Titel: Ich bereue nichts
Autor: Canablyz ( - Kommentare, Heiratsanträge, Meinungen, Drohmails, usw. - alles an canablyz@yahoo.de )
Inhaltsangabe: Eine Geschichte über Illusionen und Lügen, Schuld und Unschuld und darüber, wie erbarmungslos das Leben sein kann. Gut und Böse existieren nämlich nicht. Aber die festgefahrenen Definitionen und Vorstellungen darüber haben sich gegen die Wahrheit schon seit jeher verschworen... – ‚Leg' dich mit den Besten an, und du stirbst wie alle dann' –
Zeit: 1996 / 1997. (6. / 7. Schuljahr)
Disclaimer: Alles geklaut von J.R. Rowling. Und ohne Gewissensbisse.
FSK: Zwar total überflüssig, als ob sich irgendeiner daran halten würde... aber na ja. Ab 13.
Anmerkung: ‚Ich bereue nichts' ist der erste Teil meiner Geschichte. Hauptcharakter ist Draco Malfoy.
Ich bereue nichts
Prolog
„Leg' dich mit den Besten an.
Und du stirbst wie alle dann."
Dezember 1997.
„Es gibt kein Gut oder Böse. Es gibt nur Macht. Gut und Böse existieren nur, weil unsere Welt sie zu definieren versucht. Gut und Böse bestehen nur, weil es dir, wie allen anderen auch, von jeher in den Kopf gesetzt wurde, es würde sie geben. Und solange es jemanden gibt, der an Gut und Böse glaubt, wird es auch einen Kampf geben. Die Welt mag um uns herum zerfallen, aber der Kampf wird niemals aufhören."
Er klang uninteressiert, als er ihr dies sagte. Gleichgültig. Beinahe ausdruckslos.
Sogar die Arroganz in seinen eisgrauen Augen war verblasst.
Sie standen auf den Ländereien Hogwarts in der Nähe des Verbotenen Waldes. Sie starrte ihn an und versuchte, seine Worte zu verstehen, während die Sonne langsam am Horizont unterging und dem Mond die Nacht gewährte.
„Ich glaube an das Gute und an das Böse", widersprach sie ihm zögernd. „So sehr es den Krieg oder den Frieden gibt, gibt es auch das Gute und das Böse. Gut und Böse sind wie Tag und Nacht. Doch dazwischen liegt die Dämmerung. Sie sind wie Sonne und Mond, aber für kurze Zeit teilen sie sich den Himmel. Gut und Böse haben nebeneinander einen Platz. Und solange man das Gleichgewicht zwischen ihnen erhält, ist alles in Ordnung. Sinn des Kampfes ist es, das zerstörte Gleichgewicht wiederherzustellen."
„Ich bitte dich", höhnte er. In seinen Augen blitzte es kalt auf, ehe die Gleichgültigkeit ihn wieder beherrschte. „In unserer Gesellschaft leben Gut und Böse in zwei verschiedenen Welten. Es gibt entweder das Eine oder das Andere, und man kann es sich nicht aussuchen, auf welcher Seite man stehen darf. Dafür sind sie austauschbar. Was heute noch als gut gilt, kann morgen schon als böse gelten. Die Menschen haben im Laufe der Zeit gelernt, sich für all ihre Lügen zu rechtfertigen und wer sie daran kritisiert, wird ausgestoßen."
Sie schüttelte sanft den Kopf. „Jeder kann aus freiem Willen aussuchen, auf welcher Seite er stehen will. Gut und Böse sind untrennbar miteinander verknüpft, so wie es ohne einen Tag keine Nacht geben kann, gibt es ohne das Gute auch kein Böse. Und man kann zu jeder Zeit die Seiten wechseln. Sich verbünden. Vergeben. Vergessen. Bereuen. Und hoffen."
Er machte eine abwertende Geste. „Illusionen. Du lebst in einer Welt voller Illusionen. Du bist eine Marionette, die das tut, so wie es an den Fäden gezogen wird. Die Wahrheit ist irgendwo da draußen und offenbar eine Nummer zu groß für dich."
Sie ging nicht auf seine Provokation ein. „Wenn es für dich kein Gut und Böse gibt, auf welcher Seite stehst du dann?"
Ein Wolf heulte irgendwo in den Tiefen des düsteren Waldes.
„Auf meiner Seite. Ein Kampf hat niemals nur zwei Seiten. Sondern mehrere. Aber ich schätze, dass wir auf verschiedene Seiten stehen... . Was ein Problem für dich werden könnte, wenn du nicht zu wissen vermagst, ob ich nun Freund oder Feind bin. Denn es gibt weder Freunde noch Feinde."
„Wenn du nicht auf meiner Seite stehst, bist du ein Feind." Sie klang hart. Dabei wollte sie es ihm doch erklären. Erklären, warum und wieso sie so dachte, wie sie dachte. Und sie wollte ihn verstehen.
„Wie einfach du es dir doch machst. Dann legst du dich also mit mir an?" Er lächelte spöttisch. Die wohlbekannte Arroganz flackerte in seinen Augen wieder auf.
Langsam nickte sie. „Ich glaube nämlich an das, wofür ich zu kämpfen versuche."
„Tu', was du glaubst, tun zu müssen." Sein spöttisches Lächeln verwandelte sich in Hohn. Verachtung war in seinem Gesicht zu lesen. „Leg' dich mit den Besten an, und du stirbst wie alle dann."
1. Kapitel
- Einsamkeit -
September 1996. Ein Jahr zuvor.
Draco stand auf dem Astronomieturm in Hogwarts und schaute hinab auf die sich ihm erstreckende Landschaft. Der See glitzerte in der Nacht und die Bäume des Verbotenen Waldes warfen düstere Schatten. Der laue Wind spielte ein wenig mit seinem Umhang.
Er kam oft hierher, um nachzudenken. Hier hatte er seine Ruhe. Hier hatte er einen Überblick über seine Gedanken. Eine Kontrolle.
Er stützte die Hände auf die Turmzinnen und schloss die Augen.
Er erinnerte sich noch sehr gut an das letzte Gespräch mit seinem Vater, kurz, bevor der Hogwartszug losgefahren war.
„Wir sind nicht zum Dienen bestimmt worden, Draco", hatte sein Vater gesagt. „Wir sind nicht dazu bestimmt worden, das zu tun, was anderen helfen könnte. Wir sind wir und wir leben für uns. Für uns und für die Macht. Wir sind noch nicht einmal unschuldig geboren worden."
Sein Vater hatte ihn aufmerksam angeschaut. Aber die gefühlslose Maske, die Draco aufgesetzt hatte, hatte er nie zu durchschauen vermocht.
„Wir kennen keine Unschuld." Die Worte seines Vaters peitschten ihm durch den Kopf.
Langsam öffnete Draco wieder die Augen.
Mondlicht schimmerte durch eine Wolkenlücke hinab und spielte mit der Dunkelheit.
„Wir haben es nicht nötig, sie zu kennen. Wir vernichten sie. Denn wir sind Malfoys, mein Sohn. Alles was wir tun, hat einen Sinn. Wir tun nichts ohne uns einen Vorteil davon versprechen zu können."
Sein Vater hatte ihn angelächelt, als er zu ihm gesprochen hatte. Aber der kalte Ton, in dem er die Worte ausgesprochen hatte, hatte sein Lächeln Lügen gestraft.
„Und wir nutzen die Schwächen der anderen."
Draco lächelte. Ja, er kannte die Wahrheit. Er kannte sie und wusste, wie das Leben ablief. Zumindest bildete er sich es ein. Er hatte die Wahrheit längst im Tanz der Schatten gesichtet und erfasst. Er wusste Bescheid über das ausgeklügelte System bestehend aus List und Tücke, dass nur zu oft die Bühne des Lebens betrat und das Schauspiel zu beherrschen versuchte. Der trügerische und illusionäre Nebel vor seinen Augen war schon seit längerer Zeit zerrissen und er wusste, was er zu tun hatte, um zu überleben. Um das zu tun, wozu er bestimmt worden war. Wozu er verdammt war.
Eine Eule flog über seinem Kopf hinweg und schuhuhte. Ihr Flügelschlag klang laut und mächtig in der Stille der Nacht.
Draco verfolgte mit seinen Augen ihren Flug gen Mond und beobachtete, wie sie immer kleiner wurde, bis sie nur noch einen winzigen schwarzen Punkt am Horizont bildete.
„Ja, flieg' du nur", murmelte er. „Flieg', wohin dein Weg auch führen mag. Und bilde dir ruhig ein, frei zu sein."
Ein Geräusch ließ ihn herumfahren. Er zückte seinen Zauberstab und starrte angestrengt in die Dunkelheit.
Ein Schatten huschte an der Wand entlang. „Lumos", flüsterte es und mattes Licht erstrahlte.
„Weasley", stieß Draco verächtlich aus. Er war erstaunt, dachte aber nicht im Geringsten daran, es zu zeigen. Und er war erbost. Erbost darüber, dass es jemand wagte, seine Ruhe zu stören. Seinen geheimen Platz ungefragt zu betreten. „Los, sieh' zu, dass du wieder an Land gewinnst, ehe ich dir einen Fluch auf den Hals hetze", drohte er.
Ginny sah ihn an. Sie war reglos erstarrt, als sie ihn erkannt hatte und hatte die Augen weit aufgerissen. „Was tust du hier?"
Nicht die Reaktion, die Draco erwartet hatte. „Ich wüsste nicht, was dich das angeht."
In ihren großen Augen flackerte es.
Draco runzelte die Stirn. Hatte er soeben Dunkelheit in ihren Augen gelesen? Dunkelheit, endlose Dunkelheit, die einen zu beherrschen drohte, wenn man hilflos den wilden Fluss der Einsamkeit hinabtrieb?
„Ich habe gehofft, hier alleine sein zu können."
Draco war nicht mehr sonderlich überrascht, als sie dies sagte. Wenn Dunkelheit einen erfasste, schien man die Einsamkeit zu suchen. Sie lockte einen in die verlassenen Tiefen der Seele, in der man ungestört seinen Gedanken nachgehen konnte und in ebenso verlassene Orte, in der Hoffnung, wenigstens für einen Moment den vertrackten Illusionen der Welt entkommen zu können.
Eigentlich hatte er vorgehabt, etwas Feindliches zu sagen. Um sie zu beleidigen und zu vergraulen. Um wieder ungestört nachdenken zu können. Aber die Dunkelheit in ihren Augen irritierte ihn und ließ ihn vorsichtig werden.
Die Dunkelheit hätte nicht in ihren Augen sein dürfen. Nicht in diesen Augen. Sie war ein Kind der Illusionen, großgeworden in der verlogenen Gesellschaft, die Gut und Böse zu definieren versuchte. Sie gehörte zu denjenigen, die schwarze Magie verurteilten, ohne zu wissen, was sie wirklich bedeutete. Sie gehörte zu denen, die glaubten zu wissen, was gut und was schlecht war und was Freundschaft bedeutete.
Er selbst kannte keine Freundschaft. Und er bezweifelte, dass es so etwas wie Freundschaft gab. Es war nichts als ein als wertvolles bezeichnetes Gut, wonach Menschen strebten, in der Hoffnung, es zu erhalten, um Licht in ihrem tristen Dasein zu bekommen.
Lächerlich.
Menschen konnten ja so sentimental sein. Und in ihrem Eifer nach dem vermeintlich Gutem waren sie blind vor dem, was wirklich wichtig war.
Macht. Macht und das eigene Ich.
„Du suchst die Einsamkeit?" Er wusste, dass seine Frage mehr wie eine Feststellung klang. Es war beabsichtigt.
Ginny wirkte überrascht. Das Mondlicht schimmerte in ihren hellbraunen Augen und ließen sie in einem scheinbar übernatürlichen Glanz erstrahlen.
Aber nur scheinbar.
„So wie du?", versuchte sie mit einer Gegenfrage sicheren Boden zu erhaschen.
Es amüsierte ihn. „Auf Einsamkeit folgt Dunkelheit. Und auf Dunkelheit folgt Einsamkeit. Ist dir das etwa nicht bewusst?"
Ginny lächelte plötzlich. „Ich glaube nicht. Und ich erkenne in deinen Worten auch keine Logik. Nur weil man einfach nur seine Ruhe haben möchte, ist das noch lange kein Beweis für dunkle Gedanken."
Draco lehnte sich zurück und fand Halt an der Turmwand. Lässig verschränkte er die Arme vor die Brust. „Logik?", wiederholte er langsam. Er versuchte nicht, den Hohn in seiner Stimme zu verstecken. „Mit was versuchst du deine offensichtliche Hingabe nach Einsamkeit zu definieren? Es gibt da nichts zu definieren. Es ist nur allzu ersichtlich, dass du kein Geschöpf der Dunkelheit bist. Geh' lieber zurück zu deinen Freunden und spiele heile Welt."
„Nein." Fest sah sie ihn an. Auf ihren feinen Zügen lag eine eiserne Ruhe. „Der Turm ist nicht dein Eigentum und ich gehe, wann es mir beliebt."
* * * * * * * * * *
‚Was suchst du?'
‚Ich glaube, ich suche die Einsamkeit.'
‚Beherrschst du sie denn nicht?'
‚Ich weiß es nicht. Beherrschst du sie denn?'
‚Niemand beherrscht sie. Man kann sie nicht beherrschen.'
‚Was kann man dann?'
‚Man kann sie nur gewähren.'
‚Oder ignorieren.'
* * * * * * * * *
Sie lag wach in ihrem Bett und dachte an die nächtliche Begegnung mit Draco.
Er war schier von einer kühlen Gleichgültigkeit beherrscht, dass es bei ihr fast schon eine Gänsehaut verursacht hatte.
Nur seine kalten grauen Augen hatten Arroganz ausgestrahlt. Und ein leiser Hauch von Verachtung hatte auf seinen feinen Zügen gelegen.
Wie immer.
Vielleicht war es angeboren.
Irgendwie faszinierte sie das.
Es hatte Ginny gewundert, dass er keine Hasstiraden über sie und ihre muggelfreundliche Denkweise abgeladen hatte, nein, stattdessen haben sie zum ersten Mal so etwas wie ein normales Gespräch geführt.
Wenngleich es auch ein Kurzes gewesen war. Es war ein interessantes Gespräch gewesen.
Eines über Einsamkeit.
Es stimmte nicht, was er behauptet hatte. Dass Einsamkeit und Dunkelheit unzertrennlich miteinander verknüpft waren, denn schließlich würde es keine Einsamkeit geben, wenn es keine Freundschaft gäbe, kein Gefühl zu wissen, dass man nicht alleine war.
Sie hatte einfach nur nicht schlafen können und hatte ihrer spontanen Idee auf einen der Türme zu steigen, um die ruhige Nacht zu genießen, nachgegeben.
Man konnte am Besten nachdenken, wenn man alleine war.
Sie spürte noch immer die Kälte, die sie gefühlt hatte, als Draco sich von den Zinnen gelöst und ihr genähert hatte.
Unwillkürlich hatte sie an Schnee denken müssen, als er dicht vor ihr gestanden hatte.
An Schnee. So rein und unschuldig, und doch so kalt, dass der erste Eindruck täuschte.
In seinen grauen Augen hatte sich etwas eingeschlichen, was sie nicht zu deuten vermocht hatte. Es war der Kälte nicht unähnlich gewesen.
Und seine Worte hatten tiefe Verwirrung in ihr hinterlassen. Eine Verwirrung, der sie nicht habhaft werden konnte, sosehr sie es auch versuchte, und der sie weder Tiefe noch Realität geben konnte.
„Deine Augen verraten dich", hatte er gesagt. Seine Stimme hatte sanft geklungen, aber der lauernde Unterton hatte der Sanftheit Lügen gestraft. „Wenn du an gut und böse glaubst, muss es doch in jedem Menschen sowohl Licht als auch Dunkelheit geben. Denk' darüber nach, wenn Dunkelheit deine Seele zu beherrschen beginnt. Und du wirst den Fehler eurer Logik erkennen."
