Nachdem Harry Voldemort besiegt hatte, war es die wohl größte Herausforderung für ihn, zu akzeptieren, das es jetzt keine Herausforderungen mehr gab.
Er hätte jetzt glücklich sein müssen, erleichtert, frei.
Aber als er sich umsah sah er nur sein Hogwarts in Schutt und Asche und er wusste, das er noch so viel mehr verloren hatte als die zertrümmerten Türen und zerschlissenen Gemälde.
Er hatte Jahre verloren, so viele Jahre in denen er hätte glücklich sein können.
Er hatte Freunde verloren, einen nach dem anderen hatte er sterben sehen.
Und er hatte sich selbst verloren Stück für Stück.
Seit Voldemort ihn damals gebrandmarkt hatte, hatte er immer mehr von sich verloren.
Er hatte seine Kindheit verloren, später seine Freiheit, und seinen Humor musste er sich eingestehen, hatte er auch irgendwo in den Wäldern zurück gelassen.
Aber sie war noch da, leicht verletzt, aber sie stand aufrecht.
Und zwischen all der Trauer und der Angst wusste er genau was er tun wollte.
Er wollte auf sie zu laufen, in Slow-motion mit langsam anschwellender Geigenmusik.
Die Wolken würden aufbrechen und der Himmel darunter golden glühen, und dann würde er sie endlich fest in die Arme schließen.
Er würde ihre Tränen wegwischen, ihr Kinn sanft anheben, sodass sie ihm in die Augen sehen musste und sagen: „Es ist vorbei, Liebling. Wir sind alle gerettet."
Und sie würde lächeln und nicken.
Er würde auf die Knie fallen und sie um ihre Hand bitten, ihr den Ring anstecken, den er schon so lange heimlich mit dem Schnatz, dem Amulett und dem ganzen anderen Plunder verwahrt hatte.
Um sie herum würden alle erstarren, und sie beobachten.
Sie würde zuerst einen erstickten Laut von sich geben, und dann viel zu leise „Ja" sagen, und dann nochmal etwas lauter.
Und sie würden sich küssen wie fast ein jahr zuvor im Fuchsbau, und um sie herum würde man Applaus hören.
Aber, und das war das grausame daran, heute würde er sie nicht lächeln sehen, egal was er auch tat.
Und auf Trümmern kniete man sich nicht hin um einen Antrag zu machen, auf Trümmern konnte man nur weinen.
Er hatte auch keinen Ring, woher auch.
Niemand liefert Schmuck an ein kleines Zelt in der Ödnis.
Er sah zu ihr herüber.
Ob sie jetzt „Ja" sagen würde?
Obwohl sie erst 17 war, obwohl sie einen Bruder und so viele Freunde verloren hatte, obwohl er voll Dreck und Blut war und nicht mal einen Diamantring vorweisen konnte?
Oh, wie viel doch gegen ihn sprach.
Und nachdem er so lange stark geblieben war, wollte er jetzt nicht mehr kämpfen.
Nichtmal um sie.
Und so sah er nur zu ihr herüber, zählte ihre Sommersprossen und hatte wenigstens seine Hoffnung zurück behalten.
