Prolog – Ich bin das ...

Ich bin das, was übrig bleibt
- die Existenz, die Gott vergaß, bevor er sich selbst zum Sterben legte und damit mein Schicksal besiegelte.

Er legte den Tod über die Welt und damit über sich selbst.
Ich bin das, was nicht stirbt, dem verwehrt bleibt, was der Allmächtige sich selbst großmütig gewährte.

... Gott ist tot ...

... und ich lebe ...

... nein, existiere ...

Was er mir angetan, kann ich ihm nimmermehr vergelten.

Ich kann einzig die Reihen meiner Armee füllen, seine Geschöpfe zu den Meinen machen, seine Abbilder zu meinem Abbild, um doch nur weiter allein und ruhelos durch diese Welt ohne Zeit zu wandern.

Ich schare sie um mich, ohne die Ruhe einer tröstenden Gesellschaft zu erfahren.
So weise ich sie von mir, diese ungeliebten Kinder, diese Unglücklichen, die ihre Last nehmen müssen - seine Last, die Last des toten Gottes!
Ich sorge für sie in der Pflicht, die ich annehme, in dem Augenblick, in dem ich sie in die Dunkelheit ziehe und ihnen den Tag versage – ihnen seine Sonne nehmend und meine Nacht versprechend.

Sie bauen mir keine Kirchen, keine Tempel, denn sie verbreiten mein Wort mit ihren Taten und bereiten mir die Welt.

War das sein Plan?

... Gottes Plan? ...

Eine Armee für das Ende der Zeit, die Bringer der Apokalypse, mit einem Heerführer an ihrer Spitze, beraubt jeglichen Mitgefühls – Stärker als Krieg, Tod, Hunger und Pestilenz, über all die ich erhoben wurde?

… ich bin es, der fünfte Reiter, der über die Vier herrscht …

… ich bin die Gier ...

Ist die Rache Gottes nicht auch jene an der ganzen Welt, die er mit meiner Erschaffung verdammte?

Wie geliebt seid ihr, Sterbliche, da er derartiges schuf und euren Untergang damit besiegelte?

Er war zu schwach, dies zu füllen. Die Allmacht versagt an dem was ich nun an seiner statt vollbringen soll.
So bin ich denn mehr als dieser Menschengott, der dem Notwendigen floh und mich zurück ließ, allein in einer Welt, die ich nun zu der meinen mache.

Ich bin das, was übrig bleibt
- die Existenz, die euch alle beherrschen wird, da keine andere Allmacht mehr auf euch achtet oder wartet.

Ich werde euch niemals lieben, doch ihr werdet meine aufrichtigste Gnade erfahren.

Ich existiere unter euch, nicht entrückt.

Ich bin es, der euch nahe ist.

Ich verlange keine Gebete, einzig Respekt …

... in der Hoffnung ...

... es möge einst der eine unter euch sein, der mir vergilt was ich auf mich nehme, den Arm stützt, der all dies für euch trägt.

... in der Hoffnung ...

... dieser eine stillt das in mir, was Gott unerfüllbar in mir weckte, zum Zwecke euch Geißel, Vergeltung und Gnade zu sein.

… in der Hoffnung …

… mir möge einst die Einsamkeit genommen sein und Trost gegeben, empfunden in Armen, Herz und Gedanken einer Seele, die mich verstehen mag.

Ich bin das, was übrig bleibt

- von einem Mann, einem Menschen, der tiefer fiel als jeder Engel es je vermochte, eine sinistre Hölle schuf, die kein Satan jemals füllen könnte.

So bin ich denn alles ... Engel, Teufel, Mann und Kreatur.

Darin zeigt sich meine Allmacht. Ich bin all dies, nicht mehr und nicht weniger.

Mein ist die Sünde, das Verlangen und die Vergeltung.

Ich bin das, was übrig bleibt

- wenn einer Seele alles genommen wird, wenn es nichts mehr gibt, das es zu verlieren gilt.

Wenn nichts mehr bleibt, gewinnt die Gier.

Hier stehe ich, als ihr Zeuge.

... Gott ist tot …

... doch hier stehe ich, nicht als Gott, denn als Zeugnis dessen, was ihr geschaffen habt ...

... hier stehe ich, als das, was ihr verdient ...