Disclaimer: Nix meins, alles Herrn Tolkiens. Ich mache das nur, um mir einen 'Kleinmädchentraum' zu erfüllen und euch damit zu unterhalten.

Anmerkung1: Der Elb, der hier vorgestellt wird, unterscheidet sich in seinem Aussehen von dem, welcher im Film gezeigt wurde. Das liegt schlicht und einfach daran, daß ich mir ganz persönlich diesen Elben einfach ...anders vorgestellt habe. Und weil das hier meine Story und nicht Herrn Jacksons Film ist, beschreibe ich ihn eben so, wie ich ihn gerne gehabt hätte ;-)

Anmerkung 2: Dies dürfte für alle die interessant sein, die sich neben der Trilogie HdR auch mal irgendwann fürs Silmarillion und die HoME interessiert haben.

*~*~*~

Ich war noch sehr klein, als er mir zum allerersten Male begegnete - und das dumme war, niemand glaubte mir, als ich es daheim erzählte. Vielleicht war es aber auch ein Glück, wenn ich heute noch einmal genauer darüber nachdenke.

Wir lebten schon damals an dem kleinen Fluß im Wald. "Am Arsch der Welt", würde ich heute sagen - aber in meiner Kindheit war es ein besonderer Ort; wie ein verwunschener, kleiner, geheimer Fleck, der nur mir gehörte.

Meine Eltern, die beinahe niemals zuhause waren, hatten sogar einen Hauslehrer engagiert, so daß ich nicht den weiten Weg in die Stadt zur Schule mußte.

Ich lebte ein friedliches Leben und trotz der Tatsache, daß ich keine normalen Freunde hatte, war ich wohl das, was man ein 'glückliches Kind' nennen konnte. Täglich, wenn mein Unterricht beendet war, rannte ich in den Wald, um meinen eigenen Interessen nachzugehen, welche hauptsächlich darin bestanden, irgendwelche Tiere zu beobachten, einfach am Fluß zu sitzen oder auch Steinchen über denselben springen zu lassen.

Und dort traf ich ihn eines Tages; ich mag so etwa zehn Jahre alt gewesen sein.

Ich war diesmal wirklich weit von zuhause weggegangen. Als ich so am Fluß entlang lief, bemerkte ich plötzlich, daß auf einem umgefallenen Baum, welcher vielleicht zwanzig Meter vor mir halb im Wasser lag, eine Gestalt saß.

Unsicher suchte ich Schutz hinter einem Baum, um ihn zu beobachten.

Er sah ungewöhnlich aus. Sein dunkelrotes, glattes Haar war etwa taillenlang und wehte offen, wie Flammen, im Wind.
Er war seltsam gekleidet, mit einem blaues Hemd mit silbernen Sternen darauf, und enganliegenden, dunkelblauen Hosen.
Mit einem Gesichtsausdruck, den ich heute als 'nicht glücklich' bezeichnen würde, starrte er aufs Wasser; seine hohen, schwarzen Stiefel standen neben ihm auf dem Baumstamm, und von Zeit zu Zeit bewegte er seine nackten Füße durch das Wasser.

Das Gesicht an sich war ebenso seltsam wie seine Kleidung. Ebenmäßig, fast zu ebenmäßig für einen Menschen, seltsam schön und doch fremd.

Er lehnte sich nach vorne, fischte mit schlanken Fingern einen Stein aus dem Wasser und warf ihn mißmutig über die Oberfläche. Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen; der Stein sprang nicht ein einziges Mal auf.

Wieder langte er ins Wasser, wieder warf er einen Stein - und wieder sprang dieser nicht.

Das kann ich besser, dachte ich. Ich fischte einen kleinen Kiesel, der neben meinem Fuß lag, auf und rieb die Erde ab.

Dann ließ ich den Stein in seine Richtung springen; drei-, nein, viermal tickte er über die Wasseroberfläche, bis er mit einem glubschenden Geräusch kurz vor seinen Füßen versank.

Die Augen des seltsamen Mannes waren auf mir, noch ehe ich wieder hinter dem Baum verschwinden konnte. Ich konnte in seinem Ausdruck Schrecken und Erstaunen gleichzeitig sehen; und er sprang auf. Leider mußte er dabei wohl vergessen haben, daß der Stamm, auf dem er saß, recht rutschig war. So konnte ich den Bruchteil einer Sekunde später beobachten, wie er mit einem Platschen vornüber in den kleinen Fluß fiel.

Ich war erschrocken - Himmel, ich war ein Kind - und rannte, so schnell mich meine Füße trugen, nach Hause, wo ich nichts von dieser seltsamen Begegnung erzählte.

~*~

Natürlich konnte ich nicht widerstehen - als Kind ist man einfach zu neugierig. Und so ging ich schon am nächsten Tag wieder zu der Stelle, um zu sehen, ob er wieder da war. Ein kleines bißchen Angst hatte ich schon - meine Nacht war erfüllt gewesen von den wildesten Albträumen. Vielleicht war er ja ertrunken?

Vorsichtig näherte ich mich der Stelle und seufzte enttäuscht, als er nicht da war.

Und dann, plötzlich, tippte mir jemand auf die Schulter. Ich fuhr herum, um festzustellen, daß er vor mir hockte.

Ich weiß nicht, wie lange ich ihn angestarrt habe; mit offenem Mund und weit aufgerissenen Augen. Er hatte mich erschreckt, ja; aber das war nur der zweite Grund, aus dem ich so starrte.

Hatte ich am Tag zuvor schon aus der Entfernung gedacht, sein Gesicht sei ebenmäßig - damals, als Kind, hatte ich das Gefühl, nun ganz nah einem Engel gegenüberzustehen.

Die Haut war beinahe porenlos glatt, tiefblaue Augen sahen mich unter langen, rotbraunen Wimpern und Brauen an. Ich denke heute, daß ich mich, wäre ich damals schon alt genug gewesen, mich wahrscheinlich Hals über Kopf in dieses Wesen verliebt hätte.

Aber ich war nicht alt genug, und somit starrte ich einfach so, weil ich so etwas wie ihn noch nie gesehen hatte, vor mich hin.

Er sagte etwas zu mir; doch ich verstand ihn nicht. Stattdessen durfte ich mich an seiner Stimme... erfreuen. Es war, als würde jemand zu mir singen. Und wenn ich auch seine Worte nicht verstand, so war es doch ein Genuß, den melodischen Klang derselben zu hören.

Als ich ihm nicht antwortete, runzelte er die Brauen. Wieder sagte er etwas, und wieder verstand ich nichts, ich bemerkte aber, das die Sprache, welche er nun sprach, eine andere sein mußte, denn sie klang ganz anders.

Ich schüttelte den Kopf und zuckte die Schultern, in der Hoffnung, er würde verstehen, daß ich eben nicht verstand. "Kannst Du nicht meine Sprache sprechen?" fragte ich ihn mit schief gelegtem Kopf.

Nun war er es, der den Kopf schief legte und ihn dann schüttelte.

Als dies passierte, konnte ich zum ersten Mal seine Ohren sehen, seltsam sahen sie aus, gar nicht menschlich, mit kleinen, wohlgeformten Spitzen an ihrer hinteren oberen Kante.

Mir war als Kind natürlich sofort klar, was er sein mußte: Eine Elfe. Auch, wenn mir in dem Moment nicht ganz klar war, wo der seine Flügel gelassen hatte und wieso er so groß war und - ja, wieso war er eigentlich ein Mann? Elfen waren doch immer weiblich - oder?

Ich mußte ihn fragen. Somit tippte ich ihm also auf die Brust und sagte "Elfe?"

Er nickte. "Elda", war die Antwort, die ich bekam, als er auf sich zeigte und ich konnte mein Glück kaum fassen. Eine echte Elfe zu treffen, dürfte ja im Leben nicht allzu oft vorkommen, dachte ich.

Ich zeigte also auf mich, um diesem Fabelwesen begreiflich zu machen, was und wer ich war. "Mensch. Sarah."

Er lächelte. "M-m-emch... Sssara..." brachte er hervor.
Nun, für den Anfang mußte das als Sprachkenntnis genügen...
Ich zeigte wieder auf mich, sagte meinen Namen noch einmal, dann auf ihn, setzte ein fragendes Gesicht auf und zuckte die Schultern.

Nachdem ich das zweimal gemacht hatte, schien er zu begreifen. Sein Lächeln wurde breiter und er zwitscherte mir in dieser melodischen Sprache etwas längeres zu, das ich nicht verstand. Nur den Anfang davon konnte ich so wiederholen, wie ich es in etwa gehört hatte: "E-E-errai...?"

Er seufzte. "Errray-niiion", sagte er gedehnt.

"Eray-niion?" fragte ich nach. Er nickte lächelnd. Stolz, ein Wort in der Sprache der Elfen zu kennen, wiederholte ich also auf ihn zeigend "Eray-niion", und dann auch mich zeigend "Sarah."

Er tat es mir gleich, in umgekehrter Reihenfolge, und wir beide lächelten uns an. Es war für mich ein großer Augenblick, doch wenig wußte ich davon, wie bedeutend dieser Augenblick in meinem Leben noch sein sollte.

Heute weiß ich, daß man seinen Namen anders schreibt, als man ihn spricht; und auch, das dies nicht sein voller Name war, von dem ich ja ohnehin nur den ersten Teil verstanden hatte. Mir war damals, vor über 20 Jahren, nicht klar, daß ich auch keine Elfe getroffen hatte, sondern ein ganz anderes Wesen; eines, was noch weniger von dieser Welt war.

Denn an diesem Sommertag im Wald war ich wohl der erste Mensch unserer Welt, der dem letzten Hochkönig der Elben, Ereinion Gil-galad, begegnet ist - und umgekehrt.

~*~*~*~

~ wird fortgesetzt... ~