Staffel 2, irgendwann zwischen Grey Matter (2.10) und White Tulip (2.18)
"Nein Walter, wenn wir die Hydrolyse bei einer höheren Temperatur unter Zugabe von Amylase…"
"Du meist… ja, natürlich, Junge! Du hast Recht. Amylase. Wir brauchen nur…"
"Warte, hier…"
Fasziniert verfolgte Astrid Farnsworth von ihrem Computerarbeitsplatz aus den Wortwechsel der beiden Männer, die einträchtig nebeneinander am Labortisch standen. Jeder dachte den Satz des Anderen zu Ende, die unausgesprochenen Worte schienen fast auf telepathischem Wege übertragen zu werden. Sie arbeiteten Hand in Hand, mit aufeinander abgestimmten Bewegungen. Völlig versunken in ihr gemeinsames Tun.
Walter und Peter Bishop, ein Vater und ein Sohn.
Sie hatten die gleiche Haarfarbe, die gleichen Locken - und wenn man Walters Alter und die damit einhergehenden Einschränkungen berücksichtigte - auch eine ähnliche Körpersprache. Wie sie dort so über die Apparaturen gebeugt arbeiteten, hätte der Jüngere problemlos als ein Klon des Älteren gelten können.
Sie konnten beide die gleiche Sturheit entwickeln, was ihre Kommunikation leider in manchen Situationen erschwerte.
Sie steckten beide viel ein - aber wenn eine gewisse Grenze überschritten wurde, waren ihre Wutausbrüche umso heftiger.
Sie besaßen beide einen schier unendlichen Wissenshunger.
Wenn Peter nicht damit beschäftigt war, bei Autopsien und Experimenten zu assistieren oder kleine Elektronikbasteleien durchzuführen, las er sich durch sämtliche Fachbücher und Forschungsberichte der nahen Universitäts-Bibliothek. Chemie, Biologie, Medizin. Er saugte das Wissen auf wie ein Schwamm und verknüpfte alles auf gewinnbringende Weise.
Walter dagegen versuchte, jede seiner unkonventionellen Ideen sofort in der Praxis zu testen - was immer wieder zu merkwürdigen Laborgerüchen, kleinen Bränden und Explosionen, sowie zu einer Reihe verwunderter Nachfragen der FBI-Rechnungsabteilung führte. Die 5000 Dollar-Forderung für die Lieferung von tiefgefrorenem Pandasperma hatte Astrid deshalb lieber diskret unter "Labormaterial, verschiedenes" verbucht.
Beide Männer mochten Musik. Walter beruhigte sich mit dem Anhören seiner Schallplattensammlung, Peter zog es vor, sich beim Klavierspiel zu entspannen.
Im Augenblick hatten sie eine solche Ablenkung nicht nötig.
Astrid liebte diese ruhigen Stunden, in denen die Welt vollkommen in Ordnung zu sein schien. Obwohl sie sich ihre Arbeit beim FBI etwas anders vorgestellt und anfangs am Sinn ihrer Versetzung in die Abteilung für Grenzwissenschaften gezweifelt hatte, war sie im Moment mit ihrem Job sehr glücklich.
Zum Beginn ihrer Zusammenarbeit hatte es oft Streit und laute Worte zwischen Walter und Peter gegeben. Dann standen sie sich gegenüber, jeder auf seiner Ansicht beharrend, wütend und verstockt. Zwei große Egos, die unnachgiebig aufeinanderprallten.
Ein Vater, der nicht sah, dass sein Sohn erwachsen geworden war und sich zu einem ebenbürtigen Partner entwickelt hatte.
Ein Sohn, der nicht merkte, dass sein Vater nicht mehr dem Mann entsprach, den er in Erinnerung hatte. Dass sein Gegenüber trotz seiner zeitweiligen Marotten und Ausfälle immer noch ein brillanter Wissenschaftler und scharfsinniger Analytiker war.
Doch mittlerweile kam es immer öfter zu diesen harmonischen, magischen Momenten. Die Barrieren waren gefallen, die Gedanken im Einklang.
Sie hatten sich gefunden.
Ein starkes Team.
Vater und Sohn.
