Voldemort hat in der Schlacht von Hogwarts die Forderung gestellt, dass Harry Potter zu ihm in den Verbotenen Wald kommt. Die Geschichte setzt ein, als Harry sich entscheidet zu gehen, obwohl er seinen Freunden versprochen hatte, es nicht zu tun.
Vor dem Sturm
Er musste gehen, es gab keine andere Möglichkeit. Ron und Hermine wussten, was sie tun mussten. Wenn Nagini erst einmal fort war, war es nur noch Voldemort selbst.
Die anderen würden es schaffen, sie würden Voldemort töten. So viele gaben ihre Leben im Kampf gegen Voldemort … so viele waren seinetwegen gestorben. Sie haben alle dazu beigetragen, dass die Zaubererwelt einen derartigen Widerstand leisten konnte. So musste jetzt auch Harry seinen Teil dazu beitragen, er musste die Voraussetzungen schaffen, um einen Sieg über Voldemort möglich zu machen. Was nach seinem Tod geschehen würde, lag nicht in seiner Hand. Ihm blieb nur die Hoffnung, dass die anderen es schaffen würden.
Professor McGonagall wäre vielleicht in der Lage gewesen, ihn zu besiegen. Voldemort würde geschwächt sein und sie war die so ziemlich mächtigste Hexe, der er je begegnet ist.
Hermine und Ron würden sich um Nagini kümmern, oder vielleicht auch Neville…
Er musste an sie glauben, ihm blieb nichts anderes übrig. Ob sie wohl entäutscht von ihm wären? Oder vielleicht auch wütend? Schließlich hatte er vor, sich Vodemort zu stellen, sich auszuliefern, obwohl er ihnen versprochen hatte, es nicht zu tun.
Wie sie wohl reagieren würden, wenn sie von seinem Tod erfuhren? Welche Emotionen würden sich auf ihren Gesichtern wiederspiegeln? Naja, er würde es nie erfahren.
Er musste jetzt gehen, bevor die anderen misstrauisch werden würden. Er war schon auffallig lange nicht mehr bei ihnen gewesen, er saß alleine vor sich hin grübelnd auf einer Treppe im dritten Stock. Niemand sonst war hier, es war wunderbar still. Seit lager Zeit hatte er endlich mal wieder Zeit, um seine Gedanken zu ordenen.
Langsam stand Harry auf. Ihm tat alles weh, er war erschöpft und verzweifelt. Die vorherige Schlacht hatte ihre Spuren auf ihm hinterlassen. Er hatte seine Freunde sterben sehen. Er hatte Menschen, die so sehr Familie zu ihm waren wie sonst niemand, vor sich liegen sehen: Blass, blutverschmiert und mit einem Ausdruck der Verzweiflung in ihren Augen.
Langsam ging er die Treppen hinunter, einen Fuß vor den anderen setzend. Doch er wankte und die Bilder, die sich vor kurzer Zeit in seinen Kopf eingebrannt hatten, wollten nicht verschwinden…
Als er vor der großen Halle angekommen war fürchtete er, dass ihn jemand sehen würde, ihn davon abhalten wollen würde. Gewissermaßen wünschte er sich das wahrscheinlich auch. Dass ihn jemand aufhalten würde, diese Last von seinen Schulten nehmen würde. Doch seine Sorge war unbegründet. Alle waren viel zu beschäftigt damit, die Verletzen zu versorgen und den Toten ihren Respekt zu zollen. Als er in die Halle hineinblickte, sah er Mr. Und Mrs. Weasley, die weinend neben Fred knieten. Mrs. Weasley streichelte den Rotschopf ihres kürzlich verstorbenen Sohnes. Ihr Gesicht hatte einen Ausdruck von Wut, Trauer und Verzweiflung. Dieses Bild versetzte ihm einen Stich ins Herz. Er wandte seinen Blick ab, ging durch das große Tor nach draußen und blickte nicht mehr zurück.
Sobald er den großen Schlossbogen durchschritt, kam ihm eine frische Brise entgegen und strich über sein Gesicht. Die frische Frühlingsluft lag sich kühlend auf seine Haut, als wollte sie ihn besänftigen, ihm gut zureden. Langsam ging er die Wiese hinab, hier und dort sah er Spuren der vorübergehend pausierten Schlacht. Harry sah eine große Blutlache inm Gras, noch ziemlich frisch. Er hoffte, dass derjenige, zu dem diese gehörte, gerettet werden konnte (so fern es kein Todesser war). Als er sich die Größe des roten Fleckes aber genauer ansah, bezweifelte er es stark.
Schließlich kam er an Hagrids Hütte vorbei. Sie war vollkommen abgebrannt und das Gemäuer war an manchen Stellen anscheinend weggesprengt worden. In dem Augenblick fielen ihm die vielen Besuche bei Hagrid ein. Die einen waren erfreulich, die anderen eher weniger. Aber Hagrid war immer für die da gewesen, genau so, wie sie es für ihn waren.
Harry fiel auf, dass er Hagrid schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen hatte und er schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dass ihm nichts passiert war. So in Gedanken verloren, wie er die Wiese hinabging bemerkte er gar nicht, wie nahe er dem Verbotenen Wald bereits war. Nach einem weiteren Schritt blieb er stehen. Wenn er jetzt auch nur noch einen Meter weiter ginge, gäbe es kein zurück mehr. Es war vermutlich nur ein kurzer Augenblick, aber Harry kam es wie eine Ewigkeit vor. Er nahm all seinen Mut zusammen und betrat den dunklen, modrig riechenden, Verbotenen Wald.
