Die Bäume und Berge der Olympic-Halbinsel schwand an meinem Auge vorbei. Leichter Regen prasselte gegen die Autoscheiben und verstärkte das kalte, nasse Gefühl in meinen Gliedern. Es war ein komisches Gefühl von Colorado Springs plötzlich in eine verregnete Kleinstadt zu ziehen, welche einfach nichts mit sich brachte außer schlechtes Wetter.
Ein großes Ortsschild was eindeutig darauf hindeutete, dass man die Stadt Forks erreicht hatte, ließ mich ein für alle mal klar machen, dass es kein zurück gab, aber hatte ich denn eine Wahl?
Tante Meg hatte hier einen besser bezahlten Job als Ärztin bekommen und hatte wesentlich mehr Zeit für Beth, welche momentan mit ihrer rebellischen Phase eine Art Elternteil brauchte. Und nach allem waren die drei Frauen alles an Familie was ich hatte. Obwohl Diana und ich natürliche Feinde waren, war sie für mich wie eine Schwester. Offiziell war sie meine Cousine und Tante Megs Tochter, aber mit Dianas 140 Jahren lag sie doch etwas über den Durchschnitt immerhin war Tante Meg gerade mal 34 Jahre alt.
Es war schon irgendwie ironisch. Niemand außer Tante Meg war in unserer Familie ganz und gar menschlich. Diana war eine wunderschöne 130 Jahre alte Vampirin, die aussah wie 18 Jahre, Beth, meine kleine Schwester mit erheblichen Stimmungsschwankungen, war gerade erst 16 Jahre alt und trotzdem gefährlicher als sonstige Teenager ihres Alters. Durch ihre Hexen-Kräfte hatte sie schon so einige Vasen durch die Gegend geworfen oder dramatisch Wind aufkommen lassen.
Alles was nur noch in der Formel fehlte war ich: Eine Vampir-Jägerin, die schneller, stärker und bessere Reflexe hatte als jeder andere Mensch. Wir waren also eine nette kleine Patchworkfamilie auf die etwas andere Art.
Ich blickte rüber zu Diana, welche wie immer mit einer Sonnenbrille und einem Halstuch um ihren Kopf konzentriert auf die Straße blickte.
»Es gibt hier nicht ein kleines bisschen Sonne, Diana. Ich glaub du kannst deine Brille und Tuch abnehmen. Und mit deiner blassen Haut passt du hier perfekt rein.«, schmunzelte ich und blickte wieder gelangweilt aus dem Fenster.
»Ich glaube nicht, dass rote Augen hier wirklich verbreitet sind.«, sagte sie, konnte aber ein kleines amüsierte Grinsen nicht lassen.
»Also wenn es so ist, hab ich hier nicht viel zu tun.«
Sie seufzte und blickte mich mit einem abschätzigen Blick an als wir an einer roten Ampel hielten.
»Nur weil ein Vampir rote Augen hat, heißt es nicht, dass du ihn gleich umbringen musst.«
»Aber meist heißt es genau das.«
Diana seufzte erneut hoffnungslos und tippte mit ihren Finger auf das Lenkrad. Sie wusste, dass sie mich nicht davon abhalten konnte einen Vampir zur Strecke zu bringen, wenn er dabei war Unsinn zu machen.
Ich war nicht wirklich eine Jägerin, welche wie ein Bluthund jeden einzelnen Vampir ermordete, aber manchmal blieb mir nichts anderes übrig. Und
Ich sah wieder aus dem Fenster und beobachtete die Leute, welche durch ihre Kleinstadt gingen. Sie schienen so fröhlich und entspannt. Etwas was ich an ihnen beneidete.
Wir fuhren eine ganze Weile durch Forks hindurch bis wir in eine kleine unscheinbare Straße einbogen wo eine kleine abgelegene Villa stand. Vor ihr waren drei Umzugswagen aus dem immer wieder das Umzugsteam ausstieg um die Möbel ins Haus zu bringen.
Tante Meg stand davor und weißte sie genau ein. Cassie parkte zwischen meinem und Megs Auto.
Ein komisches Gefühl machte sich in mir breit. Ich hatte das Haus bis jetzt nur auf Bildern gesehen und ich wusste, dass es erst neulich renoviert wurde. Für mich sah es aus wie eine typische amerikanische Villa.
»Da hat sich Meg ja was schönes ausgesucht«, bemerkte Diana und musterte es gleichermaßen.
Ich hörte wie die Vögel im Wald hinter dem Haus und auf den Bäumen des Grundstücks ihr Lied spielten und der kleine Brunnen vor unserem Haus sein Wasserspiel platschte.
Es war eine schönes Familienhaus aus grauem Stein, dunkelblauem Dach, weißen Fenstern, einer wunderschönen roten Tür und einer netten Einfahrt. Erst jetzt viel mir auf, dass mir das Haus irgendwie vertraut vorkam. Als würde ich es kennen... Dann wurde es mir klar.
»Wie viel hast du Meg für ihr Traumhaus gegeben? Sie hat mir schon seit ich klein war von genau so einem Haus erzählt.«
Diana grinste mich an. Ich wusste es... Das war also ihr Geburtstagsgeschenk an sie gewesen.
»Ich werde gleich weiter fahren. Hab eine Verabredung mit Freunden.«, wechselte sie das Thema und startete erneut ihr Auto.
»Du hast Freunde? Hier?«, fragte ich skeptisch. Sie nahm ihre Sonnenbrille und Tuch ab und blickte mich nun mit ihren roten, aber wunderschönen Augen an. Ihr makelloses blasses Gesicht war wie immer bezaubernd und ihre vollen Lippen waren wie immer schön rosa. Wenn Diana ihre Kontaktlinsen trug, sah sie aus wie eine griechische Göttin. Vollkommen makellos und wunderschön. Es war kein Wunder dass jeder Typ ihr hinterher rannte.
»Du weißt so einiges nicht.«
Ich lächelte und stieg aus dem Auto. Diana und ihre mysteriösen Vampir-Kontakte. Ich hoffte für sie, dass sie kein Unsinn machten.
Ich nahm meine Tasche vom Rücksitz und mit dem Schließen der Türen fuhr Diana auch wieder los.
Ich winkte ihr noch nach als ich zu meiner Tante ging, welche mir zur Begrüßung einen Kuss auf die Wange gab. Sie hatte ihre langen braunen Haare in einen Zopf gebunden und trug ein dunkelblaues Top mit eine Jeansweste. Sie hatte ihre dunkle Lieblingsjeans an und klassische schwarze High Heels. Ich war erstaunt wie sie auf dem Schotter damit laufen konnte.
»Wo fährt Diana hin?«
»Zu Freunden, meinte sie.«, erklärte ich und lächelte sie an.
»Deine Sachen sind schon im Zimmer. Es ist das Zimmer am Ende des ersten Ganges. Hab dir einen Blick in den Wald reserviert.«, lächelte Meg mich an und wandte sich wieder zu den Umzugsteam.
Ich lächelte ihr noch dankend zu bevor ich ins Haus trat. Einige Umzugskartons lagen gleich im Eingang. Auf der rechten Seite war ein recht großes Wohnzimmer mit Zugang zur Küche und einer Tür zur Terrasse. Vor mir ging die Treppe ins obere Stockwerk. Unter der Treppe war eine kleine unscheinbare Tür, welche eindeutig die Besenkammer zu sein schien. Links von mir bildete sich ein Gang mit verschiedenen Türen. Wahrscheinlich Arbeitszimmer und Badezimmer. Das Haus wirkte noch sehr groß und verlassen. Kein Wunder, wenn noch keine Möbel standen.
Ich ging nach oben und trat den Gang durch bis ich vor meinem Zimmer stand. Die Tür war geöffnet und meine Kartons waren geordnet in die Ecke gestellt. Mein Bett stand bereits unter der Schräge in der Nähe des Fensters. Ich hatte einen perfekten Blick auf die Terrasse und den Wald. Der Ausblick war wunderschön.
Ich erkannte Beth, welche draußen dabei war die Stühle und Tische richtig zu rücken. Ich hatte ganz vergessen, dass Tante Meg unsere Nachbarn eingeladen hatte morgen zu einem Kennenlernen-Grillen zu kommen. Das konnte ich gebrauchen. Neugierige Leute im Haus, welche dann noch meine Jäger-Ausrüstung finden... oder noch besser: Dianas Blutreserven.
Vielleicht sollte ich das erst einmal irgendwo im Keller verstecken.
Ich konnte es Tante Meg allerdings auch nicht übel nehmen. Sie hatte wegen Diana, Beth und mir viel einstecken müssen. Dad hatte mich schließlich zu einer Jägerin ausgebildet so gut er konnte und als Beth schließlich ihre magischen Fähigkeiten entdeckte, war es für uns klar gewesen, dass wir nie ein völlig normales Leben führen konnten. Mal davon abgesehen, dass Mom uns beichtete, dass ihre Vorfahren Druiden aus Schottland waren, aber schon seit Generationen das magische Gen nicht durchgekommen war. Beth war die erste seit einem Jahrhundert. Eine sehr überraschende Neuigkeit. Besonders Beth hatte damit zu kämpfen und wurde von Mom so gut es ging unterrichtet. Immerhin waren die Familienbücher über die Linie meiner Mutter schon etwas staubig und meist in Latein oder Gälisch geschrieben und obwohl ich zum Teil Schottin bin, konnte ich oder Mom kein Stück gälisch. Mal davon abgesehen, dass wir vollkommen amerikanisch waren. Es war eine schwierige Zeit gewesen und als Mom und Dad schließlich starben und Meg unser Vormund wurde, konnte auch sie nicht mehr ihr Leben völlig genießen.
Wie oft hatte sie Angst gehabt, dass ich nicht mehr zurück kommen würde nach einer Jagd. Das Diana irgendwann vor unserer Haustür stand, mich halbtot in den Armen war ein ziemlicher Schock gewesen und ich musste ihr versprechen nie wieder auf Jagd zu gehen, wenn es nicht nötig war. Der größte Schock war für mich gewesen, dass mir eine fremde Vampirin das Leben gerettet hatte, aber uns hatte dieser Vorfall verbunden. Diana war viele Jahrzehnte allein gewesen und nun konnte sie in einer Familie leben, die sie so akzeptierte wie sie nun einmal war. Diana wurde zu meiner besten Freundin und großen Schwester. Auch für Meg war Diana eine Art Tochter und für Diana war Meg, die liebevolle Mutter, welche sie vor ewigen Zeiten verloren hatte. Es war schon amüsant, dass Diana öfters Angst vor meiner Tante hatte, wenn sie wieder zu lange weg gewesen war und sie sich Sorgen um die Vampirin gemacht hatte... als wäre sie 15 Jahre alt und würde heimlich aus dem Haus gehen um Jungs zu treffen. Schon irgendwie merkwürdig, nicht wahr?
Ich hatte für den Rest des Tages mein Zimmer soweit eingeräumt und war mehr als froh, dass ich stärker war als sonstige Mädchen in meinem Alter, aber wie jeder andere Mensch fiel ich nach einer schönen warmen Dusche ins Bett und versuchte die erste Nacht zu überstehen. Ich konnte nicht richtig gut schlafen und als der Wecker klingelte fühlte ich mich schlapp.
Anscheinend waren es gute Voraussetzungen für mich. Ich öffnete das Fenster und hörte die Vögel im Wald zwitschern. Es war stark bewölkt, aber dennoch regnete es nicht. Wenigstens etwas womit ich anfangen konnte.
Ich ging ins Badezimmer und bürstete meine langen, großen braunen Haare und spritzte mir etwas kaltes Wasser ins Gesicht um wach zu werden. Ich putzte mir die Zähne und versuchte danach meine müden Augen durch Make-Up zu vertuschen. Meine Augen wurden mit dem dunklen Lidschatten hervorgeholt. Meine Lippen gab ich etwas rote Farbe und überrascht musste ich feststellen, dass ich gar nicht so übel aussah. Ich sah sogar ganz gut aus für meinen ersten Schultag. Schnell schlüpfte ich in ein veilchenblaues Top, eine schwarze Lederjacke, dunkelblaue Jeans und meinen schwarzen hohen Stiefel.
Ich musste schmunzelnd. Ich durfte heute auf keinen Fall böse in die Runde schauen, denn dann würde ich jeden von mir abwimmeln... Vielleicht sollte ich es doch tun.
Ruhe am ersten Schultag war schließlich nichts schlechtes. Ich blickte noch einmal kritisch in den Spiegel bevor ich meine Schultasche nahm und nach unten ging. Tante Meg stand summend unten vor dem Herd und der köstliche Geruch von Pancakes durchfuhr die Luft. Beth saß am Esstisch und aß bereits ihre Pfannkuchen. Sie hatte ihre honigroten Haare zu einem lockeren Dutt hochgesteckt und hatte wie immer einen meiner beigen Pullover an.
Um Streit am Morgen zu umgehen sagte ich einfach nichts.
Diana saß auf der anderen Seite des Tisches und lass Zeitung. Ihre Haare sahen wie immer makellos gestylt aus und ihr Make-Up saß perfekt. Wie immer hatte sie ein elegantes, modernes Outfit an was alle in der Farbe beige und hellrosa gehalten war. Sie sah mal wieder aus wie ein Model.
Ich gab Tante Meg einen Kuss auf die Wange bevor ich mir meinen Tee machte und mich an den Tisch setzte.
Am Morgen waren wir alle nicht sehr gesprächig. Beth hörte sowieso nur Musik über ihren iPod und Diana war meist sehr in der Zeitung vertieft.
»Irgendetwas ist gestern um unser Haus herumgeschlichen, aber als ich nachgesehen habe, war es weg.«, sagte Diana und blickte zu mir.
War ich gestern wirklich zu müde gewesen, dass ich es nicht gehört hatte?
»Weißt du was es war?«, fragte ich interessiert und nippte an meinem Tee. Es konnte auch ein einfaches harmloses Tier gewesen sein. Wir wohnten immerhin in der Nähe eines Waldes.
»Nein, aber es roch komisch. Unangenehm... Ein bisschen nach Hund.«
»Vielleicht war es einer dieser Wölfe. Ich habe gehört es sollen sich einige in den Wäldern herum schleichen.«, erklärte Meg und stellte mir einen Teller warmer Pancakes auf den Tisch.
»Es roch nicht wirklich vollständig tierisch. Ich kannte diesen Geruch nicht. Er ist völlig neu.«, antwortete Diana und legte die Zeitung beiseite.
Erst jetzt bemerkte ich die Schlagzeile: Morde in Seattle gehen weiter!
»Ich passe diese Nacht auf. Vielleicht kann ich es sehen.«, antwortete ich und genoss die ersten Bisse meines Frühstücks.
Ich hoffte einfach nur, dass es ein ganz normales Tier war, was sich hierher verirrt hatte.
Ich aß genauso wie Beth meine Pancakes auf bevor ich wieder meine Schultasche nahm und die Autoschlüssel für meinen neuen Ford Fiesta.
Diana, Beth und ich verabschiedeten uns alle noch von Meg und fuhren gemeinsam zur High School.
Es war keine wirklich große Schule, aber sie würde für meinen Abschluss reichen... wenn ich es bis dahin schaffen würde.
Wir drei blickten etwas neugierig auf dem Parkplatz herum. Uns viel sofort auf, dass wir angestarrt worden. Sie hatten alle den gleichen neugierigen Blick auf ihren Gesichtern. Super!
Beth war die Erste, welche ausstieg und sich sofort in das Innere der Schule verzog ohne etwas zu sagen. Vielleicht wollte sie sich mit ihrer sympathischen Art gleich Freunde suchen
Diana und ich stiegen aus und traten den selben Weg an bevor sie stehen blieb und neben uns blickte.
Und mit einem Mal spürte ich es auch. Dieses unangenehme Gefühl von Kälte... Tod. Ein unbekannter Vampir war in der Nähe. Ein kalter Schauer ging über meinen Rücken als ich ihren Blick folgte.
Mit einem Mal trafen die Blicke des Vampirs meine und der Drang ihm den Kopf abzureißen versuchte ich zu unterdrücken.
»Alles ok. Ich kenne ihn.«, versicherte Diana und lächelte.
Er hatte kupferfarbenes Haar, goldbraune Augen und wie jeder andere Vampir ein makelloses Gesicht bei dem jedes Mädchen anfangen würde zu seufzten.
Neben ihm stand ein kleineres brünettes Mädchen mit einem hübschen Gesicht und braunen Augen. Sie war sehr schlank, aber wirkte auch genauso zerbrechlich als könnte man sie mit einem Schlag umhauen. Anders als er war sie ein Mensch.
Diana ging auf die Beiden zu und widerwillig folgte ich ihr. Als wären sie alte Freunde umarmte Diana den Vampir und gab dem Mädchen freundlich die Hand.
»Edward, Bella, das hier ist Paige. Die Jägerin von der ich euch erzählte habe.«
Etwas verärgert blickte ich zu ihr. Musste sie jedem dahergelaufenen Vampir sagen, dass ich eine Jägerin war? Vielleicht sollte ich mir ja ein Schild umhängen.
»Hallo Paige. Freut mich dich kennenzulernen.«, sagte Edward und nickte mir zu. Das Mädchen mit den Namen Bella tat es ihm gleich. Sie war sehr blass und wirkte etwas schüchtern.
»Gleichfalls. Ich nehme an ihr seid einer der Freunde, die Diana gestern besucht hatte.«
»Edwards Vater Carlisle ist ein alter Freund von mir. Er hat mir durch eine schwierige Zeit geholfen. Carlisle stellte mir schließlich seine Familie vor.«, erklärte Diana.
»Oh dann gibt es noch mehr von euch?«, fragte ich mit einem falschen überraschten Ton.
Konnte es auch einen Ort geben wo es kein verdammtes Vampir-Nest gab.
»Carlisle und seine Frau haben Edward und seine Geschwister aufgenommen. Paige sie ernähren sich nicht von Menschen.«, betonte meine Mitbewohnerin und ich blickte genervt zur Seite.
Menschenblut hin oder her... Vampir ist Vampir. Auch wenn ich bei Diana eine Ausnahme machte. Aber sie war auch anders als andere Vampire. Sie war einfach menschlicher.
»Glückwunsch. Hoffe Bambi schmeckt gut.«, sagte ich sarkastisch als ich plötzlich wieder etwas hinter mir spürte.
Ein Blick der mich förmlich durchbohrte. Ich blickte vorsichtig hinter mir und sah einen jungen Kerl, ungefähr in meinem Alter, welcher an seinem Motorrad stand. Er hatte schwarzes, kurzes Haar und eine muskulöse Statur bei der sogar mir unbehaglich wurde. Er war größer als der Durchschnitt und mir entfielen die vielen Blicke der Mädchen nicht, die versuchten mit ihren Gedanken ihn förmlich auszuziehen.
Ich konnte es ihnen nicht verübeln. Er hatte ein wunderschönes Gesicht mit vollen Lippen und einem markanten Gesicht. Seine Hautfarbe war rostbraun und man konnte deutlich seine indianische Abstammung erkennen. Er war wirklich gutaussehend und attraktiv.
Plötzlich spürte ich wie mir schwindlig wurde als ich in seine dunklen fast schwarzen Augen blickte. Es war unheimlich... Als ob ein unsichtbares Seil mich zu ihm ziehen würde und das durchgehend. Mir stockte ein wenig der Atem und ich wollte nur, dass es auf den schnellsten Weg aufhörte.
»Paige ist alles ok?«, fragte mich auf einmal Diana und legte ihre Hand auf meine Schulter.
»Ja... Ja klar. Wir sollten jetzt rein sonst kommen wir zu spät.«, wechselte ich schnell das Thema und rannte förmlich an den Dreien und vor allem an dem Kerl vorbei, dessen Blick ich noch immer auf mich spüren konnte.
Ich versuchte so schnell wie möglich hinein zu kommen und das Klassenzimmer zu suchen, indem ich gleich Unterricht hatte.
Ich musste aussehen wie ein aufgeschrecktes Huhn, aber dieser Blick und dieses Gefühl in meiner Brust war einfach unangenehm gewesen. Es hatte nicht weh getan, aber es hatte mir die Luft geraubt... auf eine Art, die mir furchtbar erschien. In diesem kleinen Moment hatte ich mich nicht unter Kontrolle gehabt. Ich hatte meine Umgebung nicht mehr wahrgenommen, sondern nur diesen Kerl, der etwas merkwürdiges ausstrahlte.
Ich schüttelte den Kopf und versuchte meinen Blick mehr auf die Klassenräume zu konzentrieren bis ich den richtigen Raum fand. Es waren viele Schüler, die mich neugierig musterten, aber nichts sagten. Einer von ihnen kam allerdings auf mich zu. Er hatte blonde kurze Haare, blaue Augen und ein breites Grinsen auf dem Gesicht.
»Du bist neu hier, oder?«, fragte er freundlich.
Was für ein intelligenter und sehr schnell denkender junger Mann.
»Ja, Paige Caroll.«, stellte ich mich vor und versuchte nett zu lächeln.
Das konnte noch ein netter Unterricht werden.
Mein Gang in die Cafeteria glich eine Flucht, aber wie ich feststellen musste, war sie vollkommen nutzlos. Der blonde Junge hatte mir den Sitzplatz neben ihm angeboten und da es leider keine anderen freien Sitzplätze im Geschichtskurs gab, musste ich mich wohl oder übel neben ihm setzen. Natürlich versuchte er meine Lebensgeschichte förmlich aus mir herauszuquetschen, aber nachdem ich von dem tödlichen Autounfall meiner Eltern erzählt hatte, wurde er schließlich ruhig.
Alles was ich von ihm erfuhr war, dass er Mike Newton hieß und dass er mit dem Mädchen von vorhin, Bella, befreundet war. Ob er wusste, dass er mit einem Mädchen abhing, die eine Beziehung zu einem der gefährlichsten Raubtiere der Erde führte. Wahrscheinlich nicht...
Mike führte mich dann zur Cafeteria und setzte sich natürlich genau dorthin wo ich mich hinsetzen wollte... zu Diana.
Sie saß zusammen mit Edward, Bella, zwei anderen mir unbekannten Vampiren, einem schwarzhaarigen Jungen und zwei Mädchen, welche sich wohl sehr intensiv über etwas unterhielten. Genau ein Sitzplatz war noch frei, nachdem sich Mike neben dem einen blonden Mädchen setzte.
Etwas hoffnungsvoll sah ich mich nach Beth um, welche an einem Tisch mit einem weiteren Mädchen und drei Jungs saß. Sie hatte eine Lächeln auf den Lippen.
Wenigstens eine hatte schon Freunde gefunden.
Notgedrungen setzte ich mich dann zwischen der brünetten Vampirin und Bella. Die Vampirin war irgendwie niedlich in ihrer Gestalt. Sie war sehr zierlich und ihre kurzen Haare standen ihr wirklich perfekt. Sie sah wirklich freundlich und nicht sehr bösartig aus... Und der Blick denn sie mir schenkte gab mir das Gefühl als würde sie förmlich gespannt sein mit mir zu reden.
Ich wollte heute mal etwas freundlicher zu den Blutsaugern sein und lächelte ihr und Bella zu.
Die Vampirin lächelte mir entgegen und umarmte mich auf einmal, was mich leicht zusammen zucken ließ.
»Hallo Paige. Ich bin Alice. Edwards Adoptivschwester.«, stellte sie sich vor und verlor ihr Lächeln kein bisschen.
Der gutaussehende Vampir neben ihr schien reichlich amüsiert zu sein von der Situation und nickte mir zu.
»Ich bin Jasper.«, stellte er sich vor.
Langsam wurde ich etwas depressiv. Warum waren die Vampire allesamt so nett zu mir? Hatte ich ein Schild mit: 'Bitte knuddel mich!' drauf?
»Oh Paige, dass sind übrigens Jessica, Eric und Angela.«, meldete sich Mike zu Wort und zeigte auf die Drei neben ihm.
»Freut mich.«, sagte ich nur knapp und lächelte bevor ich mich an meinem Apfel zu schaffen machte.
Kennenlernen war nicht lange ein Thema und jeder ging seinem Gesprächen wieder nach. Meine Gedanken schwebten aber ganz woanders hin... Zu dem Kerl vom Parkplatz.
Wer war er? Und wieso hatte er mich so komisch angesehen? Mein Blick fiel auf Edward, der mich leicht von der Seite musterte... genauso wie seine Freundin Bella. Ich beschloss mit der Tür einfach ins Haus zu fallen.
»Sag mal... kennt ihr diesen großen schwarzhaarigen Typen von vorhin auf dem Parkplatz?«, fragte ich in einem ruhigen Ton, damit es auch nur Edward und Bella mitbekommen würden.
Bella legte ein schiefes Lächeln auf, während Edward eher etwas angespannt aussah.
Oh, hatte ich etwa einen Nerv getroffen?
»Er ist ein Freund. Seine Name ist Jacob. Er wohnt im Indianer-Reservat an der Küste von La Push.«, erklärte Bella.
»Und was hat er hier gesucht?«, fragte ich.
»Er wollte mit mir reden.«, antwortete sie und sah in dem Moment zu Edward.
Ihm schien Jacob wohl nicht ganz zu gefallen.
»Vielleicht solltet ihr eurem Freund sagen, dass er aufhören sollte Leute mit seinen Blicken zu durchbohren.«, murmelte ich vor mir hin und legte die Reste des Apfels auf den leeren Teller.
»Ich glaub, dass kannst du ihm persönlich sagen.«, schmunzelte Edward und legte einen Arm um Bella.
Verwirrt blickte ich zu den Beiden. Was sollte das bitte bedeuten? Versuchte er mich zu ärgern?
»Was-«
Das Klingeln der Schulglocke unterbrach mich. Alle am Tisch setzen sich auf und gingen ihren Weg in die Flure.
Ich bekam ein komisches Gefühl im Bauch und in meinem Kopf drehte es sich ein bisschen. Es war mir nicht geheuer, dass anscheinend der Kerl mit dem Namen Jacob mir nicht aus dem Kopf ging.
