Disclaimer: Alles = JK Rowling. Nix = mein.

A/N: Etwas wie ein Vorläufer zu Unschuld, nur das letzte Kapitel spielt nach Unschuld.

Warnung: Für Beru - H/D!
(Damit dürfte alles gesagt sein *grins*)

Rauch

Wo Rauch ist, da wird wohl auch Feuer sein.

Anfang April 1997

Einatmen, ausatmen, einatmen, ausatmen... Es war nicht das erste Mal war, dass er eine derartige Mission durchführte, trotzdem schlug sein Herz rasend schnell und die Nervosität war beinahe nicht zu ertragen. Einen Moment lang gab er sich dem Gedanken hin, dass die Aktion fehlschlagen würde, dass man sie erwischen würde. Aber dann schüttelte er unwillig den Kopf - Ron selbst hatte alle Einzelheiten ausgearbeitet, und er war der beste Stratege, den sie hatten. Das musste sogar Professor Snape zugeben. Widerwillig zwar, aber immerhin.

Warum dann dieses ungute Gefühl, fragte er sich, und wusste, dass er keine Antwort darauf finden würde. Seit sie Malfoy Manor ins Visier genommen hatten, hatte er gewusst, dass das keine gute Idee war. Das Risiko war einfach zu groß. Aber da er keine schlüssigen Gründe gehabt hatte, war er überstimmt worden, zumal er schließlich ebenfalls eingesehen hatte, was ein Schlag diesen Ausmaßes bedeuten würde. Also blieb ihm nichts anderes übrig als zu hoffen, dass sich seine Befürchtungen nicht bewahrheiten würden.

Inzwischen war es vollkommen dunkel, man sah kaum mehr die Hand vor Augen: kein Mond, kein einziger Stern am Himmel, nicht das geringste Licht, das sie verraten konnte - oder ihnen Aufschluss über die Umgebung hätte geben können. Er seufzte leise, wartete darauf, dass endlich das verabredete Signal erklang. Dann würde Gruppe P die äußeren Schutzzauber von Malfoy Manor für wenige Sekunden unterbrechen und Gruppe A auf diese Art und Weise den Durchbruch ermöglichen.

Da. Die Turmuhr einer entfernten Muggelkirche schlug. Dreimal - gleichmäßig, laut und deutlich. Seine Finger krallten sich fester um den Zauberstab. Er schloss die Augen und begann mit dem letzten Schlag langsam von fünfzig nach unten zu zählen, so wie sie es tausend- und abertausendmal geübt hatten um ganz im Einklang zu sein. Als er bei Eins angelangt war, riss er den Kopf hoch, schnellte nach vorn und sprang.


später...

Alles war großartig gelaufen, ein vollkommener Erfolg. Die Informationen, die sie in langer Kleinstarbeit teilweise unter Lebensgefahr gesammelt und ausgewertet hatten, stimmten bis ins winzigste Detail. Die Operation lief vollkommen nach Plan. Keine unvorhergesehenen Probleme, keine unangenehmen Überraschungen, keine ungebetenen Gäste oder misskalkulierten Risiken. Nichts. Ein vollkommener Erfolg.

Alles war einfacher, als sie erwartet hatten. Zu einfach, schoss es ihm durch den Kopf - und mit einem Mal hatte er das Gefühl, das Blut würde ihm in den Adern gefrieren. Zu einfach. Er hätte es wissen müssen. Es war eine Falle. Es musste eine Falle sein, es gab keine andere Erklärung dafür, dass es ein paar Rebellen gelang, ohne nennenswerten Widerstand in Malfoy Manor, das einer Festung glich, einzudringen. Eine Falle.

Unwillkürlich beschleunigte er seine Schritte. Es war nicht mehr weit. Trotzdem, der dunkle Gang erschien ihm plötzlich bedrohlicher zuvor. Wer wusste schon, was in den Gemäuern dieser Todesserfamilie wirklich lauern mochte, egal was alle Ermittlungen ergeben haben mochten. War da nicht etwas gewesen? Ein Knacken. Schritte. Er hielt den Atem an, lauschte in die Stille. Einbildung? Es war nicht mehr weit. Es würde alles gut gehen. Später würde er darüber lachen. Ganz sicher.

"Ich hoffe, ihr habt gefunden, wonach ihr gesucht habt, Potter."

Er fuhr herum, riss den Zauberstab in die Höhe - aber die Worte des Zaubers erstarben auf seinen Lippen. Dort, im Schatten, eine Gestalt - kaum wahrnehmbar, selbst nicht mehr als ein Schatten, aber die Stimme schmerzlich bekannt. Eine Falle. Seine Gedanken standen still, sekundenlang, oder waren es Minuten?

Er sah, wie Draco nach vorn trat, sich ganz langsam aus dem Dunkel löste - jede Bewegung voll Bedacht, als handle es sich um eine Inszenierung. Vielleicht war es das. Eine inszenierte Falle, und alles was zum perfekten Auftritt jetzt noch fehlte, waren zwei Worte, war sein Tod. Das war der Moment, in dem er normalerweise Angst hätte haben müssen. Aber er war kein kleiner verschreckter Junge mehr. Er hatte gelernt, sich zu wehren. Er hatte selbst gelernt, zu töten.

"Was willst du, Malfoy?"

Ein Lachen, ganz fern und kalt. "Eine seltsame Frage, wenn man bedenkt, dass du der Einbrecher bist, nicht wahr."

Zwei weitere Schritte, jetzt standen sie einander gegenüber. Auge in Auge, und für einen Moment hatte er die schemenhafte Vision von zwei Kindern, der eine blond, der andere schwarzhaarig. Er blinzelte. Der schmächtige blonde Junge aus seiner Erinnerung verschwand, zurück blieb, was aus ihm geworden war. Es versetzte ihm einen Stich. Surreal. Surreal und sinnlos.

"Lass diese Spielchen, Malfoy! Du oder ich, darauf läuft es doch hinaus!"

Zorn flackerte in ihm auf, in ihm und den Augen seines Gegenüber. Nicht länger als einen Herzschlag, und dann waren die steinernen Masken ruhiger Unnachgiebigkeit zurück. Noch immer wartete er auf zwei alles entscheidende Worte, die nicht kommen wollten, denen er aber besser ausweichen hätte können als diesem starren Blick. Die zwei Worte, sie kamen nicht.

"Lauf, Harry Potter. Lauf um dein Leben."

***

"Ich wusste, du würdest kommen."

"Weil alle springen, wenn du es ihnen befiehlst?"

"Weil du nicht bereit bist, jemanden als verloren aufzugeben. Diese Schwäche wird dein Untergang sein."

"In dem Fall werde ich dich mitreißen."

***

Mein Vater sagt, dass unser Blut rein ist. Früher, ich muss etwa 7 gewesen sein, habe ich nicht verstanden, was er damit gemeint hat, und eines Tages nahm ich ein Messer um zu sehen, wovon er sprach. Es war so einfach, quer über die Handfläche ein schmaler Schnitt, und da war es. Mein Blut. Aber es war nicht rein. Es war rot, nur rot, und es tat weh. Ich lief zu ihm, streckte ihm die Hand entgegen und sagte, er habe gelogen. Mein Blut sei nicht rein, es sei nur rot, nichts als rot. Dann begann ich zu weinen, weil es weh tat, und weil ich nicht wusste, was ich jetzt tun sollte.

Noch heute erinnere ich mich an sein Gesicht, an seine Augen - so grau wie meine. Er packte mich unter den Armen und hob mich auf den Tisch, als wäre ich so leicht wie eine Feder. Für ihn muss ich das wohl auch gewesen sein. Noch immer sagte er kein Wort, sah mich nur eindringlich an. Dann griff er nach meiner Hand, ich hatte sie inzwischen zu einer Faust geballt und bog meine Finger auf. Mit einem ganz merkwürdigen Blick betrachtete er den Schnitt, fuhr mit dem Finger darüber und nickte langsam.

'Ja', sagte er, 'Es ist rot, dein Blut. Aber du musst lernen, dass es Dinge gibt, die man nicht sehen kann, Draco.'

Dann befahl er mir, mit dem Weinen aufzuhören, Tränen seien eines Malfoys unwürdig. Aber es ging nicht, meine Schluchzer wollten nicht versiegen, vielleicht weniger, weil es so sehr weh tat, sondern weil ich solche Angst hatte. Angst, dass er mich schlagen würde. Heute weiß ich, dass er das niemals getan hätte, damals jedoch habe ich mich davor gefürchtet. Ich hatte meinen Vater einen Lügner genannt, und ich konnte nicht aufhören zu weinen als er es mir sagte. Das war mehr als genug Grund für Strafe.

Aber er legte mir die Hände auf die Schultern und erklärte mir, was es bedeutete, ein Reinblut zu sein. Er sprach davon, dass wir talentierter sind, wertvoller, mächtiger, wichtiger. Besser als die anderen, und vor allem besser als Schlammblüter und Muggels. Er nutzte die Gelegenheit auch, um mir einzuprägen, was Stolz, Ehre und Ruhm bedeuten, was es heißt, ein Malfoy zu sein. Ich habe nicht einmal die Hälfte von dem, was er sagte, verstanden - aber das machte nichts, denn von diesem Zeitpunkt an sorgte er dafür, dass ich es lernte, Tag für Tag.

Erst ganz zum Schluss von diesem Gespräch heilte er die Wunde mit einem einfachen Zauber, für den er noch nicht einmal seinen Zauberstab benötigte. Aber er heilte sie nicht vollständig, sondern so, dass eine Narbe zurück blieb. Ich habe sie noch heute, ein feiner heller Streifen auf der blassen Haut meiner Hand. Ich wollte immer wissen, was der Grund dafür gewesen war, aber erst sehr viel später wagte ich es, diese Frage zu stellen. Er hatte es nicht vergessen und antwortete ohne Zögern, als habe er all die Jahre darauf gewartet:

'Ich habe dich gebrandmarkt mit deinem Unglauben an die Reinheit des Blutes. So kannst du es niemals vergessen. Ich habe für dich sichtbar gemacht, was man nicht sehen kann.'

***

"Was wirst du tun?"

"Was immer ich für nötig halte."

"Und zu welchem Preis?"

"Der Preis spielt keine Rolle."

"Auch wenn du selbst ihn bezahlen musst?"

"Selbst dann. Zweifle lieber nicht an mir."

"Weil ich es bereuen könnte?"

"Weil du es bereuen würdest."

***

Ende November 1997

Da stand er, und alle starrten ihn an. Schließlich war er der Letzte, von dem man erwartet hätte, dass er hierher kommen würde - geschweige denn, dass irgendjemand vermutet hätte, dass Dumbledore im Einlass gewähren würde. Völlig regungslos stand er da, das Kinn stolz angehoben, den Mund zusammengepresst - der Mund, der so schnell bereit war, sich zu einem gehässigen Grinsen zu verziehen, der schon so viele Beleidigungen ausgesprochen hatte. Er wirkte wie immer, arrogant und selbstsicher. Nur in seinen Augen, in seinen Augen lag... ja, was eigentlich? Scham? Aufgabe? Resignation? Hoffnungslosigkeit? Zorn? Hermione hätte es nicht sagen können, und sie seufzte leise.

Fast im selben Moment brach der Sturm an Rufen los.

"Malfoy! Draco Malfoy!"

"Was hat er hier zu suchen?"

"Verschwinde wieder in das Loch, aus dem du hervorgekrochen bist!"

"Vorsicht, sicher ist er bewaffnet..."

"Wer glaubst du, bist du, dass du hier einfach so auftauchen kannst?"

"Wie konnte er hierher gelangen?"

"Dumbledore kann ihn unmöglich reingelassen haben."

"Er wird doch hoffentlich keine Todesser hergeführt haben?"

Hermione suchte irritiert Harrys Blick, aber der beachtete sie gar nicht und machte auch keinerlei Anstalten, das Wort zu ergreifen. Er blickte Draco an - ein stummer Kampf, ausgetragen nur durch die Augen. Mit einer energischen Geste brachte sie die anderen zum Schweigen, froh darüber, dass Ron nicht hier war. Er hätte sich nicht so schnell ruhig stellen lassen. Nicht nach dem, was die Malfoys den Weasleys angetan hatten. Die Erinnerung durchfuhr sie schmerzhaft, und ließ ihre Stimme kühler klingen, als eigentlich beabsichtigt.

"Was willst du hier, Malfoy?"

Er antwortete nicht sofort, bewegte sich nicht - nicht einmal ein Blinzeln - sah sie nicht an, nur Harry. Noch immer Harry. Eben wollte sie eine zweite, schärfer formulierte Frage stellen, als Draco so leise, dass es kaum zu verstehen war, etwas erwiderte.

"Ich wurde eingeladen."

Hermione hatte das Gefühl, als würde ihr der Boden unter den Füßen weggezogen. Jeder hier wusste, was das bedeutete, was es bedeutete, eine Einladung zu erhalten. Nach einigen Sekunden geschockten Schweigens redete, nein, schrie wieder alles durcheinander. Es war fast ein Wunder, dass keiner handgreiflich wurde, aber vermutlich lag das am Ruf der Malfoys, der ihnen unweigerlich vorauseilte.

"Eingeladen?"

"Was?!"

"Er kann nicht bleiben!"

"Das kann doch nicht wahr sein..."

"Er lügt, ganz einfach, er lügt! Er muss lügen!"

"Harry, das wirst du nicht zulassen, oder?"

"Er würde uns verraten ohne auch nur mit der Wimper zu zucken!"

"Einem Malfoy kann man nicht trauen!"

"Sag etwas, schick ihn weg, Harry!"

"Mörder..."

Hermione sah, wie Dracos Mund noch eine Spur schmaler wurde, wie er seine Hände zu Fäusten ballte. Aber er sagte nicht einen Ton, schien alles zu ignorieren als ob er es nicht gehört hätte, und noch immer waren seine Blicke mit denen Harrys verankert, wie zu einem wortlosen Gespräch. Harry Potter und Draco Malfoy, Feinde und erbitterte Gegner seit sie die beiden kannte. Hermione runzelte die Stirn.

"Ich werde dir deinen Platz zeigen, Malfoy."

Auf Harrys gelassene, fast teilnahmslose Stimme folgte Totenstille. Ungläubige Fassungslosigkeit, ja, pures Entsetzen spiegelte sich auf den Gesichtern der anderen, und Hermione wusste instinktiv, dass sie keine Ausnahme bildete.

Wie auf ein ungesprochenes Kommando drehte sich Harry um und ging hinaus. Draco folgte ihm - ohne Zögern, als wüsste er genau, was er zu tun hatte.

Ein Fluch, der sogar die Weasley Zwillinge blass aussehen ließ, entwischte ihr. Was ging hier vor?

***

"Ich wusste, du würdest kommen."

"Weil dir alle folgen, wenn du sie darum bittest?"

"Weil du niemandem über dich bestimmen lässt. Was, wenn diese Entscheidung deinen Untergang bedeutet?"

"Dann werde ich dich mitreißen."

***