Abschied - für immer?

Wenn er es sich recht überlegte, sollte heute eigentlich der glücklichste Tag in seinem Leben sein, denn Harry Potter würde endlich sein Abschlusszeugnis bekommen und hoffentlich für immer aus seinem Leben verschwinden.

Aber dem war nicht so, stellte Severus Snape resignierend fest. So schön die Vorstellung auch war, Potter nicht mehr jeden Tag sehen zu müssen, genauso schlimm war die Tatsache auch 'sie' nicht mehr jeden Tag sehen zu können.

Vor ihm saßen die Siebtklässler begierig darauf wartend, dass sie endlich ihre Zeugnisse erhalten würden. Der Abend auf den sie sieben lange Jahre gewartet hatten, war endlich gekommen. Sein Blick glitt über die einzelnen Gesichter und er musste feststellen, dass sich jeder einzelne von ihnen gemausert hatte. Vielleicht mit Ausnahme von Neville Langbottem und einigen Slitherins.

Sein Blick glitt zu dem besagten Jungen hinüber, der vor Aufregung kaum ruhig sitzen konnte. Neben ihm saß Harry Potter und Severus musste sich eingestehen, dass er wirklich ein erwachsener Mann geworden war.

Potter hatte in den letzten sieben Monaten auch viel mitmachen müssen. Severus konnte es nicht ändern, aber er hatte Respekt vor dem Jungen für den Endkampf, den er mit Voldemort bestritten hatte.

Mit der Hilfe einiger Tränke, die Severus Voldemort untergeschoben hatte, hatte es Potter geschafft, den geschwächten Zauberer zu töten.

Ja, die Tränke. Und da war er auch schon wieder bei dem Thema, dass ihn seit fast vier Monaten nicht mehr losließ. Sie hatte ihm beim Brauen der Tränke unterstützt, denn zu zweit war dies nun einmal wesentlich einfacher.

Nach den üblichen anfänglichen Problemen, die man nun mal bei der Zusammenarbeit mit Professor Snape hat, hatten sie ein Level gefunden auf dem sie gut zusammenarbeiten konnten.

Knapp drei Monaten später hatte Severus dann herausgefunden, dass er sich in seine Schülerin und gegenwärtige Schulsprecherin von Hogwarts verliebt hatte. Er war nie auf die Idee gekommen, es ihr irgendwie zu zeigen, denn immerhin war sie noch seine Schülerin.

Aber heute war der Tag an dem sich dieses Hindernis aufheben würde, obwohl er nicht der Typ war, der sich an eine 20 Jahre jüngere Frau ranschmeißen würde. Nein, nicht er, Severus Snape.

Dennoch. Einmal vor sich selbst seine Gefühle zugegeben, ertappte er sich immer öfter dabei, wie er sich vorstellte sie zu küssen, sie zu besitzen und mit ihr seine Zukunft zu planen. Lächerlich, dachte er.

Severus bekam nicht viel von Albus Rede mit, doch er konnte sich schon denken, dass er wieder einmal die selben Floskeln runtersabbelte: Ich bin stolz auf euch, macht was aus eurem Leben und ihr seid immer herzlich willkommen in Hogwarts.

Nun fing Minerva an die Namen der Schüler vorzulesen und sie kamen einer nach dem anderen hoch, erhielten ihre Pergamentrolle, die sie sich so sehnlichst gewünscht hatten und gingen die Reihe der Professoren entlang um jedem die Hand zu schütteln.

Natürlich lobten die Professoren noch einmal jeden einzelnen beim Handschlag und so dauerte die ganze Aktion doch recht lange. Es war etwas laut in der Halle geworden und es schien ein kleines Durcheinander zu herrschen.

Gut so für Severus, dann würde Albus wenigstens nicht mitbekommen, dass er nicht im Geringsten daran dachte auch nur irgendeinen Schüler hier zu loben, wo er sie doch schon fast los war.

Doch, vielleicht würde er eine Schülerin loben, die beste, die schönste und intelligenteste. Da war sie auch schon, noch zwei Plätze von ihm entfernt. Er wusste überhaupt nicht, wem er gerade die Hand schüttelte, es war ihm aber auch recht gleich.

In seinem Inneren tobte ein Kampf. Konnte er es wagen ihr hier bei der wahrscheinlich letzen Begegnung für Jahre ein wenig seiner Anerkennung zu zeigen?

Er hatte keine Zeit mehr es sich zu überlegen, denn schon stand sie vor ihm. Mit ihren haselnussbraunen Augen sah sie ihn an, ihre Hand vorgestreckt um seine zu schütteln.

Hatte er schon erwähnt, wie hübsch sie doch heute war?! Ihre Haare hatte sie locker hochgesteckt und einige ihrer widerspenstigen lockigen braunen Strähnen fielen ihr ins Gesicht.

"Professor." erklang ihre Stimmer nachdem er sich immer noch nicht bewegt hatte. Severus konnte nicht widerstehen. Er wollte ihr wenigsten heute Abend einen kleinen Teil des Severus Snape zeigen, der sich in sie verliebt hatte.

"Miss Granger." antwortete er kühl, aber nicht unfreundliche. Er nahm ihre Hand und hauchte einen sanften Kuss auf ihren Handrücken. Er hob seinen Kopf um ihr in die Augen zu schauen. Sie schien etwas verwirrt, jedoch nicht angeekelt, was ihn schon einmal etwas beruhigte.

"Sie können sehr stolz auf sich sein, Hermione. Wissen sie das?" Ohne ihre Hand loszulassen, schaute er ihr unentwegt in die Augen. Ein leichter rosa Schimmer glitt über ihre Wangen und sie lächelte ihn offen an.

"Danke, Professor. Das von ihnen zu hören bedeutet mir sehr viel." Sie schien sich wirklich über sein Kompliment zu freuen. Innerlich hüpfte Severus Herz nur so herum, sie hatte ihn angelächelt - ihn!

"Viel Glück, Hermione. Und sollte sie einmal meine Hilfe gebrauchen, zögern sie nicht sich bei mir zu melden. Versprochen?" Er sah in ihren Augen doch ein gewisses Maß an Schock. Wahrscheinlich hätte er schon vorher damit anfangen sollen, seine freundliche Seite etwas zu zeigen.

Aber mit Genugtuung konnte er auch feststellen, dass sie sich über seine netten Gesten freute, denn sie hörte gar nicht mehr auf ihn anzustrahlen.

"Versprochen." Und mit diesen Worten ging sie zum nächsten Professor.

Hermione ging weiter zu Professor Sprout, doch während sie ihr die Hand schüttelte und nicht einmal mehr genau hinhörte, was sie ihr sagte, konnte sie nicht umher sich noch einmal zur Seite zu drehen und Snape anzuschauen.

Er hatte wieder seinen üblichen undurchdringlichen Gesichtsausdruck aufgelegt und schüttelte Lavender Brown missmutig die Hand.

Sein Verhalten ihren Mitschülern gegenüber machte sie noch ein wenig stolzer, dass er sie so sehr gelobt hatte. Severus, ihr Severus, hatte ihr gesagt, sie könne stolz auf sich sein.

Die ganze Arbeit der letzen sieben Jahr war es wert gewesen, diesen einen Satz zu hören.

Natürlich hatte sie während der vielen Abende im Kerker in denen sie die Tränke gegen Voldemort gebraut hatte, Gefühle für ihn entwickelt. Aber Hermione fragte sich auch immer wieder, wie man nicht für diesen Mann fühlen konnte?!

Er war so perfekt, so stark, so intelligent, so unbeschreiblich. Und jetzt?! Jetzt würde sie ihn verlassen, wahrscheinlich für mehrere Jahre. Hermiones Lächeln erstarb.

Vom Rest des Abends bekam sie nicht mehr viel mit.