Vernum Manolis - Das Ende der Zeit

Part 1

Die Dunkelheit der Umgebung wurde von den imaginären Wänden, die sich Harry vorstellte, zurückgeworfen.Eine eisige Kälte lag in der Luft und er fröstelte nicht, obwohl seine Lungen mit jedem Atemzug protestierten.Er konnte nicht an sich hinuntersehen, obwohl er wusste, dass er keinen Körper hatte, sondern nur als Beobachter in einem seiner wirren Träume wandelte.
Seine Augen waren an ein rotes Glitzern geheftet, was das einzig lebendige in der Dunkelheit war.Als er das Glitzern noch nicht entdeckt hatte, hatte er sich verloren gefühlt.Allein.Einen Moment später waren diese Gefühle der Furcht gewichen.Und dem Hass.
Obwohl er sich dafor fürchtete, in das magere, hässliche Gesicht sehen zu müssen, nahm der blinde Hass von seinem, nicht existierenden, Körper Besitz und zog ihn zu den scharlachroten Augen und ließ die Dunkelheit schwinden.Machte einer unbekannten Szene Platz.
Es war, als ob er durch eine unsichtbare Tür geschritten wäre, denn er fand sich in einem dunklen Zimmer wieder, dass einzig und allein von einem winzigen Feuer in einem großen Kamin beleuchtet wurde.
Vor diesem Kamin stand er.Zwischen seinen absurd gekrümmten Beinen leuchtete die winzige Flamme.Symbolisierte die sterbende Hoffnung.Sein Blick war in Harrys Richtung gerichtet, aber er sah durch ihn hindurch.Er sah jemanden an, der in der Tür stand.
Harry drehte sich widerwillig um, denn man sollte seinem Feind nie denn Rücken zukehren und erblickte einen schlanken blonden Mann im Türrahmen.Sein Rücken war unterwürfig gekrümmt und seine Augen blickten gefühllos auf den Boden.
,Lucis.Komm herein'', ertönte eine ekelerregende Stimme hinter Harry und er schritt zur Seite, als Lucius Malfoy auf ihn zukam.
,Hast du sie?Hast du die Prophezeihung gehört?''
,Ja, Meister.''
Voldemords Haltung spannte sich augenblicklich an.
,Wie lautet sie?''
,Das Ende der Zeit wird kommen, wenn der Junge, der am Tag des Todes des achten Monats geboren ist, Hand in Hand mit seinem Glück kämpft und sein Schicksal besiegt.''
Kaum hatte der Mann seinen Satz beendet, legte sich eine eisige Klaue um Harrys Herz.Als er Voldemord anblickte, war dessen anwiderndes Gesicht vor Wut verzerrt.
,Dies wird nicht vorkommen'', flüsterte er, bevor er, sichtlich außer sich, seinen Zauberstab hob und ihn auf den blonden Mann richtete.
,CRUCIO!''
Lucius Malfoy fiel auf die Knie und krümmte sich gepeinigt auf dem Boden.Er schrie in unregelmäßigen Abständen auf und grub seine Fingernägel in den steinharten Grund.Gerade als der Fluch nachzulassen schien und Malfoy nur noch schmerzvoll keuchte, wurde er wieder mit dem gleichen Fluch gefoltert.
,Lucius, mein lieber Lucius'', Voldemords Stimme klang völlig unbekümmert, als ob er sich mit einem, nicht schreienden und sich windenden, Menschen unterhalten würde und Harry verspürte den Drang sich zu erbrechen.,Du bist ein richtiger Waschlappen, weißt du das?''
Er schleuderte wieder einen Fluch auf den Mann.
,Aber dein Sohn ist anders.Er ist wirklich stark und nächstes Jahr wird er deinen Platz einnehmen.''
,Nein...nicht..Dra..'', wimmerte Mafoy, bevor er leblos liegen blieb und sich nicht mehr aufbäumte.
Nun herrsche Stille im Raum.Es drängten sich winzige Lichtstrahlen durch die zugenagelten Fenster.
,Ich dulde keine Versager.''
Und er verzerrte sein Gesicht zu einer Fratze und lachte, wobei sich Harrys Mageninhalt hochschob.
Voldemord lachte vollkommen hysterisch und schrie immer wieder ,Crucio''.Er beachtete nicht, dass Malfoy das nötige Leben fehlte um gefoltert zu werden.
Harry wollte zurück, wollte sich nicht mehr in diesem erschreckend realen Traum aufhalten, wollte nicht mehr in die zufrieden funkelnden Augen sehen und als er seinen Blick abwandte, bemerkte er die Flamme im Kamin, die nun um einiges größer geworden war.

,HARRY!Wach auf verdammt nochmal!''
Als Harry seine Augen aufschlug, war das erste, was er sah, ein besorgt blickender Ron, der sich über ihn gebeugt hatte.
Er hatte eine riesigen Kloß im Hals, den er nicht runterschlucken konnte und er wunderte sich, wieso er nicht schon daran erstickt war.
,Merlin sei Dank!Harry, gehts dir wieder gut?''
Er wollte seinem Freund antworten, aber plötzlich war der Kloß verschwunden und er spürte seinen Mageninhalt überdeutlich hochkommen.Er schluckte krampfhaft.
Ron legte ihm eine Hand auf die Schulter und erst jetzt bemerkte er die erwartungsvollen Blicke seiner Zimmergenossen.
Bestimmt dachten sie, dass er von Voldemord geträumt hatte und erwarteten, dass er ihnen alles erzählte.
,Ja, es geht mir gut'', würgte er hervor, bevor er vorsichtig aufstand, sich seine Sachen zusammensuchte und im Bad verschwand.
Dort blickte er in den Spiegel.Er sah wirklich schrecklich aus.Tiefschwarze Augenringe.Und seine Haut war auch blasser als sonst.Entgegen seiner Erwartungen, sprudelten seine Augen nur so vor Gefühlen über.Ekel, Trauer und Angst waren in ihnen zu sehen.Wenn er an seinen Traum dachte, hatte er wieder ein flaues Gefühl im Bauch.Und seltsamerweise fühlte er Trauer und vielleicht auch Mitleid, als ihm einfiel, dass der tote Todesser, Draco Malfoys Vater gewesen war.Kurz darauf schüttelte er darüber nur wütend den Kopf.Auch wenn ihn das an ihn selber, bezüglich Sirius Tod, erinnerte, war das noch lange kein Grund, Sirius und Malfoy Senior miteinander zu vergleichen.Auch sollte er kein Mitleid gegenüber Malfoy empfinden.Er würde nämlich eines Tages auch ein Todesser werden.Genauergesagt nächstes Jahr.Nach ihrem Abschluss.
'Das Ende der Zeit wird kommen, wenn der Junge, der am Tag des Todes des achten Monats geboren ist, Hand in Hand mit seinem Glück kämpft und sein Schicksal besiegt.''
Mit 'der Junge, der am Tag des Todes des achten Monats geboren ist' war er selber gemeint.Aber was war sein Schicksal?Voldemord?Der Tod?Und was hieß 'Hand in Hand mit seinem Glück kämpft'?
,Harry beeil dich, wir kommen zu spät.''Ron klopfte noch einmal an die Tür und schien auf eine Erwiderung zu warten.
,Bin gleich fertig.''
Harry zog sich so schnell es ging an und versuchte die Erinnerung an seinen Traum in die hinterste Ecke seines Gedächtnisses zu verbannen, was ihm nicht einmal halbwegs gelang und so war er eine viertel Stunde später mit leerem Magen und seinen beiden Freunden auf dem Weg in die Kerker, während er immer noch über die Prophezeiung grübelte.
,Harry hast du mir zugehört?''
,Wie!'', er drehte seinen Kopf zu Hermine, die ihn forschend ansah.
,Wir müssen es Dumbledore erzählen.''
,Nein'', sagte Harry, bevor er darüber nachdenken konnte.
Er wollte damit nicht schon wieder zum Schulleiter rennen.Der hatte gerade zuviel mit dem Orden und den Todessern zu tun, da sollte er sich nicht wieder mit solch nichtigen Träumen herumschlagen.Außerdem wusste Harry nicht, ob es nicht schon wieder eine Falle Voldemords war.Das letzte Mal, als er auf seine Träume gehört hatte war Sirius gestorben.So etwas würde er nicht wieder zulassen.Im sechsten Schuljahr waren die Träume seltsamerweise verschwunden und Voldemord schien sich auch zurückgezogen zu haben, bis er kurz vor den Sommerferien um ein vielfaches grausamer wieder zugeschlagen hatte.Er hatte Schwimmbäder, Rathäuser und andere Muggelanstalten angegriffen und diese Angriffe hatten viele unschuldige Leben gefordert.
Harrys Traum heute Morgen war also der erste seit langem gewesen.
,Wie 'Nein'?''
,Es könnte eine Falle sein.''
,Aber genauso könnte die Prophezeihung sehr wichtig sein.Wenn du-weißt-schon-wer solche Angst davor hat, muss sie einfach von Bedeutung sein.''
,Das letzte Mal, als ich auf einen meiner Träume gehört habe, ist Sirius gestorben.Schweigt.''
Hermine sah betreten zu Boden und Ron sah ihn mitleidig an.
,Kanntest du den Todesser, den er umgebracht hat?'', fragte Ron besänftigend.
,Nein.''
Harry wollte seinen Freunden nicht erzählen, dass es der Vater eines ganz bestimmten Slytherin war.Auch wenn er nicht wusste warum, aber Malfoy tat ihm nun einmal Leid, egal was für ein Arschloch er war.Auch wenn es nur gerecht wäre, sich darüber lustig zu machen und ihn damit zu verletzen, Malfoy hatte schließlich auch oft genug seine eigenen Eltern beleidigt, wollte er das nicht.Er war die ständigen Sticheleien einfach Leid.Harry konnte sich neben Voldemord nicht auch noch auf einen eingebildeten Halbstarken konzentrieren.
,Vielleicht bedeutet es, dass du einen Verbündeten findest.Aber du hast viele Verbündete, welcher könnte gemeint sein?'', fing Hermine an zu kombinieren.
Leider konnte sie ihre Ausführungen nicht erweitern, denn sie waren am Zaubertränkeraum angekommen und betraten ihn zögernd.