Leben

1

Fast alle Mitglieder des Ordens hatten sich bei dem Weasley's versammelt. Nach dem Ende des Krieges war es das erste Mal, dass man sich in familiärer Runde traf.

Was man so Familie nannte, dachte sich Severus Snape. Er verstand wirklich nicht warum man ihn eingeladen hatte. Und warum war er überhaupt gekommen ?

Molly und Arthur saßen am großen Tisch und strahlten. Sie wollten eine gute Neuigkeit verkünden.

Arthur stand auf.

„Liebe Familie, liebe Freunde. Ich haben uns heute hier versammelt um bekannt zu geben, dass Harry und Ginny und Ron und Hermine heute eine Heiratslizenz beim Ministerium beantragt haben."

Obwohl man dies schon geahnt hatte, klatschten alle vor Freude.

Die beiden Paare lächelten sich an.

Hermine wäre es lieber gewesen, wenn ihre Eltern diesen Augenblick mit erlebt hätten. Schließlich war es so etwas wie ihre Verlobung.

Oder ?

Ron nahm ihre Hand.

Snape sah kühl in die Runde.

Warum hatte er sich das nur angetan?

Hermine Granger und Ronald Weasley waren nun wirklich kein Traumpaar. Und er konnte nicht glauben, dass er der einzige war, der das so sah.

Wie aufs Stichwort, klopfte es.

Alle drehten sich um als ein Bote des Ministeriums ins Zimmer kam.

Er überreicht Harry und Ron große Papyrusrollen.

„Das sind sicher die Lizenzen. Lest sie doch vor."

„Harry, nun mach schon."

Ginny konnte es gar nicht erwarten.

Theatralisch entrollte Harry das Papyrus.

„Lieber Harry Potter,

mit Freude stimmen wir Ihrer Verbindung mit Miss Ginerva Weasley zu. Wir wünschen Ihnen und Ihrer Braut alles Gute in Ihrem gemeinsamen Leben.

Unterzeichnet Minister für Familienpolitik!"

Ginny sprang auf und umarmte Harry. Die beiden küssten sich und wieder brandete Beifall auf.

„Und nun Ron."

Molly stupste ihren Sohn an.

„Lieber Mister Weasley,

mit Erstaunen haben wir Ihren Antrag zur Erkenntnis genommen."

Ron stoppte.

„Was soll das? Warum fängt mein Brief anders an?"

„Lies weiter."

„OK.

„Lieber Mister Weasley,

mit Erstaunen haben wir Ihren Antrag zur Erkenntnis genommen. Leider können wir die Verbindung mit Miss Hermine Granger nicht gut heißen. Wir sind sicher, dass Sie eine passendere Partnerin für Leben finden werden. Bis dahin verbleiben wir mit besten Wünschen Ihr Ministerium für Familienpolitik!"

„Mom."

Ron fing fast an zu weinen.

Arthur Weasley griff nach dem Brief. Er wollte nicht glauben was da stand.

„Ich werde mich beim Ministerium erkundigen. Molly, fang doch mit den Vorbereitungen fürs Essen an. Schließlich feiern wir doch eine Verlobung."

So gut es ging versuchten die anderen gute Laune zu verbreiten. Allerdings war es schwierig, denn Ron jammerte immer wieder vor sich hin.

Snape kümmerte sich allerdings nicht um ihn. Er suchte Hermine. An sie dachte wohl niemand.

Da saß sie. In einer Wohnzimmerecke und las den Brief des Ministeriums immer wieder. Allerdings breitete sich Wut in ihr aus.

Was bildete sich das Ministerium eigentlich ein?

Und warum hatte man sie nicht informiert?

Gerade in diesem Moment trat Severus Snape zu ihr heran.

„Miss Granger."

„Was?"

„Oh, ich wollte mich nur nach Ihrem Befinden erkundigen. Aber wie ich sehe …"

„Oh, was maßt sich das Ministerium an? Mir die Hochzeit zu verbieten", sprudelte es aus ihr heraus ohne Rücksicht auf Snape.

Dieser lächelte süffisant.

„Eigentlich hat man Ihnen die Hochzeit nicht verboten. Sie können jederzeit und jeden heiraten."

„Nur nicht Ron", beendete sie den Satz.

Snape nickte zustimmend.

„Aber warum ? In der Muggle-Welt kann ich heiraten wen ich will."

„Sicher, aber soweit ich informiert bin, gibt es dort auch Trennungen. Dies ist bei uns unüblich. Deshalb versucht das Ministerium schon vorher einzuschreiten."

Das konnte Hermine verstehen, aber warum sie? Sie harmonierte gut mit Ron. Beide kannten sich in- und auswendig.

„Miss Granger, darf ich fragen warum Sie Mister Weasley heiraten wollen? Sie sind doch beide noch sehr jung."

Hermine hatte lange darüber nachgedacht. Und ganz im Innern stimmte sie Professor Snape zu. Aber konnte sie ihm das wirklich sagen?

„Lieben Sie Ron?"

Hermine sah ihn an. Liebe ? Nein, es war eine tiefe Freundschaft, die die beiden verbannt.

Ihr Blick sagte Snape alles. Merkwürdig. Warum gab man in diesem Alter der Liebe keine Chance mehr?

„Ich …."

Sie konnte den Satz nicht mehr beenden, denn Ginny stürmte auf sie zu und umarmte Hermine.

„Du bist uns doch nicht böse? Wir wollten ja eine Doppelhochzeit machen, aber nun? Denkst du, dass Dad das Ministerium umstimmen kann."

Hermine sah zu Snape hinüber. Dieser schüttelte den Kopf.

„Nein. Aber man kann Einspruch erheben. Nur das dauert. Sie kennen das Ministerium, Miss Weasley. Darf ich Ihnen gratulieren? Sie passen gut zu Mister Potter."

Strahlend nahm Ginny Professor Snapes Glückwünsche entgegen.

Hermine fragte sich, ob Snape ihr ebenfalls gratuliert hätte.

2

20 Minuten später läutete die Glocke zum Essen.

Zuvor hatte Arthur mit Hermine und Ron gesprochen. Das Ministerium blieb bei seiner Meinung, aber als Vater wollte er seiner Tochter das Fest nicht verderben und er bat Ron und Hermine um Verständnis.

So lief das Essen in relativ entspannter Atmosphäre, eine normale Menge an Alkohol dazu bei.

Stunden später verabschiedeten sich die Gäste und nur noch eine kleine Gruppe blieb zurück.

Die Männer saßen vor dem Kamin und nippten an ihren Gläsern, als aus der Küche laute Stimmen ertönten.

Schließlich stürmte Hermine heraus, gefolgt von Molly und Ginny.

Die Männer sahen sich an.

Hermine blieb schließlich vor Professor Snape stehen.

„Professor, begleiten Sie mich nach Hogwarts?"

Der nickte nur.

„Aber Hermine, du bist hier zu Hause. Ron, sag doch etwas."

Doch Ron saß zusammengesunken in der Ecke. Er hatte seinen Kummer ertränken wollen.

„Nein, ich war hier als Rons Freundin und zukünftige Frau. Jetzt bin ich wieder Hermine Granger. Und ich will nach Hause. Nach Hogwarts."

Sie war den Tränen nahe. Sah das denn niemand?

Doch. Severus stand auf.

„Ich glaube heute Abend werden wir nicht weiterkommen. Ich werde Miss Granger nach Hogwarts begleiten. Kommen Sie."

„Danke Severus."

Dieser lies sich seine Überraschung nicht anmerken. Noch nie hatte Hermine Granger seinen Vornamen benutzt.

Hermine drehte sich um.

„Gute Nacht."

Die Freunde sahen ihr hinter her. Keiner wusste zu diesem Zeitpunkt, dass eine lange Zeit vergehen sollte bis sich alle wieder sahen.

3

Nur ein paar Sekunden vergingen und dann landeten beide vor dem Toren des Schlosses.

„Kommen Sie allein zurecht?"

Hermine stellte sich aufrecht vor ihn hin.

„Natürlich, Professor. Danke für Ihre Hilfe. Ich werde in meine alten Räume gehen."

„In Ordnung. Ich wünsche Ihnen trotzdem eine gute Nacht."

Ihre Wege trennten sich als sie durch das große Tor traten. Beide wussten, dass von einer guten Nacht keine Rede sein würde.

In seinen Gemächern angekommen, legte sich Severus nach einer kurzen Körperpflege ins Bett. Endlich konnte er in Ruhe nachdenken.

Nach dem Gewinn des Krieges gegen Voldemort hatte sich viel für ihn geändert. Er hatte sich geändert. Natürlich war er noch immer er selbst, aber er war offener geworden. Das betraf besonders Hermine Granger, denn sie hatte ihn gerettet. Ausgerechnet. Und in den letzten Monaten hatte er sie besser kennen gelernt und als Schülerin sah er sie auch nicht mehr.

Leider oder wunderbarer Weise. Snape hatte sich noch nicht entschieden was ihm lieber war.

Und nun musste er mit ansehen wie sie unglücklich war.

Vielleicht gelang es ihm, ihr zu helfen.

4

Und so bat er sie am nächsten Morgen in sein Büro.

„Miss Granger, Sie kennen mich gut genug um zu wissen, dass ich keinem etwas schuldig sein möchte. Niemanden. Und nun dachte ich, dass ich Ihnen vielleicht helfen könnte. Wie auch immer Sie es nennen wollen."

Er räusperte sich.

„Sie haben gestern gesagt, dass Hogwarts Ihr zu Hause ist."

Hermine nickte.

„Wollen Sie wirklich hierher zurückkehren ?"

„Natürlich. Ich kann hier lernen, als Assistentin arbeiten. Das ist schon immer mein Wunsch gewesen. Und Sie haben mir gesagt, dass ich Ihnen im Labor helfen kann. Gilt das nicht mehr?"

Tränen standen ihr in den Augen.

Snape trat zu ihr hin.

„Natürlich stehe ich dazu. Aber …."

„Was ? Sagen Sie es schon."

„Warum? Sie wissen es doch selbst. Es wird Sie nur wütend machen. Wenn Sie hier bleiben dann gelten Sie immer als Ex-Freundin von Ronald Weasley, man wird sagen, dass er Sie sitzen gelassen hat. Sie werden hier alt und grau werden und verkümmern und Sie werden unglücklich sein."

Hermine wusste, dass er Recht hatte.

Auch deshalb brach sie nach den ersten Worten in Tränen aus.

Ron gehörte zu den Pureblood-Familien, sie war für viele ein Mudblood. Nicht viel wert.

So ungern Hermine es zu gab. Sie hatte nichts zu erwarten, wenn sie hier blieb.

Aber wohin sollte sie gehen ?

Severus sah wie es in Hermine arbeitete. Sie würde zu den gleichen Ergebnissen kommen wie er. Hier hatte sie keine Zukunft.

Aber was interessierte ihn eigentlich Hermine Grangers Zukunft? Nichts.

Hermine drehte sich um.

„Ich werde die Zauberwelt verlassen."

Snape hatte nicht mit den Stich gerechnet, den dieser Satz in ihm auslöste.

„Das wäre das Beste", hörte er sich sagen.

„Ich höre ein aber. Severus, haben Sie einen anderen Vorschlag?"

Severus, schon wieder hatte sie ihn so genannt.

Warum nur ?

„Nein."

Hermine nickte.

„Ich auch nicht. Leider. Ich werde sofort packen. Bevor die ersten Zeitungen erscheinen."

Hermine schloß die Augen.

Genauso würde sie es machen. Niemand würde sie finden und nach einer Weile die Suche aufgeben.

„Ich helfe Ihnen", sagte Severus.

„Gern."

Die folgenden Stunden verbrachten die beiden damit Hermine's Sachen zu packen. Außerdem bat sie ihn mit den Weasleys zu sprechen.

Viele Kleinigkeiten, an denen sie hing, waren bei ihnen.

Dann war es soweit.

Schweigend gingen beide durch Hogwarts. Die große Tür öffnete sich und Hermine trat hinaus.

Nur nicht weinen, dachte sie. Keine Angst haben.

Bald war sie wieder ein normaler Mensch. Wie früher.

Nur ohne ihre Freunde.

Sie würde allein sein. Wie Severus Snape.

Er würde ihr fehlen. Merkwürdig.

Severus sah Hermine an.

Er bewunderte sie.

Ganz allein, ohne Angst würde sie fortgehen und ein neues Leben beginnen.

Irgendwie beneidete es sie um den Neuanfang.

Er wünschte …

Er könnte …

„Hermine."