Als ich mal wieder die Folge „O'Neill und Laira" gesehen habe, und ich hasse diese Folge, kam mir der Wunsch, mich in Sams Gedanken einzuklinken und die Idee etwas weiter zu spinnen. Was ist, wenn Laira vielleicht wirklich von Jack schwanger sein könnte, wobei wir darüber ja nie wieder etwas erfahren haben und sie auf seine Bitte mit ihm käme? Ich weiß noch nicht genau, wohin mich das führt, aber ich hätte ihn für ein paar seiner Sätze in der Folge gehasst, wenn ich Sam gewesen wäre.

WARNUNG:
Diese FF hat komödienhafte Züge, ist auch so geschrieben und meine Figuren sind nicht wirklich eine Sam &Jack Charakterstudie, will heißen, die beiden, aber vor allem Sam sind des öfteren out of character. Also nicht alles zu ernst nehmen. Dies ist eine Mischung aus Humor, Drama und Romantik. Wer damit nicht umgehen oder leben kann, sollte lieber die Finger davon lassen!

Desweiteren: major character death in Verlauf der Geschichte!

Spoiler also 3. Staffel, vornehmlich "A hundred days" und paar andere Folgen

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Ich sitze im Kontrollraum wie eine Eissäule in einer antarktischen Höhle, mein kleines seit drei Monaten geplagtes Herz schlägt im Takt eines Formel Eins Motors und pumpt Blut in rasantem Tempo durch meine Adern. Meine Augen flackern über den Bildschirm und denken an den Mann, der gerade sein leben riskiert, um mir zurückzubringen, was mir so viel bedeutet. Alles, weshalb ich drei Monate lang nicht geschlafen habe und auch so gut wie nichts gegessen habe hängt ab von seinem Erfolg. Eine unheimliche Stille legt sich auf den Kontrollraum. Daniel sitzt neben mir und tappt nervös mit den Fingern auf dem Tisch. „Viel Glück Teal´c", höre ich ihn sagen, seine Angst kann er kaum überspielen. Es wird bald so weit sein.

Ich zähle ab. „Zehn Sekunden bis zum Schließen der Iris." Meine Stimme ist stetig und bestimmt. Bald würde er außerhalb unserer Kontrolle sein. Ich bete, nicht auch noch ihn an diesen gottverdammten Planeten am Ende der Galaxie zu verlieren und presse meine Lider aufeinander. „Fünf Sekunden bis zum Schließen der Iris." Meine Stimme hallt in meinem Kopf und verstärkt nur die Schmerzen, die seit Tagen in mir hämmern.

Das Vortex schließt sich vor unseren Augen und es wird wieder ruhig. So ruhig, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können. Die Hand des Generals massiert sanft meine verspannte Schulter mit leichten Kreisen und ich lege meinen Kopf in den Nacken.
Ich hasse warten. Daniel legt seine Hand auf meine und streicht damit über meinen Handrücken, sucht verzweifelt nach der Zuversicht in meinen Augen. Mein Lächeln versucht ihm zu geben, was sein Herz daraus lesen möchte.

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Ich schlendere mit einer heißen Tasse Kaffee durch die langen grauen Korridore des SGC. Die Wärme, die sie in meine Hand ausstrahlt erinnert mich daran, dass ich lebe.
`Du siehst aus wie ein Gespenst. Selbst für Freddy Krueger wärst du jetzt übertrieben geschminkt.´ Was für ein Kompliment, denke ich und das aus dem Mund meiner besten Freundin. Sie hat Recht und ich beschließe dringend etwas an meinem Aussehen zu verändern, wenn ich den Alptraum erst einmal hinter mir habe. Ein paar Airmen rennen im Stechschritt an mir vorbei und ich lasse mich anstecken von ihrer offensichtlichen Aufregung, setze meine im ersten Moment unwilligen Beine in Sprintmodus und ärgere mich, als ich etwas von dem Kaffee auf dem Boden verschütte. Mein Herz beginnt von neuem in Hochtouren zu arbeiten und ich nehme die letzten Stufen zum Kontrollraum, sehe schon das aufgeregte Wuseln der Personen darin, als ich reinkomme.

Daniel fällt mir in die Arme und wirft mich, samt meines auf dem Weg schon halb entleerten Kaffees, beinah um.
„Er hat es geschafft Sam, Teal´c hat es geschafft… und Jack geht's gut. Ich habe seine Stimme gehört."
Seine Worte dringen durch mein Ohr in meinen Kopf, aber meine Synapsen verweigern nach wochenlangem Overdrive ihren Dienst und ich starre ihn wie eine Schaufensterpuppe an. Das waren die Worte, für die ich gearbeitet habe und gerade kommt es mir vor, als zögen sie wie ein Schnellzug an mir vorbei.

„Major!", höre ich die Stimme von Hammond, der nun auch in den kleinen, völlig überfüllten Raum huscht. Sein Blick fliegt zwischen mir und Daniel hin und her, doch ich kann nichts sagen. Ich schwanke zwischen Unglauben und dem Bedürfnis meine Faust in die Luft zu recken. Die Zielflagge wedelt direkt vor mir, als ich meinen geistigen Rennwagen in die Zielgerade biege. Die Information sackt, wenn auch nur im Schneckentempo.
Mein Gehirn spielt Hollywood Regisseur und malt ein Bild von einer Frau und einem Mann. Ein verheißungsvoller Blick, der mehr sagt als tausend Worte und ein Lauf in Zeitlupentempo spielen sich vor mir ab, wie in einem Kino, bevor sie sich in voller Leidenschaft vereinen und ihr Wiedersehen beide in einen Rausch der Sinne führt.

Die Stimme des Generals reißt mich aus meinen Tagträumen und ich schüttle mich kurz, um in die Realität zurück zu finden.
„Sobald alle Vorkehrungen getroffen sind, brechen sie auf Dr. Jackson. Major, sie gehen nach Hause und zwar sofort."
Ein ungläubiges Stirnrunzeln formiert sich in meinem Gesicht. Habe ich jetzt neben den furchtbaren Kopfschmerzen auch noch ein schlechtes Gehör, frage ich mich oder will er mich jetzt tatsächlich nach hause schicken? Ich stammle ein unverständliches „Aber Sir…", und überlege einen Augenblick, grüble über die passenden Worte, um dem Mann durch die Blume mitzuteilen, dass mich selbst der Präsident höchstpersönlich nicht davon abhalten konnte, mit nach Edora zu gehen und mir zurück zu holen, wonach mein Herz die Wochen zuvor lechzte. „Bei allem nötigen Respekt…" beginne ich neuerlich, „Ich habe die letzten drei Monate damit verbracht, dies hier überhaupt erst möglich zu machen und nun will ich auch den letzten Schritt bis zum Ende mitgehen." Ich glaube er sieht das seltsame Funkeln in meinen Augen und hat Erbarmen mit mir.
„Na schön Major, aber sie werden das Stargate Center sofort nach ihrer Rückkehr für mindestens eine Woche verlassen, haben wir uns da verstanden?" Ich nicke erleichtert und wende mich Sergeant Harriman zu, den ich mit meinen Fragen löchere bis er entkräftet das Weite sucht. Wow, so weit hatte ich den Mann noch nie, klopfe ich mir mental selbst auf die Schulter.

Eine Frauenstimme durchdringt die kalte Luft der Korridore und kündigt die Ankunft meiner Freundin an.
„Sam, ich habe gehört, was passiert ist." Sie schlingt sofort ihre Arme um mich und streicht mir sanft über den Hinterkopf, während sie mir die Worte ins Haar haucht, die ich nun schon so lange hören wollte. „Alles wird wieder gut Sam. Du hast es geschafft, du verrückte Nudel." Ich fühle mich geborgen in ihren Armen. Sie war mein Fels in der Brandung, mein Schutzengel und meine warnende Stimme in den vergangenen Monaten. „Danke", flüstere ich ihr entgegen und genieße noch einen Moment die menschliche Wärme, die sie mir so bereitwillig bietet und ich mir selbst solang verwehrt habe.

Noch ein paar Stunden und ich würde mein Finale erleben, meine persönliche Erlösung und versuche mir zurechtzulegen, was ich ihm sagen werden, bevor ich in seine Arme falle und ihm gestehe, wie sehr ich ihn vermisst habe. Ich befürchte, man sieht mir meine geistige Hochleistung an und bemühe mich sofort wieder den professionellen Major zu spielen, den alle von mir erwarten.

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Meine Beine schlottern, Schweißperlen pressen sich aus meiner Gesichtshaut und ich bin sicher, dass mir mein Herz eines Tages heimzahlen wird, was ich ihm tagtäglich antue. Schon wieder ist mein Puls in Schwindel erregende Höhen gerauscht wie eine Rakete in den Nachthimmel und ich gehe mit weichen Knien durch den Ereignishorizont voller Erwartung ihn endlich wieder zu sehen. Die Sonne steht hoch am Himmel, als wir auf der anderen Seite ankommen. Es ist beschwerlich und mehrere Leute sind schon aufgeregt damit beschäftigt, den Zugang zum Tor so weit wie möglich frei zu legen. Daniel streift meine Hand und seine verständnisvollen Augen wollen mich stützen. Er weiß, dass es schwer ist, für uns alle. Von weitem sehen wir die Häuser, die vom Asteroidenschauer verschont wurden und ich kann seine Anwesenheit förmlich spüren, riechen…. Ich sehe einen Mann stehen, groß, muskulös, seine Haut gebräunt von der schweren Arbeit unter der Sonne Edoras. Ich fühle die Sprünge meines Herzens, das gleichzeitig auszusetzen scheint, um dann sofort im Sprint weiter zu laufen. Es scheint, als wollen mir alle meine Gliedmaßen gleichzeitig ihren Dienst verweigern und ich spüre die flirrende Mittagshitze unnachgiebig auf meinen Kopf brennen. Fuck, wo habe ich mein Cappy, frage ich mich und versuche meine aus dem Takt geratene Atmung wieder in geordnete Bahnen zu drängen.

Plötzlich steht er vor mir und unser Wiedersehen hat so gar nichts vom Happy End des Hollywood Streifens, den der Regisseur in meinem Kopf in Auftrag gegeben hatte.
„Carter! Sie haben sich aber ganz schön Zeit gelassen, verdammt", klopft er mir auf die Schulter, als träfe er einen seiner Eishockey Kumpels beim Samstagnachmittag Spiel und nicht eine…? Ich suche nach dem passenden Wort und schaue ihn fragend an. Okay, er ist verwirrt, überrascht und Menschen reagieren gewöhnlich etwas befremdlich unter solchen Bedingungen, rede ich mir beharrlich ein, kann aber dennoch nicht verhindern, dass ein Gefühl der Fassungslosigkeit alle Fasern meines Körpers in beschlag nimmt und versuche es damit zu überspielen, dass ich ihm erklären will, was wir alles tun mussten, bevor seine Rettung überhaupt erst möglich wurde.

„…Unsre dritte Sonde hat wenigstens für ein paar Sekunden Signale übertragen, und da wussten wir, dass das Tor in der Horizontalen war und…."

Ich schaue mich um und mein Blick fällt genau wie der seine auf die Frau, die ein Stückchen hinter uns steht. Ich erkenne sie sofort. Es ist Laira und bei der Art, wie Jack sie ansieht stockt mir der Atem. Sie sieht zu uns herüber, steht da wie eine Mischung aus Heimchen am Herd und Jeanne D´Ark für Arme und beobachtet, wie wir uns unterhalten, doch zu meinem Entsetzen ist es Jack, der plötzlich abdreht und zu ihr läuft, noch während ich ihm etwas zu erzählen versuche.

„Was hat er denn?", frage ich Daniel verdutzt.

„Ihm geht's gut. Er hat nur nicht damit gerechnet, dass er jemals zurückkehren kann."

Ich schaue ihm hinterher und beobachte nach Luft ringend, was vor sich geht.

„Du musst glücklich sein nach Hause zu kommen", sagt sie und seine Antwort rammt sich wie ein scharfes Messer tief in meine Brust, bohrend und stechend, das Fleisch noch ein wenig herausziehend und fransig nach außen hängen lassend.

„Nein, bin ich nicht." Und in diesem Augenblick glaube ich innerlich zu brechen. Ich fühle mich verraten, verkauft, drei Monate meines Lebens wurden soeben achtlos in den Dreck geworfen. Ich schlucke schwer, versuche den Brechreiz zu unterdrücken, der mich zu überfallen droht. Wieso habe ich Dankbarkeit erwartet? In meiner dümmlichen Naivität glaubte ich tatsächlich, er würde mir um den Hals fallen, sobald wir uns wieder sehen. Ich fühle mich betrogen um meinen Augenblick als Scarlett O´Hara in den Armen von Rhett Buttler und alles in mir schreit nach Vergeltung. Ja genau, denke ich, bohr das Messer nur noch tiefer, als der Wind mir seine nächsten Worte ins Ohr haucht. „Komm mit mir!"

Ich kann nichts mehr hören, ein paar der Kinder schreien einfach zu laut und ich danke Gott für den Geräuschpegel, der mir den Rest meines emotionalen Unterganges erspart. Meine Beine wackeln verdächtig, aber auch das geht in den jubelnden Rufen der zurückgekehrten Dorfbewohner unter.

Mein Entschluss ist gefasst, ich muss hier weg und zwar zackig.
Ich lege Daniel meine Hand auf den Oberarm und sehe aus meinem Augenwinkel, dass Jack die Frau umarmt, wie er mich hätte umarmen sollen.
Ich verfluche den Mann, der mir soeben wieder einmal bewiesen hat, dass man um Gefühle jeglicher Art tunlichst einen fetten Bogen machen sollte, wenn man am Ende des Tages noch einen Grund zum Lächeln übrig haben wollte. Ich kann mir die rührende Szene nicht mehr länger mit ansehen, ohne dass die nun schon klaffende Wunde in meinem Herzen, mich gänzlich zum verbluten bringt.

„Ich muss gehen Daniel, es tut mir leid, ich glaube der Schlafmangel hat meinem Kreislauf endgültig den Gar ausgemacht", sage ich ihm mit dem scheinheiligsten Lächeln, dass ich jemals verschenkt habe, aber er packt mich noch am Arm bevor ich gehen kann.

„Sam, soll ich dich begleiten?" fragt er besorgt, ich ahne, dass er ahnt, doch ich schüttle den Kopf. Ich kann jetzt einfach niemanden ertragen, der Drang allein zu sein und mir gehörig die Augen auszuheulen ist so groß, dass ich ganz sicher keinen dabei haben will, wenn ich schlussendlich zusammenbreche. „Ich komme schon klar. Janet wird einen genaueren Blick auf mich werfen und dann werden es drei lange Tage im Bett und ein paar Tafeln Schokolade schon wieder richten."

Daniel hakt nicht weiter nach, sieht das Flehen in meinen Augen, mir den Moment der Ruhe zu gönnen. Ich blicke nicht mehr zurück, als meine Füße mich kaum noch tragen können, ich aber dennoch laufe, als stünde ich kurz vor dem Sieg des Boston Marathon. Das Tor ist offen, als ich dort ankomme. Ich seufze voller Erleichterung und will einfach in einen verdienten Zustand der Besinnungslosigkeit fliehen, als ich Colonel Makepeace meinen Namen rufen höre, aber mental auf alles pfeife, was mich jetzt noch von meiner Flucht trennt.

Endlich angekommen im SGC stolpere ich mit letzter Kraft die Rampe hinunter, bevor mich benah einer der Soldaten auffangen muss. Mein Sichtfeld ist verschwommen. Mist, denke ich, Janet hatte Recht. Mein akuter Nahrungs- und Schlafmangel holt mich schneller ein, als ich laufen kann und rafft mich dahin in einer schwarzen Wolke voller Sorglosigkeit. Meine Augen schließen sich völlig unwillkürlich als mein Dickkopf endlich nachgibt und meinen Körper gewähren lässt.

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Meine Augenlider sind schwer, als ich wieder versuche, sie zu öffnen. „Was zur Hölle…", fluche ich und ziehe damit sofort die Aufmerksamkeit jeglicher Schwestern im Raum auf mich. Die Hoffnung, dass meine kleine Flucht in die Ohnmacht mir für ein paar Augenblicke Ruhe vor ungewollten Gedanken verschaffen würde, löst sich in Wohlgefallen auf und ich entschließe mich, das Experiment später zuhause geschickt mit einer Flasche Wein zu wiederholen.

„Sam Schätzchen, du hast mir einen gehörigen Schrecken eingejagt", erklärt mir die Frauenstimme, die vom anderen Ende des Raumes herüber ruft, bevor sie immer näher kommt und ich ihre weiche Hand auf meiner Stirn spüre.

„Was ist passiert?", frage ich, obwohl ich die Antwort doch eigentlich schon kenne.

„Du bist im Torraum umgekippt."

„Hm", murmle ich und lege meinen schweren Kopf zurück auf das weiche Kissen, bevor alle Alarmglocken schrillen und ich mich mit weit aufgerissenen Augen wie ein Klappmesser wieder aufrichte.

„Bitte Janet, ich möchte gern nach Hause und schlafen.", bettle ich sie schon fast und blicke mich von Angst umhüllt um, ob ich schon zu spät bin für meinen Fluchtversuch, kann aber erkennen, dass noch niemand vom Rest meines Teams zurückgekehrt ist.

„Oh ja Schätzchen, du wirst schlafen, aber hier unter meinen wachsamen Augen. Ich hab ohnehin schon zu lange ignoriert, was du deinem Körper antust und jetzt behalte ich dich im Blick meine Liebe." Die Drohung ist ein gut gemeinter Versuch, mich zu beschützen, aber wie soll sie auch wissen, dass sie mich damit meinem sicheren Todesurteil ausliefert.

Ich packe ihr Handgelenk, als alle Schwestern um uns anderweitig beschäftigt sind. „Verdammt Janet, wenn du meine Freundin bist, dann lass mich jetzt gehn!" Meine Augen blitzen auf und mit meiner Stimme versuche ich ihr die Dringlichkeit meines Anliegens zu vermitteln, ohne ihr dabei die ganze Geschichte aufzutischen, doch ich hätte es besser wissen müssen.

Sie setzt sich zu mir aufs Bett und streicht mir sanft durch mein zerwühltes Haar.
„So Sam, nun erzähl mal, warum in aller Welt, du jetzt schon wieder da bist und was passiert ist, dass du ohne die anderen zurückkehrst. Wochenlang leidest du stumm vor dich hin, weil er weg ist und jetzt da du ihn zurückhaben kannst, bist du wie ausgewechselt."

„Bitte Janet, zwing mich nicht, jetzt darüber zu reden. Ich kann einfach nicht. Ich brauch Zeit, mich wieder zu sammeln." Mein Griff um ihr Handgelenk wird fester und fester. „Lass mir Zeit und ich verspreche dir, nach deiner Schicht reden wir darüber, bei mir zuhause. BITTE Janet. Es geht mir wieder gut, solange du mich hier raus lässt. Ich will ihn einfach nicht mehr sehen."
Meine Augen bohren sich in ihre Seele, meine Verzweiflung kriecht durch meinen Magen direkt in meine Kehle und schnürt mir die Luft ab. Wir starren uns einen Moment an und ich sehe Verständnis in ihren Augen. Sie schnauft schwer, ist hin und her gerissen zwischen Freundin und Doktor, aber ich spüre, sie weiß, dass die Wahrheit irgendwo zwischendrin liegt und sie nickt.

„Ich werde dir Jemanden besorgen, der dich nach Hause fährt", aber ich winke ab und verspreche ihr, mir ein Taxi zu nehmen.

„Darüber reden wir heut noch Schätzchen", erklärt sie mir fast schon drohend und ich ziehe mich eilig an, um bloß nicht in die Verlegenheit zu geraten, heut noch einmal in das Gesicht des Mannes blicken zu müssen, dessen Bild heute Abend definitiv noch das Auge meiner Dartscheibe zieren wird.

Als ich die Krankenstation schließlich fluchtartig verlasse, höre ich schon seine Stimme, bevor ich gerade noch rechtzeitig im Aufzug verschwinden kann. Ich lehne mich an die Wand und lasse meinen Kopf zurückfallen, genieße die Ruhe und den Frieden, bevor ich den Berg verlasse, am Parkplatz in mein Auto steige und damit die Anweisung meiner Freundin rücksichtslos in den Wind schieße.
Ich will allein sein und die Fahrt nach Hause wird mir meinen Kopf freipusten von der Wut, der Enttäuschung und dem Gefühl dem Irrglauben erlegen zu sein, dass er vielleicht auch nur ansatzweise ähnlich fühlen könnte wie ich. Der schwerwiegende Verrat, nicht einmal drei Monate auf Rettung zu warten, ohne sich dabei gleich in die Arme der nächst besten zu flüchten, bringt mein Blut zum kochen.
Ich drehe mein Radio auf und es ist fast wie Schicksal, dass ausgerechnet Freddie Mercury meinen Weg pflastern wird, als die ersten Worte seines sowas von zutreffenden Songs, mich laut mitsingen lassen, während ich meinen Tränen dabei endlich freien Lauf lassen kann .

"Oh YES I´m the Great pretender, pretending I´m doing well, my need is such, I pretend to much, I`m lonely, but no one can tell..."

Wie kann der Mann nur wissen, wie ich mich fühle denke ich, als ich weiter singe.

„Oh yes I´m the Great pretender, Adrift in a world of my own, I play the game but to my real shame, You´ve left me to dream all alone..."

Ich schwebe in meiner eigenen Welt und schwelge im Einklang mit Freddie im Selbstmitleid.

„Too real is the feeling of make believe, Too real when I feel, what my heart can´t conceal..."

Meine CD wird einen Sprung haben, wenn ich zuhause ankomme, darüber bin ich mir im Klaren, aber es ist mir egal, ich brauche dieses Lied und lasse es auf und ablaufen, bis ich in meiner Einfahrt einparke.