A/N:
Die Geschichte enthält leidenschaftliche Szenen, aber ohne obszöne Sprache oder Gewalt.
Für Leser ab ca. 16 Jahren geeignet.
Und nun wünsche ich Euch viel Spaß beim Lesen und freue mich auf einen Kommentar.
Kapitel 1
1
Sie träumte.
Sie war sich ziemlich sicher, denn mehrere Dinge sprachen dafür. Der Garten sah anders aus, als sie ihn kannte. Der Strauch mit den gelben Rosen war letztes Jahr eingegangen, das wusste sie genau. Ein seltener Schädling hatte in befallen, und der Gärtner hatte kein Gegenmittel gefunden. Und die Bank, auf der sie saß... die stand jetzt auf der anderen Seite des Brunnens, unter der Linde, die im Sommer Schatten bot.
Sie schaute zum Himmel. Die Wolken sahen wie weiche Federkissen aus, die sich grau vom Blau des Himmels abhoben. In einer Wolke war ein rundes Loch, durch das die Sonne schien. Wenn sie diese Wolke betrachtete, schienen die anderen sich schnell zu bewegen. Als sie jedoch zu den anderen Wolken schaute, standen sie still.
Sie betrachtete ihre Hand.
Wieviel Finger habe ich?
Sie bemühte sich, sie zu zählen, aber es wollte ihr nicht gelingen. Waren es fünf? Oder vielleicht sechs? Es schienen mehr als fünf zu sein, aber die genaue Anzahl konnte sie nicht erkennen.
Sie beschloss, einen letzten Test zu machen. Langsam erhob sie sich von der Bank und breitete ihre Flügel aus. Mit einem kraftvollen Schlag erhob sie sich in die Luft. Ein weiterer Schlag brachte sie hoch empor, über den Wipfel der Linde. Als sie nach unten schaute, sah sie sich selbst dort unten auf der Bank sitzen. Sie war nicht allein.
Dies bestätigte ihre Vermutung endgültig. Sie wusste, dass sie träumte, denn die Frau, die auf der Bank neben ihr saß, war schon lange tot. Aber warum war sie dann hier?
Und warum bin ich überhaupt hier?
Sie war wieder unten auf der Bank und wandte sich zu der Frau neben ihr. Blutrote Augen begrüßten sie in einem schönen, freundlichen Gesicht. Das Gesicht ihrer Mutter.
"Impa, mein Liebling", sagte sie lächelnd und strich ihr eine weiße Haarsträhne aus dem Gesicht. "Hab keine Angst."
"Du bist in meinem Traum", sagte Impa.
"Ja, das bin ich."
"Aber warum? Es ist etwas geschehen, nicht wahr?"
"Nein, noch nicht."
"Dann... wird etwas geschehen?", fragte Impa besorgt. "Etwas Schlimmes?"
"Ja, mein Liebling", sagte ihre Mutter, "aber noch nicht jetzt. Und es wird vielleicht auch überhaupt nicht geschehen, wenn es uns gelingt, die richtigen Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen."
"Aber wie kommt es, dass sie dich geschickt haben? Sonst war es immer Ranalla, die Erste der Sheikah. Sie gab mir immer die Anweisungen..."
"Ah, mein Liebling", sagte ihre Mutter, und ihr Gesicht wurde etwas ernster. "Du weißt ja, dass eigentlich niemand mich geschickt hat. Mein Bild ist in dir drin, in deinem Erbe. Die Aufgabe, die dich erwartet, ist jedoch von sehr persönlicher Natur, und dein Unterbewusstsein hat diese Möglichkeit gewählt, um dich daran zu erinnern."
Impa nickte.
"Was muss ich tun?", fragte sie.
"Wir sind die Bewahrer der Zukunft und der Vergangenheit, meine Tochter. Du weißt, dass die beiden sich gegenseitig beeinflussen, und dass wir manchmal Dinge tun müssen, die erst in ferner Zukunft ihre Auswirkungen haben. Es war deine Aufgabe, die Zeitlinie des Dämons zu beenden und den Schatz in der neuen Zeitlinie zu beschützen. Du hast diese Aufgabe sehr gut gemeistert und dadurch erreicht, dass die nächste Phase der Bedrohung erst in ungefähr tausend Jahren eintreten wird. Für diese Phase werden jedoch neue Bewahrer benötigt, und deshalb müssen wir jetzt schon handeln. Da du die letzte von uns bist, obliegt es dir, unseren Stamm weiter zu tragen."
Impas Augen wurden weit vor Staunen.
"Mir? Aber wie kann ich allein... Mein Gefährte..."
Ihre Mutter schüttelte den Kopf. "Keine Angst, mein Liebling. Du bist eine Sheikah. Dein Erbe ermöglicht es dir, auch ohne einen Gefährten einen neuen Stamm der Sheikah aufzubauen. Ich bin hier, um dich auf deine neue Aufgabe vorzubereiten und dir die Informationen zu geben, die du benötigst."
Tausende von Fragen drängten sich in Impas Geist, und sie wollte sprechen, aber sie wusste nicht, wo sie anfangen sollte. Ihre Mutter streichelte sanft ihre Wange und lächelte wieder.
"Ich weiß, dass du viele Fragen hast", sagte sie. "Ich werde sie beantworten. Aber höre mir erst zu."
Impa nickte und atmete tief ein, bereit, das Wissen zu empfangen.
"Wir Sheikah", begann ihre Mutter, "sind ein besonderes Volk. Wir sind Menschen wie die Hylianer, aber unsere Rasse hat durch gezielte Zucht und Auslese bestimmte Fähigkeiten erlangt, die andere menschliche Rassen nicht besitzen. Sie ermöglichen es uns, sogar aus einem einzelnen Individuum immer wieder ein neues Volk wachsen zu lassen.
Unser Erbe wird in unseren Nachkommen immer dominant weiter gegeben. Es können zwar Generationen auftreten, in denen die Merkmale nicht sichtbar sind, aber sie sind vorhanden und setzen sich fort.
Aber", fuhr ihre Mutter fort, "es gibt noch eine andere Eigenschaft, von der ich dir erzählen muss. Jede Frau der Sheikah ist in der Lage, mehrere ihrer Eizellen gleichzeitig reifen zu lassen, wenn sie das möchte. Wenn sie alle gereiften Zellen innerhalb einer kurzen Zeit befruchten lässt, kann sie mehrere Kinder gleichzeitig austragen, obwohl wenige unserer Frauen mehr als zwei Kinder zur gleichen Zeit ausgetragen haben. Wir können sogar bestimmen, ob aus den befruchteten Eiern männliche oder weibliche Kinder werden sollen."
Ihre Mutter machte eine Pause, um Impa Zeit zu geben, diese Informationen aufzunehmen. Dann sprach sie weiter:
"Du siehst also, mit Hilfe dieser Fähigkeiten sollte es kein Problem sein, ein neues Volk entstehen zu lassen."
Impa überlegte, was dies für sie bedeutete.
"Du meinst also..."
"Ja, meine Tochter", nickte ihre Mutter. "Du wirst selbst Mutter werden."
2
Impa betrachtete ihre Hände. Sie war es gewohnt, immer wieder zu prüfen, ob sie sich in der Realität befand, doch die Anzahl ihrer Finger war immer noch nicht erkennbar. Diesmal schienen es weniger als fünf zu sein. Ihr Geist strengte sich an, sie zu zählen...
Zwei weitere Hände kamen zu ihren und ergriffen sie. Es waren warme, schlanke Hände, deren vertraute Berührung sie beruhigte.
"Ich weiß, dass es eine große Aufgabe ist, mein Liebling. Aber ich bin mir sicher, dass du sie ebenfalls meistern wirst."
Impa nahm einen tiefen Atemzug. Ihre Mutter drückte ihre Hände sanft.
"Zum Schluss, mein Kind, möchte ich dir noch die wichtigste Information von allen geben."
Impa schaute auf. Was sie bisher gehört hatte, war schon überwältigend. Was konnte denn noch kommen?
"Wir sind ein sehr langlebiges Volk. Du selbst bist schon älter als jedes andere Wesen auf der Welt, und du wirst noch einige Jahrhunderte leben. Deine Kinder müssen jedoch noch länger leben als du. Um dies zu gewährleisten, ist es wichtig, dass ich dich in das größte Geheimnis der Sheikah einweihe: Das Geheimnis unseres langen Lebens."
Ein weiches Lächeln trat in die Züge ihrer Mutter, als ihre Augen für einen Augenblick in die Ferne glitten, wie in längst vergangenen Erinnerungen verloren. Dann kehrten sie zurück zu Impa.
"Du weißt ja, wenn zwei Gefährten sich finden, verbindet sich ihre Magie und schafft eine liebevolle Bindung zwischen ihnen, die ihr ganzes Leben lang hält."
Impa nickte und ihre Mutter sprach weiter.
"Dadurch werden die Umstände geschaffen, die den Kindern dieses Paars ein langes Leben garantieren. Da du deinen Gefährten verloren hast", fuhr sie fort, "und es keine weiteren Sheikah außer dir gibt, müssen wir versuchen, diese Umstände auf andere Weise zu schaffen. Um den Kindern ein langes Leben zu ermöglichen, muss nämlich eine bestimmte Bedingung bei ihrer Empfängnis erfüllt sein..."
Ihre Mutter schaute sie mit einem liebevollen Lächeln an.
"Die Väter deiner Kinder müssen in dich verliebt sein. Sie müssen deinen Wunsch freiwillig, gerne und bewusst erfüllen. Sonst wird es nicht funktionieren."
Impa warf ihrer Mutter einen trockenen Blick zu. "Aber..."
Doch ihre Mutter hob einen Finger, um sie zum schweigen zu bringen.
"Noch viel wichtiger ist jedoch, dass du selbst in die Väter deiner Kinder verliebt bist. Je mehr du dich in dem Augenblick der Empfängnis zu ihnen hingezogen fühlst, je mehr Liebe du für sie empfindest, desto mehr Lebenszeit wirst du deinen Kindern mitgeben. Weißt du... es ist nämlich so..."
Bei diesen Worten löste sich eine Träne aus ihren Augen, die im unwirklichen Licht der geträumten Sonne glitzerte.
"Nichts im Universum kann so viel Lebensenergie binden und weiter geben, wie die Liebe zwischen zwei Wesen. Ihre Anziehungskraft hält alles zusammen, sie ist das Leben selbst."
Impas Herz klopfte laut, als die Gedanken in ihrem Kopf durcheinander wirbelten. Ein gequälter Ausdruck trat ihn ihr Gesicht.
"Aber wie... wer... ich kenne niemanden..."
"Oh, aber das ist das kleinste Problem, meine Kleine", winkte ihre Mutter schmunzelnd ab.
Impa wurde neugierig. "Das kleinste Problem? Wie meinst du das? Ich habe niemals..." Sogar in ihrem Traum fühlte sie, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg und es erwärmte. Ein seltsames Ziehen strömte durch ihre Hände, als sie voller Aufregung überlegte.
Gibt es da jemanden?
"Es gibt in diesem Schloss zwei Männer, die dich verehren. Beide sind schon etwas älter, aber trotzdem sind sie viel jünger als du. Sie sind von ehrenhaftem Charakter, besitzen einen starken Körper und sind bei guter Gesundheit. Du musst sie finden."
Impa wollte Einwand erheben, aber wieder bat ihre Mutter sie mit einem erhobenen Finger um Geduld.
"Keine Sorge, die beiden Männer sind dir nicht fremd. Ich weiß es, denn dein Unterbewusstsein weiß es schon. Du wirst dich ihnen nähern und sie bitten, dir ein Kind zu schenken. Danach wirst du die Erinnerung an diese Episode aus ihrem Gedächtnis entfernen.
Niemand darf von deiner Schwangerschaft erfahren. In deinem Erbe ist der Plan enthalten, nach dem du dich richten wirst, um die Kinder auf die Welt zu bringen und sie zu ihrer Ausbildung zu führen."
Impa fühlte, wie ein bestimmter Bereich ihres Gedächtnisses sich öffnete und die Informationen freigab.
"Aber es bedeutet, dass ich das Schloss verlassen muss. Zelda... ich kann sie nicht einfach im Stich lassen..."
"Die Bedrohung ist vorbei. Der Schatz ist in Sicherheit, und sie haben ihren Sohn. Du kannst sie für einige Zeit allein lassen, um alles zu regeln."
Langsam nickte Impa und schaute gedankenverloren in die Ferne.
Die sanfte Hand ihrer Mutter an ihrer Schulter brachte sie wieder in die Situation zurück.
"Da diese Aufgabe nun für dich begonnen hat, kannst du mich in deinen Träumen immer rufen, wenn du mich brauchst. Ich wünsche dir viel Glück, mein Liebling."
Impa ließ sich von ihr umarmen, und dann sah sie, wie ihre Mutter ihre Flügel ausbreitete und hinauf flog, zu dem seltsamen Loch in den Wolken.
3
Der Morgen graute, als Impa die Augen aufschlug. Sie erinnerte sich an jede Einzelheit ihres Traums. Instinktiv breitete sie ihre Hände vor sich aus und zählte ihre Finger.
Zehn Finger. Sie konnte sie genau zählen, vom ersten bis zum letzten.
Sie stand auf, zog ihren Kampfanzug an und trat auf den Gang hinaus, um das Schloss zu verlassen. Einige Dienstboten waren schon unterwegs und grüßten sie höflich.
"Guten Morgen, Madam Impa."
Impa nickte ihnen zu und ging zügig durch die Korridore, durch die Eingangstüren des Schlosses und die große Treppe hinunter. Auch die Wachen grüßten sie, und dann lief sie auch schon durch die Tore zum Schlossgelände und befand sich auf dem Weg nach Castletown. Sie lief über den Marktplatz, wo einige Händler schon ihre Stände aufstellten. Schon von weitem sah sie, wie die Zugbrücke hinunter gelassen wurde, und erreichte die Brücke genau in dem Augenblick, als sie den Boden berührte. Der Wachmann vor dem Tor salutierte und grüßte sie mit einem Lächeln.
"Guten Morgen, Meisterin Impa", rief er ihr zu.
Impa nickte und lief weiter in Richtung des Flusses. Es war ein ebener Weg, ohne große Hindernisse, und sie verfiel in einen lockeren Trab, während sie die frische, kühle Luft tief einatmete. Sie hatte den einfacheren Weg gewählt, denn sie wollte ihre Gedanken ordnen und die nächsten Schritte ihrer Aufgabe planen.
Fünfzehn Jahre lang hatte sie in der neuen Zeitlinie des Friedens den Schatz gehütet und beschützt, ihn ausgebildet und ihm alles mitgegeben, was er benötigte, um seinen Weg zu gehen. Sie hatte dafür gesorgt, dass er seine Kindheit und Jungendzeit zusammen mit Zelda genießen konnte und niemand ihre Liebe störte. Er war glücklich verheiratet mit der Prinzessin von Hyrule, hatte einen Sohn und gute Freunde, er war ein weiser und geduldiger König geworden, und Impa hatte ihre Aufgabe als erfüllt betrachtet. Und nun war ihre Mutter gekommen und hatte ihr die nächste Aufgabe übertragen.
Zwei Männer... Wen hat sie gemeint? Ich habe niemals etwas bemerkt... Oder bin ich im Laufe der Jahre so blind dafür geworden?
Impa wusste, das sie von allen Bewohnern des Schlosses respektiert wurde. Nicht alle mochten sie, aber alle zollten ihr den Respekt, den ihr Rang als langjährige Beraterin des Königshauses und Mitglied des Hohen Rates von Hyrule verlangte. Sie war es gewohnt, dass ihre Befehle ohne Widerrede ausgeführt wurden. Niemals hatte sie irgend jemanden um etwas gebeten. Und nun sollte sie zwei Männer finden, zwei Väter für ihre Kinder...
Wie soll ich sie finden? Sie haben doch alle Angst vor mir...
