1. Wenn Dinge sich ändern
Genervt öffnete Lily Agnes Evans die Augen, weil sie schon
wieder nicht schlafen konnte. Ein laues Lüftchen wehte und
bauschte ihre geschlossenen Vorhänge auf, denn die Fenster waren
weit geöffnet, um die angenehme Nachtkühle ins Zimmer zu
lassen. Im ganzen Haus war es mucksmäuschenstill, ihre Eltern,
sowie ihre ältere Schwester Petunia, schliefen schon längst.
Langsam wanderten ihre Augen zum Zeiger ihres Weckers, der auf
drei Uhr morgens stand. Resignierend kramte Lily in ihrem
Nachtschrank und holte einen Brief heraus, den ihr am vergangenen Tag
eine Eule gebracht hatte. Eigentlich war es gar kein Brief mehr,
sondern nur noch eine zusammen geknüllte Kugel.
Mit einem
Schlenker ihres Zauberstabes, machte sie die kleine Lampe auf ihrem
Nachtschrank an. „Wie gut, dass ich volljährig bin und zaubern
kann wie ich will." murmelte sie vor sich hin.
Lily setzte sich
aufrecht ins Bett und strich sich ihre langen roten Haare aus dem
Gesicht. Ihre mandelförmigen, grünen Augen blickten aus
ihrem strahlend schönen Gesicht im Zimmer umher. Alles war
ordentlich und aufgeräumt, so wie Lily eben war. Immer fleißig,
ordentlich und strebsam.
Hinten, in einer Ecke, stand ihr großer
Hogwartskoffer, den sie nur noch einmal brauchen würde. Sie war
schon etwas traurig darüber, dass nun ihr letztes Jahr in der
Zaubererschule kommen würde. Die Tatsache, dass sie eine Hexe
war, hatte ihr Leben, und das ihrer Familie, gehörig verändert.
Doch Lily selbst liebte dieses Leben und für ihre Lehrer war
sie, trotz ihrer Muggelstämmigkeit, die Perfektionistin in
Person. Sicher hatten sie sie auch deshalb in der fünften Klasse
zur Vertrauensschülerin ernannt, oder weil sie die Einzige war,
die den Unruhestiftern in ihrem Haus die Stirn bot.
Ja, da gab es
vier ganz bestimmte Typen, die in ihrem Haus ständig für
Aufruhr sorgten. Eigentlich waren es ja nur drei, denn einer von
ihnen war ebenso Vertrauensschüler und eigentlich ein ganz
Netter.
Lily schloss die Augen und sah ihn wieder vor sich. Remus
Lupin, ein Junge mit braunem Haar und etwas blasser Haut, immer recht
zurückhaltend und darauf bedacht, dass seine verrückten
Freunde nicht zu sehr über die Strenge schlugen. Doch was heißt
hier verrückte Freunde? Die anderen drei waren das Chaos in
Person. Gut, einer von ihnen war eher ein Anhängsel. Peter
Pettigrew, ein kleiner dicker und, in Lilys Augen, etwas dümmlicher
Junge mit mausbraunem Haar, passte da irgendwie nicht ganz hinein.
Also blieben eigentlich nur noch zwei Verrückte übrig und
bei dem Gedanken an diese beiden Machotypen schnaubte Lily
verächtlich auf.
Sirius Black, der Mädchenschwarm von
Hogwarts, der dafür bekannt war, alles flachzulegen, was nicht
bei "Drei" auf den Bäumen war, brachte Lily schier zu
Verzweiflung. Black Beauty nannte sie ihn insgeheim. Naja, sie musste
schon zugeben, ein Wunder war es nicht, dass ihm die Mädchen zu
Füßen lagen. Sein Äußeres hatte schon etwas
Verwegenes an sich. Sein schwarzes Haar fiel ihm lässig ins
Gesicht und seine grauen Augen hatten etwas Geheimnisvolles. Er war
nie schlecht gelaunt und behandelte alle Mädchen galant und
höflich.
Lily schnaubte noch einmal verächtlich und
versuchte damit ihre Gedanken in eine andere Richtung zu lenken, doch
viel brachte es nicht, denn in diesem Moment sah sie den Letzten der
Vier, vor ihrem geistigen Auge. Dieser war wohl der Schlimmste
überhaupt. Mr. Cool-ach-ich-bin-ja-so-toll persönlich,
James Hieronymus Potter. Bei seinem zweiten Namen musste Lily
unwillkürlich grinsen, denn wer bitte heißt schon
Hieronymus? Na gut, ihr zweiter Name war auch nicht so der Bringer,
aber er war ihr Geheimnis. Dass sie Potters zweiten Vornamen kannte
war reiner Zufall. Ihre Hauslehrerin, Minerva McGonagall, hatte ihn
einmal so zurückgerufen, weil er und Black Beauty mal wieder
etwas ausgeheckt hatten und nachsitzen mussten.
Hieronymus passte
eigentlich auch gar nicht zu ihm, denn neben Black war er der
bestaussehenste Typ, den Hogwarts zu bieten hatte. Lily schlug sich
mit der Hand vor die Stirn und grummelte: „Mein Gott Potter, raus
aus meinem Kopf."
Doch er wollte nicht verschwinden. Wieder
einmal sah sie seine haselnussbraunen Augen vor sich, die hinter
einer Brille frech hervorblitzten. Mit seinen schwarzen,
zerstrubbelten Haaren, die in alle Richtungen standen, hatte er schon
etwas Verführerisches an sich. Als Quidditchspieler war sein
Körper mehr als nur gut durchtrainiert. Das hatte Lily natürlich
nur zufällig gesehen, als Potter und seine Freunde, die sich
selbst "Marauder" nannten, im Schwarzen See schwimmen
waren. Junge, die Mädchen waren damals reihenweise in Ohnmacht
gefallen und diejenigen, die sich noch auf den Beinen halten konnten,
haben vor Entzücken, über diesen Anblick, gequietscht. Nur
Lily und ihre beste Freundin, Jackie Andrews, verzogen keine Miene,
obwohl Lily sich sicher war, dass Jackie Black Beauty fast mit ihren
Blicken verschlang, wenn auch nur aus den Augenwinkeln und mit
gesenktem Kopf.
Ja, sie und Jackie waren, seit ihrem ersten
Schuljahr, die besten Freundinnen. Auch wenn Jackie die
Reinblütigkeit in Person war und sich in der Muggelwelt
überhaupt nicht auskannte, hatten die beiden schon von Anfang an
einen guten Draht zueinander. Im letzten Schuljahr änderte sich
ihr Verhältnis etwas, denn Jackie hatte ihren ersten Freund, den
sie jedoch bald wieder abschoss und Lily wusste auch ganz genau
warum. Black Beauty spukte in Jackies Kopf herum, auch wenn sie es
nicht zugeben würde, Lily wusste es dennoch.
Jackie war so
ganz anders als Lily. Sie spielte mit Begeisterung Quidditch und war
sogar im Hausteam der Gryffindors. Lily hasste Quidditch und seitdem
Potter Mannschaftskapitän war konnte sie dem Sport noch weniger
abgewinnen.
Sie stöhnte gequält auf, als sie an Potter
und seine Annährungsversuche, ihr gegenüber, dachte. Ach
was, Annäherungsversuche. Seit geschlagenen zwei Jahren
bombardierte er sie ständig damit, dass er ein Date wollte. Zu
den unmöglichsten Zeiten passte er sie ab und bettelte wie ein
Hund. Es kam sogar soweit, dass er ihr vor dem Mädchenklo
auflauerte.
Mit Grauen dachte Lily an diesen Tag. James
Hieronymus Potter hatte es damals geschafft sie aus der Reserve zu
locken. Sie hatte ihm immer kühl und mit gelassener Stimme eine
Absage erteilt, aber an diesem Tag hatte sie das halbe Schloss
zusammen geschrien. Sie erinnerte sich noch genau an ihre Worte: „Du
arrogantes Machoschwein, lass mich endlich in Ruhe! Ich hasse dich,
James Hieronymus Potter!"
Die Worte waren so schnell über
ihre Lippen gekommen und einen Moment lang tat es ihr leid, denn JHP
stand mit hängenden Schultern und zusammengepressten Lippen vor
ihr. Alle Schüler, die das Spektakel mit angehört hatten,
blickten auf ihn, bis Remus, der mal wieder alles voll im Griff
hatte, James von ihr wegzog. Dabei schüttelte Remus mit dem Kopf
und meinte zu Lily: „Das war jetzt nicht fair von dir." Lily
hatten damals Remus Worte zum Nachdenken angeregt und seitdem dachte
sie ständig nach, besonders weil Potter sie seit diesem Vorfall
in Ruhe gelassen hatte. Aber wie sie heute bemerkt hatte war das wohl
nur vorübergehend.
Leise seufzend strich sie den zerknüllten Brief auf ihrer Bettdecke glatt. Im Moment fragte sie sich wirklich warum sie ihn, nachdem sie ihn gelesen hatte, nicht verbrannte. Sie sah auf die feinsäuberliche Handschrift und ein lang gezogenes seufzen entwich ihrer Kehle. Sie atmete noch einmal tief durch, bevor sie die Zeilen, zum bestimmt zwanzigsten Mal, las:
Lilyflower, Puh bin ich erleichtert, dass du
den Brief überhaupt liest. Liebe Grüße
Ich weiß eigentlich gar
nicht, wie ich es dir schreiben soll. Also ich wollte dir nur sagen,
dass ich mir für das nächste Schuljahr vorgenommen habe
mich zu bessern. Du weißt schon, keine Streiche mehr, nie mehr
zu spät zum Unterricht kommen, keine nächtlichen Ausflüge
mehr (obwohl ich glaube, das verspreche ich lieber nicht). Ja
jedenfalls werde ich mein Leben ändern. Ich werde dich auch nie
mehr nach einem Date fragen, versprochen, denn spätestens zum
Ende unseres letzten Schuljahres bin ich sowieso mit dir
zusammen.
Dein James
P.s.: Grüße von Sirius, der mir gerade über die Schulter schaut und herzhaft lacht.
Die ersten Sätze des Briefes hatten Lily ein Lächeln ins Gesicht gezaubert, denn sie glaubte wirklich was dort stand, doch als sie seine letzten Worte, "denn spätestens zum Ende unseres letzten Schuljahres bin ich sowieso mit dir zusammen", gelesen hatte waren ihre Gesichtszüge entglitten. Mr. Obermacho-ach-ich-bin-ja-so-toll glaubte tatsächlich, dass er sie erobern könnte. Das war einfach lächerlich, denn Lily hatte nie irgendjemandem schöne Augen gemacht, obwohl sie hin und wieder von einigen Jungen eingeladen wurde, hatte sie es immer wieder abgelehnt. Die meisten Typen ihrer Schule konnte man voll vergessen. Es war nicht einmal möglich ein tiefgründiges Gespräch mit ihnen zu führen, ohne dass ihre Hände irgendwo waren, wo sie nicht hingehörten.
Lily's Blick
glitt wieder zu ihrer Uhr. Jetzt war es eine Stunde später, eine
Stunde in der sie ihre Gedanken an diese Verrückten verschwendet
hatte. Naja gut, sie waren nur manchmal verrückt, aber mit
einigen ihrer Streiche konnte sich Lily gar nicht anfreunden. Obwohl
es manches gab, wofür sie die Marauder insgeheim bewunderte. Sie
hatten es immer wieder drauf, den verhassten Slytherins eins
auszuwischen und dann auch noch so, dass es die ganze Schule mitbekam
und es allen ein Lächeln ins Gesicht zauberte. Manchmal wünschte
sich Lily, dass sie so etwas auch tun könnte, nur um einmal das
Gefühl des Triumphs in sich spüren zu können, aber sie
war eben die liebe nette Lily. Immer freundlich anderen gegenüber
und zu so etwas nicht fähig, oder etwa doch? Sollte sie es
wirklich einmal wagen und verrückte, vielleicht auch ein wenig
gefährliche Dinge tun? Mal ganz aus sich herausgehen? Aber auf
Kosten anderer, war das wirklich fair?
Plötzlich kam ihr ein
Gedanke: Warum sollte sie sich nicht an den vier Maraudern rächen?
Sie hatten schließlich oft genug die jüngeren Schüler
einfach verhext und hätten sicher auch eine Strafe verdient.
Lily rutschte wieder unter die Decke und schloss grinsend die Augen. Sie war nicht umsonst die schlauste Schülerin ihres Jahrgangs und ihr würde bestimmt etwas einfallen, um auch mal ein bisschen Spaß zu haben. Ja, und wie sie ihre Freundin kannte, war die sicher gleich mit dabei. Obwohl, wenn es gegen Black Beauty ging, würde Lily wohl noch Überzeugungsarbeit leisten müssen. Ein Lächeln lag auf ihren Lippen, als sie endlich in einen tiefen Schlaf glitt.
Lily schlief noch immer
tief und fest, als es in ihrem Zimmer ein lautes "Plop" gab
und jemand rief: „Aufstehen, du Schlafmütze."
Ächzend
richtete Lily sich auf und grummelte: „Oh bitte Jackie, ich bin
grade erst eingeschlafen."
Jackie lachte. Sie warf dabei ihre
langen, braungelockten Haare über die Schulter und meinte
belustigt: „Sag nicht, du hast schon wieder die halbe Nacht wach
gelegen und über deine geliebten Feinde gegrübelt."
Ihre
braunen Augen blitzten lustig, als Lily nur abwinkte und grummelte:
„Feind ist schon richtig, aber geliebt?"
Sie zog das letzte
Wort unnatürlich in die Länge, was Jackie noch mehr zum
Lachen brachte.
Ihr Blick fiel vor Lilys Bett, dort lag noch der
Brief von James Potter. „Darf ich?" fragte Jackie neugierig und
zeigte auf den Fetzen Papier. Lily seufzte: „Klar, aber denk nicht
da steht was gescheites drin. Potter ist mal wieder übergeschnappt."
Mit diesen Worten verschwand Lily auch schon in ihr kleines
Badezimmer. Sie hatte die Tür schon hinter sich geschlossen, als
sie Jackies Lachen hörte. Lily steckte noch einmal den Kopf zur
Tür hinaus und sagte theatralisch: „Ja, zum Schuljahresende
werde ich Mrs. Potter heißen." Schon war ihr Kopf wieder
verschwunden und Jackie murmelte: „Na, vielleicht noch nicht Mrs.
Potter, aber du wirst seine Freundin sein, darauf wette ich."
Jackie beobachtete das Schauspiel zwischen ihrer Freundin und
James Potter schon seit Jahren und irgendetwas war da, was sie sich
nicht erklären konnte. Lily protestierte immer lautstark gegen
seine Annäherungsversuche, doch für Jackie war es etwas zu
offensichtlich. Aber naja, das letzte Schuljahr würde es
zeigen.
Wenig später kam Lily aus dem Bad und zog sich
Jeans und ein Top über. Sie setzte sich zu Jackie auf ihr Bett
und fragte: „Wenn ich in diesem Schuljahr vorhabe mal so richtig
über die Strenge zu schlagen, wärst du dann dabei?"
Jackie musterte ihre Freundin argwöhnisch und sagte: „Wenn du
mir sagst worum es geht, dann gebe ich dir eine Antwort."
Lily
kamen viele irrwitzige Gedanken in den Kopf, doch sie sagte: „Ich
will den Maraudern das Leben zur Hölle machen. Sie sollen nicht
mehr wissen wo hinten und vorn ist, damit sie endlich mal merken, wie
gemein sie die letzten Jahre anderen gegenüber waren."
Jackie
zog eine Augenbraue hoch: „Du willst dich auf ihr Niveau
herablassen? Aber Potter hat dir doch geschrieben, dass er sich
ändern will und das sicher nur für dich."
Jackie sah
aufmerksam in das Gesicht ihrer Freundin, doch Lily winkte ab und
grummelte: „Das glaubst du doch selber nicht. Er und Black Beauty
werden weiterhin hinter jedem Rock her sein und anderen Schülern
Streiche spielen."
Bei Blacks Namen hatte Jackie ihren Blick
abgewandt, was Lilys Verdacht wieder mal bestätigte.
Jackie
seufzte laut auf und meinte: „Also gut, aber wenn es Verletzte
gibt, ist sofort Schluss, hast du verstanden Lily?"
Freudig
klatschte Lily in die Hände und sagte grinsend: „Es wird keine
Verletzten geben, höchstens verletzten Stolz."
Jackie
atmete tief durch und murmelte: „Na, hoffentlich geht der Schuss
nicht nach hinten los und die Vier nehmen uns dann aufs Korn."
Lily ließ sich auf das Bett zurückfallen und ein
diabolisches Grinsen lag auf ihrem Gesicht, als sie laut sagte:
„Nehmt euch in Acht Rumtreiber, in diesem Jahr habt ihr
Konkurrenz!"
Jackie schüttelte den Kopf, immer noch nicht
so recht damit einverstanden was ihre beste Freundin vorhatte, als
eine Eule ans Fenster klopfte. Lily raffte sich vom Bett hoch und
ließ die Eule herein. An ihrem Bein hing ein dicker Brief mit
dem Hogwartswappen und Lily meinte gelassen: „Sicher die
Bücherliste." Sie steckte der Eule einen Keks in den Schnabel,
woraufhin diese auch gleich wieder verschwand. Jackie schaute über
die Schulter ihrer Freundin, als sie den Brief öffnete. Es war
wirklich die Bücherliste und noch ein Pergament, auf dem
stand:
Sehr geehrte Miss Evans, Mit
freundlichen Grüßen
ich freue mich Ihnen in
diesem Jahr das Amt des Schulsprechers zu übergeben. Treffen Sie
sich zu einem ersten gemeinsamen Gespräch mit dem zweiten
Schulsprecher in Ihrem persönlichen Abteil, im Hogwartsexpress.
Der zweite Schulsprecher kommt in diesem Jahr ebenfalls aus
Gryffindor und ist ihr Mitschüler James Potter.
Minerva McGonagall
Stellv.
Schulleiterin
Jackie brach in schallendes Gelächter
aus. Tränen traten in ihre Augen, als sie Lilys entsetztes
Gesicht sah und sie meinte lachend: „Das heißt ja dann, dass
du mit POTTER die Schulsprecherräume beziehst. Oje, der Arme tut
mir jetzt schon leid."
Lily fauchte: „Ich verstehe gar nicht,
wieso Potter überhaupt Schulsprecher geworden ist. Seine
Vergehensakte ist so lang wie die Chinesische Mauer. Dumbledore hat
bestimmt zu viel von seinem Met getrunken, als er sich das
überlegte."
Jackie wischte sich die Lachtränen aus
den Augen und meinte: „Ich glaube, dann hat sich dein Feldzug gegen
die Marauder ja wohl erledigt, oder?"
Lily stapfte wütend
mit dem Fuß auf und schnaubte: „Auf keinen Fall, jetzt erst
recht. Als Schulsprecherin stehen mir alle Türen offen und
niemand wird auf die Idee kommen, dass ich dahinter stecke."
Ihre
grünen Augen zeigten Wut aber auch Entschlossenheit. Jackie
hingegen konnte es nicht glauben, dass ausgerechnet ihre immer
akkurate Freundin, in ihrem letzten Schuljahr so aufs Ganze gehen
wollte. Mit einem mulmigen Gefühl im Magen meinte sie: „Also
Lily, ich hab da wirklich arge Bedenken, wenn die Vier uns erwischen,
werden wir wochenlang kopfüber in der Eingangshalle von Hogwarts
hängen oder sie werfen uns dem Riesenkraken zum Fraß
vor."
Lily giggelte: „Das wäre schon mal eine gute Idee,
für einen Streich."
Jackie seufzte: „Vielleicht sollten
wir uns erst einmal einen Schlachtplan ausdenken, aber vorher packst
du deine Sachen und wir verschwinden hier. Ich hab nämlich keine
Lust, auf deine blöde Schwester zu treffen."
Sie hatte die
Worte noch gar nicht ganz ausgesprochen, als sie schon eine
hysterische Stimme vom Flur her vernahmen: „Lily jetzt komm, Mum
und Dad warten schon mit dem Frühstück."
Lily rollte
mit den Augen und zog Jackie mit sich ins Wohnzimmer der Evans.
Lilys Eltern waren sehr nett und Jackie war der Meinung, dass sie
Lilys Schwester Petunia bei der Geburt vertauscht hatten. Dieses
pferdegesichtige, immer schlecht gelaunte Etwas passte überhaupt
nicht zu dieser Familie.
Sie genossen ein ausgedehntes letztes
Frühstück, bevor sich Lily mit Jackie und ihrem
Hogwartskoffer, auf den Weg in Jackies Elternhaus machte. Lily
wollte die letzte Ferienwoche dort verbringen und mit Jackie die
magische Welt unsicher machen, bevor sie ihr letztes Schuljahr
antreten würden.
An diesem Tag wusste Lily noch nicht, dass
sie ihre Eltern nie wieder sehen und dieses letzte Schuljahr ihr
Leben vollkommen verändern würde.
