Disclaimer:

"Star Trek: Voyager" ist Eigentum von Paramount. Schiff, Figuren und das ganze Trek-Universum gehört denen, nur die Story ist meine – bis auf die von "Resolutions" übernommenen Dialoge. Und natürlich verdiene ich auch nichts mit der Geschichte. Zufrieden?

Author's note:

Nur ein weiterer Versuch nach "Endgame" die Hoffnung nicht aufzugeben. In "Resolutions" war die Welt der J/Cer noch in Ordnung und so versuchte ich dem Schicksal von hier aus ein wenig auf die Sprünge zu helfen. Mal ganz abgesehen davon, dass ich fand wir hätten wenigstens in einer Zeitlinie das Recht... – nein, das müsst ihr schon selber rausfinden. Sorry! Auf die Idee kam ich durch einen alten Zeitungsartikel über eine alternative Idee für "Entscheidungen". Damals war ich zufrieden mit der Version die wir bekamen, im Rückblick wäre die andere vielleicht besser gewesen. – Aber andererseits würde ich keinesfalls auf die Angry-Warrior-Speech verzichten wollen. *g*

Feedback:

Wäre echt nett von euch. Bitte an dreamy@inorbit.com! Danke!

Und was diejenigen betrifft, die mir letztes Mal geschrieben haben: Thanks und sorry, dass es so lange gedauert hat, bis ich mit dieser Story fertig geworden bin. Ich hatte eine Menge zu tun und als ich dann endlich Zeit fand, entwickelte dieses Ding ein Eigenleben und war einfach nicht mehr zu stoppen. Ich hoffe trotzdem auch diesmal wieder was von euch zu hören.



Twists of Time

von Dreamy

1. Wege des Schicksals

Nach einigen langen und anstrengenden Tagen war Tuvok dank Captain Janeways und Admiral Paris' Fürsprache gestattet worden mit seiner Ehefrau T'Pel nach Vulkan zu reisen, da er dort von seiner Krankheit geheilt werden könnte.

Doch bevor er die Erde verließ hatte Tuvok noch ein Versprechen einzulösen, das er vor mehr als fünf Jahren gegeben hatte. Fast 70 000 Lichtjahre von der Erde entfernt, in einer anderen Zeit und einem anderen Leben, wie es schien. – Und auch wenn ihm nicht völlig klar war, wie oder warum, so wusste Tuvok doch, dass von der Einhaltung dieses Versprechens das Schicksal zweier Menschen abhängen würde...

*****

Fünf Jahre früher...

"...Und so begriff der Krieger allmählich die wahre Bedeutung von Frieden."

"Ist das wirklich... eine uralte Legende?"

"Nein. – Aber das machte es einfacher es zu sagen."

Zwei Tage war es her, seit Chakotay Kathryn diese "Legende" erzählt hatte. So groß waren die Veränderungen seitdem nicht gewesen. Sie waren sich nähergekommen, fühlten sich wohl in der Nähe des anderen, lachten mehr zusammen und berührten sich auch häufiger. Die Spannung war zumindest vorerst gelindert. Er hat ihr gestanden, was er für sie empfindet und sie hat ihn nicht zurückgewiesen. Sie war zwar noch nicht bereit für eine intime Beziehung, aber sie entzog sich ihm auch nicht. Sie ließ seine Nähe zu und akzeptierte, ja, genoss sie sogar. Vorläufig war das genug. Sie waren zufrieden. Schließlich hatten sie noch den Rest ihres Lebens, um alle Grenzen zu überwinden.

Den Rest ihres Lebens.

Unglaublich.

Rational betrachtet war Kathryn schon vorher klar gewesen, dass sie New Earth, wie Chakotay den Planeten getauft hatte, höchstwahrscheinlich nie mehr verlassen würden. Nachdem der Plasmasturm ihre Forschungsausrüstung zerstört hatte, waren ihre Chancen praktisch auf Null gesunken ein Heilmittel gegen das Virus zu finden, das sie dazu gezwungen hatte auf diesem Planeten zurückzubleiben.

Aber da sie bis zum Abend mit den Aufräumarbeiten beschäftigt gewesen waren, hatte sie keine Zeit gehabt, darüber nachzudenken. Und eigentlich war sie danach auch viel zu müde, um sich mit allen möglichen Konsequenzen, die sich daraus ergaben, auseinanderzusetzen.

Doch dann massierte Chakotay ihr den Nacken und die Schultern.

Sie war nach der ungewohnten Arbeit völlig verspannt und das war ihm natürlich nicht entgangen. Aufmerksam wie immer, bot er seine Hilfe an. Er kam zu ihr hinüber, fasste ihre Haare mit seinen großen, sanften Händen zusammen, legte sie über ihre Schulter und plazierte seine Hände auf ihren Schultern. Es war ein angenehmes Gefühl. – Er hatte so wundervolle Hände. – Die Spannung zwischen ihnen stieg mit jeder Berührung und Kathryns Widerstand schmolz. Seine Hände verharrten auf ihren Schultern und Kathryn wusste, dies könnte der entscheidende Wendepunkt für ihre Beziehung sein.

Doch es war noch zu früh. So schnell konnte sie sich nicht anpassen.

Da war trotz allem noch die Voyager. Und Mark. Völlig loszulassen würde noch ein Weile dauern. Ihr Verstand begriff zwar, dass ihr Aufenthalt auf diesem Planeten aller Wahrscheinlichkeit nach dauerhaft sein würde, aber ihr Herz brauchte Zeit, um die Veränderungen verarbeiten zu können.

Obwohl Kathryn nicht damit gerechnet hatte, sofort ein Heilmittel zu finden, war sie doch am Anfang optimistisch gewesen, eventuell erfolgreich zu sein. Und wenn sie schließlich den Planeten verlassen könnten, bestünde auch die Chance die Voyager einzuholen. Immer vorausgesetzt, ihre Suche würde nicht zu lange dauern. Doch als die Wochen vergingen, sanken Kathryns Hoffnungen zunehmend. Ein Gegenmittel für das Virus zu finden, erwies sich als schwieriger als sie gedacht hatte. Es wollte ihr einfach nicht gelingen eines der Insekten zu fangen, die das Virus übertrugen. Und die Entwicklung eines Anitserums würde natürlich auch Zeit kosten. Selbst wenn sie letztlich erfolgreich wäre, hätten sie kaum noch eine Möglichkeit die Voyager einzuholen. Der Vorsprung des Schiffes würde mit der Zeit einfach zu groß. Und mit einem Shuttle den Weg nach Hause aufzunehmen war ein praktisch aussichtsloses Unterfangen. Trotzdem weigerte sich Kathryn aufzugeben. Und eine Beziehung mit Chakotay einzugehen, hätte in ihren Augen bedeutet, ihre gegenwärtigen Umstände als permanent anzuerkennen.

Außerdem fühlte sich Kathryn trotz allem noch an Mark gebunden.

Natürlich war ihr auch schon auf der Voyager klar gewesen, dass sie ihn vielleicht nie wieder sehen würde. Oder zumindest, dass ihre Heimreise schlichtweg zu lange dauern könnte und er schließlich das Warten aufgeben würde. Er wusste ja noch nicht einmal, ob sie noch am Leben war. Dennoch hatte Kathryn immer noch damit gerechnet in absehbarer Zeit wieder den Alpha Quadranten und die Erde zu erreichen. Vielleicht war ihre Zuversicht nicht mehr so groß wie zu Beginn ihrer Reise gewesen, aber sie hatte doch immer noch daran geglaubt, dass sie ihr Ziel letztlich erreichen würden. Vielleicht nicht heute oder Morgen, wie sie während der ersten Tage und Wochen im Delta Quadranten gehofft hatte, eines Tages in nicht allzu ferner Zukunft aber ganz bestimmt. Und so zögerte sie auch ihre Verlobung mit Mark als vergangen zu betrachten. – Was, wenn sie Morgen zurückkämen? Wenn er auf sie gewartet hätte? Würde sie ihn mit einer neuen Beziehung hier nicht hintergehen? Ihre eigenen Gefühle mochten sich geändert haben, aber sie hatte keine Möglichkeit zu wissen, ob dies bei Mark ebenso war. Kathryn hatte immer viel von Treue gehalten – und sie hatte beabsichtigt Mark zu heiraten. Sie schuldete ihm ein Gespräch oder wenigstens einen Brief, um ihre langjährige Beziehung angemessen zu beenden.

Solche Gedanken waren es, die Kathryn an Bord davon abgehalten hatten eine neue Beziehung auch nur in Erwägung zu ziehen. Von Sternenflottenprotokollen und ihrer täglichen Arbeit mal ganz abgesehen. Doch keiner dieser Faktoren war jetzt noch von Bedeutung, wie es schien.

Ihre Beziehung in einem persönlichen Gespräch zu beenden war unmöglich geworden. Kathryn hatte einige Briefe auf der Voyager gelassen. An ihre Familie und auch an Mark. Tuvok hatte versprochen sie abzuliefern, wenn die Voyager nach Hause käme. Ohne sie. Dennoch fiel es Kathryn schwer das alles als abgeschlossen zu betrachten. Ihre eigene Situation hatte sich jetzt geändert, aber niemand im Alpha Quadranten wusste das. Vielleicht wartete Mark noch auf sie. Vielleicht trauerte er um sie. Genauso wie ihre Familie. Ihre Mutter. Ihre Schwester. Freunde.

Sie konnte sich nicht so schnell an den Gedanken gewöhnen, diese Menschen nie wieder zu sehen. Sie konnte nicht so schnell auch die letzte Hoffnung aufgeben. Und so sah sie sich auch nicht im Stande dazu eine Beziehung mit Chakotay einzugehen. Noch nicht.

Chakotay.

Als ihr Liebhaber?

Ehemann?

Vater ihrer Kinder?

So weit hatte sie ihren Gedanken bisher nie erlaubt zu gehen. Das konnte sie an Bord nicht. Natürlich war ihr aufgefallen, dass ihr Erster Offizier ein gutaussehender Mann war. Ein Mann mit einer starken Persönlichkeit. Sanften Händen. Einem umwerfenden Lächeln. Braunen Augen, in denen man versinken konnte. Und diese Tätowierung auf seiner Stirn....

Und natürlich war ihr auch sein Interesse an ihr nicht entgangen. Er flirtete mit ihr, war so charmant, immer ein Gentleman. Er sah sie nicht nur als seinen Captain. Sah auch die Frau in ihr. – Aber er war eben ihr XO. Ein Mitglied ihrer Crew. Jemanden, für den sie verantwortlich war. Und sie war eine verlobte Frau.

Aber jetzt hatte sich die Situation geändert.

Und irgendwie war das auch noch ein Grund, der sie zurückhielt. War ihm ihr Flirten an Bord ernst gewesen? War es ihm jetzt ernst? Was, wenn er keine tieferen Gefühle für sie hatte, sondern seine Versuche eine engere Beziehung zu ihr aufzubauen auch auf der Annahme beruhten, dass sie hier für den Rest ihres Lebens festsaßen? Eine Beziehung wäre schließlich nur logisch. Ein Mann und eine Frau. Allein. Auf einem einsamen Planeten. – Sie hatten doch nur einander, wenn sie nicht den Rest ihres Lebens allein bleiben wollten!

Aber Kathryn wollte nicht, dass eine Beziehung zwischen ihnen als Ergebnis der Anpassung an ihr neues Leben entstand. Sie wollte, dass sie aus Liebe entstand.

All diese Gedanken gingen Kathryn in Sekundenbruchteilen durch den Kopf als sie merkte, dass Chakotays Hände aufgehört hatten sie zu massieren. Und dann verließen sie all diese Gedanken, bis nur einer blieb:

Das alles passiert zu schnell.

Sie musste hier weg bevor sie etwas Unüberlegtes tat. Bevor sie dem Moment erlag. Oder ihren Gefühlen?

Kathryn floh.

Doch als sie allein in ihrem Bett lag, nur durch eine dünne Wand von Chakotay, der noch immer in ihrem gemeinsamen Wohn- und Arbeitsraum arbeitete, getrennt, und darüber nachdachte, was da gerade geschehen war, konnte sie keine Ruhe finden. Wie immer widerstrebte es Kathryn auch an diesem Abend das, was sich zwischen ihnen entwickelte, ungelöst zu lassen. Sie konnte nicht einfach abwarten, was geschehen würde. Chakotays Offenheit wirkte so entwaffnend und sie wollte nicht warten, bis sie in einer weiteren solchen Situation die Kontrolle verlor. Kathryn verabscheute es, nicht die Kontrolle zu haben. Und sie konnte es nicht leiden, nicht zu wissen, was auf sie zukam.

Doch ihre Gefühle für Chakotay begannen sich ihrer Kontrolle zu entziehen. Sie begannen sich weiterzuentwickeln und tiefer zu gehen, als Kathryn es je für möglich gehalten hätte. Und ein Teil von ihr wollte gar nicht wissen, was da noch auf sie zukam, sondern einfach abwarten und mit Chakotay in diesen Gefühlen abtauchen. Ein Teil, der Kathryn Angst machte.

Also beschloss sie diese Sache in die Hand zu nehmen.

Sie verließ ihr Bett und ging zu Chakotay. Wollte Parameter definieren. Doch er erzählte ihr stattdessen eine "...uralte Legende meines Volkes."

Kathryn lächelte als ihre Gedanken zu seiner Geschichte zurückkehrten. Der wütende Krieger und seine Kriegerin. Mutig, schön und weise hatte er sie genannt. Obwohl er es nicht ausgesprochen hatte, war die Bedeutung seiner Geschichte unmissverständlich. Sie war eine Liebeserklärung. Und zwar mit Abstand die schönste, die ihr je gemacht worden war.

Er hatte durch sie Frieden gefunden. Frieden in seiner Liebe zu ihr.

In den letzten zwei Tagen hatte sie an kaum etwas anderes gedacht. Und auch wenn sie es bisher nicht gewagt hatte der Wahrheit ins Gesicht zu sehen, so erkannte sie doch, dass es keinen Sinn mehr hatte, noch länger zu leugnen, was ihrem Herzen schon eine ganze Weile klar war.

Auch sie war verliebt. – Verliebt in ihren Ersten Offizier. Aber das war er ja jetzt nicht mehr!

Sie war in Chakotay verliebt.

Endlich konnte sie es sich eingestehen.

Und nun hatte sie auch keine Zweifel mehr daran, ob es Chakotay ernst war. Er hätte sich nicht so viel Mühe um sie machen müssen. Hätte nicht für sie kochen müssen, hätte keine Badewanne bauen müssen – aber was sie endgültig überzeugte waren am Ende doch seine Worte. Er hätte keine Legende für sie erfinden müssen. Aber er hatte es getan. Er hatte ihr sein Herz geschenkt, sein Vertrauen und seine Liebe.

Wie könnte sie so ein Geschenk zurückweisen?

~~~

Unterdessen war die Stimmung auf der Voyager, seit man vor einer Woche die vidiianischen Schiffe ausgetrickst hatte, geradezu euphorisch. Man war jetzt mit Warp 8 unterwegs, um Captain Kathryn Janeway und Commander Chakotay möglichst schnell zurückzuholen. Nichts gegen Captain Tuvok, aber er würde nie ihre kommandierenden Offiziere ersetzen können. – Nicht, dass er es versucht hätte. Natürlich konnte ein Individuum kein anderes ersetzen. Wir sind schließlich nicht bei den Borg.

Tuvok war sicher ein guter Captain. Aber er war eben Tuvok. Die Crew vermisste die kleinen Flirts zwischen Janeway und Chakotay, vermisste die Scherze der beiden und ihr Lachen.

Sie vermissten die ruhige Stärke ihres Commanders, seine alten Maqui-Tricks, seinen Humor und seine gute Laune. Chakotay war von allen als Ansprechpartner für Probleme jeglicher Art geschätzt worden und hatte besonders zu Beginn ihrer Reise viele emotionale Gespräche geführt. Über Heimweh, die Wut darüber am anderen Ende der Galaxie, von Familie und Freunden getrennt, gestrandet zu sein und Schwierigkeiten dabei, sich an das neue Leben und den Job anzupassen. Inzwischen nahm sich zwar meistens Kes der persönlichen Probleme an, aber bei ernsthaften Streitereien innerhalb der Crew, die sich kaum vermeiden ließen, wenn man dauerhaft auf so engem Raum zusammen lebte und arbeitete, war das Eingreifen des 1.Offiziers unerlässlich. Er schaffte es immer mit seinen Worten alle Streitigkeiten zu schlichten – oder falls notwendig auch mal mit einem rechten Haken, aber das gab es eigentlich selten. Keiner wollte schließlich auf Dauer Chakotays Sparringspartner werden.

Und genauso fehlte ihnen der Kampfgeist ihres Captains. Mit Kathryn Janeway konnten sie aus jeder noch so aussichtslosen Situation herauskommen und so waren auch die meisten überzeugt, dass sie letztlich durch sie wieder einen Weg nach Hause finden würden. Sie konnte ihre Gegner mit einem Blick das Fürchten lehren. Oder bei Gelegenheit auch mal mit einem Queue. Seit sie nicht mehr an Bord war, hatte es keiner mehr geschafft, Tom Paris beim Pool zu schlagen. Ohne ernstzunehmende Konkurrenz hatte er sich schnell als unbestrittener Champion durchsetzen können. Und einige waren inzwischen versucht ihm sein "Ich-bin-unschlagbar"-Lächeln aus dem Gesicht zu schlagen. Überhaupt bewies niemand annähernd so viel Charme dabei, seine Gegner zu besiegen wie Kathryn Janeway. – Ohne ihren Scharfsinn, ihren Optimismus und ihre Sturheit, die manchmal das einzige war, das sie daran hinderte, sich auf dem nächsten schönen M-Klasse Planeten niederzulassen, war die Voyager einfach nicht dieselbe.

Und besonders die Gerüchteküche war um einige heiße Themen ärmer, sorgte doch das Kommandoteam, so sehr sie es auch zu vermeiden versuchten, für den meisten Klatsch.

Aber in etwas über einer Woche würden sie ja wieder an Bord sein. Endlich.

Und auch wenn er es als Vulkanier nicht zeigte, war Tuvok genauso erleichtert Captain Janeway und Commander Chakotay bald wieder an Bord nehmen zu können wie alle anderen.

Der Umgang mit der Crew erwies sich als schwieriger als erwartet und er hatte auf seine Weise Captain Kathryn Janeway, die er als Kommandantin schätzte und mit der ihm eine langjährige Freundschaft verband, und Commander Chakotay, einen Mann für den er über die Jahre grossen Respekt entwickelt hatte, vermisst. So sah auch er erwartungsvoll dem Zeitpunkt entgegen, an dem er das Kommando an Captain Janeway übergeben und wieder auf seinen gewohnten Posten zurückkehren könnte.

Nur an Kathryn Janeways Gefühlen bezüglich dieses Wechsels zweifelte er. Obwohl an der Logik von Botschafter Spock kein Zweifel bestand, als er das Wohl vieler über das weniger stellte, so stand doch ebenso außer Frage, dass sich dies in einigen Fällen für die Betroffenen als problematisch erweisen konnte. Tuvok fragte sich, ob dies hier der Fall sein würde.

Ihm war, wie dem Rest der Crew, die Anziehung, die zwischen dem Captain und ihrem 1.Offizer bestand, nicht entgangen.

Wochenlang von ihrem Schiff getrennt, als einzige auf einem sonst unbewohnten Planeten ohne Aussicht auf eine baldige Änderung dieser Situation war es durchaus möglich, dass der Captain ihren Gefühlen nachgegeben hatte. Wogegen, solange sie kein Captain war, auch keinerlei Protokoll bestand. Doch wenn sie wieder an Bord käme und das Kommando übernehmen würde, könnten sich aus einer eventuellen Beziehung Probleme ergeben.

Tuvok wusste, dass solche Spekulationen keine Relevanz hatten, weshalb er sich anderweitig produktiver betätigen sollte. Aber andererseits sah er sich hier einem nicht unwahrscheinlichen Szenario gegenüber und es war schließlich nur logisch zu versuchen, sich auf alle Eventualitäten so gut wie möglich vorzubereiten.

"Neelix an Captain Tuvok," wurden Tuvoks Überlegungen plötzlich unterbrochen.

"Tuvok hier. Wie kann ich Ihnen helfen, Mr. Neelix?"

"Könnten sie in die Messehalle kommen? Es ist wirklich sehr wichtig. – Es geht um die Party nächste Woche," erklang es aufgeregt aus dem Kommunikationskanal.

"Sind Sie sicher, dass in diesem Fall nicht Mr. Paris der geeignetere Gesprächspartner wäre?"

"Nein, Lieu– ähm, Captain." Ohne weitere Auskünfte darüber zu geben, was Tuvoks Präsenz so dringend erforderlich machte, schloss Neelix den Kommkanal. Als Mensch hätte Tuvok angesichts der Hartnäckigkeit des Talaxianers geseufzt, aber da er nun einmal Vulkanier war, begnügte er sich mit einer hochgezogenen Augenbraue und erhob sich aus dem Kommandosessel.

"Mr. Kim, Sie haben die Brücke."

"Aye, Sir," kam es auch schon gewohnt pflichtbewusst von Fähnrich Kim.

Tuvok betrat den Turbolift, gab sein Ziel an und beschloss seinen ursprünglichen Gedankengang, der von Neelix unterbrochen worden war, vorläufig nicht weiter zu verfolgen. Er konnte sich immer noch damit befassen, falls sich tatsächlich ein Problem ergeben sollte. Jetzt musste er zunächst einmal seinen Pflichten als derzeitiger Captain nachkommen.

Kaum betrat Tuvok die Messehalle, sah er seine Frage an Neelix, warum sich dieser nicht an Mr. Paris wendete, auch schon beantwortet. Die beiden standen in der Mitte des Raumes und stritten sich scheinbar schon länger lautstark, da sich inzwischen eine kleine Menschenmenge um sie gebildet hatte.

Die übrigen Umstehenden zunächst ignorierend, wandte sich Tuvok unbeirrt an die Streitenden: "Mr. Paris, Mr. Neelix." Mit seiner gewohnt ruhigen, aber bestimmten Art unterbrach Tuvok die beiden Opponenten, die bisher von seinem Eintreffen noch nichts bemerkt hatten.

"Würden Sie mir erklären, was hier vorgeht?" Und schon fingen die beiden Streithähne an gleichzeitig auf ihn einzureden. Für einen Moment erwog der Vulkanier die Sicherheit zu rufen und beide vorläufig in die Arrestzelle befördern zu lassen, wo sie sich beruhigen könnten. Dann entschloss er sich aber dagegen, da sich der Streit offenbar um die geplante Willkommensfeier für Captain Janeway und Commander Chakotay drehte und Tuvok die beiden kommandierenden Offiziere nicht bei ihrer Rückkehr mit einem Bericht über das unangemessene Verhalten zweier Führungsoffiziere belasten wollte. Also würde er Tom und Neelix zuerst die Chance zu geben, den Zwischenfall selbst zu erklären. Über eventuelle Disziplinarmaßnahmen konnte er auch später noch entscheiden.

"Ich erwarte Sie beide in 10 Minuten im Bereitschaftsraum. Sie können mir ihr Verhalten dann erklären. Und was alle anderen betrifft: Bitte kehren Sie auf ihre Stationen zurück," verkündete Tuvok.

Sofort begann die Menschenmenge sich aufzulösen. Für die meisten war die Mittagspause ohnehin inzwischen vorbei und die wenigen, die noch Zeit hatten, ließen sich wieder an ihren Tischen nieder und versuchten sich mit Neelix' neuester Kreation anzufreunden. Während sich fast alle inzwischen an seine ungewöhnlichen Hauptgerichte mehr oder weniger gewöhnt hatten, kostete es doch einige Überwindung den heutigen Nachtisch zu probieren: flambierte Flaboblagurken – ein erstaunlich süßes Gemüse, das der talaxianische Koch beim letzten Landurlaub erworben hatte – auf Leolamus. Wer durch den Namen noch nicht effektiv abgeschreckt war, dem verging garantiert der Appetit beim Anblick der lila Früchte auf dem dunkelbraunen Mus.

Es gab eine Zeit, da wäre ein solches Essen Grund genug für Tom Paris gewesen Streit mit dem selbsternannten Chefkoch anzufangen, aber zum einen hatte er sich unter Captain Janeways Kommando verändert und zum anderen war er mit Neelix befreundet seit die beiden gemeinsam auf dem "Höllenplaneten" festgesessen hatten. Auch wenn der Pilot von Neelix' Kochkünsten nicht immer begeistert war, so respektierte er ihn doch und so war es Tuvok auch ein Rätsel weshalb gerade die beiden so lautstark gestritten hatten. Gewöhnlich arbeiteten sie bei der Planung von Partys trotz aller Meinungsverschiedenheiten bemerkenswert erfolgreich zusammen. Es erstaunte Tuvok, dass sie gerade angesichts der zu erwartenden Rückkehr der kommandierenden Offiziere nicht all ihre Energie darauf konzentrierten, gemeinsam eine besonders beeindruckende Feier zu organisieren, sondern sie statt dessen verschwendeten, indem sie sich gegeneinander wandten. Aber Menschen handelten schließlich schon immer emotional und deshalb meist weit weniger logisch als Vulkanier. Von Talaxianern ganz zu schweigen.

Tuvok kehrte auf die Brücke zurück, überließ aber Fähnrich Kim das Kommando und zog sich in den Bereitschaftsraum zurück.

Wenige Minuten später erschienen Lieutenant Paris und Neelix und verschwanden ebenfalls ohne ein weiteres Wort, aber in sichtlich gedrückter Stimmung, im Bereitschaftsraum.

Harry Kim fragte sich, in was für Schwierigkeiten sich sein Freund schon wieder gebracht hatte. Zu gern hätte er B'Elanna oder die Delaneyzwillinge gefragt, ob sie wissen, was sich in der Messehalle ereignet hatte, aber als kommandierender Offizier musste er ein gutes Beispiel geben. Und so wartete Harry auf der Brücke ungeduldig darauf, dass seine Schicht endete. Dann würde er von Tom sicher erfahren, was los war. – Wenn es bis dahin nicht ohnehin das ganze Schiff wusste.

An Bord der Voyager konnte man wirklich nichts geheim halten. Auf einem Schiff mit 15 Decks und 148 Crewmitgliedern ohne regelmäßigen Kontakt zu einer Basis, zu Familien oder Freunden, die nicht an Bord stationiert waren, war die Privatsphäre auf ein Minimum reduziert. Man hatte keinen Zugang zu neuen Nachrichten von zu Hause und so musste man sich mit denen an Bord begnügen und seine eigenen Trends und Gerüchte kreieren. Und zuverlässig wie die Gerüchteküche auf der Voyager arbeitete, wusste inzwischen sicher jeder an Bord, was sich ereignet hatte. Nur er natürlich nicht. Andererseits, vielleicht war die ganze Sache ja auch gar nicht so interessant. Aber Harry wusste, dass auf diesem Schiff jede Kleinigkeit interessiert diskutiert wurde. Wenn sie nicht gerade in einen Konflikt mit irgendwelchen feindseligen Aliens steckten, von denen dieser Quadrant einen nicht enden wollenden Vorrat zu haben schien, oder ausnahmsweise auf eine freundliche Rasse trafen, gab es auf der Voyager eigentlich nichts Neues. Und so wurde jede kleine Nachricht so begeistert verbreitet, als würde es sich um die Nachricht des Jahrhunderts handeln.

Harry warf einen Blick auf die Zeitanzeige der Mittelkonsole und unterdrückte nur mühsam ein Seufzen. Nur fünf Minuten waren vergangen. Ihm kam es vor wie eine Ewigkeit. Er hob seinen Blick wieder von der Konsole und sah sich auf der Brücke um. Als er sich vergewissert hatte, dass ihn niemand beobachtete, ließ er seinen Blick zur Tür des Bereitschaftsraumes wandern, als könnte ihm diese verraten, was sich dahinter abspielte.

Doch während Harry sich draußen wunderte, was da hinter verschlossenen Türen vor sich ging, hätte Tom gerne sämtliche Replikatorrationen, die er in Abwesenheit des Captains beim Pool gewonnen hatte, zurückgegeben, um mit seinem Freund tauschen zu können. Ein entnervter Vulkanier – und Tom verstand wirklich nicht, wie Leute behaupten konnten, sowas gäbe es nicht – der Lektionen über Protokoll und das angemessene Verhalten von Führungsoffizieren erteilte, war nicht gerade seine Vorstellung von Spass.

"Mr. Neelix, Mr. Paris, ich muss sie wohl nicht darauf hinweisen, dass ihr Verhalten in der Messehalle, besonders unter Berücksichtigung ihrer Position auf diesem Schiff, höchst unangemessen war. Ich hätte von ihnen mehr erwartet." – Und das war nur der Anfang gewesen. Captain Tuvok hatte nach dieser Einleitung einen so spannenden und überaus lehrreichen Vortrag gehalten, dass Toms linker Fuß inzwischen eingeschlafen war.

Aber mal abgesehen von seiner Vortragsweise wusste Tom durchaus, dass der Vulkanier nicht unrecht hatte. Neelix und er hatten einen Streit gehabt. Und nicht nur das, sie hatten sich ausgerechnet zur Mittagszeit in der vollen Kantine angeschrien. Bei aller Fairness musste man zugeben, dass zwei Männer in ihrem Alter in der Lage sein sollten, sich besser zu beherrschen.

Doch irgendwie hatten sie beide bisher keinen guten Tag gehabt und es wohl an einander ausgelassen. Er selbst hatte eine Doppelschicht hinter sich, auf der Brücke und dann in der Krankenstation, wo ihm der Doktor nahezu den letzten Nerv geraubt hatte, und Neelix litt unter einer Meinungsverschiedenheit, die er mit Kes heute Morgen gehabt hatte, und der wenig begeisterten Reaktion der Crew auf seine neueste Kreation. Vermutlich wäre es klüger gewesen, ihre Partyplanung auf später zu verschieben, wenn sie beide besser drauf gewesen wären. Vielleicht bei einem Bier oder einem von Sandrines französischen Weinen auf dem Holodeck nach ein paar Stunden Schlaf für ihn und nachdem Neelix mit Kes gesprochen hatte? Tom wurde aus seinen Gedanken gerissen, als er bemerkte, dass jetzt nicht mehr Tuvok, sondern Neelix sprach.

"...und dann waren wir unterschiedlicher Meinung über das Holodeckprogramm, dass wir für die Willkommensparty für Captain Janeway und Commander Chakotay kreieren wollten. Und da Sie den Captain doch schon so lange kennen, Mr. Tuvok, dachte ich, dass Sie uns bestimmt beraten könnten, welche Art von Programm dem Captain gefallen würde. Doch dann fingen wir an uns zu streiten, noch bevor Sie kamen. Ich habe wohl etwas gereizt reagiert und – "

"Es war genauso meine Schuld. Ich war müde, gereizt und habe überreagiert," schaltete sich Tom ein. Neelix stand neben ihm und sah aus, als wolle er im Boden versinken. Tom beschloss, dass es an der Zeit war, diesen dämlichen Streit endgültig zu beenden und wandte sich an ihn: "Neelix, ich möchte mich entschuldigen. Es tut mir wirklich leid. Ich war ein ziemlicher Idiot."

Einsicht ist der erste Weg zur Besserung, hatte seine Mutter immer gesagt. Und Tom Paris war während der letzten zwei Jahre zu einer Menge Einsichten gelangt. Dass es keine Schande war, einen Fehler zuzugeben war eine davon. – Und dass gute Freunde unersetzlich waren, eine andere. Das wurde ihm wieder einmal klar, als ihn der kleine Talaxianer ansah und meinte: "Schon gut, Tom, ich muss mich auch entschuldigen. Ich war verärgert und habe ebenso überreagiert. Verzeihen Sie mir?"

"Natürlich, Neelix." Und dann tat Tom Paris etwas, das wohl noch vor zwei Jahren er selbst und jeder, der ihn kannte, für unmöglich gehalten hätte. Er umarmte den talaxianischen Koch, der für ihn während der letzten Monate ein so guter Freund geworden war.

"Nachdem das geklärt wäre," meldete sich Tuvok, den die beiden Freunde fast vergessen hatten, wieder zu Wort, "schlage ich vor, dass Sie sich ausruhen bzw. ihre sonstigen persönlichen Probleme lösen. Da Sie sich beide so einsichtig zeigten und kein ernsthafter Schaden entstanden ist, werde ich diesmal auf einem Vermerk in ihrer Personalakte verzichten. Aber rechnen Sie nicht mit meiner Nachsicht, falls sich ein solcher Vorfall wieder ereignet."

"Danke, Captain, wir wissen ihre Großzügigkeit zu schätzen," beeilte sich Neelix zu versichern, der sich als erster von dem Schrecken erholte, dass der sonst so pflichtbewusste Vulkanier auf eine weitere Disziplinierung verzichten wollte. Beide hatten sich im Gedanken schon auf gestrichene Holodeckzeit und ein paar Extraschichten in der Krankenstation eingestellt.

"Ach, und Mr. Vulkanier?"

"Womit kann ich Ihnen noch helfen, Mr. Neelix?"

"Weshalb ich Sie ursprünglich gerufen hatte. – Können Sie uns vielleicht sagen, was für eine Art Holoprogramm dem Captain gefallen könnte? Wir haben die Datenbank durchgesehen, aber sie verbrachte nur sehr wenig Zeit auf dem Holodeck und spielte, wenn sie sich mal die Zeit nahm, meistens Holodeckromane. Nichts davon lässt sich für unsere Willkommensparty verwenden. Und leider sind auch die Programme des Commanders für unsere Zwecke ungeeignet."

"Ich bin mir nicht sicher, ob ich in diesem Fall als Berater geeignet bin."

"Aber Tuvok, kommen Sie, Sie kennen Captain Janeway länger und besser als irgendjemand sonst an Bord. Wo hält sie sich gerne auf, wenn sie sich mal entspannen will? Wo geht sie hin, um etwas abzuschalten? – Diese viktorianischen Gemäuer aus ihren Romanen sind zwar ganz schön, aber doch etwas düster. Wir wollen schließlich keine Halloween-Party feiern! – Obwohl, welches Datum haben wir nach dem alten Kalender der Erde eigentlich?" Tom begann im Gedanken schon den großen Saal mit Kerzen und ausgehöhlten Kürbissen zu dekorieren.

"Was Tom sagen will, ist Folgendes," griff nun Neelix hilfreich ein. "Wir möchten, dass es eine fröhliche Party wird, auf der sich der Captain und der Commander wohl fühlen. Sie sollen sehen, dass wir sie vermisst haben und froh sind, dass sie wieder an Bord sind. Zuerst dachten wir ja, ein riesiges "Willkommen zu Hause"-Banner -," Neelix verstummte, als er die hochgezogene Augenbraue des Vulkaniers sah und fuhr zögernd fort: "Jedenfalls wollen wir eine ganz große Party für sie veranstalten."

"Ich bin mir nicht sicher, ob ich Ihnen den Rat geben kann, den Sie suchen." Tuvok, der inzwischen im Sessel des Captains hinter dem Schreibtisch Platz genommen hatte, blickte nachdenklich zu Neelix und Tom, die ihn beide erwartungsvoll ansahen. "Obwohl Ihre Absichten sicherlich lobenswert sind, glaube ich, dass Ihr Problem darauf beruht, dass Sie die Angelegenheit von der falschen Seite betrachten. Sie sagten, dass sie die Party für sie – Captain Janeway und Commander Chakotay – veranstalten wollen. Dennoch scheinen Sie bei Ihrer bisherigen Planungen die Sichtweise der beiden nicht in Erwägung gezogen zu haben. Vielleicht wäre ihnen eine Feier wie Sie sie planen unangenehm."

"Wollen Sie uns sagen, wir sollten auf eine Party verzichten? – Das kann doch nicht Ihr Ernst sein, Tuvok."

"Ganz und gar nicht, Mr. Paris. Ich schlage lediglich vor, dass Sie berücksichtigen, was der Captain und der Commander bei unserer Rückkehr empfinden könnten. Bitte bedenken Sie, sie erwarten nicht, dass wir zurückkommen. Sie haben sich inzwischen zweifellos darauf eingerichtet, den Rest ihres Lebens auf diesem Planeten zu verbringen. Ihre Rollen als kommandierende Offiziere gehören für sie der Vergangenheit an."

"Sie meinen, dass sich die beiden vielleicht nicht ganz so über ihre Rückkehr freuen wie wir." Neelix sprach mit einer, für ihn ungewohnt ruhigen Stimme.

"Während der ganzen Zeit, in der wir uns darüber freuten, ihnen ihr altes Leben wiedergeben zu können, habe wir nicht einmal daran gedacht, dass wir ihnen dabei ihr neues Leben nehmen." Auch Tom klang plötzlich seltsam ruhig, fast ein wenig deprimiert.

"Nun, meine Herren, das ist sicher ein Punkt, aber worauf ich eigentlich hinaus wollte war, dass sie sich nicht mehr länger als kommandierende Offiziere betrachten. Es wird eine Weile dauern, bis sie sich wieder an ihre Rollen gewöhnen. Vielleicht wäre es darum besser, wenn Sie nicht den Captain und den Commander, sondern Kathryn Janeway und Chakotay auf ihrer Feier begrüssen würden. –

Als Programm für ihre Feier würde ich deshalb etwas weniger Spektakuläres vorschlagen, das beiden die Möglichkeit gibt, sich an die neue Situation zu gewöhnen."

"Vielleicht sollten wir gar nichts Neues suchen, sondern ein Programm nehmen das beide kennen. Wir haben so viele Abende alle zusammen im Sandrines verbracht, wenn wir es etwas umprogrammieren..." Tom dachte bereits über verschiedene Szenarien nach.

Tuvok schaltete sich darauf wieder ein. "Das scheint mir eine gute Idee zu sein. Wenn das dann alles war? – Wegtreten."

~~~

Sie schien so unbeschwert zu sein. Lachte so viel. Er hatte sie nie so lachen gesehen wie auf New Earth. Captain Janeway hatte sich meist nur ein Lächeln erlaubt. Manchmal ein kurzes Lachen. Aber nie so wie hier. Kathryn Janeway konnte sich ausschütten vor Lachen. Und hier lachten und scherzten sie oft zusammen. Viel ausgelassener als an Bord der Voyager.

Gerade gestern hatten sie ihr Gemüsebeet angelegt und er sagte etwas darüber, wie die Crew auf diesen Anblick wohl reagieren würde. Captain Kathryn Janeway im ärmellosen T-Shirt und Shorts, stand mit einer Schaufel barfuß mitten in dem kleinen Feld, das sie beide gerade umgegraben hatten. Was genau er gesagt hatte, wusste Chakotay nicht mehr. Er war von ihrem Anblick einfach viel zu abgelenkt gewesen. Obwohl er sie schon nur mit einem Handtuch bekleidet gesehen hatte, nachdem sie aus der Badewanne gestiegen war, als sie zum ersten Mal Bekanntschaft mit dem kleinen Affen machten, fiel es ihm schwer sie nicht anzustarren. Das Shirt war ziemlich dünn und klebte nach der anstrengenden Arbeit geradezu an ihrem Oberkörper und die kurzen Hosen erlaubten einen bemerkenswerten Blick auf ihre schlanken Beine. Schöne Beine. Ihre Hände und Füße waren voller Erde und sie hatte sogar einen braunen Erdstreifen im Gesicht. Wahrscheinlich hatte sie versucht, eine der Strähnen, die sich aus ihrem Zopf gelöst hatten und ihr nun ins Gesicht hingen, zurückzustecken. Sie wirkte so unbekümmert. Ganz anders als Captain Janeway, die so viel Verantwortung trug und sich fortwährend Sorgen machte. Kathryn strahlte ihn an und brach in schallendes Gelächter aus, bis sie sich, nach Luft schnappend, den Bauch hielt.

Sie sah wunderschön aus. So glücklich, frei, wie ein Vogel, der aus einem Käfig gelassen worden war.

Er war von ihr verzaubert. Natürlich nicht erst von diesem Augenblick an, aber in Momenten wie diesen hätte er sich immer wieder neu verlieben können. Kathryn Janeway war eine schöne Frau. Vielleicht versuchte sie mit ihrer Uniform und der strengen Frisur als Captain darüber hinweg zu täuschen, aber jeder, der sich einen Augenblick nahm, um sie kennenzulernen, musste einfach ihrem Charme erliegen. Dieser Umstand war ihnen schon manches Mal während der letzten zwei Jahre zu gute gekommen.

Nicht wenige der offiziellen Vertreter ihres Planeten hatten sich wesentlich zugänglicher gezeigt, nachdem Kathryn sie erst einmal um den kleinen Finger gewickelt hatte. Aber ganz egal, wie sehr sie sich auch um sie bemüht hatten, Kathryn hatte es immer beim Flirten belassen. Chakotay war froh darum, denn er wusste nicht, wie er damit umgegangen wäre, wenn sie eine der Einladungen, die Nacht auf dem Planeten zu verbringen angenommen oder noch schlimmer, sich ernsthaft verliebt hätte. Trotzdem hatte Chakotay seine Eifersucht nur mit Mühe verbergen können, wenn mal wieder einer dieser verlogenen, schleimigen und nicht selten korrupten – ok, sicher waren nicht alle so, aber wie könnte er objektiv sein, er hasste diese Typen einfach – Regierungsvertreter versuchte, mit Kathryn etwas mehr als nur diplomatische Kontakte zu knüpfen. Wann immer er das bemerkte, hatte Chakotay versucht einzugreifen, um Kathryn aus den Klauen dieser widerlichen Kerle zu befreien.

Wie dem auch war, dies alles gehörte ja nun der Vergangenheit an und er war auf diesem Planeten mit Kathryn gestrandet. Er wollte gar nicht daran denken, wie es wäre, hier mit jemand anderem festzusitzen. Wie hätte er damit umgehen können, wenn sie mit der Voyager weiter geflogen und für immer von ihm getrennt gewesen wäre? Nein, so sehr er auch bedauerte, den Alpha Quadranten nie wieder zu sehen, es konnte ihm einfach nicht leid tun, mit ihr hier gestrandet zu sein.

Was er ihr an jenem Abend vor inzwischen fast einer Woche erzählt hatte, entsprach der Wahrheit. Bis er Kathryn Janeway kennengelernt hatte, war ihm die wahre Bedeutung von Frieden nie klar gewesen. Er hatte keinen Frieden gekannt, weil er selbst nie zufrieden war.

Er war immer zerrissen gewesen. Zwischen Tradition und Moderne, zwischen zwei Kulturen, zwischen seiner Familie und der Sternenflotte, dann zwischen der Sternenflotte und dem Maquis – und selbst als er Mitglied des Maquis wurde, konnte er keine Zufriedenheit verspüren. Außer im Kampf, wie er Kathryn sagte. Aber selbst dann, war dieses Gefühl nur von kurzer Dauer. Bis es wieder von der Wut auf die Cardassianer, die seinen Planeten zerstört und seine Familie, Verwandte getötet hatten, verdrängt wurde. Eine schier unendliche Wut, die keine Rache je stillen konnte. Bis sie im Delta Quadranten strandeten. Bis er Kathryn Janeway traf.

Und er verliebte sich.

Hals über Kopf.

Rettungslos.

Natürlich war ihm dies damals nicht sofort klar gewesen. – Oder eigentlich doch. Er konnte der Wahrheit zu diesem Zeitpunkt nur einfach noch nicht ins Gesicht sehen. Da stand er nun, der wütende Maquis-Captain, der um die Freiheit und das Überleben der Kolonien kämpfte. Von der Sternenflotte als Terrorist gesucht, von den Cardassianern als Kämpfer des Widerstands verachtet. Und sie war geschickt worden, um ihn zu jagen und gefangen zu nehmen.

Nicht, das ihr das nicht gelungen war.

Er war vom ersten Augenblick in ihrem Bann. Und als sie sich zwischen ihn und Tom Paris stellte, an diesem schicksalhaften Tag, an dem sie sich zum ersten Mal begegneten, wusste er, dass es vorbei war. Als diese zierliche Frau, die erhobenen Hauptes die Uniform einer Organisation trug, die für ihn zum Feind geworden war, ihre kleine Hand auf seine Brust legte und ihn mit ihren blauen Augen ansah, war ihm klar, dass sie sein Leben verändern würde.

Und das tat sie dann auch. Sie legte sich mit den Kazon an und zerstörte die Station, um die Ocampa zu beschützen. Er zerstörte sein Schiff, um das Überleben der Voyager zu sichern und aus seiner und ihrer Crew wurde eine. Ihrer beider Crew. Und sie machte ihn zu ihrem 1.Offizier.

Von da an saß er Tag für Tag neben ihr auf der Brücke, sie lernten sich besser kennen, arbeiteten gut zusammen und wurden langsam Freunde. Sie flirteten häufig auf der Brücke, was natürlich nicht nur die Brückencrew amüsierte und die Schichten etwas kurzweiliger erscheinen ließ, sondern für Gesprächsstoff auf dem ganzen Schiff sorgte. Besonders zu Beginn war das nicht von allen gut aufgenommen worden, aber bald erkannten die meisten auf dem Schiff, dass Differenzen über die politische Situation im Alpha Quadranten hier im Delta Quadranten keine wirkliche Bedeutung hatten. Man begann einander zu akzeptieren, Freundschaften zu schließen und bald entwickelten sich auch die ersten Beziehungen.

Bedauerlicherweise hatte Kathryn mehr als deutlich gemacht, dass sie nicht zu jenen gehören würde. Sie war verlobt und würde alles tun, um zu Mark zurückkehren zu können. Jedenfalls war das zu Beginn ihr Standpunkt gewesen. Als sich die Monate hinzogen, ihr erstes Jahr vorbei war und immer mehr Zeit verging, ohne, dass sie einen Weg nach Hause fanden, sprach sie weniger von Mark. Schließlich gab sie sogar zu, dass er sie wahrscheinlich sowieso für tot hielt. Aber sie konnte es eben nicht wissen. Und dann war da noch ihr Status als Captain. Auch wenn sie es nie offen aussprach, so machte sie doch deutlich, dass sie zu diesem Zeitpunkt nicht mehr als Freunde sein könnten. Und so wie er Captain Janeway inzwischen kannte, war ihm klar, dass es an Bord wahrscheinlich lange gedauert hätte, bis sie sich über die Regeln hinweggesetzt hätte. Wenn überhaupt.

Doch jetzt waren sie allein auf diesem Planeten. Hier galten nur ihre eigenen Regeln.

Kathryns Verhalten ihm gegenüber hatte begonnen sich zu ändern, seit er ihr seine Legende erzählt hatte. Es waren nur kleine Dinge, subtile Änderungen, aber sie gaben Chakotay Hoffnung.

Er wusste, Kathryn würde noch etwas Zeit brauchen, um sich an die neue Situation anzupassen, aber er war sich nun sicher, dass sie seine Gefühle erwiderte. Und dieser Planet bot ihnen im Gegensatz zur Voyager die Möglichkeit diese auch auszuleben. Zum ersten Mal war er zuversichtlich, dass sie eine gemeinsame Zukunft haben könnten, in der sie mehr als nur Freunde sein würden.

Und er freute sich auf diese Zukunft. Er konnte es gar nicht erwarten, sie zur Gegenwart zu machen.

~~~

Tom und Neelix saßen an einem Ecktisch im Sandrines und widmeten ihre ganze Aufmerksamkeit der Planung der Willkommensparty für ihre kommandierenden Offiziere. Heute fühlten sich beide wesentlich besser als gestern. Tom war ausgeschlafen und nicht mehr so gereizt und auch Neelix war, nachdem er sich gestern Nachmittag mit Kes versöhnt hatte, wieder in gewohnt guter Stimmung.

So bemerkten sie auch gar nicht, dass Harry und B'Elanna, die bisher noch Pool gespielt hatten an ihren Tisch kamen.

"Tom, Neelix, immer noch mit Plänen für die Party beschäftigt?"

"Hey Harry, B'Elanna, setzt euch!"

Nachdem sie sich begrüßt und noch ein paar Worte über das Spiel, das B'Elanna gewonnen hatte, gewechselt hatten, erzählten sie den Freunden, was sie bisher geplant hatten.

"Wir sind uns noch nicht so ganz sicher, aber wahrscheinlich werden wir einfach das Sandrines etwas umbauen," meinte Tom.

"Ja, der Innenraum wird etwas verkleinert und dafür erweitern wir das Programm um eine Außenanlage. Wir dachten, eine große Terrasse wäre eine gute Idee. Vielleicht könnten wir eine von diesen großen, breiten Treppen hinzufügen, wie sie alte Villen früher auf der Erde hatten, die dann in den Garten hinunter führt. Dort sollte ein Teich mit einigen Bänken hin, die durch Hecken oder Bäume etwas voneinander getrennt sind."

"Wir sind uns allerdings noch nicht sicher, ob wir auch die Tanzfläche und das Buffet nach draußen verlegen sollen. Was meint ihr?"

"Also, ich bin dafür. Wir kennen das Innere dieser Bar inzwischen sicher gut genug und – " Der rote Alarm und Tuvoks Stimme, die durch das Kommsystem kam, unterbrach B'Elanna.

"Alle Mann auf ihre Stationen."

Als Tom und Harry die Brücke betraten, sahen sie mit einem Blick auf den Hauptbildschirm, was den Alarm ausgelöst hatte.

Es zeigte sich eine riesige Anomalie. Unaufhaltsam breiteten sich die blauen und grünen Farben auf dem Bildschirm aus, während die Sterne mit dem Rest des Universums von der Anomalie aus dem Blickfeld verdrängt wurden.

Ein faszinierender Anblick. Aber, wenn sie keinen Weg fanden, sich ihrer Gravitation zu entziehen, wahrscheinlich der letzte ihres Lebens. Toms Hände flogen über die Steuerungskontrollen, während Harry versuchte die Daten der Anomalie zu analysieren und Tuvok weiter Befehle in alle Richtungen gab.

Doch so schnell die Crew der Voyager auch reagierte, die Anomalie war schneller. Sie war scheinbar aus dem Nichts aufgetaucht und ließ sich ihre Beute nicht mehr entreißen. So verzweifelt die Voyager auch kämpfte, sie hatte diesmal keine Chance gegen den übermächtigen Gegner.

Entsetzt musste die Brückencrew beobachten, wie ihr Schiff in die Anomalie hineingezogen wurde. Die Voyager wurde geschüttelt und umhergeschleudert als wäre sie nicht mehr als ein kleines Spielzeugschiff in einem Hurrikane.

Nach einer scheinbaren Ewigkeit fand sich die Voyager im normalen Raum wieder.

"Mr. Kim, Bericht." Tuvok, der sich vom Boden erhob und in seinen Sessel zurückzog, reagierte als erster.

"Wir.. ich.. – ," Harry starrte völlig fassungslos auf seine Anzeigen.

"Wo befinden wir uns, Fähnrich?" Da der junge Offizier sich offenbar noch nicht wieder völlig gefangen hatte, beschloss Tuvok seine Fragen nacheinander zu stellen.

"Um, Sir, ich glaube die Frage ist weniger, wo wir uns befinden, als wann." Dies brachte Harry nicht nur eine hochgezogene Augenbraue von Tuvok, sondern verblüffte Blicke von der gesamten Brückencrew ein.

"Könnten Sie ihre Aussage präzisieren?" fragte der Vulkanier äußerlich so ruhig wie immer.

"Wenn meine Anzeigen korrekt sind," Harry schluckte, "dann befinden wir uns ungefähr 28 Jahre in der Zukunft...."

ENDE TEIL 1

FORTSETZUNG FOLGT