Der Verlobte

Ihr fuhr es wieder und wieder durch den Kopf.

Robert E. Hogan.

Ranghöchster Kriegsgefangener des Stalag 13.

Nicht nur der Kopf des Sabotagerings, der sich im Lager unter der Nase von Oberst Klink breit gemacht hatte, nein, auch sonst ein sehr interessanter Mann.

In Gedanken ging sie immer wieder ihre erste Begegnung mit dem Amerikaner durch. Hatte sie sich zu kühl verhalten? Waren ihm ihre scheuen Blicke entgangen? Oder hatte er sie bemerkt, aber nicht darauf reagiert, um seinen Plan nicht zu gefährden?

Sie schluckte schwer als sie sich an seinen dunklen Anzug erinnerte.

Er sah darin eher aus wie ein Geschäftsmann, nicht wie ein Spion und Saboteur. Vielleicht hatte ihm diese Tarnung mehrmals das Leben gerettet.

Seine Deutschkenntnisse, nun gut, die waren besser als sie erwartet hatte. Allerdings konnte sie sich nicht vorstellen, wie er in einer brenzligen Situation sich hätte rausreden können.

Doch wozu hatte er sie?

Die Generäle der Wehrmacht lagen ihr zu Füßen. Sie konnte jeden einzelnen von ihnen um den Finger wickeln. Aber an denen war sie gar nicht interessiert. Ein einziger Blick von Hogan hätte genügt und sie wäre bereit gewesen das Leben, das sie führte aufzugeben. Sie hätte im Tunnelsystem gelebt, ohne frische Luft oder Tageslicht, nur um in seiner Nähe zu sein. Aber diesen Blick bekam sie nicht.

Jedenfalls nicht bis gestern.

Es war einer der Tage, die sie am liebsten vergessen hätte. Ein weiterer General, der mit ihr angeben wollte. Sie von Lager zu Lager fuhr, um sie jedem zu präsentieren. Und gestern war wieder das Stalag 13 an der Reihe. Ein wohliges Gefühl hatte sich in ihrem Magen ausgebreitet, als sie die Strecke erkannte. Das Wissen, dem Mann ihrer Begierde bald wieder gegenüber zu stehen, hatte sie alles vergessen lassen. Nicht nur die Gesellschaft, sondern auch den Grund. Dieser General wollte sie heiraten und da er ein alter Freund von Klink war, sollte dieser sein Lager und natürlich deren Insassen für die Vorbereitung zur Verfügung stellen. Ihr Hansi hatte immer nur von einem „Putzi" geredet, also war es ihr erst auf den letzten Kilometern in den Sinn gekommen, nach dem richtigen Namen dieses Mannes zu fragen. Und als der trottelige, selbstsichere und aufgeblasene Klink sich als eben dieser Putzi herausstellte, musste sie ein breites Grinsen unterdrücken.

Sie fuhren im Lager vor und sie sah sich unauffällig nach ihrem amerikanischen Colonel um, doch entdeckte ihn nirgends. Erst im Büro von Klink, wo er wieder mit seinem Charme versuchte, Sonderkonditionen herauszukitzeln. Sein Gesicht sprach Bände als er sie sah. Sie lächelte kalt, warf ihm aber immer wieder verstohlene Blicke zu als Hansi sein Anliegen Klink vortrug.

Bei dem Wort „Hochzeit" sah Hogan sie an, verstört, besorgt. Genau dieser Blick war es auf den sie die ganze Zeit gehofft hatte.

Ihr Körper bebte, sie ließ jetzt die Augen nicht mehr von ihm. Irgendwie versuchte sie ihm zu signalisieren, dass sie mit ihm reden musste. Er nickte verstohlen als hätte er verstanden, verabschiedete sich dann aus dem Büro.

Sie blieb noch eine Weile, verschwand dann aus einem vorgeschobenen in Klinks Quartier. Nervös saß sie auf dem Sofa als sich der Kamin zur Seite schob.

Hogans Mütze tauchte auf, dann der Kopf des Amerikaners.

In seinem Blick lag wieder die Sorge wie vorhin, doch noch etwas anderes.

„Was willst du, Marya?"