Kapitel 1
„Ach komm, Lindsey, bleib doch hier", rief ihre Freundin und versuchte, sie festzuhalten.
Doch Lindsey riss sich los und pflückte ihre Handtasche vom Boden. „Ich hab morgen Frühschicht. Ich muss wirklich ins Bett", erwiderte sie lachend und ging aus der Scheune. Sie schloss ihr Fahrrad auf und schmiss ihre Tasche ins Handgepäck.
Auch wenn ihr Vater es nicht mochte, dass sie so spät nach Hause kam, hier auf dem Land war so wenig los, dass es schon wieder ungefährlich war. Es war bereits dunkel, halb zwölf nachts, aber sie war schon öfters von Partys zurückgekehrt, sodass sie sich auch diesmal nichts dabei dachte, als sie auf ihr Fahrrad stieg und sich auf den Weg zurück zur Vorstadt Sacramentos machte.
Es war dunkel, aber irgendwann erschien plötzlich ein Licht am Wegrand. Sie fuhr etwas langsamer und erkannte ein liegengebliebenes Auto. Sie hielt an und erkannte einen Mann, der gerade die Motorhaube des blauen Wagens unter die Lupe nahm. „Kann ich ihnen helfen, Mister?", fragte sie freundlich.
„Oh ja, das wäre sehr nett. Wissen sie, auf meinem Handy ist der Akku leer und ich hatte ja auch nicht erwartet, hier mitten in der Einöde liegen zu bleiben", antwortete er und trat von der Motorhaube weg. Lindsey lächelte und kramte bereits in ihrer Handtasche nach dem Handy. „Darf ich fragen, wie weit es noch nach Sacramento ist?", fragte der Mann.
„Noch ungefähr zwei Kilometer", sagte Lindsey und reichte ihm ihr Handy.

„Das Opfer heißt Lindsey Graham. Sie wurde so aufgefunden", informierte Rigsby, als Jane am Tatort hinzustieß. Sie standen inmitten der Felder außerhalb von Sacramento, die eigentlich wunderschön gelb, grün und weiß waren. Nur hier schien alles in roter Farbe getränkt worden sein.
„Die Reifenspuren weisen darauf hin, dass er vielleicht eine Reifenpanne vorgetäuscht hat, aber nach allem was wir wissen, wäre das ziemlich Out-of-character", fügte Rigsby hinzu und zeigte auf die Abdrücke. Jane nickte langsam und versuchte, den Tatort zu verarbeiten. Das Mädchen lag am Rande des Feldes, ihre Kleidung war aufgerissen und lag teilweise bis in die Tomatenpflanzen hinein.
„Ist sie vergewaltigt worden?" fragte er trocken.
„Allem Anschein nach ja", antwortete Cho, der gerade Beweisfotos schoss. Jane nickte wieder und verfolgte die Blutspuren, die über ihren ganzen Körper und auf die Straße verliefen. Sie war wahrscheinlich an Blutverlust gestorben, er hatte sie ausbluten lassen.
„Irgendeine Idee, Jane? Vielleicht ein Trittbrettfahrer?", fragte Lisbon, die gerade von ihrem Gespräch mit dem örtlichen Polizisten zurückkehrte.
„Wäre möglich", antwortete Jane und kniete sich neben den Smiley, der mit Blut in den Ackerboden geträufelt worden war. „Aber wieso sollte ein Trittbrettfahrer eine solche Verhaltensabweichung aufzeigen? Ich meine, die versuchen ja möglichst originalgetreu zu bleiben", fügte er hinzu und schmunzelte.
Dieser Red John Mord sah wirklich etwas anders aus als die bisherigen, denen sie begegnet waren.

„Na schön. Was wissen wir über unser Opfer?", fragte Lisbon, als sie zu ihrem Team stieß, die die Fall-Pinnwand betrachteten.
„Das Opfer ist Lindsey Graham. Ihre Freunde haben sie zuletzt auf einer Party an einem Bauernhof gesehen, von dem sie gestern Nacht zurückkehrte. Vermutlich hat der Täter eine Reifenpanne vorgetäuscht und hat sie so zum Anhalten gebracht. Ihr Fahrrad wurde einige Meter weiter gefunden", erklärte Van Pelt und pinnte ein Autopsiefoto an die Wand.
„Vielleicht hat Red John diesmal auf andere Weise sein Opfer gefunden", schlug Cho vor.
„Oder es war ein spontaner Einfall. Er hatte gar keinen Mord geplant, sah aber die Gelegenheit, als er Lindsey traf", sagte Rigsby. „Ja, aber sein Auto hatte vermutlich keine Reifenpanne", erwiderte Lisbon. „Haben die Reifenspuren etwas ergeben?"
„Sie gehören zu den meist gefahrensten Reifen Sacramentos und auch Druck und Profiltiefe sind zu vage, um eine Aussage zu machen", erklärte Van Pelt.
„Was ist mit der Mordwaffe, wurde sie schon gefunden?", wollte Lisbon wissen, doch Rigsby schüttelte den Kopf.
„Die Forensik vermutet ein Messer von zehn bis zwölf Zentimetern Klingenlänge. Es würde zu dem passen, das bei den vorherigen Red John Morden verwendet wurde."
„Solange das unser einziger Hinweis ist, würde ich noch nicht mit raten anfangen. Jane? Möchten sie vielleicht auch etwas beitragen?" rief Lisbon zu dem CBI Berater hinüber, der wieder gemütlich auf der Couch lag und die Augen zu hatte.
„Es muss ein Red John Mord gewesen sein, aber ich habe keine Ahnung, warum er plötzlich sein Verhalten ändert", gab dieser zu und setzte sich mit einem Ruck auf.
„Möchten sie mitkommen, wenn ich mit der Familie rede?", fragte Lisbon.
„Es ist ein Red John Mord. Da gibt es nichts zu reden. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir ihn jetzt finden können, ist gleich Null", meckerte der Berater, stand aber trotzdem auf.

„Unser herzlichstes Beileid", sprach Lisbon der Familie aus, als sie die Wohnung betrat. Die beiden Eltern nickten nur stumm und ließen sie herein.
Sie setzten sich ins Wohnzimmer, nur Jane wanderte herum und betrachtete die Familienfotos auf dem Regal.
„Ist ihre Tochter oft bei Freunden gewesen?", fragte Lisbon.
„Sie feierten manchmal bei ein paar Freunden auf dem Land. Ich hatte schon immer ein ungutes Gefühl, dass sie alleine nach Hause fuhr, aber sie hatte immer Pfefferspray und ein Handy dabei und außerdem lag es doch so abgelegen…", erklärte die Mutter und verfiel in ein Schluchzen.
„Es ist nicht deine Schuld", murmelte der Mann und nahm sie in den Arm.
„Hatte ihre Tochter einen Freund?" fragte Jane plötzlich und hielt ein Foto in der Hand, das Lindsey mit einem etwas älteren Mann zeigte.
„Ja, das ist Manuel. Sie waren seit zwei Monaten zusammen. Ich hab ihr gesagt, sie soll die Finger von ihm lassen", erklärte der Mann.
„Äh, wir bräuchten den ganzen Namen und vielleicht, wo er wohnt und arbeitet", erklärte Lisbon.
„Manuel Tiger. Seine Adresse weiß ich leider nicht, aber er arbeitet in der Innenstadt als Rausschmeisser in einer Disko. Auch ein Grund wieso ich ihn nicht mochte. Er sollte sich mal einen anständigen Job suchen", sagte der Vater, als Lisbon Jane bereits einen vielsagenden Blick zuwarf.
Als sie beide wieder draußen waren, fing Lisbon als erste an: „Meinen sie, der Nachname Tiger ist ein Zufall?"
„Ich glaube nicht an Zufälle. Ich bin mir mittlerweile ziemlich sicher, dass Red John dahintersteckt. Vielleicht hat er bereits seine Handlanger so weit ausgebildet, dass sie ihm seine Opfer beschaffen. Er wird ja auch nicht jünger und unbekannter. Wir sind ihm nah auf den Fersen und mit den sieben Verdächtigen, die uns bleiben, wird er vorsichtiger denn je sein."
Lisbon nickte und verstand. Auch sie mussten jetzt vorsichtiger werden, denn eine provozierte Schlange biss viel eher als eine, die man in ihrem Käfig spielen ließ.

Sorry wegen der Formatierung. Ich habe dieselbe gelassen, wie bei und da kommt einiges leicht anders rüber ;)

Und ich glaub, ich sollte wieder auf Englisch schreiben...