Disclaimer: Die Cullens, die Werwölfe und Charlie gehören nicht mir, sowie das grundsätzliche Twilight-Universe gehören nicht mir! Ich borge sie mir nur für diese Geschichte aus.
Prolog
Er war ein typischer Fall von ‚Der Name stand schon vor der Geburt fest und wurde nicht mehr geändert'. Und der, mit dem er ‚beglückt' wurde war Helios. Helios Hardy. Obwohl er kein bisschen wie der griechische Gott der Sonne aussah. Seine Haare waren pechschwarz und seine Augen von einem ekelhaften Grau, so hell wie Nebel oder vielleicht sogar wie die eines Blinden. Was seltsam war, wenn man bedachte, wie dunkel seine Haare waren. Als ob das Melanin, dass seine Haare seiner Meinung nach zu viel hatten in seinen Augen und seiner Haut fehlte. Er sah durch diesen Kontrast so kränklich aus, dass niemand je wusste ob er gesund war oder nicht. Dass er in einer Stadt lebte, in der kaum die Sonne schien machte es nicht unbedingt leichter für ihn.
Manchmal beneidete er seinen kleinen Bruder, Jaime. Ein normaler Name, ein gesunder Hautton und Haare und Augen von einem satten Haselnussbraun. Da hörte seine Familie auch schon auf. Ihre Mutter war bei einem Autounfall gestorben und seinen Vater konnte man nicht als solchen bezeichnen. Sie waren blutsverwandt, da endete aber auch alles.
Früher war das nicht so gewesen. Früher waren sie nicht so gewesen. Sie hätten auch aus einem Bilderbuch stammen können, doch dann hatte dieser Lastwagen in den Wagen ihrer Mutter hinein krachen müssen und hatte alles zerstört. Er war damals acht gewesen, sein Bruder nicht einmal ein Jahr. Die Zeitspanne zwischen ihnen war ungewöhnlich groß, doch eigentlich hatte niemand erwartet, dass seine Eltern nochmal ein Kind bekommen konnten. Deshalb war die Freude umso größer gewesen als Jaime unterwegs war und ihre Mutter hatte auch schon ihre seltsame Vorliebe für exotische Namen verloren, sehr zum Glück des jüngeren Sprosses.
Durch den Unfall hatte sich ihr ganzes Leben verändert, vor allem durch die Verwandlung seines Vaters. Der einst so liebevolle Mann hatte sich in seiner Trauer dem Alkohol zugewandt und dieser ließ nichts vom Wahren Ich von Richard Hardy übrig. Dieser neue, völlig fremde Mensch tat Dinge, zu denen ihr Vater nicht mal in ihren schlimmsten Alpträumen fähig war.
Helios war sehr schnell klar geworden, dass er seinen Bruder, dieses kleine Baby, unbedingt beschützen musste und war somit zu einem Mutterersatz geworden. Natürlich halfen die Nachbarn, wo sie nur konnten, doch wenn Jaime mitten in der Nacht losschrie stand Helios sofort bei ihm und tröstete ihn, wiegte ihn und betete, dass ihr Vater nicht aufwachte. Denn wenn er es tat schrie er sie an, dass sie leise sein sollten, was bei dem Baby natürlich den gegenteiligen Effekt hatte.
Doch das war nicht das Schlimmste. Nicht mal die Schläge, die mit der Zeit immer häufiger kamen und denen mit jedem Mal weniger Entschuldigungen und tröstende Worte folgten waren das Schlimmste. Das Schlimmste war der Beweis, dass sein Vater damals gemeinsam mit seiner Mutter gestorben war. Das Schlimmste waren die Nächte in denen sich Dick noch nicht bewusstlos gesoffen hatte, sondern gerade noch so wach war. Denn dann kam er auf die Idee, dass er immer noch ein Mann war. Ein Mann mit Bedürfnissen. Und die befriedigte er immer auf die gleiche schreckliche Art, die Helios sogar jetzt mit achtzehn Jahren schlaflose Nächte bescherte, angespannt auf die Schritte lauschend, die erst die Treppe hoch und dann zu seinem Zimmer kamen. Doch seit er angefangen hatte seine Tür abzuschließen war das Geschrei und die Tritte gegen das Holz das Einzige, das passierte. Und die Schläge am nächsten Tag. Doch damit kam er klar.
Er hatte eine Ewigkeit gebraucht, bis er sich das getraut hatte, denn bei seinem ersten Versuch war er zehn gewesen und hatte die Tür sofort wieder aufgeschlossen, als er Dick durch die Tür sagen hörte, dass Jaime ihm sicher lieber helfen würde als Helios. Die Angst, dass seinem Bruder das Gleiche passierte wie ihm hatte ihn beinahe dazu gebracht sich zu erbrechen und so hatte er den Mann hereingelassen, der ihn zuerst für die Frechheit ihn auszusperren halb bewusstlos geschlagen hatte und dann noch brutaler vorgegangen war als sonst. Am nächsten Morgen war sein Zimmerschlüssel verschwunden gewesen.
Diesen hatte er erst gesucht als er zwölf gewesen war und er Jaime erklärt hatte, dass es unglaublich wichtig war, die Tür nachts zu verschließen und nur dann aufzumachen, wenn er ihr geheimes Klopfzeichen gehört hatte. Davon hatten sie ein paar. Hauptsächlich, damit Jaime sagen konnte, wenn er auf die Toilette musste oder wenn er Hunger hatte oder bei Helios schlafen wollte, weil er Angst hatte. Dann kam ihn sein Bruder jedes Mal holen und begleitete ihn, um ja aufzupassen, dass dem Kleinen nichts passierte. Mit dieser Sicherheit war er bereit gewesen, sich auch selbst wieder einzuschließen, immerhin konnte Dick so auch dem kleinen Jaime nichts antun. Er hatte den Schlüssel im Schlafzimmer des Mannes gefunden, nicht besonders gut versteckt. Vermutlich, weil dieser dachte, Helios hätte nicht genug Mumm, um danach zu suchen.
So hatte sein Leben also bis jetzt ausgesehen. Abgesehen von seinem persönlichen Monster hatte er nichts, worüber er sich großartig beklagen musste. Eine von Jaimes Kindergärtnerinnen hatte angeboten, den Jungen auch nach der Öffnungszeit bei sich zu behalten, damit Helios auch etwas Zeit für sich hatte, außerdem war er mit der Schule oft nicht in der Lage gewesen, ihn rechtzeitig abzuholen. Danach war es seine Grundschullehrerin gewesen. Sie nannten es Nachhilfe, damit niemand etwas dagegen sagen konnte.
Ihr Vater war meistens den ganzen Tag in der Arbeit und außerdem war dessen Alkoholproblem ein offenes Geheimnis, daher wollte eigentlich niemand, dass Jaime mit ihm alleine war. Wie er es geschafft hatte seinen Job zu behalten war für den Schwarzhaarigen nach wie vor ein Rätsel. Vermutlich hatte sein Chef Mitleid mit seinen Söhnen gehabt und ihn nur deshalb behalten. Doch es war ihm egal, solange er genug Geld für die Einkäufe hatte.
Er hatte relativ schnell gelernt, wie er Dicks Unterschrift fälschen konnte und die meisten Erwachsenen drückten für ihn ein Auge zu, denn offiziell konnten sie nichts tun, um den Jungs zu helfen. Sie wollten nicht getrennt werden und gingen daher nicht zur Polizei, auch wenn diese ein paar Mal aufgetaucht war, einfach um bei 'ihrem alten Freund' vorbei zu schauen und meistens hatte Helios dann für einige Tage seine Ruhe.
So hatte er mit der falschen Unterschrift eine eigene Kreditkarte, die auf das Konto seines Vaters lief, immerhin bemerkte dieser nichts solange genug Geld für seinen Alkohol darauf war und besorgte damit alles, was sie brauchten. Lebensmittel, Kleidung, Geschenke für Jaime. Vieles bekamen sie auch von den Leuten geschenkt, alte aber noch gute Möbel oder ähnliches. Einmal hatte er zu seinem Geburtstag von ein paar Freunden seiner Mutter einen Laptop geschenkt bekommen, er war an Ort und Stelle in Tränen ausgebrochen. Das mittlerweile schon etwas ältere Ding war immer noch einer seiner wertvollsten Gegenstände.
Das war also sein Leben. Sich um einen nun zehnjährigen Bruder kümmern, der tagsüber entweder in der Schule war, sei es im Unterricht oder bei der ‚Nachhilfe', der sich mit der Zeit immer mehr Kinder anschlossen, was in freiwilliger Zeit zum Hausaufgaben machen resultierte und von allen Eltern ziemlich geschätzt wurde, oder seine Zeit bei Freunden vertrieb bis Helios ihn abholte.
Sämtliche Mahlzeiten zu kochen und für Jaime noch etwas zum Lunch einpacken und ihm etwas Geld dazu zu legen und sich um ihren Haushalt zu kümmern. Dazu kam noch die Schule mit sämtlichen Aufgaben, Tests und Klausuren, die er ausgezeichnet bestehen musste, um nach der High School ein ordentliches Stipendium zu bekommen und mit Jaime endlich von ihrem Vater wegzukommen.
Dazu kam noch das Erbe seiner Mutter, das er erst nach dem Abschluss erhielt. Er wusste nicht, wie viel das war, nachdem es Dick nicht sagen wollte und die Unterlagen bei ihrem Anwalt unter Verschluss lagen, doch er konnte jeden Cent brauchen. Das klang doch alles recht einfach, nicht? Zumindest hatte er sich damit abgefunden, praktisch seinen Rhythmus gefunden. Tja, und dann waren die Cullens gekommen. Genauer gesagt Carlisle Cullen. Und dieser verfluchte, wunderbare Mann hatte alles durcheinandergebracht.
