I know, that I got one or two author followers after publishing 'Everything Will Be OK'. Thank you very much, I am glad, you liked it. And I am very sorry, you won't be able to read this story. It's my version of the comeback of Sherlock after TRF. Actually I had the intention to translate it into English as well. Unfortunatly it took me such a long time to write the story, that it doesn't make sense any more to translate it. I suppose, nobody want's to read reunion-stories anymore in a couple of days. So this story will only be available in German. I already considered not publishing it at all, but I put so much effort into it that I don't want the story to rot on my computer. Maybe it can be a nice warm-up for the new episodes :-). It will be my first and my last German story. All further stories (I have some ideas already :-) ) I will publish in English.
Ich würde mich über Feedback freuen, da dies hier eigentlich meine erste Sherlock FanFiction ist. 'Everything will be OK' habe ich erst deutlich später begonnen.
Hinweis: Die Geschichte berücksichtigt keinerlei Season 3 Spoiler (Setlock, Trailer o.ä.). Alles hier drin, habe ich mir selber ausgedacht (bis auf die grandiosen Figuren natürlich!).
Kapitel 1: Zurück auf der Straße
London, Down Lane Park – Sonntag, 8:35pm
„Du hättest viel früher kommen sollen."
Die Worte des Arztes klangen ein wenig gedämpft durch den Mundschutz, als er mit mehreren Stichen die Wunde am Oberarm der jungen Frau vernähte. Das Abszess hatte sich entzündet. Wäre sie eine Woche früher hier gewesen, hätte er es mit Medikamenten behandeln können, nun hatte er die Geschwulst operativ entfernen müssen. Dr. John Watson beendete konzentriert die Naht, strich eine entzündungshemmende Salbe auf die geschlossene Wunde und begann, den Arm zu verbinden. Er blickte die junge Frau an. „Cat, wann hattest du deine letzte Tetanus-Impfung?"
Cat sah den Arzt mit einem verlegenen Lächeln an und zuckte mit den Schultern. „Is' schon eine Weile her, glaube ich."
John nickte und warf seiner Kollegin, die bereits dabei war, die benötigten Materialien zusammenzu stellen, einen kurzen Blick zu. John und Rita arbeiteten seit fast einem Jahr zusammen und waren ein eingespieltes Team, das sich nur mit Augenkontakt und kurzen Gesten verständigen konnte. Rita Nolan war Mitte 50 und hatte jahrelang in einem kleinen Krankenhaus im Londoner Stadtteil Welling gearbeitet, bis dieses aus Kostengründen geschlossen wurde und Rita zu einer Neuorientierung in ihrem Leben zwang. Fortan konzentrierte sich die talentierte Chirurgin auf ihr Engagement bei der Obdachlosenhilfe und Dr. John Watson, deren eigenes Leben vor einem Jahr eine tragische Wendung nahm, wurde ihr Partner. Einmal in der Woche versuchten die beiden Ärzte in einem kleinen Liefer wagen, dessen Laderaum zu einer mobilen Arztpraxis umgebaut war, jenen zu helfen, die kein soziales Netz, keine Familie oder eine Versicherung auffangen konnte. Dabei arbeiteten sie nicht nur als Ärzte, Krankenschwestern und Sanitäter in Personalunion. Vielmehr waren sie, wenn die Situation es erforderte, auch Sozialarbeiter, Streitschlichter und Seelsorger. Jemand, der Tipps gab, wo es eine kostenlose Mahlzeit gab, der half, Behördenformulare auszufüllen oder einfach eine Schulter zum Anlehnen bot.
Rita reichte John zunächst einen mit Desinfektionsmittel getränkten Wattebausch und anschließend eine aufgezogene Spritze. Cat verzog nur kurz das Gesicht, als John vorsichtig in ihre Schultermusku latur stach und den Impfstoff injizierte. „Du hättest früher kommen soll", wiederholte er.
„Ich weiß", entgegnete die junge Frau, „aber andere hatten es nötiger."
John lächelte. Das war typisch für Cat. Obwohl sie selber auf der Straße lebte und jeden Tag zusehen musste, woher sie Essen oder einen Schlafplatz bekam, kümmerte sie sich lieber um jene, denen es vermeintlich schlechter ging als ihr. Sie kam fast jede Woche zu der Arztpraxis und brachte Menschen zu ihnen, die Hilfe brauchten, sich aber selber nicht trauten oder schlichtweg nichts von diesem An ge bot wussten. Johns Blick wurde wieder ernst. „Hast du etwas von Naomi gehört?"
Cat schüttelte den Kopf. „Nein. Ich habe versucht, sie zu finden, aber an den üblichen Plätzen ist sie seit … seit neulich nicht mehr gewesen. Keiner hat sie gesehen."
Naomi. Sie war der schlimmste Fall, den John bislang behandeln musste – nicht aufgrund der körperlichen sondern vor allem wegen der seelischen Verletzungen. Vor zwei Wochen hatte Cat das Mädchen in die Arztpraxis gebracht. Naomi war noch sehr jung, in Johns Augen fast noch ein Kind. Sie behauptete zwar, volljährig zu sein, John hatte aber seine Zweifel, schätzte sie höchstens auf 16.
Naomi war misshandelt worden, hatte schwere Blutergüsse am ganzen Körper, eine aufgeplatzte Lippe, ein geschwollenes Auge. An Naomis Körperhaltung, dem fehlenden Blickkontakt und nicht zuletzt an dem desolaten Zustand ihrer Kleidung konnte John erkennen, dass sie vergewaltigt wurde. Sie sprach das weder ihm noch Cat gegenüber aus, aber John kannte die Anzeichen. Er hatte es zu oft gesehen, damals in Afghanistan. Normalerweise wäre es Ritas Aufgabe gewesen, sich um das Mädchen zu kümmern. Die Ärzte-Teams wurden nach Möglichkeit immer mit einem Mann und einer Frau besetzt. Aber Rita war an jenem Abend plötzlich krank geworden, ein Ersatz stand so kurzfristig nicht zur Verfügung, so dass John den Einsatz alleine machen musste. Mit Cats Hilfe behandelte er Naomis Wunden so gut es ging und soweit sie es zuließ. Er hatte versucht, das Mädchen zu überzeugen, ins Krankenhaus zu gehen und zur Polizei – aber davon wollte sie nichts wissen, floh regelrecht aus dem Behandlungswagen, nachdem John sie notdürftig versorgt hatte. Er machte sich große Sorgen um das Mädchen. Sie war traumatisiert und brauchte dringend Hilfe.
„Vielleicht ist sie zurück zu ihrer Familie." mutmaßte John ohne viel Überzeugung.
„Vielleicht." antwortete Cat.
Beide sahen sich an und wussten, dass dies nicht der Fall war. Naomi kam aus einer ebenso zerrütteten Familie wie Cat und würde nicht freiwillig zu dieser zurückkehren. „Wir halten die Augen offen. Jeder hier weiß, was Naomi zugestoßen ist, wenn sie irgendwo auf taucht, kümmern wir uns um sie."
John nickte. Ihm war klar, dass der Gemeinschaftssinn unter Londons Obdachlosen nicht bei allen so ausgeprägt war, wie bei Cat. Aber es gab ein starkes Netzwerk, deren Mitglieder auf einander Acht gaben und binnen kürzester Zeit Nachrichten zwischen einander austauschen konnten – das Obdach losen netzwerk, Sherlocks Netzwerk. Bei dem Gedanken bildete sich ein Kloss in seinem Hals, denn er nur mühsam herunterschlucken konnte. John räusperte sich und konzentrierte sich wieder auf die junge Frau vor ihm. „Pass bitte auf, dass Du die Wunde sauber hältst. Und ich möchte, dass Du nächste Woche wieder kommst, damit wir den Heilungsverlauf kontrollieren können. OK?"
Cat nickte.
„Rita wird sich darum kümmern. Ich bin nächste Woche nicht hier."
Cat sah John traurig an. „Ich weiß."
Natürlich wusste sie es. Cat war innerhalb des Obdachlosennetzwerks eine der zentralen Kontakt personen gewesen, die Sherlocks Aufträge zuverlässig weitergab und auch dafür sorgte, dass die Bezahlung angemessen verteilt wurde. Mrs. Hudson, die regelmäßig an Sherlocks Grab nach dem Rechten sah, erzählte John, dass gelegentlich einzelne Blumen vor dem Grabstein lagen. Häufig waren es Wildblumen, die irgendwo gepflückt worden waren. John war sich sicher, dass Mitglieder aus dem Obdachlosennetzwerk diese dort abgelegt hatten. Das Netzwerk trauerte um Sherlock. Niemand von ihnen schenkte den Behauptungen Glauben, Sherlock wäre ein Betrüger gewesen. Natürlich wusste Cat, dass nächste Woche Sherlocks Todestag war.
John hatte lange geglaubt, dass Sherlock die Obdachlosen nur als Mittel zum Zweck benutzte. Nach dessen Tod erfuhr er, dass es mehr war als das. In seinem Testament (John war überrascht, dass ein solches Dokument existierte) hatte Sherlock verfügt, dass der Londoner Obdachlosenhilfe eine großzügige Summe aus seinem Nachlass (John war noch viel überraschter, als er erfuhr, wie hoch die Summe seines Erbes war) zukam. Der Rest ging zu gleichen Teilen an John und Mrs. Hudson. John wollte Sherlocks Geld nicht. Zunächst dachte er daran, es auch der Obdachlosenhilfe zukommen zu lassen, entschloss sich dann aber für ‚Ärzte ohne Grenzen'. Er hoffte Sherlock möge ihm seine Sentimentalität verzeihen. Stattdessen war die Arbeit in der mobilen Arztpraxis Johns Weg, etwas von der Hilfe und Loyalität zurückzugeben, die das Obdachlosennetzwerk in den letzten Jahren ihm und Sherlock entgegengebracht hatte. Außerdem brachte diese Arbeit, etwas Adrenalin zurück in Johns Leben.
John wurde aus seinen Gedanken gerissen, als Cat sanft ihre Hand auf die des Arztes legte, wie um zu zeigen, dass sie seine Trauer verstand. John lächelte und nickte. Die junge Frau zog ihre zerschlissene Jacke an und verließ mit einem kurzen Abschiedsgruß den Wagen.
Rita und John begannen den Behandlungsbereich aufzuräumen – schweigend, Rita kannte John gut genug, um zu wissen, wann er mit seinen Gedanken lieber für sich sein wollte.
Eine halbe Stunde später saßen die beiden Ärzte mit einer Tasse Kaffee auf einer Parkbank neben ihrem Wagen. Es war bislang ein außergewöhnlich ruhiger Einsatz gewesen und sie genossen die Pause. An den meisten Abenden behandelten John und Rita einen Patienten nach dem nächsten und kamen kaum zum Durchatmen. Ritas herzliches Lachen schallte durch den Park, während sie eine schier endlose Liste an Argu menten aufzählte, wieso ihr favorisiertes Fußball-Team - die Gunners - am kommenden Wochen ende auf jeden Fall das Derby gegen Johns Team - den FC Fulham - gewinnen würde. John schüttelte grinsend den Kopf, als er versuchte, die fahrigsten ihrer Argumente zu entschärfen. Rita und John waren nicht nur bei der Arbeite perfekt aufeinander abgestimmt, auch menschlich verstanden sie sich gut und teilten dieselbe Art von Humor. Allerdings erreichte Johns Lachen seine Augen nie ganz. Rita kannte Johns Geschichte. Aber sie stellte keine Fragen, drängte nie und verurteilte nicht. John war ihr dankbar dafür.
„Der Vorfall mit dem Mädchen macht Dir zu schaffen, oder?", fragte Rita, nachdem die beiden in ein komfortables Schweigen gefallen fahren.
John verzog leicht das Gesicht. Rita war nicht zuletzt aufgrund ihrer exzellenten Empathiefähigkeit in diesem Job so gut aufgehoben. Sie spürte sofort, wenn er etwas auf dem Herzen hatte. „Ja, auch", meinte er knapp.
Rita nickte, sagte aber nichts weiter. Sie hatten in der Vergangenheit kaum über Johns verstorbenen Freund Sherlock Holmes gesprochen und Rita wollte John nicht bedrängen. Sie hoffte, dass er von selber reden würden, wenn ihm danach war.
Sie saßen noch eine Weile schweigend nebeneinander, jeder in seine Gedanken vertieft. Schließlich atmete John einmal tief durch und wandte sich Rita zu, die ihn aufmerksam ansah. Es nützt nichts, dachte er, irgendwann muss ich es ihr sagen. „Ich muss etwas mit Dir besprechen."
