Alleinsein ist schwer

Orte und Personen hat sich JK Rowling ausgedacht. Ich verdiene hiermit kein Geld, ich beschreibe ausschließlich die Malfoy'sche Familienidylle, weil es mir Spaß macht. Die Malfoyregeln habe ich mir ausgedacht – aber wer hat das noch nicht min. einmal getan:)

Alleinsein ist schwer, auch für Narzissa. Draco muss in den Ferien auf sie aufpassen – und das kann er nicht wirklich gutheißen. Denn wie heißt es so schön im Malfoy-Reglement: „Ein Malfoy unterstützt und hilft einem anderen Malfoy, sofern dadurch nicht die eigenen Interessen zurückgedrängt werden, eine weibliche Malfoy ihre Reinheit an ein unreines oder muggel Blut verliert oder gegen eine andere Regel verstoßen wird."

1. Pudding mit Feuerwhisky

„Dracoschhhh … schhhh … schatzi, was würd ich nur ohne d-dich machen?", lallte sie und verwuschelte die Haare des Blonden, welcher genervt ein Stück weiter von ihr wegrückte und nun fast auf dem Rand der Couch saß.

Sie stützte sich auf ihren Ellenbogen ab und blickte ihn mit ihren rotunterlaufenen Augen an. „Ehrlich Draciii, du bist der Beste! Gib mir nen dicken … Schmatzer!"

Mit dem letzten Wort fiel ihr Kopf in die dicken Polster des Sofas, da ihre Arme nachgegeben hatten.

Draco stand auf und blickte alles andere als erfreut drein über die Person, die da so auf dem Sofa des Malfoy'schen Wohnzimmers lümmelte.

„Ich habe dir mindestens schon hundert Mal … ach was, tausend Mal gesagt, dass du den Feuerwhisky nicht verträgst!", sagte er mit belehrender Stimme zu der Frau, die viel älter war als er selbst.

Er griff nach der kristallnen Karaffe, die auf dem Beistelltischchen stand. In dem Moment quietschte Narzissa Malfoy und sprang auf. Auf allen Vieren kriechend kam sie zu Draco und umklammerte sein linkes Bein wie ein kleines Äffchen.

„Nein, Draci, bitteeee!", bettelte sie und schlang ihre Arme noch fester um das Bein ihres Sohnes. „Ich verspreschesch … verschbreches … versprechs dir! Ich will sie nnnur … nur anschauen, okay? Sie is doch sooo schön!""

Mit verträumtem Blick schaute die hellblonde Frau hoch in Dracos Gesicht, doch ihr Blick wanderte sogleich weiter zu dem Krug, den Draco in der Hand hielt. „Bitteee, Draciii … lass mir die Freude! Seit dein Vater nimmer da is … seit dein Vater nimmer da is …" Narzissa begann zu schluchzen.

Draco seufzte. Er wusste, was kommen würde. So ging es jetzt schon seit einer Woche.

Vor einer Woche war er aus Hogwarts heimgekehrt. Vor einer Woche hatte er den Dunklen Lord enttäuscht. Doch diese ewige Prozedur nervte ihn so sehr. Jedes Mal, wenn seine Mutter zu viel getrunken hatte, fing sie mit dieser Gefühlsduselei an.

Er und seine Mutter waren allein im großen Anwesen der Malfoys und Narzissa wusste nichts mit sich anzufangen. Lucius und somit seine Strenge und sein ständiges Verlangen nach Disziplin waren nicht da – und das merkte man auch.

Narzissa, eine einst so ansehnliche und elegante Frau, gammelte nun in alten Kleidern und stets mit einer Flasche Feuerwhsiky zur Hand vor sich hin.

Auf Narzissas Gesicht glänzent mittlerweile die Tränen.

„Seit dein Vater nimmer da is", wiederholte sie, „Isses hier so gaaanz schlimm, Dracii, finnstu nicht?"

„Mutter, bitte!", sagte Draco nur mit gequälter Stimme.

Wieso musste seine Mutter immer so schrecklich sentimental werden, sobald sie ein paar Gläser Alkohol zu viel hatte? Und wieso musste sie sich dann immer wie ein kleines Kind benehmen?

Dracos Hosenbein war inzwischen von Narzissas Tränen völlig durchnässt. „Dein Vater fehlt mir so sehr, Draciii", heulte Narzissa.

Draco fragte sich, was seiner Mutter denn eigentlich fehlte. Die locker sitzende Hand seines Vaters, die er und seine Mutter des Öfteren zu spüren bekommen hatten konnte es nicht sein, ebenso wenig Lucius Vorliebe für einen ganz bestimmten Unverzeihlichen Fluch.

Nein, er dachte ganz anders als seine Mutter, die da weinende auf dem Fußboden hockte und ihrem Ehemann nachtrauerte. Sie waren wesentlich besser dran ohne Lucius Malfoy, den Diktator der Familie. Nun konnte er sich in seiner Freizeit mit dem beschäftigen, was er wollte. Und wenn er Quidditch spielen wollte und keine dunklen Rituale erlernen wollte, dann konnte er das machen; das, was ihm beliebte. Lucius Malfoy hatte keine Macht über ihn, wenn er verlassen und ausgeliefert in einer dreckigen Zelle in Azkaban sitzt.

„Verstehssu dass denn nich?", fragte Narzissa und krallte nun ihre Fingernägel in Dracos Wade. „Hassu denn gar kein Gefühl?", heulte sie weiter.

„Wie auch, bei eurer Erziehung?", dachte sich Draco nach Narzissas ihm irrational erscheinenden Vorwurf. Narzissa hatte ja auch kein Gefühl – zumindest nicht im nüchternen Zustand.

„Du wirst auch sehr gut ohne Vater auskommen, Mutter, davon bin ich überzeugt", versicherte Draco seiner Mutter, um sich endlich aus ihrem Klammerbegriff befreien zu können, „das bist du bisher ja auch immer, wenn Lucius auf Dienstreisen war."

Er hatte es aufgegeben, die Wiederholungen dieser Sätze zu zählen. Seit geraumer Zeit traten diese nur allzu häufig auf, denn seit geraumer Zeit war Malfoy Senior nicht mehr da. Seit einem Jahr saß dieser seine Strafe für unbefugtes Eindringen und Zerstören im Zaubereiministerium ab.

Doch es funktionierte immer und immer wieder.

Narzissas Gesicht hellte sich auf. „Echt, Draci?", fragte sie mit der Zweifelhaftigkeit eines kleinen Mädchens in der Stimme.

„Echt, Mum", versicherte ihr der blonde Slytherin. ‚Mum', so hatte er seine Mutter zuvor noch nie genannt. Überhaupt herrschte zwischen den Mitgliedern der Familie Malfoy immer eine gewisse Distanz. Zärtlichkeiten von Seite seiner Eltern hatte Draco nie widerfahren.

„Was hältst du von Schokopudding?"

Doch in dem Zustand, in dem sich seine Mutter momentan befand - zusammengekauert wie ein Häufchen Elend saß sie da - war es selbst für einen harten Malfoy wie der Platinblonde es war einfach unmöglich, die Frau, die ihm zu Füßen saß, mit dem gewohnten peniblen „Mutter" anzureden. Überhaupt erinnerte Narzissa Draco in dieser Situation nicht an eine Erziehungsberechtigte, sondern eher an ein kleines, tollpatschiges Mädchen, das traurig ist.

„Mit Whisky?", fragte seine Mutter weiter.

Sie hatte Dracos Bein losgelassen und saß nun im Schneidersitz vor der Couch und schaute Draco mit großen Augen an.

Draco erwiderte auf die letzte Frage seiner Mutter nichts. Lieber machte er sich auf den Weg in die Küche, der man das Chaos der letzten Tage auch ansehen konnte.

Der Junge war kein Meisterkoch, er war noch nicht einmal ein Koch.

Und Narzissa war nicht in der Lage zu kochen.

Ehrlich gesagt wusste Draco gar nicht, ob seine Mutter überhaupt kochen konnte. Hatte nicht immer Dobby und danach eine Bedienstete gekocht?

Draco konnte sich nicht entsinnen. Und da er nicht mit Koch- und Bratzauber zurechtkam, hatte er seine Zaubertränke-Ausrüstung auf der Anrichte aufgebaut und hatte während der letzten Woche in seinem Kessel dort Hühnerbrühe und Pudding mit Vanille, Schokolade und Pfefferminzgeschmack gekocht.

Solche Arbeit waren dem Slytherin, der jeden Luxus – mindestens den der Hogwarts'schen Hauselfen – gewöhnt war, sehr zuwider. Doch befreundete Familien wie die Goyles oder die Parkinsons um Hilfe zu beten war ihm noch mehr zuwider. Das ging eindeutig gegen seine Würde.

Narzissa schaute ihrem Sohn aufmerksam zu, während dieser ein Muggelfertigprodukt aus einem Schrank nahm und das Tütchen aufriss.

„Und jeeeetzt, Draciii?", fragte sie. „Jetzt kommt das Pulver in eine Schüssel", erklärte Draco ihr mit geduldiger Stimme, so als ob er mit einer Dreijährigen sprach, und gab den Beutelinhalt in ein Porzellangefäß.

„Und jeeeetzt, Draciii?", fragte Narzissa erneut. „Kochen wir Milch", erläuterte der Sohn seiner Mutter den nächsten Schritt beim Pudding kochen.

Er beschwur etwas Milch herauf, die in seinem Zaubertränkekessel landete.

Snape hätte ihn geköpft, hätte er gewusst, für welche niederen Zwecken sein Lieblingsschüler den Zinnkessel missbrauchte.

Slughorn hätte ihn noch weniger in seinen Slug-Club aufnehmen wollen.

Gerade als Draco das Feuer unter dem Kessel entflammen wollte, quietschte Narzissa an seiner Seite erfreut: „Darf ich Draciii, bitteeeee!"

„Natürlich", meinte Draco, der sich auf der einen Seite weiteres Geheul seiner Mutter ersparen wollte, auf der anderen Seite jedoch nichts Gutes befürchtete, wenn seine angetrunkene Mutter ihren Zauberstab zur Hand nahm.

Narzissa zückte ihren Zaubertsab und setzte den vertrockneten Blumenstock auf der Anrichte in Brand.

„Hupsi! Wird Lucius böse sein, wenn er kommt?", fragte sie verängstigt.

Draco hatte den kleinen Brand schnell gelöscht und stattdessen unter dem Kessel Feuer gemacht. „Nein, Lucius wird nicht so bald kommen", erklärte er seiner Mutter.

„Puuh", machte Narzissa und grinste, „Aber er wird sich doch über den Pudding freuen, meinssu nich Draci?" „Sicher", meinte Draco und strich seiner Mutter wie beiläufig übers Haar – sie war gut zehn Zentimeter kleiner als er.

Auf einmal hielt er inne und dachte noch einmal über die gerade ausgeführte Bewegung nach. Hatte er … wirklich? Das konnte nicht sein!

„Ich habe nicht ernsthaft meine Mutter … gestreichelt", dachte sich Draco in einem leichten Anflug von Panik. So etwas macht man als begehrter Slytherin hin und wieder mal um die weibliche Fangemeinde bei Laune zu halten, aber dann auch nicht einfach am Kopf sondern an wesentlich pikanteren Stellen, aber bei der eigenen Mutter.

Angewidert verzog Malfoy das Gesicht. Seine Gedankengänge wurden immer abstruser und zudem auch noch Ekel erregender.

Glücklicherweise wurden Dracos Überlegungen unterbrochen.

„Es kocht", jauchzte Narzissa auf einmal. Draco, der sie bisher gedankenverloren angeschaut hatte, richtete seinen Blick auf die Milch. „Blubberblubberblubberblubber", machte Narzissa.

Draco ließ den Milchkessel mit seinem Zauberstab schweben und beförderte so die heiße Milch in die Schüssel.

„Jetzt musst du rühren", erklärte er seiner Mutter.

Voller Eifer griff Narzissa zu ihrem Zauberstab und stach ihn in das Gebräu hinein – anstatt einen einfachen Umrühr-Zauber zu verwenden.

Draco verzog das Gesicht, als einzelne Milchspritzer seine Kleidung erreichte. Seine Mutter führte sich mittlerweile immer weniger wie ein Kind, sondern eher wie ein Affe auf. Was waren denn das für Methoden, war sie eine Malfoy oder eine einfältige Muggel?

„Gleich kommt sie und will mir noch die Läuse vom Kopf klauben – Merlin bewahre! Diese Frau ist komplett abgedreht … oder einfach nur sturzbesoffen!"

Damit es wenigstens nicht unter solch unmenschlichen, oder eher gesagt unmalfoyischen Bedingungen zuging, begab sich Malfoy auf die Suche nach zwei Löffel zum anschließenden Verzehr des selbst gekochten Puddings aus der Packung.

Narzissa rührte einen Moment seelenruhig weiter, doch sobald ihr ihr Sohn den Rücken zugewandt hatte, griff sie zur Feuerwhiskyflasche und goss großzügig die Hälfte des Inhaltes in den Pudding hinein.

Die Flasche stand wieder verschlossen und scheinbar unberührt da, als Draco nach dem Pudding, seiner Mutter und beider Befinden schaute.

„Isser fertig?", fragte Narzissa und wandte ihren Blick vom Pudding ab und blickte stattdessen scheinheilig in das Gesicht ihres Jungens. „Ja, ich denke schon", sagte Draco und begutachtete den schokoladenfarbenen Inhalt der Porzellanschüssel.

„Jupiii!", freute sich Narzissa, nahm ihren Zauberstab aus dem Pudding und schleckte ihn ab. „Das schmeckt soooo gut, Draciii", teilte sie Draco mit erfreutem Gesichtsausdruck mit.

Draco musste zugeben, dass eine durch Pudding erfreute Mutter besser als eine heulende und depressive Mutter war.

Narzissa musste zugeben, dass durch Feuerwhisky alkoholisierte Pudding besser als Pudding ohne Rauschstoff war…

Draco streckte seiner Mutter einen Silberlöffel entgegen, welcher ihm sofort aus der Hand gerissen wurde. Gierig machte sich die blonde Frau über den Pudding her.

„Iss nicht zu schnell, sonst wird dir schlecht!", warnte Draco seine Mutter.

Zum zweiten Mal schon innerhalb weniger Minuten machte sich Draco ernsthafte Gedanken über seine seelische Verfassung. „So muss sich wohl die Weasley-Mutter anhören, wenn sie sich um eines ihrer Bälger sorgt!" Es war erschreckend – ob ihn die ganze Anstrengung binnen des Schuljahres in eine solch psychisch labile Lage gebracht hat, dass er sich schon nach der Zuwendung der fetten, hässlichen und armen Weasley-Mutter sehnte?

Draco schlussfolgerte – zu seiner eigenen Beruhigung – dass die eben genannten Worte ihm im Affekt der Situation einfach so aus dem Mund gerutscht waren. Das kommt davon wenn man in Pansy Parkinsons Romanen blättert.

In Gedanken fertigte Draco ein Memo an sich selbst an: Finger weg von Pansys Lektüre! Was musste die aber auch ihr ganzes Zeug immer auf und um Dracos Bett herum verstreut ablegen … ?

Narzissa hielt inne und schaute Draco an, dann hielt sie ihm den vollen Löffel unter die Nase. „Willsu nich auchmal Draci?", fragte sie selig lächelnd. Doch sogleich war der Pudding auch schon in ihrem Mund gelandet.

Narzissa kicherte und löffelte weiter Pudding.

Draco bemerkte, dass der Inhalt der Whiskyflasche beträchtlich gesunken war …

Ehe er seine Mutter darauf ansprechen konnte, hatte diese den gesamten Pudding allein leer gelöffelt – dabei hätte die Portion für vier Personen reichen sollen! Draco wurde immer wieder aufs Neue von seiner Mutter überrascht. Von seiner Mutter in betrunkenem Zustand.

Vom Pudding noch mehr angeheitert wurde Narzissa übermütig, kletterte auf einen Stuhl und begann, mit quietschender Stimme zu singen: „Neueueun kleine Zaubermeister kochten Tränke in der N … Nacht, im einen d-da war Gift drin, da warns nur noch acht!" Draco sah sich dieses Schauspiel die erste Strophe lang mit an, doch dann reichte es ihm. Um seine Mutter stand es ziemlich schlimm …

„Lass gut sein, Mum! Du gehst jetzt ins Bett!", befahl er ihr. Betrübt ließ sich Narzissa auf den Stuhl fallen und blickte betrübt drein. „Och nöö, Draciii", nörgelte Narzissa, „Jetzzz wird's doch grad ers lustich!" Sie grinste verschmitzt.

Draco riss der Geduldsfaden. Er hatte sich dieses Theater lange genug angeschaut.
Überhaupt, mit welchem Grund war er eigentlich zu Hause und hütete seine depressive Mutter? Er hätte auch mit Blaise Zabini und Theodore Nott an der Costa Brava in Spanien Urlaub machen können … Nein, das hätte er nicht können, denn das Chaos, das seine Mutter angerichtet hätte, wäre sie allein, wäre unübersehbar und womöglich noch unbehebbar gewesen.

Draco sah keinen anderen Ausweg als seinen Zauberstab zu schwingen und Narzissa mit einem Müdigkeits-Fluch zu belegen. Narzissa schmollte noch immer und der Alkohol hemmte ihre Reaktion, so dass sie sich nicht wehren konnte.

Narzissa gähnte und langsam fielen ihr auch die Augen zu. Zusammengekauerte hockte sie nun auf dem Stuhl und begann regelmäßig ein- und auszuatmen.

Draco dagegen atmete auf. Endlich war sie still. Doch da sah er sich mit dem nächsten Problem konfrontiert: Ob er den Schwebezauber bei Menschen so gut beherrschte, dass er seine Mutter dadurch in ihr Bett befördern konnte? Er hatte den Zauber zuvor noch nicht richtig geübt und deswegen wollte er es lieber nicht riskieren …

„Was soll's! Lisa Turpin hab ich schließlich auch in mein Bett tragen können", dachte sich Draco leichthin, „… die hatte aber auch verdammt heiße Wäsche an!" Schon wieder so eine Situation, in der er seine Mutter mit einer seiner Liebschaften verglich. Draco nahm sich fest vor, mit diesen abstoßenden Gedanken aufzuhören, sonst müsse er sich ernsthaft um seinen Zustand Sorgen machen.

Letztendlich hatte er keine andere Möglichkeit, also legte er den einen Arm um Narzissas Rücken und unter ihre Schultern, mit dem anderen Arm umschlang er ihre Beine. Sie war nicht so schwer wie er befürchtet hatte.

Mit einem Seufzer richtete er sich auf und trug seine Mutter in ihr Bett.