Chapter 1 – grausame Verluste
Der fahle Mondschein tauchte Whillganey in ein geheimnisvolles Licht.
Fast identische Einfamilienhäuser mit gepflegten Vorgärten säumten die breite Straße, die den Fünfhundert-Seelen-Vorort durchzog. Hier und da war hinter den Gardinen das grünliche, flackernde Licht eines Fernsehers sichtbar. Es war gut nach Mitternacht, als die Stille durch ein schwaches Ploppen durchbrochen wurde. Von den Einwohnern unbemerkt erschienen mehrere Gestalten in der Dunkelheit. Unverzüglich suchten sie hinter Mülltonnen Deckung. Aufgrund ihrer schwarzen Umhänge schienen sie mit der Nacht zu verschmelzen.
Die Schatten glitten an ein Haus heran und umstellten es. Eine Person gab mit Handzeichen den anderen Anweisungen. Zwei Figuren setzten sich daraufhin von Gruppe ab und näherten sich dem Eingang. Die Anderen folgten. Wenige Augenblicke später brach ein kurzer Kampf aus. Farbige Lichtblitze erhellten die Häuserwände. Die Neuankömmlinge überwältigten die wenigen Wächter – Auroren, um exakt zu sein. Keiner von ihnen schien einen tatsächlichen Angriff erwartet zu haben. Die siegreichen Zauberer, offensichtlich Todesser, versammelten sich in dem Vorgarten. Beiläufig richtete einer von ihnen seinen Zauberstab auf den ihm am nächsten liegenden Auroren und sprach den Todesfluch aus, ohne sein Opfer anzusehen. Schnell sprengte ein Todesser, derselbe, der auch das Kommando der Mission innehatte, die schwere Haustür auf. Im Wohnzimmer sprangen die zwei Bewohner, das Ehepaar Fudge, vom Sofa auf und zogen ihre Zauberstäbe, die sie auf die Eindringliche richteten.
„Wer sind sie? Was wollen sie?" donnerte Cornelius Fudge in den dunklen Raum hinein. Lachen und ein Expelliarmus war die Antwort. Emma Fudge versuchte erfolglos ihren Zauberstab festzuhalten.
Eine Person trat aus der Gruppe hervor. Die Maske der Todesserin war verrutscht. Ohne den Zauberstab von Fudge wegzurichten, zog sie sie vom Gesicht. „Bellatrix Lestrange!" rief Fudges Frau aus. Panisch zischte der ehemalige Zaubereiminister seiner Ehefrau zu „Geh, Emma, ich kümmere mich um sie."
Die Angesprochene machte Anstalten zu fliehen. Bellatrix immobilisierte sie ohne viel Aufhebens. „Rührend, Fudge. Anscheinend haben Sie bei ihren genialen Plan nicht bedacht, dass Sie uns hoffnungslos unterlegen sind. Sie haben nicht geringste Chance"
„Was hat meine Frau damit zu tun? Sie sind doch hinter mir her!"
Bellatrix drehte sich zu den anderen Anhängern des Dunklen Lords um. „Seit wann sind wir für Nachsichtigkeit bekannt?" Die vermummten Gestalten lachten höhnisch.
„Tatsächlichen wollen wir Ihnen danken, Fudge. Ihre Ignoranz war sehr günstig. Dass Sie die Rückkehr des Dunklen Lords an die Macht praktischerweise nicht wahrhaben wollten, hat es für uns so viel einfacher gemacht. Erwarten Sie aber keine Vergünstigungen. Crucio."
Mrs. Fudge schrie auf, als der Folterfluch sie traf. Bellatrix genoss offensichtlich ihren Auftritt. Fudge war wie erstarrt. Obwohl er noch seinen Zauberstab in der zitternden Hand hatte, wagte er keinen Zauber. Plötzlich löste er sich aus seiner Apathie und feuerte in einem Anflug verzweifelten Mutes einen Fluch auf Lestrange. Diese, vollkommen überrumpelt, konnte nicht ausweichen und wurde von den Füßen gerissen. Ein anderer Todesser legte Cornelius augenblicklich magische Fesseln an. Bella, die sich aufgerappelt hatte, überließ Mrs Fudge ihren Mitstreitern und wandte sich dem ehemaligen Minister zu. „Ein bisschen frech, nicht? Doch Sie werden Manieren lernen, das verspreche ich Ihnen."
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Eine Frau warf sich dem Dunklen Lord zu Füßen. Um ihn herum standen weitere seiner Anhänger, die alle in einer tiefen Verbeugung verharrten.
„Ich nehme an, ihr könnt von eurem Erfolg berichten." Seine Stimme war kalt und fordernd.
Die Kniende, die es nicht wagte ihren Meister anzusehen, holte tief Luft und begann. „Mein Lord, wir haben Fudge eliminiert. Des Weiteren haben wir in seinem Wohnort mehrere Häuser angezündet. Dies wird hoffentlich zu vielen Opfern unter den Muggeln führen."
Der Mann, dessen Gesicht schneeweiß war und schlangenartige Züge aufwies, lächelte kaum wahrnehmbar.
„Sehr gut, Bellatrix. Ihr alle habt mich nicht enttäuscht. Und Lord Voldemort belohnt seine Freunde, wenn sie ihm treu dienen."
Ein hoffnungsvolles Rascheln ging durch die Reihen der Todesser.
„Wir kommen unserem ultimativen Ziel immer näher. Doch vorerst - habe ich einen weiteren Auftrag für einige von euch." Seine Stimme wurde zu einem Flüstern. „Alecto, Amycus und Bellatrix." Die Angesprochen gingen langsam näher an Voldemort heran, abgesehen von Bella, die noch immer kniete. „Die Anderen seien für heute entlassen." Seine Anhänger disapparierten rasch. Er wand sich seinen noch anwesenden Dienern zu.
„Ihr werdet herausfinden, durch welche Maßnahmen der gegenwärtige Minister" er sprach das Wort mit einem gewissem Maß kaltem Hasses aus, „geschützt ist. Ihr wisst, wie ihr vorzugehen habt. Ich dulde keine Verluste."
„Ja, Meister." Die Angesprochenen verbeugten sich noch tiefer.
„Mein Herr..." Voldemort drehte sich zu seiner Anhängerin um.
Bellas Lippen zitterten, sie konnte die brennende Frage nicht aussprechen. Man stellte dem Dunklen Lord weder Fragen noch Forderungen. Sie hielt ihren Kopf unterwürfig gesenkt.
Er blickte ihr in die dunklen Augen, die angestrengt einen Punkt vor ihm fixierten.
„Ich habe den Eindruck, dass du wissen möchtest, wohin dieser Plan führen wird. Bella..." Er seufzte beinahe theatralisch. „du warst schon immer zu neugierig, als dass es gut für dich sein könnte."
„Es tut mir leid, mein Lord", beeilte sie sich zu sagen. Sie wünschte sich, niemals gesprochen zu haben. Er ging weiter auf sie zu. „Doch ich verzeihe dir dein Verhalten. Ich werde dir nur so viel sagen: Die Morde an ihren Führungsfiguren wird die Zauberwelt in Aufruhr und Panik versetzen. Die Lähmung der Regierung wird es leichter machen, dass wir die Kontrolle übernehmen. Ich habe meine Macht oft demonstriert. Keiner wird sich uns entgegen setzen können – oder es überhaupt wagen."
Bellatrix blickte begeistert zu Voldemort auf, dankbar, dass er nicht erbost über sie war, wissend, dass er ihr keine weiteren Details mitteilen würde.
„Herr, ich bin Eure treueste Dienerin. Ich würde mein Leben für Euch geben, dass wisst Ihr."
„Doch von welchen Nutzen wärst du dann?" Seine roten Augen schienen zu flackern. „So viele ergebene Anhänger haben ihr Leben gelassen. Nicht für die Sache, nicht um meine Befehle entgegen aller Widrigkeiten auszuführen, nein! Weil sie meinten, es wäre eine noble Geste, selbst wenn sie umsonst sterben. Als ob dies ihre Treue beweisen würde."
Er lachte kalt und schrill.
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Scrimgeour gab sich alle Mühe nicht zu schreien doch er versagte kläglich. Wiederholte Cruciatus-Flüche hatten seinen Widerstand geschwächt. Er hatte gekämpft, doch nun sehnte er sich nur noch nach einem schnellen Ende. Eine Bitte, die ihm der Dunkle Lord nicht gewähren würde.
Er atmete hektisch, als die Folter endlich aufgehoben wurde. Scrimgeour wusste, dass er diesen Tag nicht überleben würde. Er war ein erfahrener Duellant, ein exzellenter Auror, der es mit Cleverness und Charakterstärke bis zur Spitze der Karriereleiter geschafft hatte. Doch kaum jemand konnte hoffen, einen Kampf mit dem Dunklen Lord persönlich zu überleben. Eine tiefe Fleischwunde zog sich über seinen Rücken, die, stark blutend, eine Pfütze dunkelroten, glänzenden Blutes auf dem Boden hinterließ.
Seine Muskeln krampften und die Nervenenden am ganzen Körper prickelten qualvoll, ein Resultat der exzessiven Folter.
Jeder klare Gedanke wurde sofort von dem Schmerz verdrängt. Tränen rannen seine Wangen hinab.
„Der so beliebte, furchtlose Zaubereiminister Rufus Scrimgeour liegt in seinem eigenen Blut und in dem seiner armseligen Auroren, bettelnd um seinen Tod." Voldemorts schaute unbarmherzig auf Scrimgeour herab. Mit einem leichten Fußtritt rollte er den Zauberstab eines Auroren seinem Opfer zu. „Für den Fall, dass sie die Erniedringung nicht ertragen können, gebe ich ihnen noch eine Chance." Er blickte mit kalten, roten Augen auf Scrimgeour herab. Dieser tastete zitternd nach dem Stück Holz, das seine Rettung bedeuten konnte. Es konzentrierte sich, so gut sein taub werdender Geist es zuließ, auf einen letzten Zauberspruch. Lord Voldemort, der geduldig auf den nächsten Schritt seines Gegners gewartet hatte, lächelte schmal, als er dessen Fluch blockte. Scrimgeour wusste, dass sein Schicksal besiegelt war. Der Zauberstab flog erneut aus seiner Hand. Voldemort trat näher an ihn heran und sprach einen Fluch. Es klang fast wie ein grotesker Gesang. Ein gelber Strahl verließ den Zauberstab und traf Scrimgeour. Er bäumte sich auf, doch seine Muskeln versagten und er vermochte sich nicht mehr zu rühren. Er spürte unerträglichen Schmerz, als die Haut auf seinem ganzen Körper langsam von seinem Fleisch gelöst wurde. In einem durchdringenden Schrei hauchte Scrimgeour sein Leben aus. Der Dunkle Lord beugte sich zu den Toten herab. Das geflüsterte Morsmordre erhellte den Raum mit einem grünen Blitz. Über dem Haus erleuchtete das Mal, welches einen Totenschädel und eine Schlange zeigte, die Nacht.
