Die Biegung in der Straße
Kapitel 1
Das Dämmerlicht der untergehenden Sonne tauchte alles in ein rötliches Licht. Eine sanfte Brise streifte über das Land und ließ das Gras wie Wellen hin und her wiegen. Anne saß auf dem Gatter der Weide, ihr Kinn auf die Hände gestützt und wartete. Sie wartete auf Matthew, der die Kühe nach hause trieb. Gleich würde er um die Ecke kommen und Anne wollte ihn das letzte Stück bis nach Green Gables begleiten. Seit sie wieder vom Queens College zurück war, tat sie das jeden Abend. Es war wie in alten Zeiten.
Sie liebte Matthew und die beiden nutzten die Zeit, um miteinander zu reden. Natürlich redete Anne die meiste Zeit, während Matthew ihr zuhörte. Matthew war der beste Zuhörer, den man nur haben konnte. Und nicht nur dass, Matthew verstand einen! Er war eine verwandte Seele.
Jetzt tauchte sein grauhaariger Kopf an der Wegbiegung auf und Anne sprang mit einem Lächeln leichtfüßig vom Gatter, um ihm entgegen zu laufen. Matthew führt Dolly, die braune Jerseykuh, am Strick, während die restlichen Kühe freiwillig hinterher trotten. "Hallo, Matthew", rief Anne und eilte zu ihm. Sie bemerkte, dass Schweiß auf seiner Stirn stand. "Geht es dir nicht gut?" fragte sie besorgt. Er sah auf und lächelte sie, mit bleichem Gesicht, matt an: "Es geht schon, mein Mädchen. Es war nur ein anstrengender Tag." "Vielleicht solltest du besser gleich heimgehen. Ich kann Dolly den Rest des Weges führen." Anne versuchte ihm den Strick auf der Hand zu nehmen. "Lass nur, " winkte Matthew ab, "erzähl mir von deinem Tag." Anne begann zu erzählen, während sie ihn immer noch besorgt anblickte. Doch sein Gesicht bekam langsam wieder mehr Farbe und erleichtert redete sie weiter. Matthew hörte ihrem munteren Geplapper aufmerksam zu und lacht ab und zu stumm in sich hinein. Anne wusste, dass er sich nicht über sie lustig machte, sondern nur über ihre Ausdrucksweise schmunzelte. "Oh, Matthew, sieh nur, dort drüben wachsen Lilien." Begeistert zeigte Anne zu einer Stelle im Gras, zwischen einer kleinen Gruppe Birken. "Findest du nicht auch, dass Lilien wunderschön sind? Sie haben so etwas Elegantes und reines." Matthew nickte stumm. "Ich pflücke rasch ein Paar für mein Zimmer. Lauf nur weiter Matthew, ich hol dich gleich wieder ein." Flink wie ein Reh huschte sie über die Wiese. Matthew sah ihr lächelnd nach und lief weiter.
Anne seufzte, als sie all die schönen Lilien sah. Sie wuchsen dicht beieinander: "Was für ein Traum in Weiß", flüsterte sie leise und bückte sich herab, um einige zu pflücken. "Falls ich einmal heirate, möchte ich einen Brautstrauß aus Lilien haben." Mit einem lauten Seufzer steckte sie ihre Nase in den Strauß und sog den Duft der Blumen ein.
Mit dem Strauß Lilien im Arm lief sie schließlich auf den Weg zurück. Sie blickte nach vorne und sah, dass Matthew stehen geblieben war. Zunächst glaubte sie, dass er angehalten hatte, um auf sie zu warten. Doch dann sah sie, wie er sich an die Brust griff und zu Boden fiel. Die Blumen fielen ihr aus den Händen und landeten im roten Staub des Weges.
"Matthew!" Schrie Anne und rannte zu ihm.
Sie fiel neben ihm auf die Knie und drehte ihn vorsichtig um, sein Gesicht war aschfahl, kalter Schweiß stand auf seiner Stirn und sein Atem ging schwer. "Matthew, was ist?" fragte Anne mit Tränenerstrickter Stimme. "Mein ganzes Leben lang habe ich gearbeitet.", seine Stimme war nicht mehr als ein Flüstern und Anne musste sich herab beugen, um ihn zu verstehen. "Matthew ich hole Hilfe.." Matthew schüttelte leicht den Kopf: "Es geht mit mir zu Ende, mein Mädchen. Bleib so wie du bist Anne, versprich mir das.." Das Reden fiel ihm schwer, doch er versuchte weitere Worte zu bilden. "Ich bin stolz auf dich, Anne." Langsam drehte sich sein Kopf zur Seite. "Nein, Matthew, nicht!" Verzweifelt sah sie ihn an, die Tränen rannen über ihre Wangen. Durch den Schleier ihrer Tränen sah sie plötzlich Pferdehufe neben sich und hörte wie jemand herunter sprang. Sie sah auf und entdeckte Gilbert Blythe, der sie entsetzt ansah. "Anne, was ist los?" "Matthew..er.." stammelte Anne verstört, während sie Matthews Kopf hielt. "Ich hol Hilfe. Gerade habe ich Dr. Blair auf der Straße getroffen, " rief Gilbert. Behände sprang er wieder in den Sattel, drehte sein Pferd um und galoppierte die Straße hinunter.
Für Anne schien eine Ewigkeit zu vergehen, bis Dr. Blair endlich eintraf. Tatsächlich dauerte es überhaupt nicht lange, denn Dr. Blair war gerade auf dem Weg zu den Lawsons gewesen. Rasch und geschickt öffnete Dr. Blair Matthews Kragen und fühlte seinen Puls. "Er hat einen Herzanfall." Flink suchte er in seiner Tasche nach einer Spritze. Danach nahm er sein Stethoskop heraus und legte es auf Matthews Brust. Zwischen seiner Stirn bildeten sich ernste Falten. "Wir müssen ihn nach Green Gables bringen. Gilbert du musst mir helfen, ihn hinten auf meinen Wagen zu legen." Er hob Matthew an den Schultern hoch, während Gilbert seine Beine nahm. Mühsam trugen sie ihn zur Dr. Blairs Wagen. "Jetzt legen wir ihn vorsichtig hin", ordnete Dr. Blair an. "Anne, nimm meine Tasche mit." Blind vor Tränen griff Anne nach seiner Tasche, die ganze Zeit über sprach sie kein Wort. Sie war geschockt von dem, was hier passierte. Erneut wand Dr. Blair sich an Gilbert: "Bitte reite doch schon mal nach Green Gables und sag was passiert ist." Gilbert nickte und machte sich auf den Weg.
Kapitel 1
Das Dämmerlicht der untergehenden Sonne tauchte alles in ein rötliches Licht. Eine sanfte Brise streifte über das Land und ließ das Gras wie Wellen hin und her wiegen. Anne saß auf dem Gatter der Weide, ihr Kinn auf die Hände gestützt und wartete. Sie wartete auf Matthew, der die Kühe nach hause trieb. Gleich würde er um die Ecke kommen und Anne wollte ihn das letzte Stück bis nach Green Gables begleiten. Seit sie wieder vom Queens College zurück war, tat sie das jeden Abend. Es war wie in alten Zeiten.
Sie liebte Matthew und die beiden nutzten die Zeit, um miteinander zu reden. Natürlich redete Anne die meiste Zeit, während Matthew ihr zuhörte. Matthew war der beste Zuhörer, den man nur haben konnte. Und nicht nur dass, Matthew verstand einen! Er war eine verwandte Seele.
Jetzt tauchte sein grauhaariger Kopf an der Wegbiegung auf und Anne sprang mit einem Lächeln leichtfüßig vom Gatter, um ihm entgegen zu laufen. Matthew führt Dolly, die braune Jerseykuh, am Strick, während die restlichen Kühe freiwillig hinterher trotten. "Hallo, Matthew", rief Anne und eilte zu ihm. Sie bemerkte, dass Schweiß auf seiner Stirn stand. "Geht es dir nicht gut?" fragte sie besorgt. Er sah auf und lächelte sie, mit bleichem Gesicht, matt an: "Es geht schon, mein Mädchen. Es war nur ein anstrengender Tag." "Vielleicht solltest du besser gleich heimgehen. Ich kann Dolly den Rest des Weges führen." Anne versuchte ihm den Strick auf der Hand zu nehmen. "Lass nur, " winkte Matthew ab, "erzähl mir von deinem Tag." Anne begann zu erzählen, während sie ihn immer noch besorgt anblickte. Doch sein Gesicht bekam langsam wieder mehr Farbe und erleichtert redete sie weiter. Matthew hörte ihrem munteren Geplapper aufmerksam zu und lacht ab und zu stumm in sich hinein. Anne wusste, dass er sich nicht über sie lustig machte, sondern nur über ihre Ausdrucksweise schmunzelte. "Oh, Matthew, sieh nur, dort drüben wachsen Lilien." Begeistert zeigte Anne zu einer Stelle im Gras, zwischen einer kleinen Gruppe Birken. "Findest du nicht auch, dass Lilien wunderschön sind? Sie haben so etwas Elegantes und reines." Matthew nickte stumm. "Ich pflücke rasch ein Paar für mein Zimmer. Lauf nur weiter Matthew, ich hol dich gleich wieder ein." Flink wie ein Reh huschte sie über die Wiese. Matthew sah ihr lächelnd nach und lief weiter.
Anne seufzte, als sie all die schönen Lilien sah. Sie wuchsen dicht beieinander: "Was für ein Traum in Weiß", flüsterte sie leise und bückte sich herab, um einige zu pflücken. "Falls ich einmal heirate, möchte ich einen Brautstrauß aus Lilien haben." Mit einem lauten Seufzer steckte sie ihre Nase in den Strauß und sog den Duft der Blumen ein.
Mit dem Strauß Lilien im Arm lief sie schließlich auf den Weg zurück. Sie blickte nach vorne und sah, dass Matthew stehen geblieben war. Zunächst glaubte sie, dass er angehalten hatte, um auf sie zu warten. Doch dann sah sie, wie er sich an die Brust griff und zu Boden fiel. Die Blumen fielen ihr aus den Händen und landeten im roten Staub des Weges.
"Matthew!" Schrie Anne und rannte zu ihm.
Sie fiel neben ihm auf die Knie und drehte ihn vorsichtig um, sein Gesicht war aschfahl, kalter Schweiß stand auf seiner Stirn und sein Atem ging schwer. "Matthew, was ist?" fragte Anne mit Tränenerstrickter Stimme. "Mein ganzes Leben lang habe ich gearbeitet.", seine Stimme war nicht mehr als ein Flüstern und Anne musste sich herab beugen, um ihn zu verstehen. "Matthew ich hole Hilfe.." Matthew schüttelte leicht den Kopf: "Es geht mit mir zu Ende, mein Mädchen. Bleib so wie du bist Anne, versprich mir das.." Das Reden fiel ihm schwer, doch er versuchte weitere Worte zu bilden. "Ich bin stolz auf dich, Anne." Langsam drehte sich sein Kopf zur Seite. "Nein, Matthew, nicht!" Verzweifelt sah sie ihn an, die Tränen rannen über ihre Wangen. Durch den Schleier ihrer Tränen sah sie plötzlich Pferdehufe neben sich und hörte wie jemand herunter sprang. Sie sah auf und entdeckte Gilbert Blythe, der sie entsetzt ansah. "Anne, was ist los?" "Matthew..er.." stammelte Anne verstört, während sie Matthews Kopf hielt. "Ich hol Hilfe. Gerade habe ich Dr. Blair auf der Straße getroffen, " rief Gilbert. Behände sprang er wieder in den Sattel, drehte sein Pferd um und galoppierte die Straße hinunter.
Für Anne schien eine Ewigkeit zu vergehen, bis Dr. Blair endlich eintraf. Tatsächlich dauerte es überhaupt nicht lange, denn Dr. Blair war gerade auf dem Weg zu den Lawsons gewesen. Rasch und geschickt öffnete Dr. Blair Matthews Kragen und fühlte seinen Puls. "Er hat einen Herzanfall." Flink suchte er in seiner Tasche nach einer Spritze. Danach nahm er sein Stethoskop heraus und legte es auf Matthews Brust. Zwischen seiner Stirn bildeten sich ernste Falten. "Wir müssen ihn nach Green Gables bringen. Gilbert du musst mir helfen, ihn hinten auf meinen Wagen zu legen." Er hob Matthew an den Schultern hoch, während Gilbert seine Beine nahm. Mühsam trugen sie ihn zur Dr. Blairs Wagen. "Jetzt legen wir ihn vorsichtig hin", ordnete Dr. Blair an. "Anne, nimm meine Tasche mit." Blind vor Tränen griff Anne nach seiner Tasche, die ganze Zeit über sprach sie kein Wort. Sie war geschockt von dem, was hier passierte. Erneut wand Dr. Blair sich an Gilbert: "Bitte reite doch schon mal nach Green Gables und sag was passiert ist." Gilbert nickte und machte sich auf den Weg.
