Kapitel 1 Der Fremde in der Nacht
Ich war gerade in Hogwarts angekommen, es war schon recht spät, denn ich hatte am Morgen den Zug verpasst und dann hatte die Eule, die ich geschickt hatte, um anzukündigen, dass ich später kommen würde, sich auch noch verflogen, sodass ich dann schließlich und endlich, anstatt um die Mittagszeit erst kurz vor Mitternacht in der Schule für Zauberei und Hexerei angekommen war, nachdem ich noch geschlagene drei stunden am Bahnhof von Hogsmeade warten musste, bis mich endlich jemand abgeholt hatte.
Ein älterer und sehr verlottert aussehender Hausmeister hatte mich dann am Schlosstor in Empfang genommen und mir mitgeteilt, dass die Professoren schon alle zu Bett gegangen waren und Professor Dumbledore ihm aufgetragen hätte, mich auf mein Zimmer zu bringen.
Er würde dann gleich morgen früh als Erstes mit mir sprechen.
Ich fühlte mich neben diesem Mann, der mich mit seinen merkwürdigen Blicken andauernd musterte, nicht sonderlich wohl. Auch die Katze, die immer um seine Beine strich, war mir irgendwie nicht geheuer, und das, obwohl ich eigentlich eine Katzennärrin war.
Der Hausmeister, der sich mir mit dem Namen Filch vorgestellt hatte, führte mich einige Treppen nach oben und ein paar Gänge entlang bis vor eine Tür. Ich war schon ziemlich fertig and dem Tag und deshalb hatte ich nicht mehr sonderlich genau auf den Weg geachtet, auch konnte man bei der Dunkelheit, die hier im Schloss herrschte hier nicht viel erkennen. Und die Laterne, die Filch vor sich hertrug, erhellte die Flure nicht wirklich, es reichte vielleicht gerade dazu aus, dass man die Stufen erkennen konnte, um nicht zu stürzen.
Wie auch immer, nach einiger Zeit hatten wir das Zimmer erreicht, in dem ich untergebracht worden war. Filch wünschte mir eine gute Nacht und verschwand mitsamt der Laterne und seiner Katze wieder in der Dunkelheit. Ich sah ihm noch hinterher, bis er und der letzte Lichtschein verschwunden waren und betrat dann mein Zimmer.
Heute war eine dunkle Nacht, Wolken hatten sich vor den Mond geschoben und raubten auch noch das letzte natürliche Licht.
Die einzige Lichtquelle in dem Raum war das Feuer des Kamins, das lustig vor sich hinbrannte. Ich überlegte, ob ich meinen Zauberstab nehmen und Licht machen sollte, doch irgendwie, ich kann heute noch nicht sagen warum, ließ ich es einfach bleiben. Ich stellte meinen Koffer auf einen Stuhl und streifte meinen warmen Reiseumhang ab.
So stand ich in dem Zimmer, das, soweit ich bei dem dürftigen Licht erkennen konnte, sehr hübsch möbliert war und wusste nicht, was ich tun sollte. Ich war noch überhaupt nicht müde, denn ich hatte auf der Fahrt hier her im Zug geschlafen. So überlegend stand ich mitten in dem Raum, als mir der Gedanke kam, noch ein wenig herumzulaufen, das würde mir bestimmt helfen die nötige Bettschwere zu bekommen. Und außerdem konnte es nichts schaden, sich vorab schon etwas umzusehen, sodass ich morgen früh meinen Weg leichter finden würde.
Doch ich hatte nicht mit der Dunkelheit gerechnet und schon gar nicht mit der Größe des Schlosses und der Anzahl der Gänge und Treppen, die es hier gab.
Ich war gerade mal ein Stück gegangen und hatte doch schon sehr schnell die Orientierung verloren. Nach einiger Zeit stand ich da in einem der Flure und wusste nicht mehr, wo ich hin musste. Und zu meinem Schrecken musste ich auch noch feststellen, dass ich meinen Zauberstab in meinem Reiseumhang vergessen hatte. Ich fluchte leise über mich selber und schaute mich suchend nach allen Seiten um. Normalerweise hatte ich einen sehr guten Orientierungssinn, doch bei der Dunkelheit und den sich so verdammt ähnlich sehenden Gängen wusste ich nicht mehr wohin. Was sollte ich tun? Ich wusste es nicht. Ich wusste nur, dass ich nicht hier auf den Gängen stehen bleiben konnte. Ich seufzte leise und beschloss, mich weiter auf die Suche nach meinem Zimmer zu machen.
Nach einiger Zeit entschied ich mich, doch eher weiter unten zu suchen, da ich das Gefühl hatte, mehr Stufen nach oben, als nach unten gegangen zu sein und ging die nächste Treppe die fand hinunter. Draußen hörte man inzwischen den Wind um das Schloss heulen und ich hatte das Gefühl, dieses Heulen wurde immer lauter. Als ich einmal aus einem der Fenster sah, konnte ich sehen, wie sich die Bäume unter dem starken Wind hin und her bogen. Auch blies der Wind die Wolken so heftig über den Himmel, dass hin und wieder der Mond, der noch nicht ganz voll war, kurz zu sehen war. Es fröstelte mich etwas bei dem Anblick des kleinen heftigen Sturms, der inzwischen um das Schloss fegte und ich war sehr froh, nicht da draußen sein zu müssen.
Wenn der Mond gerade mal zwischen den Wolken durchschien, erhellte er die Flure des Schlosses etwas und ich konnte teilweise die Bilder an den Wänden erkennen, in denen die Personen, die darauf abgebildet waren schliefen und einige sogar laut schnarchten. Als ich gerade wieder so ein Bild betrachtet hatte, das einen Ritter in Rüstung zeigte, der angelehnt an seinem grasenden Pony schlief, schoben sich erneut Wolken vor den Mond und ich hatte das Gefühl, dass es diesmal besonders dunkel wurde. Ich drehte mich um und wollte gerade weitergehen, als ich plötzlich gegen etwas oder jemand lief.
Ich erschrak so, dass mir ein leiser Schrei entfuhr. Doch mein Gegenüber, der ganz in Schwarz gekleidet war, sah mich nur stumm an. Ich griff mir mit meinen Händen an meine Brust und atmete erst einmal durch. Ich sah einen schwarzen Umhang vor mir, und auch der Rest der Kleidung, der Person vor mir war schwarz. Doch dann hob ich den Kopf etwas an, mein Blick wanderte langsam nach oben. Ich musste etwas nach oben sehen, um in das Gesicht vor mir blicken zu können, denn die Person, in die ich gelaufen war, war ein ganzes Stück größer als ich. Ich wollte gerade meinen Mund öffnen, um etwas zu sagen, als ich in seine Augen blickte.
Viel konnte ich von dem Mann nicht erkennen, dazu war es einfach zu dunkel hier, doch diese Augen, die mich leicht empört und doch fragend anfunkelten, ließen mich verstummen, noch bevor ich etwas von mir geben konnte.
Ich war in dem Moment nicht fähig etwas zu sagen, obwohl mir mehrere Fragen auf der Seele brannten. In meinem Kopf begann es kreisen und ich musste mich zusammenreisen und einen klaren Gedanken zu fassen. Als ich noch einmal Luft holte, um doch noch eine Frage zu formulieren, trat der Mann einen Schritt auf mich zu. Ich konnte die Konturen seines Gesichtes erkennen. Es wirkte sehr markant und ich musste auch sagen, er war nicht gerade die Art von Mann, in die sich eine Frau sofort verlieben würde und doch zog mich dieser Mann auf eine magische Art und Weise an, wie ich es noch nie in meinem Leben vorher erlebt hatte. Ich spürte ein leichtes Kribbeln auf meiner Haut, als er nur noch wenige Zentimeter vor mir stehen blieb und mich eingehend musterte.
Ich war immer noch nicht fähig etwas zu sagen oder mich zu bewegen, ich starrte nur unentwegt in diese wunderbaren dunkeln funkelnden Augen, die mich total in ihren Bann gezogen hatten. Wie lange wir so dagestanden hatten? Ich hatte keine Ahnung, für mich war die Zeit von dem Moment an stehen geblieben und ich nahm auch alles um mich herum nicht mehr war. Das Rauschen des Sturmes draußen schien verstummt zu sein, stattdessen hörte ich nur noch das Rauschen meines Blutes, welches jetzt schneller durch meine Adern gepumpt wurde und das Schlagen meines Herzens in meiner Brust, welches sich wir ferner Donner anhörte. Ich wusste aber, dass der Sturm immer noch tobte, denn immer wieder fielen Schatten auf das Gesicht des Mannes mir gegenüber, was ihm ein unheimliches Aussehen verlieh.
Nach einiger Zeit bemerkte ich, wie er langsam, unendlich langsam seine Hand hob und nach mir ausstreckte. Seine Finger begannen zart, fast schüchtern, über mein langes Haar zu streichen.
Ich ließ ihn gewähren und irgendwie verspürte ich den Wunsch ihn auch zu berühren, doch ich brachte nicht den Mut auf, meine Hand zu heben und sie nach seinem Gesicht auszustrecken, so stand einfach ich nur da und sah ihn an. Ein schwaches Zittern erfasste meinen Körper, doch es kam ganz sicher nicht davon, dass mir kalt war. Was war es nur, was mich an ihm faszinierte, was mich derart durcheinander brachte, dass mein Körper anfing, zu vibrieren? Ich wusste es nicht, ich konnte es mir nicht erklären und ehrlich gesagt, ich wollte es auch gar nicht wissen. In dem Augenblick wollte ich nur eines ... Ich wollte, dass er mich in seine Arme nahm, ich wollte verschmelzen mit diesen wunderbaren, tiefschwarzen Augen.
