Stilles Erwachen
Draco schlug die Augen auf.
Nur langsam gewöhnte er sich an die
gräulich wirkende Helligkeit seiner Umgebung. Bewegen wollte er
sich nicht, sehen wollte er nicht, spüren wollte er nicht,
atmen wollte er nicht.
Worauf
lag er?
Der Blondschopf bewegte seinen Kopf nur ein paar
Zentimeter nach rechts und schon schoss ihm ein stechender Schmerz
durch den Kopf. An seinem Hinterkopf spürte er jetzt deutlich
eine große, pulsierende Beule. Mit einem unterdrückten
Stöhnen schloss der Junge seinen Augen wieder. Was war
passiert?
Er verharrte einige Minuten regungslos lauschend, doch er nahm nichts wahr. Wo war er? Entschlossener als noch Augenblicke zuvor öffnete er seine Augen erneut und versuchte sich aufzusetzen. Nach mehreren Anläufen klappte das auch, doch sobald er aufrecht saß, hätte er sich am liebsten wieder fallen gelassen. Er war sehr geschwächt und seine Kopfschmerzen waren kaum auszuhalten. Ganz so, als wäre er einem Dementor begegnet, bloß schlimmer.
Der Junge krallte sich in die
Zudecke, um nicht nach hinten umzukippen. Zudecke?
Er stutzte
kurz und beschloss dann bei seiner Wahrheitsfindung klein anzufangen.
Worauf lag er denn nun? Er sah sich um, was, wegen seiner
Kopfschmerzen, etwas länger dauerte als sonst und versuchte
seine Umgebung besser wahr zu nehmen. Eine graue, verwaschene Decke
bedeckte seinen Unterleib. Er selbst lag in einem unbequem
aussehenden Bett. Ein kleines Bett mit Metallgestängen an Kopf-
und Stirnseite, glänzend poliert. Am Kopfende lag außerdem
ein zusammengefallenes, dünnes Kissen in ebenfalls grauen
Mantel.
Draco schloss kurz überanstrengt die Augen, nur um sofort festzustellen, dass er dabei fürchterlich ins Wanken geriet. Wie lange er wohl gelegen haben mochte? Sein Kreislauf war von der Liegerei anscheinend ganz schön in Mitleidenschaft gezogen worden. Er beschloss sich etwas Gutes zu tun und etwas flüssiges zu sich zu nehmen. Also musste er seine Augen wieder öffnen.
Nach einer kurzen aber präzisen
Gegenüberstellung der Vor- und Nachteile einer solchen Aktion,
entschloss er sich doch, zur Tat zu schreiten. Er öffnete seine
staubgrauen Augen also wieder und lies seinen Blick durch das
unbekannte Zimmer schweifen, um etwas Trinkbares zu finden.
Jetzt
erst viel ihm auf, dass es ein sehr großer Raum war und links
und rechts neben ihm noch weitere Betten der gleichen Machart
standen. Vorsichtig drehte er seinen Kopf, um noch mehr von seiner
Umgebung erfassen zu können und ignorierte für's erste
den anschwellenden Schmerz an seinem Hinterkopf.
Links an der Kopfseite des Bettes entdeckte er schließlich ein kleines Nachtschränkchen auf dem er eine kristallene Karaffe entdeckte, die mit Wasser gefüllt war. Daneben stand ein leeres, ebenfalls kristallenes Glas, dessen oberer Rand aufwendig verziert war. Der platinblonde Junge rutschte ein wenig auf seinem Bett Richtung Kopfseite, um sich etwas Wasser in das Glas einzugießen. Er kam an den Henkel der Karaffe heran, hob sie hoch und lies sie praktisch im selben Moment wieder fallen. Mit einem lauten Knall zerbarst sie auf dem steinernen Fußboden. Dieses schrille Geräusch durchbrauch die störende Stille abrupt und hinterlies erneut einen stechenden Schmerz in seinem Kopf.
„Mister Malfoy!",
hörte Draco die erfreute Stimme eines älter klingenden
Mannes. Als der Junge von dem Scherbenhaufen aufsah, erblickte er
einen nicht nur älteren, sondern einen steinalten Mann. Dessen
Gesicht schien nur aus Falten und Furchen zu bestehen, sein
silbergrauer Bart war so lang, dass er ihn unter seinem Gürtel
geklemmt hatte und sein Haar schien eine ähnliche Beschaffenheit
zu haben. Die Nase dieses alten Mannes war schmal und hakenförmig,
sein Mund zierte ein herzliches Lächeln und seine Augen sahen
sanft und gütig, ja beruhigend durch die glitzernde
Halbmondbrille auf Draco.
Dieser hatte noch nie solche Augen
gesehen. Zumindest hatte er das geglaubt, denn irgendetwas berührte
dort sein Gedächtnis, ganz so als wäre ihm dieser Anblick
nicht so unbekannt, wie er glaubte. Er versuchte dieses Gefühl
festzuhalten, doch es entglitt ihm beinahe sofort wieder.
Der
alte Mann war hochgewachsen und trug einen violetten Mantel mit
kleinen, glitzernden Sternen, die daraufgestickt waren und einen
winzigen, spitzen Hut im gleichen Design. Jetzt erst bemerkte Draco,
dass dieser Mann anscheinend eine Frage gestellt hatte, denn dieser
sah ihn erwartungsvoll an.
Der Blondschopf runzelte kurz die Stirn
und sah fragend zurück. „Nun, wie geht es ihnen, Mister
Malfoy?", wiederholte der gütig wirkende Mann seine
Frage.
Draco runzelte erneut die Stirn und blickte seinen
Gegenüber immer noch fragend an, während er verzweifelt
versuchte sich zu erinnern, wie man wohl antwortete.
Das einzige, was ihm einfiel, war ein Schulterzucken.
