Alles kann zur Hölle werden...
Hogwarts kann ein wundervoller Ort sein,
...wenn du Freunde hast.
Wenn du mindestens einen Menschen hast,
der mit dir kämpft.
Aber Hogwarts kann auch der schrecklichste Ort sein,
den du je zu Gesicht bekamst,
wenn du auch nur einen Feind hast,
dessen Freunde dich überrennnen.
Hogwarts, ich werde also zu dir zurückkehren.
Kann man einen Hauch Freude aus diesen Worten heraushören? Ich bezweifle das. Hogwarts ist, für fast jede Hexe und jeden Zauberer, das Paradies auf Erden. Alle träumen von Hogwarts oder schwelgen in Erinnerungen an dieses wunderschöne Schloss.
Aber wie gedacht, nur fast jede Hexe empfindet Hogwarts als das Paradies. Die Ausnahme bin ich.
Gewiss Hogwarts ist schön, man lernt viel und man lebt mit seinen Freunden zusammen. Kann mit ihnen plaudern und lachen, Abenteuer erleben und sich einfach nur gemeinsam entspannen.
Wenn man denn Freunde hat.
Ich gehe seit sechs Jahren auf diese Schule und noch nie hat jemand versucht mein Freund zu sein. Ich habe mehrere Anläufe gewagt, aber ich wurde immer abgewiesen. In Hogwarts konnte ich keine Freunde finden und Hogwarts ist nur ein Traumschloss, wenn man Freunde hat.
Denn man lebt nicht nur mit Freunden zusammen, auch mit Feinden, und ich habe das Problem mit meinem größtem Feind in einem Jahrgang und in einem Haus zu sein, das bedeutet, man hat keine Ruhepause.
So weit so gut, ein Erzfeind, der immer am selben Ort ist ist schlimm, schon klar. Schlimmer wenn man keine Freunde hat. Aber am schlimmsten ist es, wenn die halbe Schule auf der Seite deines Erzfeindes steht. (Die andere Hälfte interessiert sich nicht für unsere Streitereien) Wenn er der beliebteste Junge der Schule ist und du nur als Außenseiterin dastehst. Ich sage dir, dann kann Hogwarts zur Hölle auf Erden werden.
Schon ab dem ersten Tag in Hogwarts haben Potter und ich uns gehasst. Er, das arrogante Kind das meint, ein kleines, rothaariges Schlammblut währe unter seiner Würde, und ich das kleine, rothaarige Schlammblut das meint, es könne ein arrogantes Kind zur Seite schubsen. So begann unser Krieg... mit elf Jahren schon ein Feind fürs Leben. Und schon immer war ich im Nachteil... Er hatte Freunde.
Im Unterricht wurden wir Konkurrenten, unsere Feindschaft wuchs. Er wurde Qudditschkapitän und ich Vertrauungsschülerin und damit war unser Hass mehr als besiegelt, er wurde in unsere Hirne eingebrannt. Und nun, nun sind wir gemeinsam Schulsprecher.
Wenn ich jetzt in den Spiegel schaue, dann sehe ich ein Mädchen das erschöpft ist. Ein Mädchen, das tausendmal versucht hat sich zu ändern, und dem es nicht gelungen ist. Ich sehe ein Mädchen, das aufgegeben hat; den Feind hat siegen lassen.
Ich habe soviel ausprobiert, so viel. Eine Zeit lang waren meine Haare schwarz, hässlich schwarz, damit das rot verschwand. Eine Zeit lang bin ich mit schwarzen, hochhackigen Schuhen durch die Gegend gelaufen, nur um größer zu wirken. Ich habe versucht mein Aussehen zu verändern, damit Potter mich nicht mehr erkennt, aber er hat mich immer wieder erkannt... und mich ausgelacht.
Potter hatte schon immer die grausame Angewohnheit, meine Reaktionen richtig zu deuten.
Meine Haare haben wieder ihre alte Farbe. Irgendwann... Mitte der Fünften habe ich es aufgegeben anders sein zu wollen. Allmählich bin ich damals wieder die alte Lily geworden... das hat mich Kraft gekostet. Jetzt ähnele ich wieder dem kleinen, rothaarigen Schlammblut aus dem ersten Jahr. Und ich bin stolz darauf...
Das ändert nichts an meiner Müdigkeit. Ich bin das alles Leid.
„Hey Evans!" Potter schiebt die Abteiltür auf und lässt sich in der Ecke an der Abteiltür fallen. Ich sitze am Fenster.
Es ist viertel vor elf, um halb elf hätten wir uns treffen sollen. Meine Begrüßung fällt aus.
„Hast du eine Willkommensrede vorbereitet Potter?"
„Nein, aber du bestimmt."
Ein kurzes Nicken meinerseits. Jeder sollte eine eigene Willkommensrede halten.
„Gut, ich denke ich trage einfach deine Rede vor. Dir hört ja doch niemand zu, und dann war das sozusagen Teamwork," sagt Potter und erhebt sich wieder, „Gut, du erledigst das dann mit den Passwörtern und redest mit den Vertrauungsschülern und dann sind wir, denke ich, für heute fertig." Träum weiter Potter!
„Nein, ich denke das übernimmst du. Viel Spass!" Damit gehe ich an ihm vorbei und lasse meinen Koffer hinter mir herschweben. Ganz unabsichtlich knallt er dabei noch gegen Potters Knie.
„Du übernimmst das," zischt Potter mir zu, während er sich an mir vorbeidrängelt, aus dem Zug steigt und zu seinen Freunden läuft. Dabei tritt er mir ganz unabsichtlich auf den Fuß.
Ich folge ihm. Auf dem Bahnsteig rufe ich ihm betont gleichgültig zu: „ Ich glaube, du hast da was vergessen, Potter. Ein Beispiel: Die Passwörter."
Auf halben Weg zu seinen Freunden kehrt er um und geht ganz locker zu mir.
„Evans, die Arbeit muss erledigt werden, sonst sind Dumledore und Gonni richtig enttäuscht von dir. Und dann verlierst du vielleicht dein O in Verwandlung und deinen Posten als Lieblingschülerin bei den Lehrern. Und das willst du doch nicht..."
„Weißt du Potter," meine Stimme ist unterkühlt, aber ruhig, „mir ist das alles egal. So scheißegal. Und weißt du warum? Weil ich nicht die geringste Lust verspüre mit dir zusammen zu arbeiten. DU willst es auch nicht, du traust dich nur nicht, den Job einfach so an den Nagel zu hängen! Dir fehlt einfach der Mumm dazu."
„Ach und du hängst den Job natürlich einfach so an den Nagel, damit riskierst du schließlich dein Outfit als Streberin der Schule," höhnisch lächelt er mich an und meint natürlich die Sache wäre damit beendet, aber das ist sie nicht.
„Sag mir eines Potter, ich soll Schulsprecherin sein. Für die Schülerschaft sprechen. Das ist lächerlich und das wissen wir beide. Ich rede ja nicht einmal mit meinen Mitschülern, folglich kannst du den Job allein erledigen."
Dies wird mein Sieg.
„Armes Evanslein. Hat gar keine Freunde," dabei schüttelt er gespielt mitleidig den Kopf, „ Wahrscheinlich nicht einmal eine Familie, oder hat dich schon mal jemand hier begrüßt? Ach ne, du bist ja ne Schlammblüterin. Aber ich dachte selbst Muggel können auf dieses Gleis. Scheinen ja tolle Eltern zu sein." Meine Familie! Das geht zu weit. Niemand hat das Recht meine Familie in den Dreck zu ziehen.
„Du hast es geschafft," sage ich ehrlich lächelnd, ja, ich bin wirklich erleichtert und glücklich. „Du hast sechs Jahre gebraucht, aber nun hast du es geschafft. Du bist mich los. Ich habe keine Lust mehr wie Dreck unter den Füßen von Reinblütern behandelt zu werden. Deine Familie ist natürlich angesehen in der Zaubererwelt, schließlich bist du ein Reinblüter... Am Anfang habe ich gedacht eine Hexe zu sein wäre etwas besonderes, ich war stolz auf mich. Aber meine Schwester hat mir immer gesagt, dass nur Freaks magische Kräfte besäßen, und ich muss sagen sie hatte recht," eine Träne läuft mir die Wange hinunter, aber es ist mir egal, ich rede mich gerade schön in Rage, „ Du bist das beste Beispiel für die Missgeburten die hier herumlaufen. Was kannst du schon, außer dich über andere lustig zu machen. Sag es mir! Kannst du Menschen überhaupt helfen? Ich bezweifle das, aber du hast gewonnen, Potter. Es war ein Fehler nach Hogwarts zu gehen... du bist mich los," meine Stimme versagt, irgendwann in meiner Rede habe ich begonnen zu schreien.
Ich reiße mir das Schulsprecherabzeichen ab und werfe es ihm vor die Füße, dann schnappe ich mir meinen Koffer und ziehe ihn hinter mir her, auf die Absperrung zu. Blicke bohren sich in meinen Rücken, aber das bin ich gewöhnt, ich habe gelernt sie zu ignorieren. Aber Potter wagt es, sich mir ein letztes Mal in den Weg zu stellen.
„Warte-", sagt er, doch ich drücke ihm meinen Zauberstab schon an die Kehle.
„Geh zur Seite Potter! Ich warne dich Potter, lass mich durch! Und wenn es das letzte ist was ich tue, ich verlasse diese Scheinwelt!"
Potter stolpert zurück und ich ziehe meinen Koffer durch die Absperrung und verlasse Kings Cross. Dabei blicke ich nicht einmal zurück, doch aus irgendeinem Grund, verlassen doch noch Tränen meine Augen und laufen meine Wangen hinab.
