von hinten angegriffen! durchfuhr
es Mousse. Doch er
hatte Glück im Unglück, Ranmas Attacke war schlampig
und
kraftlos gewesen, eher wie ein Schubsen, so daß der blinde
Junge außer
seinem verlohrenen Gleichgewicht keinen Schaden
erlitt. Er solperte haltlos
an Shampoo vorbei - und fiel über
ihr versehentlich ausgestrecktes Bein.
Sofort rappelte er sich wieder auf und schleuderte zahlreiche, an
dünnen
Ketten befestigte Gegenstände in Ranmas
Richtung. Die meisten waren entweder
scharf oder spitz - oder
beides -, aber es waren auch einige Kuriositäten
wie ein
Gummihuhn, eine Spülbürste und eine InuYasha-Puppe dabei.
Ranma wich den Geschossen aus, drehte und wand seinen Körper
aus der
Gefahrenlinie, floß mit der Leichtigkeit
jahrelangen Trainings um die
Projektile herum. Dann konterte er,
griff nach einigen der Ketten und
zog den Amazonen mit einer
ruckartigen Bewegung zu sich heran. Doch
Mousse hatte mit dem
Gegenangriff gerechnet, er gab der Vorwärtsbewegung
nach und
zog einen Speer hervor.
Der Triumph blitzte schon in Mousse' Augen, während sich die
seines Gegners
vor Schreck weiteten. Sehr zu seinem Ärger
brachte es Ranma aber irgendwie
fertig, dem tödlichen Stoß
der Waffe auszuweichen - der Speer schlitzte nur
dessen
Seidenhemd auf und brachte ihm einen häßlichen Schnitt in
Nierennähe
bei.
Dann war es auch schon vorbei mit Mousse' Glückssträhne.
Ranmas Faust traf
sein Gesicht mit grausamer Härte, stoppte
seine Vorwärtsbewegung abrupt, und
fegte ihm die Brille von
der Nase. Jetzt so gut wie blind, hatte Mousse dem
folgenden
Schlag in den Magen nichts entgegenzusetzen, und nur seiner
Kampferfahrung gegen den Jungen hatte er es zu verdanken, daß
er sich unter
dem nachgesetzten Roundhousekick wegducken konnte.
Mit einer schnellen Bodenrolle brachte er sich aus der
unmittelbaren
Gefahrenzone. Zwei Krummsäbel hervorziehend,
wandte er sich dorthin, wo er
seinen Rivalen vermutete. "Deine
unfaire Kampfweise wird dir jetzt auch
nichts mehr nützen.
Ich werde es ein für allemal unterbinden, daß du Shampoo
belästigst!"
"Wer belästigt hier wen?" kommentierte Ranma
trocken, und aus einer völlig
anderen Richtung.
Mousse wandte sich nach rechts um, von wo die Stimme gekommen war,
und
deutete mit seiner Waffe auf den verschwommenen Fleck, den er
als Ranma
vermutete. "Versuche nicht abzulenken!"
schrie er. "Du nutzt unser Gesetz
aus, welches Shampoo an
dich bindet, während du dich gleichzeitig an andere
Mädchen
heranmachst."
"Deine Gesetze sind mir scheißegal!" gab Ranma
ebenso zornig zurück. "Und
wenn's nach mir ginge, hätt'
ich gar keine Verlobte. Aber du kriegst das ja
nicht in deine
hohle Birne rein!"
Mousse hörte die leisen Schritte, mit denen der junge
Kampfsportler nach
seiner Erwiderung nochmals den Standort
wechselte. Diesmal jedoch folgte
er nicht dem Geräusch,
sondern blickte weiterhin geradeaus, als ob er Ranma
noch immer
dort vermuten würde. "Lügen und faule Ausreden,"
rief er. "Ich
habe dich längst durchschaut, Saotome!"
Und damit stürzte er nach links.
Der erschrockene Ausruf Ranmas bewies ihm, daß er den Jungen
tatsächlich
überrascht hatte. Er wirbelte seine
tödlichen Klingen in einem komplizierten
Muster durch die
Luft, und erwartete jeden Moment auf Fleisch und Knochen
zu
treffen.
Der Moment kam nie. Mit gnadenloser Wucht wurde er von hinten am
Kopf
getroffen, dann schmetterte der gleiche stahlharte
Gegenstand in seinen
Rücken. Haltlos fiel er zu Boden, und
wunderte sich wie Ranma so schnell
hinter ihn kommen konnte und
seit wann er andere Waffen als seine Fäuste
benutzte. Sofort
rollte er sich herum und wollte aufspringen, aber ein Fuß
stellte sich auf seine Brust und nagelte ihn am Boden fest.
Mousse griff nach dem Bein, wollte es herumreißen und den
Gegner von sich
fortstoßen. Als er jedoch bloße Haut
berührte, mußte er mit Entsetzen
feststellen, daß
es gar nicht Ranma war, der ihn hier hinterrücks angegriffen
hatte, sondern-
"Shampoo jetzt haben genug von Mousse. Sein Zeit für
dummen Entenjungen zu
gehen nach Lala-Land."
Dann traf ihn die Bonbori erneut am Kopf und absolute Schwärze umfing ihn.
Als Mousse wieder erwachte, merkte er sofort, daß er nicht mehr draußen auf
der Straße lag. Kein Wunder, die Tatsache, daß er in einem dieser weichen,
westlichen Federbetten lag, mit einer wärmenden Decke zugedeckt, ließ sich
auch schwer ignorieren.
Einen Moment lang war er versucht wieder einzuschlafen. Das Bett
war
unglaublich bequem und kuschelig. Daheim bei sich in
Joketsuzoku hatten die
Männer keine Betten, sie hatten
überhaupt kein Nachtlager, sondern mußten
stets auf
nacktem Boden schlafen. Und hier in Nerima war es ihm auch nicht
besser ergangen.
Mousse schüttelte den trüben Gedanken ab, setzte sich
auf und blickte sich
um. Was nicht viel half, alles was er sah
waren helle und weniger helle
Flecken in grauem Nebel. Seufzend
wollte er in einer der zahlreichen Taschen
seiner Robe nach
seiner Brille suchen, als er merkte, daß er bis auf die
Boxershorts nackt war.
Die Bettdecke zurückschlagend, schwang er die Beine aus dem
Bett und
konzentrierte sich auf seine übrigen Sinne. In
einem Nebenraum waren
nicht identifizierbare Stimmen zu hören.
Er war also nicht allein und
womöglich war die Person unter
ihnen, die ihn hier ins Krankenhaus gebracht
hatte.
Das es ein Krankenhaus war, wußte er aus zweierlei Gründen:
Zum einen hatte
er einen professionell angelegten Verband um
seinen Kopf. Zum anderen hatte
dieser Raum den typischen Geruch
einer Klinik an sich.
Er stand auf und wollte den unbekannten Stimmen folgen, als
plötzlich eine
weitere Stimme aus dem Nichts sagte: "Wurd'
auch Zeit, daß du aufwachst.
Wir müssen mal mit'nander
reden, Blindfisch."
Mousse stoppte und hob in abwehrender Haltung die Arme. "Saotome!
Du
Feigling, zeig' dich!"
"Als wenn ich das könnt', wenn du deine Brille nich' aufhast."
Sich einmal um die eigene Achse drehend, suchte Mousse nach dem
Ursprung der
spöttischen Antwort. Aber die Stimme schien aus
allen Richtungen gleichzeitig
zu kommen. "Was willst du?"
"Hab' ich doch gesacht: Mit dir reden."
"Ich wüßte nicht, was ich mit dir zu besprechen habe, du Frauenbetrüger!"
Ranma seufzte, und Mousse konnte das leise Rascheln seiner
Kleidung hören als
er sich bewegte. Den Ursprungsort konnte
er zu seinem Mißfallen aber noch
immer nicht ausmachen.
"Siehst du, genau das ist das Problem," meinte Ranma
ärgerlich. "Das du
denkst, ich würd' sie betrügen.
Das's Quatsch! Ich WILL sie gar nich'. Von
mir aus kann'se
bleiben wo der Pfeffer wächst. Nur rafft die das nie!"
Mousse ballte in hilfloser Wut die Fäuste. Wie konnte dieser
Kerl so von
seiner Shampoo reden? Wenn er ihn nur sehen könnte...
"Lügner! Glaubst du ich sehe nicht, wie sehr du jedes
Mal Shampoos
Gesellschaft genießt? Hältst du mich für
so blind?"
"Allerdings. Blind wie'n Stockfisch bist'e,"
kommentierte Ranma trocken. "Ich
hab' nie gewollt, daß'se
sich mir immer an den Hals wirft. Das ist nur wegen
eurer blöden
Amazonenregeln. Das kannst'e mir glauben oder nich', aber ich
will
nich' mehr von deiner Shampoo, als sie von dir will."
"Shampoo und ich sind vom Schicksal füreinander bestimmt!" brüllte Mousse.
Er spürte wie etwas auf ihn zukam, hob schützend die
Arme vors Gesicht. Und
dann konnte er plötzlich wieder
sehen. Erschrocken blickte er direkt in
Ranmas Gesicht, nur
Zentimeter vor seinem eigenen.
"Seid ihr Amazonen eig'ntlich mit Kuno verwandt?" fragte
der junge Zopfträger
sarkastisch. Und dann war er
verschwunden - hatte ein Fenster geöffnet und
war weg, noch
bevor Mousse sich über die Frage wundern konnte.
Die Zimmertür ging auf, und Doktor Tofu kam herein. "Was
ist denn das für
ein Gebrüll hier...? Oh, Mousse, du
bist schon wieder wach?"
Ich bin also gar nicht in einem richtigen Krankenhaus,
überlegte der
Kämpfer, sondern nur in der Praxis
von Tofu Ono. Also noch in Nerima. Er
warf einen letzten
Blick hinter seinem Rivalen her, dann wandte er sich dem
Doktor
zu. "Ja, bitte entschuldigen Sie meine Schreierei. Haben Sie
mich
behandelt?"
"Das habe ich. Ranma-kun hat dich mit einer leichten
Gehirnerschütterung
vorbeigebracht, es ist also nichts
ernstes."
Ranma? dachte Mousse. Das überraschte ihn, warum
hatte sein Rivale ihn
hierher gebracht?
"Allerdings solltest du deinen Kopf die nächsten Tage
ein wenig schonen,"
fuhr der Arzt fort, "also nach
Möglichkeit keine Schläge auf den Schädel."
"Ich werde es versuchen," antwortete der Junge zögernd.
"Was bin ich Ihnen
schuldig?"
Tofu winkte ab. "Oh, nicht der Rede wert. Ein
Freundschaftsdienst. Ich freue
mich immer, wenn ich dich oder
Ranmas andere Kollegen mal wieder hier sehe."
Mousse nickte, bedankte sich und verließ die Praxis.
Draußen blickte er sich suchend um. Von Ranma keine Spur mehr.
"Ich werde ihn schon wiederfinden," sagte er zu sich
selbst. "Und dann wird
er bezahlen für das, was er über
mich und Xian-Pu gesagt hat," schwor er,
die Hand zur Faust
geballt.
Obwohl er sich Mühe gab und die Gegend um Nerima mehrmals absuchte, konnte
Mousse seinen Rivalen an diesem Tag nicht mehr auftreiben. Saotome schien
verschwunden zu sein, so wie es Hibiki sonst immer tat.
Mit schlechter Laune und vor sich hinmurrend kehrte er schließlich
ins
Nekohanten zurück. Das Abendgeschäft würde
bald beginnen und er mußte dabei
helfen. Er hatte keine
Lust Cologne wieder zu verärgern und noch eine Nacht
als
Ente im Käfig zu verbringen.
Seine Stimmung wurde schlagartig besser als er den Laden betrat
und sein
Herzblatt sah. Erleichtert lief er auf sie zu. "Xian-Pu,
es geht dir gut!
Konntest du Saotome entkommen, bevor er
Gelegenheit hatte dir etwas anzutun?"
Er wollte ihr um den
Hals fallen, stoppte jedoch als Shampoo ihm ihre Bonbori
unter
die Nase hielt.
"Ob es mir gut geht? Nein, es geht mir nicht gut!"
fauchte sie ihn an. "Und
zwar weil du mir mein Date mir
Ranma vermasselt hast, du blinde Nuß!"
Mousse schielte verstört auf die Eisenkugel mit Stiel vor
seinem Gesicht.
"Aber ich-" begann er.
Mit einer drohenden Bewegung ihrer Waffe schnitt die Amazone ihm
das Wort ab.
"Hättest du dir das Bewußtlos werden
nicht verkneifen können? Nur weil man
ohnmächtige Leute
nicht herumliegen lassen darf, mußte Ranma dich zum Arzt
bringen anstatt mit mir auszugehen. Du hast alles verdorben!"
schimpfte das
Mädchen und wandte ihm betont den Rücken
zu. Weiter die Tische wischend
grummelte sie: "Dummes
japanisches Gesetz. Habe ich noch nie von gehört."
Ich auch noch nicht, dachte Mousse, wunderte sich aber
nicht weiter
darüber. Natürlich kannte Ranma als
Einheimischer die hiesigen Regeln besser
als er. "Nun hör
mir doch mal zu, Xian-Pu," startete er einen zweiten
Versuch
und faßte sie sanft an der Schulter um sie zu sich
herumzudrehen.
Und Shampoo drehte sich auch zu ihm herum. Leider viel schneller
als er
erwartet hatte, außerdem brachte sie noch einen
Kinnhaken mit. "Wie oft muß
ich es dir noch sagen?"
fuhr sie ihn an, als er sich auf dem Boden wieder
aufsetzte und
seinen Kiefer befühlte. "Ich will nichts von dir! Also laß
mich
endlich in Ruhe!"
Die Amazone starrte noch einen Wimpernschlag lang den auf den
Dielen
sitzenden Jungen an, dann drehte sie sich so schwungvoll
um, daß ihr Haar
durcheinanderwirbelte und stürmte aus
dem Lokal. Mousse rieb sich immer noch
sein Kinn und blickte ihr
sehnsüchtig nach, wie sie vor dem Nekohanten
Stühle und
Tische zurechtrückte und abwischte - dabei war sie hier drinnen
noch gar nicht fertig mit der Arbeit.
Er widerstand der Versuchung noch mal zu ihr hinzugehen.
Zahlreiche, meist
schmerzhafte Erlebnisse hatten ihm die
Fähigkeit gegeben, sehr genau
einschätzen zu können
wann er es übertrieb. Shampoo stand kurz vor dieser
unsichtbaren Grenze, und er wollte nicht noch einmal etwas wie
den Fluch des
dreijährigen Lächelns riskieren.
Statt dessen ging er in die Küche des Restaurants, wo sein
Platz war wenn
die Kunden kamen. Cologne stand bereits am Herd
und traf die ersten
Vorbereitungen.
"Du bist spät, Mu-Tsu," sagte sie ohne sich zu ihm umzudrehen.
"Ich bin noch rechtzeitig, du alte Vettel," gab er
säuerlich zurück - und
rieb sich gleich darauf den
Kopf, wo ihn der Holzstock getroffen hatte.
Cologne stand schon wieder am Herd als ob nichts gewesen wäre.
"Ob
rechtzeitig oder nicht entscheide immer noch ich. Hier,
diese Sachen mußt
du noch einkaufen bevor wir öffnen."
Obwohl die Liste, die sie ihm beiläufig
zuwarf, aus Papier
war, zischte sie wie ein Ninjastern an seinem Ohr vorbei
und
blieb im Türrahmen stecken.
Als er das jetzt wieder schlaffe Papier aus dem Holz zog ergänzte
die alte
Frau: "Aber vorher erledigst du die Arbeit, von der
du Xian-Pu abgehalten
hast und wischst die Tische im Saal
blitzblank. Und jetzt beeil dich."
"Ist ja gut, ich bin ja schon weg, du Affenmu-" Donk. "Aua!"
Mit einem erleichterten Stöhnen stellte Mousse den letzten Stapel frisch
gespültes Geschirr ins Regal und wischte sich mit einem Zipfel seiner Robe
den Schweiß von der Stirn. Heute Abend war ungewöhnlich viel Betrieb
gewesen, und sie waren den letzten Gast erst nach Mitternacht losgeworden.
Jetzt ging es auf zwei Uhr zu.
Mit bloßen Händen einen Ackerpflug ziehen ist nicht
halb so anstrengend wie
die ganzen Teller abwaschen, dachte
er und ließ das Schmutzwasser aus dem
Spülbecken
abfließen.
"Wir haben heute einen erstaunlichen Gewinn gemacht,"
hörte er Cologne sagen,
die im Nebenzimmer gerade die
Tageseinnahmen zählte.
"Aiya!" sagte Shampoos Stimme, "du bist eben nicht
nur auf dem Schlachtfeld
unübertroffen, sondern auch in der
Küche."
Der Klang ihrer Stimme reichte schon aus, um Mousse alle Müdigkeit
vergessen
zu lassen. Er verließ die Waschecke.
"Das bringt die Erfahrung mit sich," sagte Cologne
gerade, als er den Raum
betrat. "Aber deine Anwesenheit beim
servieren hatte gewiß auch einen nicht
unerheblichen
Einfluß - zumindest bei den männlichen Gästen."
"Und was ist mit mir?" mischte sich Mousse in das
Gespräch ein. "Ich habe
auch hart geschuftet und
genauso Anteil am Erfolg wie ihr."
Shampoos eben noch so fröhliches Gesicht fiel zu einer
ausdruckslosen Maske
zusammen, und Cologne ... nun, ihr Gesicht
sah aus wie zerknülltes Papier.
Wie üblich.
Mousse bemerkte nicht die subtile Stimmungsänderung und fuhr
fort: "Ich
habe so viele Teller gewaschen, daß ich
fast Schwimmhäute zwischen den
Fingern kriege. Das ist doch
auch ein nettes Wort wert, oder nicht?" Er sah
Shampoo
erwartungsvoll an.
Die lilahaarige Kämpferin ging gar nicht erst auf den letzten
Teil seines
Satzes ein. "Aber du hast doch schon
Schwimmhäute. Quack, quack!" meinte sie
nur und machte
wedelnde Bewegungen mit den Ellenbogen.
Mousse ließ enttäuscht die Schultern sinken. Der Spott
seiner Herzdame
schmerzte wie ein Messerstich. "Hast du denn
gar kein Lob für mich übrig?"
fragte er traurig.
"Von deiner Urgroßmutter bist du doch auch so begeistert
gewesen."
Shampoo hörte auf eine Ente zu imitieren und sah ihn ernst
an. "Wenn du Lob
willst, Mu-Tsu, dann mußt du es dir
verdienen," sagte sie mit Stahl in der
Stimme. Zu ihrer
Großmutter gewandt und in ganz anderem Tonfall sagte sie:
"Komm, O-baba, gehen wir schlafen. Licht aus und Tür
abschließen kann ja die
Aushilfskraft machen."
Der blinde Junge zuckte bei den Worten zusammen. "Ich habe es
mir verdient,
schon mehrfach," murmelte er zu sich selbst.
"Also werde ich mir mein Lob
eben holen," rief er laut
und stürmte auf Shampoo zu, die ihm bereits den
Rücken
zugewandt hatte.
Die Amazone reagierte ein wenig zu langsam. Bevor sie in
Kampfstellung gehen
konnte hatte Mousse schon seine Arme um sie
geschlungen und preßte sie an
sich. "Ich will doch
nur, daß du mich beachtest," heulte er. "Ich will
nicht
nur ein arbeitender Schatten in deinem Leben sein, Xian-Pu.
Ich liebe dich!"
"Und ich liebe dich nicht!" schrie Shampoo und sprengte
seine Umklammerung.
Sie rammte ihm ihren Ellenbogen in die
Magengrube und trat ihm gleichzeitig
noch auf die Zehen. Dann,
als er sich krümmte, schlug sie ihm mit der zur
Faust
geballten Rückhand ins Gesicht.
Als sich die Sternchen aus Mousse' Blickfeld verzogen hatten war
Shampoo
längst schon weg. Er hatte gehört wie sie die
Treppe raufgelaufen war und
ihre Tür hinter sich zugeknallt
hatte. Halb enttäuscht, halb verwirrt
wischte er sich das
Blut von der Oberlippe.
"Warum begreifst du es nicht?" Überrascht sah er
sich um, als Cologne sich
neben ihm auf eine Tischkante setzte.
Er hatte die Anwesenheit des
Matriarchen völlig vergessen.
"Xian-Pus Herz gehört jemand anderem. Für dich
ist
kein Platz mehr, Mu-Tsu."
"Das ist nicht wahr," beharrte der Amazone. "Sie
wird schon noch erkennen,
daß meine Liebe viel größer
ist als die von Saotome, und dann wird sie sich
für mich
entscheiden."
Cologne schüttelte fast mitleidig den Kopf. "Du bist
genauso blind wie-"
begann sie.
"Das weiß ich selber, du verschrumpelte alte Affenmumie," unterbrach Mousse.
Cologne hieb ihm mit ihrem Stock auf den Schädel. "Unterbrich
mich nicht!
Ich wollte sagen, du bist genauso blind wie dieser
Möchtegern-Samurai, der
beim Schwiegersohn mit in die Schule
geht."
"Tatewaki Kuno?" fragte er ungläubig. "Du bist
jetzt wohl endgültig
verkalkt?" Donk. "Au! ...
Kuno trägt doch gar keine Brille."
"Blindheit muß sich nicht immer auf die Augen
beziehen," sagte die alte Frau
betont. "Man kann auch
in der Realität verblendet sein."
"Ja ja," winkte Mousse ab. "Du hast heute wohl
wieder zu viele Glückskekse
gebacken."
Cologne ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. "Ich
meine es ernst, Mu-Tsu.
Denke über meine Worte nach. Es wäre
das Beste für uns alle. Und jetzt geh'
schlafen, morgen ist
kein Ruhetag."
Der Junge stieß mit einem gleichgültigen "Pfft!"
die Luft aus. "Ich meine
auch ernst was ich sagte. Gute
Nacht, alte Af-" Cologne drohte mit ihrer
Gehhilfe und er
verbesserte sich eilig: "Ehrenwerte Älteste."
Ein zahnloses Grinsen zeigte sich. "Schon besser." Dann
ging die ehrenwerte
Älteste des Amazonenstammes zu ihrem
Zimmer.
Mousse begab sich ebenfalls zu seinem Nachtlager, ein paar Decken
in der
Abstellkammer am Ende des Flures. Aber obwohl er zu Tode
erschöpft war,
wollte der Schlaf nicht kommen. Es schmerzte,
daß Shampoo ihn immer so
abweisend behandelte, und
gleichzeitig ärgerte es ihn auch.
Und dann wollten ihm einfach nicht Colognes Worte aus dem Kopf
gehen. Nicht
der Kommentar mit der Blindheit, sondern daß
sie ihn mit Kuno verglichen
hatte. Ihm fiel ein, daß heute
auch Ranma schon den selben Vergleich gemacht
hatte.
Pah! dachte er verärgert. Als wenn ich und dieser
Samurai-Trottel etwas
gemeinsam hätten. Ich bin ihm im Kampf
überlegen und spreche sogar besser
Japanisch als er.
Außerdem hat er in der ganzen Zeit noch nicht begriffen,
daß
sein Mädchen mit dem Zopf Ranma ist, so blind ist er! ... Blind?
Hmm...?
Erst als der Morgen schon graute fielen Mousse aus purer
Erschöpfung die
Augen zu.
Wie er den kommenden Vormittag überstanden hatte, konnte Mousse später nicht
mehr sagen. Ständig fielen ihm die Augen zu, und einmal war er sogar im
Stehen eingeschlafen. Er konnte die katastrophalen Folgen nur ahnen, die er
im Ablauf des Restaurant-Alltags verursacht hatte.
Er war sogar zu müde um sich noch weiter mit dem Gedanken zu
beschäftigen,
der ihm die letzte Nacht schon den Schlaf
geraubt hatte. Schließlich mußte
sogar Cologne
einsehen, daß Schimpfen und Schlagen dieses Mal auch nicht
weiterhalfen, und sie schickte ihn gegen Mittag auf sein Zimmer.
Jedoch nicht
ohne vorher deutlich gemacht zu haben, daß
diese Sache noch unangenehme
Folgen haben würde.
Noch bevor Mousse seine Kammer erreichen konnte war er eingeschlafen.
Als er wieder erwachte war es Nachmittag. Schultern und Rücken
schmerzten von
der unbequemen Position, in der er gelegen hatte
und er mußte sich dringend
erleichtern. Er war noch weit
davon entfernt wirklich ausgeschlafen zu sein,
aber es würde
für den Rest des Tages reichen.
Auf dem Weg zur Toilette griff er nochmals den Gedanken an Kuno
auf, und
Colognes beziehungsweise Ranmas Vergleich mit ihm
selbst. Letzte Nacht
glaubte er begriffen zu haben, was sie ihm
damit sagen wollten: Kuno war zu
blind um zu begreifen, daß
Akane und Ranmas weibliche Form ihn nicht liebten;
und er,
Mousse, war zu blind um zu begreifen, daß Shampoo ihn nicht
liebte.
Seiner Meinung nach hinkte dieser Vergleicht aber gewaltig. Ich
bin mir
durchaus bewußt, daß Xian-Pu mich nicht
liebt, dachte er grimmig, ihre
Schläge lassen da
wenig Raum für Zweifel. Aber was nicht ist, kann ja noch
werden. Irgendwann wird meine Mühe, sie für mich zu
gewinnen, Früchte
tragen, machte er sich selbst Mut. In
seinen Augen war er also in einer
völlig anderen
Ausgangsposition als der Möchtegern-Samurai.
Nachdem er erledigt hatte was es zu erledigen gab ging er runter
ins
Erdgeschoß. Jetzt am Nachmittag hatte das Cat-Cafe
geschlossen und machte
einen verwaisten Eindruck. Leider war auch
von Shampoo keine Spur zu sehen.
"Seid ihr alle weg?" rief er in den Raum hinein. Zu
seiner Überraschung
bekam er sogar eine Antwort - wenn man
einen Schlag auf den Kopf als Antwort
bezeichnen konnte.
"Hast du dich endlich bequemt aufzustehen?" Als er sich
umdrehte entdeckte
er Cologne, die plötzlich dastand wie
hingezaubert. "Nach deiner Vorstellung
heute Vormittag
sollte ich Ente süß-sauer auf die Abendkarte setzen, du
unfähiger Mann! Xian-Pu und ich mußten die ganze
Arbeit allein erledigen."
Das Wort Mann stellte in der Amazonenkultur eine schlimme
Beleidigung dar.
Verärgert blickte Mousse den Matriarch
durch seine flaschenbodendicken
Brillengläser an. "Dann
wißt ihr ja jetzt, daß meine Aufgaben im Nekohanten
auch
wichtig sind, und daß mal ein kleines Lob angebracht wäre!"
beschwerte
er sich.
Erstaunlicherweise blieb der erwartete Stockschlag auf die Worte
aus. Cologne
sah ihn nur mißbilligend an. "Und
deswegen schmollst du die ganze Nacht wie
ein kleines Kind, so
daß du heute vor lauter Müdigkeit mehr Schaden als
Nutzen
in der Küche anrichtest?" Mousse hätte gerne gefragt,
was er denn
angestellt hatte, aber Cologne fuhr schon fort: "Aber
wenn dir so viel daran
liegt: Ja, du bist wichtig. Ohne dich
würden wir dieses Lokal nicht halten
können. Bist du
jetzt zufrieden?"
Mousse war sprachlos. Er hätte nie damit gerechnet, daß
die alte Frau es so
bereitwillig zugab. Obwohl er diese Worte
viel lieber von Shampoo gehört
hätte, begleitet von
einem zärtlichen Lächeln während sie ihre Arme um
seinen
Hals schlang...
Er schüttelte den Gedanken ab. "Es ist ein Anfang,"
erwiderte er, noch immer
etwas verunsichert über Colognes
unerwartete Großmütigkeit.
Der Matriarch wandte sich zum Gehen. "Gut. Dann genieß
noch den Rest freie
Zeit und sei rechtzeitig wieder hier, wenn
wir aufmachen."
"Ku-Lon?" fragte Mousse. Die alte Frau blieb stehen.
"Kannst du mir sagen
wo Xian-Pu sich aufhält? Ich,"
er zögerte, "ich möchte mit ihr reden. Wegen
gestern."
Cologne schüttelte den Kopf. "Das halte ich für
keine gute Idee. Du solltest
sie fürs Erste in Ruhe lassen.
Außerdem," sagte sie dann, "kann ich dir
nicht
sagen, wo sie hingegangen ist."
Mousse blieb allein zurück. Ihm war klar, daß die
Älteste ihn mit ihrer
letzten Aussage angelogen hatte, er
kannte mittlerweile die feinen Nuancen
ihn ihrer Stimme. Dieser
Tonfall bedeutete, daß Shampoo zu Saotome
wollte. Er
ärgerte sich nicht über diese Lüge, er wußte,
daß Cologne ihn von
den Beiden fernzuhalten versuchte.
Also wartete er schweigend, bis sie den Raum verlassen hatte. Er
mußte ihr ja
nicht unter die verschrumpelte Nase halten,
daß er jetzt wußte wo er sein
Herzblatt finden konnte
- die alte Frau konnte sehr einfallsreich sein wenn
es darum
ging, ihn an etwas zu hindern.
Dann aber gab es kein Halten mehr. Er schnappte sich das alte
Fahrrad, das
er sonst immer beim Nudelbringdienst benutzte und
raste so schnell es ging
Richtung Tendo-Dojo. Die Autofahrer von
Nerima wichen hastig zur Seite aus
als er sie mit viel zu hoher
Geschwindigkeit überholte.
Deshalb hätte er auch beinahe die zwei Personen übersehen,
die auf der
entgegengesetzten Straßenseite den Fußweg
entlang gingen. Erst mehrere
hundert Meter weiter registrierte
sein Hirn den Umstand, und von einem
wütenden Hupkonzert
begleitet schwenkte er durch den Gegenverkehr.
Mousse stellte das Rad ab und blickte zurück in die Richtung,
aus der er
gekommen war. Er hatte sich nicht geirrt, dort auf dem
Bürgersteig standen
Saotome und Shampoo. Die Autofahrer
mißachtend lief er über die Straße und
bezog
hinter einer Hausecke Stellung. Mousse zog Pfeil und Bogen hervor,
spannte die Waffe und zielte sorgfältig auf den Jungen.
Eine ärgerliche kleine Stimme flüsterte ihm zu, daß
er auf den Menschen
zielte, der ihn gestern noch mit
Gehirnerschütterung zum Arzt gebracht hatte.
Er versuchte
den Gedanken so gut es ging zu ignorieren und konzentrierte sich
darauf, die Stimmen zwischen den Autogeräuschen zu
verstehen.
"Aber warum Airen machen so ernstes Gesicht?" fragte die
Amazone gerade.
"Freuen sich Airen nicht Shampoo zu sehen?"
"Ich würd' mich ja freu'n," antwortete Ranma,
"Wenn'e mir nich' immer gleich
um 'n Hals fall'n würd'st."
Lag es am Verkehr, oder hatte der Junge schon
immer so genervt
geklungen?
"Aber Shampoo freuen sich so toll, wenn Shampoo sehen ihren
Airen," blubberte
Shampoo und tat genau das, nämlich
ihm um den Hals fallen.
Mousse wunderte sich über Ranmas ungeduldigen
Gesichtsausdruck. So hatte er
doch sonst nie in Shampoos
Gegenwart geguckt - oder etwa doch? "Laß mich
los!"
hörte er Ranma sagen und beobachtete, wie der Zopfträger
versuchte
das Mädchen von sich wegzuschieben. "Ich habe
jetzt keine Zeit für solche
Scherze. Laß mich bitte in
Ruhe."
Ich will nichts von dir! Also laß mich endlich in Ruhe!
Plötzlich hörte Mousse wieder Shampoos Stimme und was
sie gestern zu ihm
in ähnlichem Tonfall gesagt hatte.
Jetzt allerdings hörte sich das Mädchen ganz anders an
als es sagte: "Fühlen
sich Airen nicht gut? Haben Airen
vielleicht wieder gegessen etwas von Akane
gekocht?"
"Mir geht's prima," sagte Ranma, "ich will einfach nur-"
"Dann sein prima wenn Airen prima," redete Shampoo
dazwischen und zog ihn am
Arm. "Dann Airen können mit
Shampoo gehen auf Date, ja?"
Ranma ließ sich nicht ziehen, er blieb stehen wie am Boden
festgewachsen.
"Mensch, Shampoo, ich hab' doch grad' gesagt,
ich hab' keine Zeit!"
Mousse hatte das stärker werdende Gefühl, die Szene mit
den Augen eines
anderen zu beobachten. Er konnte es kaum glauben,
aber Ranma schien wirklich
nichts mit Shampoo zu tun haben zu
wollen. Und er wurde den Verdacht nicht
los, daß es sonst
auch immer so war und er es nur nie richtig gesehen hatte.
Shampoo ließ ihren Airen los und blickte ihn mit
weinerlichen Augen und
bebender Unterlippe an. "Ranma
Shampoo hassen," schniefte sie. "Dabei Shampoo
doch nur
wollen Ranmas Freundschaft."
"Ich hasse dich nich'," widersprach der Junge. "Ich
wär' ja gern dein
Kumpel, Problem is' dasse immer gleich
mehr willst."
"Aber Shampoo haben Recht auf mehr," rief das Mädchen.
"Shampoo Ranma lieben,
also Ranma auch lieben Shampoo. So
sagen alte Amazonen."
"Das is' doch keine Liebe," widersprach Ranma lautstark.
"Dassis dieses
dumme Gesetz von euch, weil ich dich mal
zufällig besiegt hab'. Echte Liebe
muß'te dir
verdienen."
Wenn du Lob willst, Mu-Tsu, dann mußt du es dir verdienen.
Diese Erinnerung schoß Mousse durch den Kopf, kurz bevor er
sich wieder wegen
dem Gerede über Liebe und so aufregen
konnte. Hat sich Xian-Pu denn nicht
längst seine Liebe
verdient? fragte er sich. Schließlich war Shampoo Ranma
gegenüber immer sehr zutraulich, dann muß sich doch
Liebe entwickeln.
Andererseits verdiente er, Mousse, auch ein Lob - aber bekam er
es? Kann es
sein, daß manche Menschen trotz ihrer
Bemühungen leer ausgehen? Daß Xian-Pu
Ranmas Liebe
verdient, aber er sie ihr nicht gibt? Warum? Hat sie sein
Vertrauen
mißbraucht?
"Aber Shampoo haben Ranmas Liebe verdient!" beharrte die Amazone stur.
"Verdammtnocheins, nein, ich lieb' dich nich'!" gab
Ranma im selben Tonfall
zurück.
Das war es! Mousse traute seinen Ohren nicht. Ranma hatte es laut
und
deutlich gesagt. Er ließ den Bogen sinken und blickte
auf die Waffe hinab.
Er wurde das Gefühl nicht los, daß
er sie nicht mehr brauchen würde. Und noch
etwas anderes
fiel ihm ein:
Und ich liebe dich nicht!
Genau das hatte Shampoo auch zu ihm gesagt. In fast demselben Ton.
Und wenn
Shampoo es ernst gemeint hatte, dann mußte es
Ranma ebenso ernst gemeint
haben.
"Airen reden dummes Zeug," hörte er Shampoos Stimme
zu sich herüberwehen.
"Shampoo Airen zeigen, daß
Airen Shampoo lieben. Airen es nur noch nicht
wissen."
Ranmas Seufzen war deutlich zu hören. "Du begreifst's
einfach nicht, wa'?
Oh mann, ich geb's auf. Ihr Amazonen seid
echt so blöd wie Kuno!"
Erst jetzt begriff Mousse den Sinn dieser Worte. Und als er es
tat, hatte
er das Gefühl als wenn der Boden unter seinen
Füßen weggezogen wurde. Er
begriff, daß Shampoo
und er in ihren Beziehungen zu der Person, die sie
liebten,
einander ähnlicher waren als sie selbst bislang ahnten.
Denn war er nicht ebenso besessen von der Vorstellung, Shampoo von
seiner
Liebe zu überzeugen wie Shampoo bei Ranma? War er
nicht ebenso hartnäckig
wenn es um die Hoffnung ging, daß
Shampoo irgendwann schon merken würde wen
sie tatsächlich
liebt? Weigerte er sich nicht genauso wie Shampoo, ein Nein
zu
akzeptieren?
Sein Verhältnis zu Shampoo, und Shampoos Verhältnis zu
Ranma, waren mehr als
nur ein Beziehungsdreieck. Es war ein
Dreieck mit gleichen Seiten. Und Mousse
wurde bewußt, daß
er all die Zeit einen schrecklichen Fehler begangen hatte.
Es war spät am Abend, als Mousse endlich wieder ins Nekohanten zurückkehrte.
Über viele Dinge hatte er nachgedacht und vieles erschien ihm jetzt in einem
ganz neuen Licht.
Und er hatte eine Entscheidung getroffen. Sein Herz hatte sich
angefühlt, als
würde es von einer stählernen Klaue
zusammengedrückt, als er den Entschluß
faßte,
aber angesichts seiner neuen Erkenntnisse hatte er keine andere Wahl
gehabt.
Langsam und mit hängenden Schultern betrat er das Restaurant,
wie ein
Verurteilter auf dem Weg zum Fallbeil. Die Gäste
waren bereits alle gegangen,
und er konnte nur Cologne in der
Küche hören. Von Shampoo keine Spur - was
ihm nur recht
war, denn er wußte nicht, ob sein Entschluß eine
Begegnung mit
ihr überleben würde.
Er wollte gerade die Treppe in den Wohnbereich des Nekohanten
hochgehen als
ihn etwas Hölzernes am Hinterkopf traf. "Da
schau an, die Teilzeitkraft läßt
sich auch mal wieder
blicken," schimpfte Cologne und machte Anstalten ihn
ein
zweites Mal zu schlagen, ließ es aber dann doch sein. "Ich
habe dir deine
Frechheit einmal durchgehen lassen, aber das heißt
nicht, daß du dich jetzt
immer verdrücken kannst, wenn
es dir paßt! Los, kümmere dich um das dreckige
Geschirr,
und diesmal wirst du nicht straflos davonkommen."
Mit leerem Blick sah er den Matriarchen an, dann auf die
Spülbürste, die sie
ihm in die Hand gedrückt
hatte. Ohne ein Wort zu sagen drehte er sich um und
stieg die
Stufen hinauf, ohne auf Colognes weiteres Gezeter zu achten.
Sein Ziel war die kleine Rumpelkammer am Ende des Flures. Seine
Waffen und
die anderen wenigen Habseligkeiten, die er sein Eigen
nennen konnte, waren
hier verstaut. Er würde nicht lange
dauern, sie in den alten Seesack zu
packen, vor allem jetzt wo er
seine Kampfausrüstung nicht mehr brauchte.
Obwohl er die Brille trug war seine Sicht verschwommen, so daß
er gar nicht
erkennen konnte was er alles einpackte. Aber das war
auch nicht nötig,
sein Tastsinn arbeitete in dieser Hinsicht
genauso gut wie seine Augen, und
wesenlich zuverlässiger.
Trotzdem hätte er beinahe den Schal vergessen.
Den Schal. Es war das einzige Stück, was ihm Shampoo jemals
geschenkt hatte.
Er war schief gestrickt, viel zu lang und
kratzte am Hals, und doch war es
sein wertvollster Besitz.
Nein, das stimmt nicht, dachte er wehmütig. Mit einem
Zipfel seiner Robe
wischte er sich über die Augen und
betrachtete ihn. Der erste Buchstabe eines
anderen Namens waren
darin eingestickt - nur ein weiterer Beweis, den er
vorher nie
erkannt hatte. Es 'war' mein wertvollster Besitz. Jetzt ist es
nur noch ein Schal.
Er ließ die Wolle durch seine Finger gleiten und zu Boden
fallen, dann packte
er rasch den Rest zusammen. Er warf sich den
Seesack über die Schulter und
verließ die kleine
Kammer.
Im Flur stand Cologne und sah ihn ungeduldig an. "Wohin
willst du?" fragte
sie streng.
"Nach Hause," antwortete Mousse kurz angebunden und
versuchte sich an der
kleinwüchsigen Gestalt
vorbeizudrücken.
Colognes Stirn bekam noch mehr Falten als sie ohnehin schon hatte.
"Was soll
das heißen? Zurück nach Joketsuzoku?
Bist du jetzt völlig verrückt geworden?"
"Im Gegenteil," sagte der Amazone leise, "zum
ersten Mal seit langer Zeit
kann ich die Dinge klar sehen."
"Ha!" spottete Cologne. "Dafür würde es
ein Wunder brauchen." Ihr Ausdruck
wurde ernst. "Jetzt
geh in die Küche und tu deine Arbeit, Mu-Tsu!"
Mousse rührte sich nicht. Er stand weiter da und wartete, daß
ihm der Weg
freigegeben wurde.
Nach einem Augenblick des Schweigens änderte sich der Blick
des Matriarchen
erneut, und Mousse konnte darin etwas Neues
erkennen. Etwas, daß Cologne
bei Shampoo oder auch bei
Ranma gezeigt hatte, aber noch nie bei ihm.
Fürsorge.
"Was ist geschehen?" fragte die alte Frau.
"Xian-Pu liebt mich nicht," flüsterte er leise.
"Und das ist alles?" fragte Cologne, doch dieses Mal lag
kein Hohn in ihrer
Stimme. "Mu-Tsu, sie hat dich nie
geliebt. Ich weiß, daß du tief in dir
die Wahrheit
erkannt hast. Und daß es dich nie davon abgehalten hat, es
trotzdem weiter zu versuchen. Also was ist passiert?"
"Ich habe sie beobachtet, wie sie Saotome umworben hat,"
begann Mousse
zögernd. "Auf die selbe direkte Weise,
wie du es ihr beigebracht hast. Zuerst
wollte ich eingreifen,
doch dann mußte ich an das denken, was Saotome mir vor
Kurzem
gesagt hatte. Er sagte, er würde Xian-Pu nicht wollen und daß
wir
Amazonen allesamt verblendet wären."
"Das klingt nicht nach meinem Schwiegersohn," meinte
Cologne skeptisch. "Bist
du sicher, daß du ihn richtig
verstanden hast?"
"Er benutzte andere Worte," verbesserte Mousse. "Wie
du verglich er mich
mit Tatewaki Kuno."
Cologne nickte. "Ja, das klingt ganz nach ihm..."
"Also hielt ich mich zurück um zu beobachten," fuhr
er fort. Jetzt, da er
angefangen hatte, fiel ihm das Erzählen
mit jedem Wort leichter. "Und zu
meinem Entsetzen mußte
ich erkennen, daß er die Wahrheit gesprochen hatte.
Es war
so entsetzlich klar, daß er Xian-Pus Gesellschaft nicht wollte,
und
je mehr sie auf ihn eindrang, desto abweisender wurde er."
Seine Stimme klang
ein wenig hysterisch als er sagte: "All
die Zeit habe ich Saotome für etwas
angegriffen, das er
selbst nie wollte, für das er nicht mal etwas konnte. Er
hat
kein Interesse an Xian-Pu."
"Du willst mir also sagen, daß mein Schwiegersohn meine
Enkelin nicht liebt?"
Als er nickte fuhr Cologne fort: "Aber
was hat das damit zu tun, daß Xian-Pu
dich nicht liebt?"
"Aber Älteste, verstehst du nicht?" rief Mousse
aufgebracht. "Ich versuche
Xian-Pu auf dieselbe Weise zu
gewinnen wie sie es bei Saotome tut. Wenn
sie ihn damit nur gegen
sich aufbringt, dann habe auch ich die ganze Zeit
nicht ihr Herz
erobert, sondern sie von mir fortgestoßen!"
Für einen ganz kurzen Moment war in Colognes Blick so etwas
wie Mitleid zu
erkennen und eine unbestimmte Furcht. Dann war der
Spott wieder in ihren
Augen, den Mousse schon so oft gesehen
hatte. "Mu-Tsu, du enttäuscht mich.
Wenn Xian-Pus
Verhalten Ranma wirklich abweisen würde, dann hätte ich
längst
etwas dagegen unternommen. Wenn du mir unterstellst
tatenlos dabei zuzusehen,
dann beleidigst du nicht nur mich,
sondern auch dreitausend Jahre
Heiratsrituale der Amazonen,"
fuhr sie ihn zornig an.
"Aber," stammelte der Amazone verwirrt, "ich dachte, daß-"
"Genau das ist dein Problem," unterbrach ihn die alte
Frau mit einem
Stockschlag. "Du denkst. Du solltest das
Denken den Frauen überlassen, wir
können es-"
Abrupt brach sie ab und starrte an Mousse vorbei ins Leere.
Der junge Mann sah sich um, ob da vielleicht etwas hinter ihm ist,
aber der
Flur war leer. "Ku-Lon?" wunderte er sich.
Ihr Name schien Cologne zurück in die Wirklichkeit zu holen.
Mit einem
beinahe freundlichen Gesichtsausdruck lächelte sie
Mousse an. "Verzeih,
Mu-Tsu, ich habe etwas die Beherrschung
verloren. Ich wollte dich nicht so
anfahren." Mit einer
entschlossenen Handbewegung unterband sie eine
Erwiderung. "Du
hast natürlich Recht. Xian-Pu wird auf diese Weise niemals
Ranmas Herz für sich gewinnen können, ebensowenig wie
du ihres. Du hast Recht
wenn du annimmst, daß du keine
Chance bei ihr hast. Nun, ich will dich nicht
länger
aufhalten, du kannst natürlich nach Joketsuzoku zurückkehren."
Sie
trat beiseite und gab ihm den Weg frei.
Derart von diesem Stimmungsumschwung überrumpelt machte
Mousse keine
Anstalten zu gehen. "Ich verstehe nicht,"
murmelte er verwirrt. "Ich habe
recht? Aber warum-?"
Erneut schnitt ihm Cologne das Wort ab. "Warum ich nichts
dagegen
unternehme?" Sie seufzte. "Ich habe Xian-Pu so
oft gebeten es sein zu lassen,
aber sie lernt es einfach nicht.
Du hörst ja auch nicht auf alles, was ich
dir sage. Ungestüm
ist eben das Vorrecht der Jugend." Dann sagte sie: "Jetzt
muß ich aber wieder in die Küche, den Abwasch machen.
Gute Reise, Mu-Tsu,"
und verschwand die Treppe runter.
Es dauerte eine ganze Weile, bis Mousse sich von dem Schock erholt
hatte.
Warum hatte Cologne so plötzlich die Richtung ihrer
Argumente gewechselt?
Ein ungutes Gefühl keimte in ihm auf
und verhärtete sich schnell zu einem
Verdacht. Entrüstet
verzog er das Gesicht. "Die Alte will mich reinlegen!"
fluchte er.
Er warf seinen noch immer gepackten Seesack zurück in die
Rumpelkammer und
stürmte rücksichtslos hinter dem
Matriarchen her in die Küche. Dort
angekommen funkelte er
sie wütend an, während sie weiter abwusch als wäre
nichts geschehen.
"Ich habe dich durchschaut," sagte er und stach mit dem
Finger anklagend in
ihre Richtung. "Du willst mich nur
loswerden, deswegen hast du mir Recht
gegeben!"
Cologne schien seine Worte völlig zu überhören.
"Mu-Tsu, du bist ja noch
hier," sagte sie freundlich.
"Wolltest du nicht nach Hause gehen?"
"Ich falle auf deine Spielchen nicht länger rein, alte
Affenmumie!" schimpfte
er. "Ich bleibe nämlich
hier, ha! Du weißt, daß Xian-Pus Eroberungsversuche
bei
Saotome irgendwann Wirkung zeigen werden. Und ebenso meine bei ihr.
Jetzt
wolltest du mich vom Gegenteil überzeugen und mich
loswerden, weil du
Angst davor hast, daß ich eines Tages
Xian-Pus Herz gewinnen werde!"
"Aber nein, Mu-Tsu, du irrst dich," beeilte sich Cologne
zu versichern. "Ich
meine es wirklich nur gut mit dir. Ich-"
Dieses Mal unterbrach Mousse sie. "Ich will nichts hören.
Du kannst deine
Lügen jemand anderen erzählen."
Und mit diesen Worten stürmte er aus dem Raum
und kurz
danach auch aus dem Gebäude. "Xian-Pu," hörte man
ihn draußen
rufen. "Xian-Pu, eines Tages wirst du mich
lieben. Das weiß ich."
Cologne blieb allein zurück. Sie zog die Gummihandschuhe
wieder aus, warf sie
in den Spülstein und trat ans Fenster.
Nachdenklich blickte sie in die
Dunkelheit hinaus, in der Mousse
verschwunden war.
"Wer hätte gedacht, daß ausgerechnet der blinde
Junge die Wahrheit als erster
erkennen würde?" murmelte
sie leise. "Ach, Xian-Pu, warum kannst du nicht
auch seine
Erkennungsgabe besitzen?" seufzte sie.
Vorhin im Flur hatte sie für einen ganz kurzen Moment Angst
gehabt, daß
Mousse tatsächlich gehen würde. Und
sie war sich nicht sicher gewesen, ob
er auf ihre List
hereinfallen würde. Es war ihr Glück, daß man mit
über
hundert Jahre Lebenserfahrung die meisten Leute
täuschen konnte. Denn auf
eine so billige und engagierte
Arbeitskraft wie Mousse konnte das Nekohanten
einfach nicht
verzichten.
Ende
Anmerkung des Autors:
Der blinde Amazone ist eines der Stiefkinder der Fanfic-Schreiber.
Es gibt
kaum Geschichten in denen er auftritt, oder gar die
Hauptrolle spielt. Dabei
kann er so viel mehr sein als nur
'Ranmas Rivale' oder ein einfacher
Stichwortgeber.
Diese Geschichte ist mein Tribut an eine der unterbewertesten
Figuren aus
dem Ranmaversum. Den Anstoß dazu gab "Alltag,
oder..." vom Autor Deepdream,
ebenfalls eine Fanfic in der
Mousse charakterisiert wurde, wenn auch etwas
anders als bei mir.
Und so dachte ich "Das kannst du auch" und überlegte
mir eine Handlung die nicht nur zu Mousse paßt, sondern
auch tatsächlich mal
so passiert sein könnte.
Wie ihr vielleicht gemerkt habt, ist diese Fanfic komplett aus der
Sicht des
Amazonen geschrieben (vom letzten Stückchen mal
abgesehen). Darum sind nicht
alle Ereignisse neutral
wiedergegeben, sondern so wie er sie sehen würde.
Ebenso ist
die Sprache größtenteils in Chinesisch gehalten. In seiner
Muttersprache redet Mousse -und auch Shampoo- um einiges
gewandter als
er es normalerweise tut, was man hoffentlich an
seiner Ausdrucksweise merken
kann. Ebenso habe ich die Namen der
Amazonen, wenn sie in Chinesisch genannt
werden, in eine
Fanon-Schreibweise umgewandelt.
Ich hoffe, es ist mir in dieser Fanfic gelungen, den Charakter
Mousse, seine
Denkweise und seine Motivationen dem Leser etwas
näher zu bringen. Ich habe
mich bemüht mich eng ans
Original zu halten, auch wenn ich einige ausgedachte
Elemente,
wie z.B. seine durch die Blindheit verstärkten übrigen
Sinne, mit
in die Geschichte eingebracht habe.
Mein besonderer Dank gilt meinen zwei Betalesern Nguyen Tran Loc
und Xiron
Arkanis, die mir wertvolle Hilfestellung zu dieser
Geschichte gegeben haben.
Ich würde mich aber auch freuen
wenn ihr, die ihr diese Fanfic gelesen
habt, mir euren Eindruck
in einer kurzen Rückmeldung schreiben würdet.
Benutzt
die gegebene Review-Funktion oder schreibt direkt an marksoulgmx.de
Bis dann.
