Fathers Footsteps

Nachts

Es war eine tiefschwarze Nacht. Wolken verdeckten Himmel und Sterne. Der schwarze Bug teilte das Wasser in Totenstille...

*~*~*~*~

Nächster Tag

Kapitän Jack Sparrow trat aufs Deck der Black Pearl und atmete tief ein. Die morgendliche Seeluft prickelte auf seiner Salz überzogenen Haut. Es war schon ein reger Betrieb auf dem Schiff und er sah seinen Männern zu, wie sie ihre Arbeit mit erfahrener Genauigkeit ausführten. Er hatte drei Monate gebraucht, um eine gute Crew zusammenzustellen und manchmal hatte er gedacht, daß er unter diesen trunkenen, nach Schweiß - und manchmal nach widerlicheren Dingen - riechenden Gesocks keine seetaugliche Mannschaft finden würde. Doch seine Hartnäckigkeit hatte sich gelohnt. Jeder Posten besetzt.

Er schritt langsam über Deck, wohl im Wissen, daß jeder seiner Männer ihm mindestens einmal hinterher sah. Diese Männer würden sich erst an ihn als Kapitän gewöhnen müssen, doch sie wußten, wer der Chef war. Er ging zum Steuerrad. Der Mann der dort stand drehte sich nicht um. Statt dessen zeigte er Jack seine breiten Schultern, die so untypisch für solch alte, knochige Körper waren. Die mittellangen, seit langem nicht geschnittenen und etwas dünnen, grauen Haare wehten im Gegenwind des Schiffes. Die von Altersflecken gezeichneten Hände packten das Steuerrad mit fast jugendlicher Kraft.

"Was gibt es zu berichten, Maat?"

Der Mann blickte nicht zurück, aber mit ruhiger, bestimmter Stimme antwortete er:

"Poseidon ist uns hold, die See ist ruhig und dennoch haben wir guten Wind aus Süd Ost. Sogar Snore war heute Nacht einigermaßen auf den Beinen."

Jack lächelte an den Gedanken an den verschlafenen Piraten. Er hatte Mühe sich bei der Nachtwache zu bewähren, wodurch er sich seinen Namen selbst gemacht hatte. Allerdings war er jung und frisch, einigermaßen schlau auch - er konnte zumindest lesen - und ein loyaler Haudegen.

Er klopfte dem Mann vor ihm auf die Schulter.

"Gut, Marley. Ich werde dir eine Ablöse bestellen."

"Ich könnte noch den ganzen Tag dieses Prächtige Schiff lenken und leiten, aber gegen eine anständige Mahlzeit wäre ich in der Tat nicht abgeneigt."

Unter allen seinen Männern war dieser sicherlich der beste Fang gewesen. Marley war erfahren, auf der See, wie auch im Leben. Trotz seines Alters noch so kräftig wie ein 30 Jähriger. Und deshalb war er so wertvoll. Die Crew respektierte ihn und Marley wiederum respektierte Jack, was ihn zu einem hervorragenden ersten Maat machte.

So beordnete er einen seiner anderen Männer ans Steuer und er selbst ging zum Bug des Schiffes und lehnte sich auf die Reling.

* Irgendwann muß ich dir mal einen Besuch abstatten* dachte er bei sich und ein veschmitztes Grinsen zog über sein Gesicht.

*~*~*~*~

Nächste Nacht

Das Schiff machte seinen Weg völlig geräuschlos durch die sternlose Nacht. Schwarze Figuren standen fast bewegungslos an Deck und schauten gespenstisch über die See, als warteten sie. Die Tür zu den Kajüten des Schiffes öffnete sich mit einem leisen Quietschen. Die Figuren wandten den Blick, um. Aus dem Schatten trat eine dunkle Gestalt, die sich außerhalb zu ihrer vollen Größe aufrichtete. Zwei Meter hoch und mit Schultern so breit wie zwei Männer. Eine schwache Brise erhob sich und ließ den breiten Mantel flattern, um gleich darauf zu ersterben. Als er den ersten Schritt auf Deck setzte erbebte das Schiff und in der Ferne war leiser Donner zu hören. Die Gestalt bewegte sich auf den Bug zu und verharrte.

Vor ihnen schimmerten die Lichter Port Royals. Der Hafen lag dort, mit Nebel bedeckt. Die See war dunstig und Salz und Wasser schlugen sich an alles Glas. Eine der Figuren löste sich aus der Menge und nahm den Platz neben der riesenhaften Gestalt ein. Normalerweise wäre sie von normalem Wuchs eines Mannes, doch dort wo sie stand, nahm sie sich eher klein aus.

"Es ist so weit," bebte eine tiefe, gefährlich ruhige Stimme völliger Kontrolle. "Bald wirst du deinen Schützling wieder sehen."

Die Figuren wechselten in eifrige Beschäftigung und verteilten sich über das Schiff.

Es war ruhig...

*~*~*~*~

Ein Jahr später

"Macht die Leinen fest!" rief ein Matrose an Land anderen Männern zu und rannte selbst umher, um das neu angekommene Schiff zu vertäuen.

Es war ein frischer Vormittag und Port Royal in regen Treiben. Ein Fest stand bevor und viele Schiffe waren eingelaufen. Doch dieses war ein fremdes Schiff, an welches sich jedoch jeder Einwohner gut erinnerte. Die Black Pearl.

Sowohl an Bord, als auch an Land, arbeiteten alle am Anlegen.

Kaum Vertäut ließ man die Planke herab und die Leute an Land starrten nun auf den Kapitän, der sich anschickte von Bord zu gehen.

Kapitän Sparrow genoß die Aufmerksamkeit sichtlich. Erhobenen Hauptes mit stolzem Schritt verließ er das Schiff, seine Haare wild im Wind zappelnd. Seine dunkel umrandeten Augen beobachteten wie schwarz glitzernde Steine alles um ihn herum - die Matrosen mit ihren starken Oberarmen, die Gesichter in den Fenstern der Häuser, den Penner, der an einem Haus in einer Gasse lehnte.... sogar die zwei reizenden Dirnen, die sich nicht schämten, auch am hellen Tage ihrer Arbeit nachzugehen, ihm aber - nicht wie sonst anderen Männern - keine verlockenden Blicke zuwarfen. Jack ignorierte die Gaffenden Leute und packte den nächsten Matrosen, den er fassen konnte am Arm.

"Warum liegen hier so viele Schiffe? Es ist etwas ungewöhnlich, daß diese Insel von so viel Interesse ist."

Der Matrose sah furchterregt in Jacks Augen.

"Sir, ich... äh...." stotterte er bis er seine Überraschung überwunden hatte. "Die Heirat, Sir. Es wird ein großes Fest geben und es sind sehr viele geladen. Ich dachte... ihr seid aus diesem Grunde hier..."

Jack ließ ihn los und wandte sich um.

"Nein, leider nicht. Vielleicht hat sich meine Einladung auch nur in ein anderes Meer verirrt? Flaschenpost ist nicht die zuverlässigste Methode eine Nachricht... eine Einladung zu überbringen."

Der Mann entspannte sich gerade, als Jack sich abermals umdrehte.

"Wer heiratet?"

Der Mann zuckte zusammen, als erwarte er einen Schlag mitten ins Gesicht.

"Norrington, Sir."

Jack grinste...

"Norrington also, hm? Dann muß ich ihm wohl einen Besuch abstatten und mich beschweren, daß ich nicht geladen bin. Aber zuerst..."

Er ließ den verdutzten Mann stehen und machte sich auf den Weg.

"...zu jemand anderem."

*~*~*~*~

Jack erreichte das gastliche Haus und obwohl er sich alle Mühe gab, es zu verstecken, verriet sein federnder Gang seine Vorfreude auf das Wiedersehen. Doch je näher er der Schmiede kam, desto seltsamer kam es ihm vor, denn er erkannte Zeichen der Verwahrlosung. Das erste Stadium des Verfalls schien das Haus erreicht zu haben. Ein Fensterladen hing aus der Angel, das Holz eines anderen war gesplittert, Gras und Pflanzen wucherten ohne Zucht. Einige Ziegel waren vom Dach gefallen, zweifellos vom Wind der hier zuorts immer etwas heftiger war, wegen der Meerlage. Normalerweise leicht zu reparieren. Jacks Instinkt sagte ihm zwar, daß etwas nicht stimmte, aber die Schäden waren schon alt und daher konnte keine direkte Gefahr von hier ausgehen. Er klopfte. Die Tür sprang auf... unverschlossen. Der Kapitän zögerte. Das Schloß war im Eimer... aufgebrochen oder eingetreten. Er lugte in den Spalt, den die Tür nun freigegeben hatte. Nichts zu sehen. Langsam und vorsichtig schob er die Tür auf, während er mit der Rechten zu seiner Waffe griff. Ein leicht modriger Geruch kam ihm entgegen, der sich von feuchtem, faulen Holz bildete. Er trat in das dunkle Haus. Nur das Licht, welches durch die dreckigen Fenster drang, erhellte es. Der Boden quietschte bei jedem Schritt und Möbelstücke lagen kreuz und quer, mit Staub bedeckt. Ein Fenster war zerbrochen.

Jack erkannte, daß das Haus verlassen war und ging hinaus in die Schmiede. Auch hier wahrloses Durcheinander. Der Schmiedeofen mußte schon lange nicht mehr benutzt worden sein, denn Steine waren heraus gebrochen und er begann langsam zu zerbröckeln. Schwerter lagen unvollendet auf Arbeitstisch und Boden. Und an der Wand...