A/N: Zur Abwechslung mal etwas in meiner Muttersprache :) Ich habe vor kurzem Will&Will gelesen (ich liebe alles von John Green) und konnte einfach nicht aufhören darüber nachzudenken, was nach dem Ende passiert. Das hier ist mein Versuch, eine Antwort zu finden.
Natürlich alles im Will-Grayson-Stil, in Kleinschrift.
die lichter gehen an und auf einmal bin ich wieder in der realität. wenn es das überhaupt gibt, die realität.
einen moment lang weiß ich nicht, was ich tun soll. tiny steht noch auf der bühne, zusammen mit d.a.w.g und dem mädchen, das wahrscheinlich jane ist. die schauspieler verbeugen sich. eine ganze weile klatschen alle. der verdiente applaus für tiny. dann, nach und nach, verlassen die zuschauer den saal und die schauspieler kehren hinter die kulissen zurück.
ich denke an den jungen auf der schaukel zurück und frage mich, ob ich es schaffen kann, nicht mehr dieser junge zu sein. aber das ist schließlich der sinn der sache, oder? man muss es versuchen, den sprung wagen, wie tiny gesagt hat. ich will es jedenfalls versuchen.
und schließlich muss ja irgendwas an dem jungen auf der schaukel gestimmt haben. sonst wäre er nicht exfreund nummer 18 geworden.
gideon stößt meinen arm mit seinem ellbogen an. ich sehe zu ihm und er gibt mir diesen bedeutungsvollen blick, dass ich endlich etwas tun soll. doch ich weiß nicht, was ich tun soll. soweit habe ich nicht vorausgedacht.
ich: sollen wir... gehen?
gideon: bist du bescheuert?
ich: kann gut sein.
ich bin wirklich bescheuert. gerade habe ich mir selbst geschworen, etwas zu wagen, und nun bin ich kurz davor, wieder einen rückzieher zu machen.
ich: verdammt, was mach ich jetzt?
gideon: manchmal bist du echt ein idiot. na los, geh schon, red mit ihm. wir sind nicht den ganzen weg hergekommen, damit du hier blöd rum stehst.
ich nicke. gideon schenkt mir noch einmal ein aufmunterndes lächeln und dann mache ich mich auf den weg in richtung bühne.
auf der bühne weiß ich dann wieder nicht weiter. ich stehe nur da, ein bisschen unbeholfen, und überlege mir, was ich sagen könnte.
doch da gideon da unten steht und wahrscheinlich mit den augen rollt, überwinde ich mich und gehe hinter die bühne, wo ich sofort d.a.w.g und wahrscheinlich-jane sehe. ich gehe auf sie zu.
ich: hey, will
d.a.w.g.: hey, will
jane: das war echt süß, was ihr da für tiny gemacht habt.
ich: ja. das war... ziemlich verrückt.
jane: ich bin jane
ich: ich bin will grayson. der andere will grayson.
d.a.w.g.: ich fass es nicht, dass es geklappt hat.
ich: ich auch nicht.
d.a.w.g.: wenn du zu tiny willst, der ist dort hinten.
er zeigt auf eine tür, auf der steht NUR FÜR PERSONAL. ich nicke ihm dankend zu und verschwinde durch die tür. in diesem raum liegen zahlreiche requisiten und teile von kostümen herum und schauspieler suchen ihr zeug zusammen und wollen gehen. es ist nicht schwer, tiny zwischen den schauspielern zu entdecken. es ist überhaupt nie schwer, tiny in einer menschenmenge zu sehen. er ist einfach nicht jemand, der leicht übersehen wird.
ich zupfe nervös an meinem t-shirt herum und gehe auf ihn zu. er sieht mich erst, als ich direkt vor ihm stehe.
ich: hey
tiny: hey
ich: das musical war ein echter erfolg.
tiny strahlt. ich frage mich, wie er das macht, dass es einem einfach besser gehen muss, wenn er einen so anlächelt. vielleicht hätte er mich ja mit seinem optimismus anstecken können, wenn ich es nur zugelassen hätte.
tiny: ja, das war es wirklich.
ich: du hast immerhin hart daran gearbeitet.
tiny: ich weiß. ich bin einfach fantastisch. das war übrigens nett, was du da heute für mich getan hast, will grayson.
ich: ach, das war gideons idee.
tiny: aha...
ich: er meint, wir sollten uns aussprechen.
tiny: machst du alles, was er dir sagt?
ich schaue auf den boden. ich vermassle es wieder.
ich: es tut mir leid. was ich auf der schaukel gesagt hab. ich hab ein bisschen zu viel in selbstmitleid gebadet.
tiny: ist schon gut. du hattest ja irgendwie recht. ich bin in das verliebtsein verliebt. aber das ändert nichts daran, dass ich es ernst mit dir gemeint habe. und dass du ein großartiger junge bist. ich hab das nämlich so gemeint, was ich zu schauspieler-du gesagt hab. ich will dass du glücklich bist.
ich: das will ich doch auch. wirklich. es ist nur schwer zu glauben, dass ich dazu geschaffen bin, glücklich zu sein. es wird noch eine ganze weile dauern, bis ich daran glauben kann.
tiny: falls es dir irgendwie hilft: ich glaube an dich
es hilft tatsächlich. ich sehe tiny an und lächle und hoffe, das er irgendwie sehen kann, wie dankbar ich ihm bin.
ich: ich hab dich vermisst.
tinys lächeln schwindet und einen moment lang habe ich das gefühl, dass ich etwas falsches gesagt habe. aber seine augen lachen noch immer.
tiny: ich hab dich auch vermisst.
ich fange wieder an, an meinem t-shirt zu zupfen.
ich: also... falls du noch interesse hast... falls du tatsächlich nach allem noch bereit bist es mit einem depressiven sozialfall auszuhalten, der versucht besser zu werden, was aber eine ganze weile dauern wird... wollen wir es nochmal, ich weiß auch nicht, nochmal versuchen?
ich schaue erwartungsvoll zu dem großen jungen hinauf. tiny schüttelt den kopf, aber er lächelt und ich weiß bei bestem willen nicht, wie ich das jetzt deuten soll.
dass ich diese frage überhaupt stellen wollte, war mir bis jetzt gar nicht bewusst gewesen. tinys musical muss irgendwas in mir ausgelöst haben.
tiny: wenn du dann irgendwann mal aufhörst, von dir als ein depressiver sozialfall zu denken – versuchen wir´s.
er lächelt mich an, und ich kann einfach nicht anders. in diesem moment bin ich tatsächlich glücklich, wenn auch nur kurz. und obwohl ich weiß, dass es bei mir bald wieder nach unten geht, reicht das für den augenblick. ich beuge mich vor, stelle mich auf die zehenspitzen und küsse tiny auf die wange.
ich: versuchen wir´s
denn wer weiß schon, ob der nächste schwung mit der schaukel ein irrtum sein wird oder nicht?
