When all goes wrong...

Kennt ihr das? Ihr wacht morgens auf, geht zur Arbeit und fragt euch, ob irgendetwas spannendes passiert? In einem Bürojob, nicht unbedingt zu erwarten, oder? Das einzige spannende was dort jemals passiert, ist das der Drucker kaputt geht oder irgendwer mit irgendwem was angefangen hatte und es zu einem Beziehungsstreit auf Büroebene kam.

So in etwa hatte sich Jenn Demour ihre Zukunft vorgestellt. Ein langweiliger Bürojob, wo sie den Tag über beschäftigt war und Abends noch genug Energie, um nicht wie der letzte Zombie nach Hause zu kommen. Tja, manchmal gingen Vorstellung und Realität weit auseinander. Sehr weit...

Eigentlich war es ihr Job den lieben langen Tag, Zettel zu sortieren, abzuheften und sie ihrem Vorgesetzten zum Abzeichen auf den Tisch zu legen. Halt ein typischer Bürojob wie von ihr erwartet. Trägt der eben genannte Vorgesetzte allerdings lieber lange Ledermäntel und Augenklappen, als Anzüge mit Schlips und Brille, sollte man sich auf einiges an Merkwürdigkeiten gefasst machen.

Seit New York wusste jeder, wirklich jeder, dass es eine Organisation Namens SHIELD gab, was nicht unbedingt zur Freude einiger Regierungsvertreter beigetragen hatte. Jenn suchte zu diesem Zeitpunkt einen neuen Job, da ihr alter Boss sie gefeuert hatte. Sie sei nicht mehr dazu geeignet, als Sekretärin für ihn zu arbeiten, hatte er gesagt. Was für ein gelungener Witz. Sie hatte nur herausgefunden, dass der Idiot seine Ehefrau mit einer jüngeren betrog. Nachdem er sie gefeuert hatte wusste die Ehefrau es auch. Unfälle passieren. Leider hatte ihr Ex – Boss scheinbar einige seiner Saufkumpanen benachrichtigt, denn sie fand nicht nur keinen Job, nein sie kriegte nicht mal ein Vorstellungsgespräch.

Als sie, wie jeden morgen, in ihrem Stammkaffee saß und die Jobanzeigen durchging, setzte sich eine Frau zu ihr. An sich nichts merkwürdiges, machten die Leute ständig und so lange sie sie in ruhe ließen, war es ihr auch ehrlich scheißegal. Diese Frau jedoch war merkwürdig. Für Jenn jedenfalls. Sie überlegte eine ganze Weile, was ihr an dieser Frau nicht geheuer war. Sie hatte eine durchschnittliche Größe, braune schulterlange Haare und trug eine Sonnenbrille. Ihre Kleidung entsprach dem heißen August in DC. Schwarze dreiviertel Hose, schwarzes Top und eine weiße Bluse. Eigentlich nichts Merkwürdiges zu finden, sie sah normal aus, gar unauffällig. Zu normal und unauffällig. Nachdenklich trank sie von ihrem Eiskaffee.

„Sind Sie fertig mit ihrer Musterung, Miss Demour?" Ups, aufgeflogen... warte, was?

„Ich finde es ja irgendwie gruselig, wenn fremde Personen meinen Vor- und Nachnamen kennen. Insbesondere Personen, die schon fast krampfhaft versuchen, unauffällig zu sein." Mit diesen Worten schnappte sich Jenn ihren Rucksack und ging zur Theke, um zu zahlen. Als sie ging, schaute sie noch einmal zum Tisch zurück, nur um festzustellen, dass die Frau von eben sie noch immer beobachtete. Gruselig. Leute, die so starrten, sollte man alle wegsperren!

Vollkommen in Gedanken versunken, trat sie auf die eher unbelebte Straße hinaus. Es war halt eher so ein Randgebiet der Stadt. Schön ruhig und entspannend. Heute würde es wieder heiß werden, Laura sah nur die alte Misses Burns mit ihrer Gehhilfe ihre Einkäufe nach hause zu wuchten. Es war keiner unterwegs. Bis auf die Frau, der man ansah, dass sie nicht hierher gehörte, im Café hinter ihr. Jetzt dachte sie schon wieder über diese Frau nach...

„Miss Demour, könnten sie mir vielleicht helfen? Ich schaffe das mit den Einkäufen nicht die Treppe hoch." Misses Burns war stehen geblieben und schaute mich fragen an. Sie war eine nette, wenn auch etwas merkwürdige Frau. Warum merkwürdig? Sie sah an jeder Hausecke russische Spione, seit ihr Mann vor 20 Jahren erschossen wurde. Sie war der festen Überzeugung, dass es die Russen waren, die die Forschung ihres Mannes fürchteten. An was der Mann auch immer geforscht hatte, niemand würde es je erfahren, da seine Aufzeichnungen mit seinem Ableben verschwunden sind. Wenn die gute Frau herausfand, dass hier eine merkwürdige Frau aufgetaucht war, würde sie sich wahrscheinlich irgendwie einen Flammenwerfer oder eine Bombe organisieren und jedes Haus niederbrennen oder in die Luft sprengen, wenn es nur die leiseste Wahrscheinlichkeit gab, dass sie damit ihren Mann rechen konnte. Aber sie war nett und sehr gesprächig.

„Natürlich, Misses Burns." Ich nahm ihr die Einkaufstaschen ab. „Was machen die Kinder?"

„Ach... die sind zu beschäftigt um mich zu besuchen... ich würde ja meine Enkel gerne mal wieder sehen, aber die haben alle ihre Beziehungen." Bei dem Wort Beziehungen machte sie mit den Fingern Anführungszeichen in die Luft. Die Frau war cool. Cool und paranoid, aber cool. Ihre Enkel wissen überhaupt nicht, was sie für eine klasse Großmutter haben. Jenn nahm sich vor, die Frau mal auf einen Kaffee einzuladen, wenn sie wieder einen Job hatte. Als sie oben vor der Tür der alten Dame standen und sie ihren Schlüssel herauskramte, sagte Misses Burns etwas, was Jenn stutzen ließ.

„Ich würde ihnen gerne etwas zeigen."

Nachdem Sie die Einkäufe weggeräumt hatten, ging Misses Burns auf einen alten Schreibtisch zu. Diese alten Schreibtische mit Rolltop. Wirklich wunderschön dieser Schreibtisch. Sie holte einen braunen Hefter aus einem Fach unterhalb der Tischplatte. Einen verdammt dicken Hefter. Eine ganze Akte! Damit konnte man gut Krafttraining machen. Sie kam auf Jenn zu und legte den Papier Everest auf den Tisch.

„Misses Burns... Was ist das?"

„Das, Jenn, ist dass größte Verbrechen an der Menschlichkeit, was jemals stattgefunden hat. Das Verbrechen, wofür mein Mann vor 20 Jahren erschossen wurde. Ich möchte diese Akte zu SHIELD bringen. Ich denke, die Wissenschaftler dort können damit mehr anfangen, als ein alte Frau, die von ihren Nachbarn als geistesgestört bezeichnet wird." sagte sie mit einem Lächeln auf dem faltigen Gesicht.

„Ich würde sie eher als etwas paranoid betrachten... Ich meine, russische Spione die ihren Mann erschossen haben, hört sich etwas merkwürdig an, finden sie nicht?" sagte Jenn und hatte ein schlechtes gewissen, weil sie die Frau doch irgendwie als geistesgestört bezeichnete.

„Ein anderes Wort, für die gleiche Sache. Schauen sie doch erst einmal da rein," sie gestikulierte zu dem Berg Papier rüber „dann können sie sagen, dass ich eine irre alte Schachtel bin." sie grinste. Definitiv irre, aber Tiere und alte Frauen konnten angeblich Angst riechen. Jenn griff nach der Akte, ließ die alte Frau allerdings nicht aus den Augen. Sie beobachtete sie, wartete Jenns Reaktion ab. Was erwartete sie? Dass Jenn aufsprang und wegrannte? Was war in dieser Akte, was sie vermuten ließ, dass sie abhauen würde?

Jenn schlug die erste Seite der Akte auf und starrte auf eine Zeichnung, ein Bauplan um genau zu sein. Ein Bauplan für...

„Misses Burns, was hat ihr Mann noch gleich beruflich gemacht?"

„Er war Maschineningenieur. Ein wahres Genie auf seinem Gebiet. Wissen sie, was das ist?" Sie wies auf das Bild. Es sah aus wie ein Arm.

„Warum hat ihr Mann einen mechanischen arm konstruiert?" Jenn sah ein weiteres mal auf das Papier. Ihre Augen weiteten sich. „Warum hat ihr Mann einen mechanischen Arm in den 50er konstruiert?!" Fragte sie die alte Frau, die neben ihr. Jenn wusste, dass die Technik zu diesem Zeitpunkt nicht ansatzweise so weit war, wie sie auf diesem Plan abgebildet war. Wie also, sollte der Mann ihrer Nachbarin das bewerkstelligt haben?

„Er hatte hatte Hilfe von einem Wissenschaftler, Arnim Zola hieß er, glaube ich. Ich mochte ihn nicht wirklich. Er war gruselig, klein und hatte keinen großen Respekt vor Frauen." sagte Misses Burns mit angeekeltem Gesicht. Sie schien ihn wirklich nicht ausstehen zu können. Sie blätterte weiter. Einiges war auf russisch geschrieben, was Jenn nicht verstand. Mister Burns war angeblich russischer Abstammung gewesen. Jenn war dies allerdings egal gewesen, sie hatte ihn nie kennen gelernt. Sie kannte nur ihre Misses Burns, die damals im Sommer angeboten hatte, ihre Zimmerpflanzen zu gießen, als sie ihre Eltern besuchen war. Die, die lieb fragte, ob man ihr die Einkäufe die Treppe hoch trug, wenn sie es nicht schaffte. Sie blieb bei einigen Berichten von einem 'Testobjekt' hängen. Es wurde nirgendwo ein Name genannt, aber irgendwie wusste sie, dass es sich hierbei nicht um irgendwelche Tierversuche handelte.

„Wann wollen sie diesen Papierklotz wegbringen?" fragte Jenn nach einiger Zeit des Schweigens und des stillen Blätterns.

„So schnell wie möglich, ich habe dieses merkwürdige Gefühl im Nacken, wie ein Wetterumschwung. Als ob irgendetwas passiert."

„Ein Gefühl?" Jenn glaubte, dass die gute Frau nur ihrer Paranoia nachhing.

„Das letzte mal als ich dieses Gefühl hatte, wurde mein Mann erschossen, Mädchen." sagte Misses Burns mit einem traurigen Lächeln auf den Lippen.

„Dann sollten wir uns mit dem Teil so schnell wie möglich auf den Weg machen, finden sie nicht?" sagte Jenn. Ihr war die ganze Sachen zwar immer noch nicht geheuer, aber sie konnte die arme, wehrlose alte Frau nicht mit dieser Akte und der halb automatischen Waffe in der Küchenschublade alleine lassen.

Jenn ging kurz rüber, um die Schlüssel für ihren Nissan Primera, sponsored by Mum & Dad und ging wieder rüber. Dort fand sie Misses Burns an ihrem Küchentisch vor, wie sie auf ein Foto starrte. Es war ein altes, sepiafarbenes Bild von einer jungen Frau und einem Jungen Mann. Beide lächelten glücklich in die Kamera.

„Wissen sie, Miss Demour... als dieses Foto gemacht wurde, war der zweite Weltkrieg gerade zu ende. Ivan hatte mir gerade einen Heiratsantrag gemacht, ich war so glücklich zu dem Zeitpunkt."

erzählte sie. Jenn hörte die ganze Zeit zu.

„Einige zeit später bekam er eine Nachricht von einem alten Freund aus Russland, er bräuchte Hilfe bei einem Problem. Ich habe nie erfahren, an was er arbeitete. Er brachte nur diesen Zola hin und wieder zum Essen mit nach hause." Sie machte eine Pause. Es viel ihr schwer darüber zu reden.

„Zehn Jahre später siedelten wir nach Amerika über. In diesen zehn Jahren veränderte sich Ivan, er wurde stiller, hatte nachts Albträume. Ich fragte ihn, was ihn plagte. Er sagte nie etwas zu mir. Kurz vor seinem Tod, sagte er zu mir 'Es war ein Fehler, er wird uns alle umbringen'. Ich kam nicht mehr dazu ihn zu fragen, was er meinte. Als ich an diesem Abend nach Hause kam, lag er ausgestreckt auf dem Wohnzimmerteppich, zwei Einschusslöcher im Kopf. Die Akte fand ich erst Jahre später, als ich seine alten Sachen aussortierte."

„Warum erzählen sie mir das alles?" fragte Jenn. Sie wusste nicht, was sie mit der ganzen Sachen, die sie gerade erfahren hatte, anfangen sollte.

„Ich bin 86 Jahre alt, ich werde nicht jünger. Wer weiß, was noch alles passiert, deshalb sollten wir uns jetzt mal dieses Ungetüm von einer Akte wegbringen, nicht wahr?"

Sie machten sich auf den Weg nach unten zu Jenns Wagen. Jenn half der alten Frau auf den Beifahrersitz. Als sie die Tür schloss, schaute sie hoch weil sie sich beobachtete vorkam. Sie sah einen schwarzen SUV am Straßenrand stehe, in dem die Frau aus dem Café saß. Sehr subtil, du Rindvieh. Jenn machte schmale Augen und zeigte ihr den Mittelfinger. Die Frau grinste, startete den Wagen und fuhr davon.

„Miss Demour? Haben sie irgendetwas interessantes gesehen?"

„Nein Misses Burnes. Ich dachte nur ich hätte jemanden gesehen, den ich kenne." log Jenn.

Sie fuhren auf ein großes Bürogebäude zu, man hatte sie einfach durchfahren lassen. Was für eine geheime Regierungsorganisation lässt bitte schön Zivilisten einfach so passieren. Merkwürdiger Verein...

Sie fuhren in die Tiefgarage, stiegen aus und standen erst einmal vollkommen orientierungslos herum. Sie hörten ein Geräusch, welches sich als Fahrstuhl herausstellte. Eine Frau stieg aus, kam mit kräftigen, aber geduldigen schritten auf sie zu und schaute Jenn in das Gesicht. Die Frau aus dem Café.

„Herzlich willkommen bei SHIELD. Guten Tag Miss Demour, Misses Burns. Direktor Fury erwartet sie in seinem Büro. Ich werde sie nach oben begleiten.

Und so begann Jenns persönliches Sodom und Gomorrha. Jenn wusste, dass es ein Fehler war, den Fahrstuhl zu betreten. Sie hätte auf ihre Mutter hören sollen und nicht mit Fremden mitgehen sollen.

Denn als der Fahrstuhl im 8. Stockwerk hielt und sie einem Mann in Ledermantel und Augenklappe gegenüber stand, viel ihr eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Vampirjäger auf. Ihr vorlautes Mundwerk musste natürlich sofort ihren Gedanken gang ausspucken und sie hörte sich selber sagen: „Sie laufen nicht zufällig durch die Gegend und schlachten Vampire ab, oder?"