Kleines Vorwort. Ich weiß nicht, ob es nötig ist, aber da ich es bei anderen nur zu oft gesehen habe, mutiere ich mal eben freiwillig zum Mitläufer und erwähne, dass alle Rechte der bezaubernden und brillanten Takahashi Rumiko gehören. *tiefe Verbeugung* Ansonsten hoffe ich, euch gefällt meine Geschichte. Sie mag anfangs etwas lahm voranschreiten, aber es heißt ja schließlich "Aller Anfang ist schwer". Kritik und sonstiges empfange ich gerne. Allerdings fürchte ich, hier kein großes deutsches Publikum anzutreffen. T__T Oh und eines noch. Wegen diesen RTL II baka: Fight for your right! Wir wollen Ranma zurück, und zwar voll synchronisiert! - Auch wenn japanisch eh am besten ist, aber egal...

[*~*~*~ = leitet Traum ein ~*~*~ = schließt Traum ab - sollte eigentlich kursiv sein, aber ich kann hier irgendwie nicht formatieren]

~ Berührungen, Kapitel I: Träume sind nur Schäume

"Wie war das?" brüllte Akane mit glühenden Augen und schlug mit der flachen Hand auf den Tisch als sie aufsprang.

"Du bist ein Machoweib! Machoweib, Machoweib, Machoweib. Das habe ich dir doch schon hundert Mal gesagt und du kappierst es trotzdem noch nicht. Muss ich mich denn vor dir ständig wiederholen?" schrie Ranma zurück und richtete sich ebenfalls auf, wenn auch gekrümmt vor Wut.

"Gibst du mir bitte noch ein paar Nudeln, Kasumi?", warf Nabiki desinteressiert zwischen das Gebrüll beim Abendessen ein.

"Ach jaa?" fragte Akane daraufhin mit knirschenden Zähnen. "Heh..." Sie wandte ihren finsteren Blick von ihm ab und stieß förmlich die Worte von sich: "Wenn das so ist", sagte sie etwas ruhiger als sich ihre Stimme dann plötzlich wieder erhob: "möchte ich mal wissen, warum du mich ständig angrabschen musst!"

"Waaas"? fragte Ranma langgezogen zurück. Es bildeten sich Schweißperlen auf seiner Stirn. Weniger diese Beschuldigung, denn die erfreuten Gesichter von Soun und Genma, als sie Akanes letzten Satz hörten, machte ihn für einen Moment sprachlos, jedoch nicht minder aufgebracht. "Ich hab dir doch schon gesagt, dass es nicht so war. Du kannst eben nie zuhören, du dumme Gans. Warum sollte ich ausgerechnet eine wie dich anfassen wollen? Wir sind schließlich nicht verlobt, weil ich dich so hübsch finde oder so. Im Gegenteil. Wenn ich ein sexy Mädchen will, fasse ich mich lieber selbst an!"

KRACH! Ranmas Abendessen landete mit samt seinem Teller auf seinem Kopf und die Soba schmückten ihn als er durch den Schlag in eine Starre fiel.

"Du bist ein Mistkerl, Ranma." Akane drehte sich von ihm weg, um zu verbergen, dass sich Tränen in ihren Augen bildeten. So schmerzhaft er auch erst eben ein weiteres Mal ihre Brutalität zu spüren bekommen hatte, tat ihm auf einmal ein wenig leid, was er gesagt hatte. Doch plötzlich drehte sich Akane zu ihm um und grinste, unpassend dazu war ihr zuckendes rechtes Auge. "Naja", sagte sie ruhig mit süßer Stimme. "Mit einer Sache hast du allerdings recht. Du bist echt um einiges weiblicher als ich." Ihr Ton wurde trockener. "So jemand wie du ist doch kein Mann. Und dass du es nötig hast, dich selbst zu befummeln, glaub' ich dir aufs Wort. Du Perverser!" Letztes sagte sie mit Nachdruck und rannte dann in ihr Zimmer.

Ranma blieb baff zurück. Das Abendessen immer noch auf seinem Kopf, als er das Poltern ihrer Schritte aus dem Obergeschoss hörte. "Aaarrrrrggggh......" Seine Hände ballten sich zu Fäusten und er kniff die Augen zusammen. "Sie ist SO-EIN-MA-CHO-WEIB!"

"Möchtest du noch etwas Nachschlag, Ranma?" fragte Kasumi, als sei nichts passiert. "Danke", antwortete er nach einem kurzen Moment. Er beruhigte sich allmählich wieder. "Dank Akane muss ich jetzt erst mal wieder ein Bad nehmen. Diese..."

Er verließ den Raum und begab sich ebenfalls ins Obergeschoss des Hauses, vor sich hinschimpfend, warum er bloß mit so einer hysterischen Kratzbürste verlobt sei.

~

"Wirklich" murmelte er später in seinem Zimmer vor sich hin und rieb sich den Kopf. "Sie hätte ja nicht gleich so fest zuschlagen müssen". Sein Blick sank zu Boden. Er zog seine Stirn kraus. "Es war ja nicht das erste Mal, dass ich das zu ihr sagte", stellte er nachdenklich fest. Doch gleichzeitig war ihm voll und ganz bewusst, dass dadurch die Wirkung seiner Worte noch nicht aufgehoben war. In seinem Bauch begann etwas an ihm ganz langsam und leicht zu nagen, doch dann verdrängte er dieses Gefühl schnell wieder und fand sich in seiner stolzen Art wieder. "Ha! Sie hat schließlich angefangen. Soll sie doch ruhig schmollen. Mich fragt ja auch niemand, wie's mir geht." Er umklammerte sein Kopfkissen fest mit beiden Armen und bemühte sich einzuschlafen.

Währenddessen saß Akane noch immer erregt in ihrem Zimmer und boxte in ihr Kopfkissen. "Ranma, du Trottel! Immer kommt er mir gleich so. Wenn ich nur irgendetwas tue, was ihm nicht passt, heißt es immer gleich 'Machoweib' oder 'unsexy'. Grrr.... Mich wundert ja nur, dass er sich diesmal gar nicht über meine flache Brust ausgelassen hat. Das geht ja für seine Verhältnisse glatt als 'nett' durch!" Sie war außer sich und atmete hastig, beinahe keuchend als sie plötzlich leicht errötete. "Aber... vielleicht hat er es ja auch bemerkt". Sie flüsterte fast ihre letzten Worte. "Seit unserer ersten Begegnung-naja, unserer ersten richtigen Begegnung, damals im Bad, habe ich mich schließlich ziemlich verändert... entwickelt. Ob er...?" Sie errötete noch stärker. "Aaaach, so ein Blödsinn" schrie sie wieder, doch wurde ebenso schnell wieder ruhig. "Er würde doch sowieso nie so etwas bemerken. Dieser unsensible Idiot." Sie holte zu einem weiteren Schlag auf ihr Kopfkissen aus, ließ dann aber ihre geballte Faust sinken und seufzte. "Hmm... Ich sollte mich vielleicht etwas abreagieren. Anderenfalls komme ich heute Nacht nie zu etwas Schlaf."

Nachdem sie sich umgezogen hatte, ging sie in Richtung Dojo. "Nanu, was ist denn da los?" fragte sie sich in Gedanken als sie noch Licht brennen sah. "So spät noch? Wer kann denn..." Noch ehe sie ihren Gedanken zuende geführt hatte, erwischte sie sich dabei, wie sie sich vorsichtig zur Tür schlich und neugierig in die Trainingshalle schaute.

"Hyyaah! Hah! Huh! Wuah! Heh!" Ranma tobte nun schon seit mindestens einer halben Stunde alleine durch den Dojo in der Hoffnung, sich endlich von allen Gedanken, die ihm wider Willen durch den Kopf schwirrten, frei zu machen. Erfolglos.

"Oh man" keuchte er und kam zum stehen. Der Schweiß rann ihm übers Gesicht. "Es ist doch keine große Sache. Warum nimmt es mich in letzter Zeit immer so mit, wenn Akane...". Er schüttelte heftig seinen Kopf. "Nein nein nein, das hat gar nichts damit zu tun. Es ist ja nicht so, dass... dass ich... So ein Quatsch!" Er biss seine Zähne fest zusammen, als wolle er sein letztes bisschen Kraft bündeln, sackte dann jedoch prompt auf seine Knie zusammen. Seine Gesichtszüge wurden plötzlich weicher. "Es war wirklich keine große Sache. Streits wie dieser gehören zu der Tagesordnung" stellte er in Gedanken fest. "Aber... ich habe sie einfach so satt. Was mich so stört ist, dass es einfach nie ohne geht. Dabei könnten wir eigentlich so gut auskommen - wenn sie nur einmal zuhören würde." Seine Augen füllten sich erneut mit Wut. Er sprang auf und boxte und trat weiter in die Luft.

Akane hielt ihren Atem an als sie erkannte, dass Ranma ebenfalls noch wach war. Und ihn schien ganz deutlich etwas zu beschäftigen. "Was tut er um diese Zeit noch hier?" Sie hatte es nie zugeben wollen, besonders nicht vor ihm, meistens nicht einmal vor sich selbst - im Grunde war Ranma doch ziemlich gut gebaut. "Ja, er sieht wirklich unglaublich gut aus" erkannte sie und hoffte noch im selben Moment stark errötend, niemand würde jemals etwas von diesem Gedanken erfahren. Sie duckte sich etwas tiefer, um möglichst unerkannt zu bleiben und beobachtete weiter sein nächtliches Training. Er war so voller Leidenschaft dabei, wenn er auch keinen Gegner hatte. Sein Gesicht war ernst, die Gesichtszüge streng, aber dennoch sah sie nicht auch nur den Ansatz von etwas Bösem darin. Er war definitiv schamlos und ungehobelt, er konnte ziemlich beleidigend werden und gab selten etwas Freundliches von sich. Aber gleichzeitig wusste sie auch, dass er ehrenwert, ehrlich und vertrauenswürdig war, wenn es darauf ankam. Und all diese guten Eigenschaften fand sie in diesem einen Moment in seinem Gesicht wieder. Das Seltsame war aber, dass sie erstmals darin auch etwas entdeckte, was ihr an ihm bisher völlig fremd war: Sie fand eine Spur Verletzlichkeit in ihm. Er wirkte sensibel. "Seltsam ist das." Sie legte ihren Kopf schräg. "Warum um alles in der Welt komme ich ausgerechnet jetzt darauf?" Ihr Blick fuhr weiter nach unten. Seine Beinarbeit war wirklich unglaublich. Und wie sehr sie es auch hasste, es sich einzugestehen, aber er war mit seiner Schnelligkeit ein fantastischer Kämpfer und ihr um Weiten überlegen. Sein Hemd flatterte mit seinen ruckartigen Bewegungen, während seine vor Schweiß glänzenden Arme durch die wohlgeformten Muskeln beinahe unbeweglich und hart wie Stahl wirkten. Wären da nicht seine Hände. Sie waren stark, geschickt und fast übermenschlich schnell. Ganz sicher hätte er nicht das geringste Problem, jemanden damit in Windeseile zu töten. Doch etwas dergleichen würde er nie tun. Seine Hände wirkten trotz seiner großen Stärke irgendwie... weich. Und zart. Er nutzte sie zum Kampf, jedoch stets fair. Und egal wie oft Akane ihn schon brutal und rücksichtslos angegriffen hatte, so hat er seine Hände doch nicht ein einziges Mal zur Wehr benutzt. Nie hatte er ihr auch nur ansatzweise wehgetan; jedenfalls nicht körperlich. Nur ein einziges Mal machte er von diesen Händen im Streit Gebrauch: Akane wollte ihm eine Backpfeife geben, doch er hielt ihr Handgelenk fest. Die Entschiedenheit und Kraft, die er dabei einsetzte und trotzdem noch sanft und vorsichtig blieb, stockten ihr damals für einen Augenblick den Atem.

Akane schluckte. "Ich frage mich, was seine Hände noch..." Plötzlich riss sie die Augen weit auf und presste beide Hände gegen ihren Mund. Sie hatte alle Mühe nicht laut aufzuschreien als sie realisierte, woran sie gerade dachte oder zumindest zu denken begonnen hatte. Ihr Herz raste noch immer als sie schon längst wieder den Weg zurück in ihr Zimmer gefunden und die Tür zwei Mal abgeschlossen hatte. "Das- ist doch nicht normal" flüsterte sie atemlos zu sich selbst. Verwirrt legte sie sich in ihr Bett und bemühte sich nun mit größter Anstrengung einzuschlafen, endlich nur noch einzuschlafen und zu vergessen, was sich eben ereignet hatte.

Wie auch immer, sie schaffte es tatsächlich, bald darauf etwas Schlaf zu finden. Was sie jedoch nicht ahnte war, dass dieser sie nicht von ihren Gedanken befreien würde. Sobald sie den Zustand des Wachseins verlassen hatte, kehrte sie in einen eigenartigen Traum.

*~*~*~ Sie fand sich vor dem Dojo stehend wieder, so wie sie es in der selben Nacht tat, und beobachtete Ranma. Die Schweißperlen auf seiner Stirn, seine muskulösen, nackten Oberarme, die braungebrannte Haut, sein schwarzer Pferdeschwanz, der mit jeder seiner Bewegungen mitschwang, mit diesen kraftvollen Bewegungen, sein Keuchen und Stöhnen, wenn er tritt und sprang, seine tiefblauen, glänzenden Augen und-seine Hände... Wie in Trance beobachtete sie dieses Schauspiel ein zweites Mal. Doch diesmal drehte er sich plötzlich zu ihr um. Nur einen kurzen Moment schien er über ihre Anwesendheit überrascht zu sein. Dann strich auf einmal ein warmes Lächeln über sein Gesicht. "Ich habe gehofft, du würdest kommen", sagte er ruhig und ging auf sie zu.

"Ranma... ich...", stotterte Akane und tat einen Schritt zurück. Ranma kam ihr noch näher und drängte sie so mit dem Rücken an die Wand, an die er sich über sie lehnend mit einem Arm abstützte. "Du siehst heute Abend besonders hübsch aus", hauchte er als sein Gesicht nur noch weniger Zentimeter von ihrem entfernt war und strich ihr mit einer Hand zärtlich durchs Haar. "Ra- Ranma... Du kannst doch nicht... d-du..."

Sein Gesicht wurde ernst. "Akane. Ich will ganz ehrlich zu dir sein. Ich..." ~*~*~*

"Wuaaaaaah!" Mit einem lauten Schrei fuhr Akane in ihrem Bett hoch. "Was sollte das denn?" Sie rang nach Luft und presste ihre Hand gegen ihre Brust, um das Rasen ihres Herzens gewalttätig zu verlangsamen. Nachdem sie einen Moment so verharrte, schaute sie an sich herunter und bemerkte, dass sie schweißgebadet war und am ganzen Körper zitterte. "Was- für ein schreck- licher Traum", keuchte sie zwischen einigen tiefen Luftzügen.

Die Sonne war bereits aufgegangen und bald wäre sie ohnehin aufgestanden, um sich für die Schule zurecht zu machen. An diesem Morgen hätte sie vorher allerdings noch gerne gebadet und stieg deshalb sofort aus dem Bett. Sie hatte ohnehin jede Lust weiter zu schlafen und damit das Risiko einzugehen, wieder so etwas Dämliches zu träumen, verloren.

Als sie sich im Bad wusch, musste sie schon fast lachen. "Nur ein Traum. Es war nur ein blöder Traum, mehr nicht. So etwas dürfte mich nun wirklich nicht so dermaßen aufregen." Sie schüttelte lächelnd ihren Kopf und machte sich auf den Weg zum Frühstück.

~

Das kleine Training in der Nacht hatte Ranma gut getan. Danach schlief er schnell und tief ein. Nachdem er aufgewacht war, hatte er nicht mehr im Geringsten verstanden, worüber er sich so den Kopf zerbrochen hatte. Es war nur einer von vielen dummen Streits. So wie er Akane kannte, war sie zwar leicht zu erregen, blieb ihm aber äußerst selten für länger als ein paar Stunden richtig böse. Der Gedanke erleichterte ihn auf eine ihn unerklärliche Weise. Obwohl er erst sehr spät ins Bett gegangen war, wurde er schon früh wach und nutzte die friedliche Stille des Morgens, um sein Training fortzusetzen und ein wenig zu joggen. Er war gerade dabei, zu seinem Zimmer zu gehen, um seine Schultasche zu holen, als er um die Ecke bog und auf eine kichernd kopfschüttelnde Akane traf. Ganz so wie sie es zu sein schien, war auch er in seinen Gedanken verloren und bemerkte sie, trotz seiner durch den Kampfsport geschärften Sinne, nicht kommen. Ob er es wollte oder nicht, der Zusammenstoß war heftig. Schließlich war er ihr sowohl an Körpermasse als auch an Größe überlegen. Und so stoß er sie unbeabsichtigt in seiner Eile um wie einen Kegel. Dank seiner guten Reflexe schaffte er es jedoch, sie in letzter Sekunde aufzufangen. Im Schock blieb er einen Moment so stehen und atmete dann erleichtert aus, nachdem er ihr half, wieder aufrecht zu stehen. Er lächelte. "Puh... Morgen Akane. Das ist ja gerade noch mal gutgegangen, was?"

Ganz im Gegensatz zu seiner strahlenden Erscheinung schien das Bild Akanes. Wie erstarrt stand sie vor ihm mit versteinertem Gesicht.

"Ra-Ranma", stotterte sie erst weniger klug und fing plötzlich an zu schreien: "Aaaaah Ranma?!" Schneller als er irgendeinen guten Grund für ihr plötzliches Ausflippen finden konnte, rannte sie davon und ließ einen ohnehin schon verwirrten Ranma zurück. Verwundert kratze er sich am Kopf nachdem er sich aus seiner Starre gelöst hatte. "Was hat sie nun schon wieder?" Dann stieß er einen langen entnervten Seufzer aus. "Uaah... Diese dumme Gans. Ist die denn immer noch sauer wegen gestern Abend? So etwas Dämliches. Oder ist es, weil ich sie eben aufgefangen habe? Man, jetzt denkt sie sicher gleich wieder, ich wollte sie angrabschen oder so. Als wenn... Nächstes Mal lasse ich sie lieber zu Boden fallen, dann kann sie ja sehen, was ihr lieber ist." Den letzten Satz sprach er mit Nachdruck zu sich selbst, wenn er auch genau wusste, dass sich in ihm immer etwas stärker als alles andere auftun würde, wenn es darum ging, Akane zu beschützen. "Sie ist einfach ein Tollpatsch", dachte er leicht lächelnd. "Wenn ich aufhören würde, ihr ständig zu helfen, wäre sie spätestens nach 2 Minuten hoffnungslos verloren." Er verschränkte lachend beide Arme hinter den Kopf und holte seine Schulsachen, um endlich frühstücken zu können.

Am Tisch angekommen merkte er jedoch, dass Akane nicht auf ihrem üblichen Platz, neben ihm, saß.

"Was ist los mit mir?" Diese eine Frage verließ Akanes Kopf nicht mehr, seit dem Zusammentreffen mit Ranma unten an der Treppe. Nur wenige Sekunden vorher musste sie noch über ihren seltsamen Traum lachen. Aber als sie dann Ranma aus nächster Nähe in die Augen schaute, waren alle Erinnerungen des Traums plötzlich so nah und greifbar, als sei er real gewesen. Sie entdeckte das gleiche Schimmern in seinen Augen, das gleiche Lächeln auf seinen Lippen - der Moment hatte einen gewissen Deja Vu Charakter, wenn die Situation auch vollkommen anders entsprang. Das mitschwingende Gefühl war es, das ihr auf einmal solche Sorgen bereitete. Denn... es war ihr nicht unbedingt unangenehm, von ihm gehalten zu werden. Das wirklich Schlimme war: Es war eigentlich das genaue Gegenteil. Wie könnte sie ihm da noch ins Gesicht blicken? So unsensibel er auch manchmal sein konnte, wenn es um solche Dinge ging, konnte er die Menschen oft genauso gut durchschauen, wie es Nabiki tat. Und nichts bereitete ihr mehr Angst, als in dieser einen Sache ausgerechnet von diesem Menschen ertappt zu werden.

Ihr Gesicht wurde heiß als Ranma sich stumm an den Tisch setzte, nachdem er sich vorher für einige Sekunden die neue Sitzordnung anschaute. Er wirkte weder wütend, noch gleichgültig; eher sehr überrascht. Zumindest anfangs. Dann formten sich seine Augen langsam zu kleinen Schlitzen, die Akane scharf und frontal observierten. "Ich verstehe", knurrte er leise zwischen den Zähnen. "Wenn das so ist...". Mit Schwung wandte er sein Gesicht von ihr ab, um ihr mit seiner Körperhaltung deutlich zu zeigen, dass es ihn kein wenig interessierte, was Akane vorhatte. Seine Gedanken schrien beinahe das Wort "Machoweib", sodass sie es fast zu hören glaubte und nun noch mehr fürchtete, dass man ebenso leicht ihre eigenen Gedanken lesen könnte.

"Ich gehe!" rief sie und sprang hastig vom Tisch auf. "Aber Akane, du hast noch nicht aufgegessen" bemerkte Kasumi und deutete auf ihre halbvolle Reisschale.

Akane schnappte derweil eilig ihre Schultasche und rannte hinaus. Sie hatte gerade die Tür erreicht als Ranma es aufgab, weiterhin zu schmollen und es stattdessen vorzog, wieder in einen Streit zu geraten. Ihr Verhalten verstand er eindeutig als so eine Art Mädchen-Spiel, bei dem der Mann das Mädchen, das vor ihm vergnügt davon läuft, fangen muss. Es regte ihn unglaublich auf, zumal er derartiges gar nicht von Akane erwartet hätte. Aber gegen seine Wut kam er nicht an. Und so rannte er ihr hinterher.

"Hey was soll das? Willst du heute gar nicht auf mich warten?"

Akane antwortete nicht. Sie überlegte für einen Moment, was sie ihm sagen könnte, damit er sie einfach nur in Ruhe lassen würde, zumindest für eine Weile, aber ihr fiel nicht einmal eine miese Ausrede ein.

"Man, ich rede mir dir! Warum musst du denn immer so komisch sein?" Plötzlich blieb Akane für einen kurzen Moment stehen und sagte von ihm abgewandt. "Ich habe es eilig. Wegen dir komme ich jeden Morgen zu spät. Entweder kommst du jetzt mit oder nicht. Es könnte mich nicht weniger interessieren. Aber dann sei still und beeile dich einfach." Sie umschloss den Griff ihrer Tasche fester. "Sprich mich einfach nicht mehr an."

Ranma blieb ebenfalls stehen. Weniger, um sich ihr anzupassen, als weil ihn die Kälte in ihrer Stimme, wie auch der Worte, die sie so gefühllos aussprach, erschraken und er sich nicht mehr bewegen konnte. Sein Kiefer klappte herunter. Verzweifelt versuchte er in seinem Kopf ein paar Worte zusammen zu setzen, die einen vernünftigen Satz ergaben, doch er schaffte es nicht. Er war es ja gewohnt weitaus schlimmere Beschimpfungen von ihr zu hören. Dabei war sie meistens sogar hysterisch und laut. Nie aber beinhalteten ihre Worte so viel Kälte.

"Wenn sie laut wird", dachte er. "Dann meistens, weil sie gerade wegen irgendetwas wieder ausflippt. Aber sagt sie etwas ohne jedes Gefühl, dann kann das nur bedeuten, dass sie es nicht sagt, um mich zu beleidigen, sondern... dass sie es ernst meint." Er bekam eine Gänsehaut. "Es könnte mich nicht weniger interessieren" hallten ihre Worte in seinem Gedächtnis wider. Er wusste nicht, warum, aber auf einmal spürte er in sich, was er noch nie zuvor empfunden hatte. Weder hatte er gerade gegen jemanden gekämpft, noch war er in den letzten Wochen gezwungen gewesen, eine von Akanes sogenannten "Mahlzeiten" zu essen, aber trotzdem ging etwas in seinem Bauch vor. Es war fast so etwas wie ein... Schmerz.

Ranma wurde aus seinen Gedanken gerissen, als die Tür krachend ins Schloss fiel. Noch nicht ganz bei sich, stolperte er hinaus und sah Akane bereits ein gutes Stück voraus. Sie spürte seine Anwesenheit und rief in dem selben Ton wie eben: "Ich hab' dir gesagt, ich hab's eilig."

Er bemühte sich nun nicht mehr, mit ihr Schritt zu halten und schaute ihr einfach hinterher bis ihre Erscheinung immer kleiner wurde und schließlich hinter einer Ecke verschwand. Ein leichter Wind wehte auf und fegte in sein Haar. Er seufzte und schaute auf die Uhr. "Aber... Die Schule beginnt ja erst in einer Stunde. Was zur..." Er schüttelte seinen Kopf und fand wieder zu sich. "Ah jetzt verstehe ich. Sie ist also doch noch wütend. Diese miese kleine... Na gut, wenn sie Krieg haben will, soll sie ihn kriegen." Er ballte seine Hände zu Fäusten im Ärger darüber, dass ihre Worte ihm für einen Moment tatsächlich nahe gingen. "Aber eins muss ich zugeben", sagte er etwas heiter zu sich selbst als er sich seine Tasche umschnallte. "Diesmal hat sie es wirklich geschafft, mich reinzulegen. Nur zu schade, dass sie ihren Gegner unterschätzt." Ein teuflisches Grinsen überkam sein Gesicht. "Ich werde... Ich werde sie in der Schule vor allen ihren Freunden darauf ansprechen. Dann kann sie nicht weglaufen und wird sicher nervös. Hi hi hi!" Er lachte und sprang auf den Zaun. "Ich bin einfach genial. Keine Chance, dass ich verliere. Ich kenne sie einfach zu gut und weiß immer ihren nächsten Schritt im voraus."

~

So munter spazierte er weiter, machte noch einen kleinen Abstecher im Einkaufszentrum und schaute sich dies und jenes an - er hatte ja noch genügend Zeit bis die Schule anfing und es war ihm ganz wichtig, dass auch ja viele Leute dabei sind, wenn er Akane bloß stellen wird. Und dann als seine gute Laune fast ihren Höhepunkt erreicht hatte in Aussicht auf einen weiteren Sieg im Leben das Ranma Saotome, sah er sie. Akane saß alleine auf einer Parkbank unter einem Kirschbaum.

"Pff... Sie hatte es also eilig, hier irgendwo herumzusitzen bevor die Schule anfängt, ja?" murmelte er zu sich selbst und beobachtete sie heimlich aus einem Gebüsch, in der Hoffnung, ein Geheimnis von ihr aufzudecken. Es sah allerdings ganz und gar nicht danach aus, als würde noch irgendetwas Besonderes passieren. Sie schaute sich nicht um, so als erwarte sie jemanden. Es war auch keine Spur dafür da, dass sie sich vorher mit jemandem getroffen hatte. Sie sah aus wie immer. Nur, dass in ihrem Gesicht etwas Schweres lag. Sie seufzte schwer. "Das kann doch nicht wahr sein", flüsterte sie.

Ranma nahm lediglich wahr, dass sich ihre Lippen ein klein wenig bewegten, verstand jedoch nicht, was sie sagte. Plötzlich wurde ihm schlagartig klar, dass gar nicht er der Grund für ihr seltsames Verhalten am Morgen gewesen sein musste. Sie bedrückte etwas. Ganz eindeutig. Und er war willens, ihr zu helfen. Nicht, dass er Wert darauf gelegen hätte, wie es ihr ging. Er konnte bloß diesen von ihr ungewohnten Anblick nicht ertragen.

"Akane?", sagte er vorsichtig als er aus seinem Versteck herauskam. Er machte ein ernstes mitfühlendes Gesicht und ging auf sie zu. "Hör mal, ich merke doch, dass mit dir etwas nicht stimmt."

Sie schreckte hoch. "Ra-Ranma!" Ihre Gesichtzüge gefroren als sie ihn zu sich nähertreten sah und fand sich in der nächsten Sekunde etwas wackelig auf den Beinen wieder. Er sortierte die Sätze in seinem Kopf und beschloss, ihr zunächst zu gestehen, dass er sie eine Weile beobachtet hatte, bereits einkalkuliert, dass es sie wieder einmal wütend machte und sie ihn als Perversen oder Spanner beschimpfen würde. Vielleicht auch beides.

Entgegen aller Gewohnheiten lächelte er schüchtern und bemühte sich möglichst sanft zu sprechen, um sie ruhig zu behalten und ihr damit wenig Angriffslust zu verschaffen. "Also, ich will ganz ehrlich zu dir sein. Ich..."

"Wa-wa-was sagst du da?" schrie sie ihn an und schaffte es an diesem Morgen ein weiteres Mal, ihn total zu überfallen. Sie sprang auf und verzog wie vor Schmerzen ihr Gesicht. "Ich will ganz ehrlich zu dir sein. - Das ist der selbe Satz, den er zu mir im Traum sagte, gerade als er vorhatte mich zu..." schoss es ihr in den Sinn.

Ihr entfuhr ein unkontrollierter Schrei. "Komm keinen Schritt näher! Bleib wo du bist, klar?"

Eine Sekunde war Ranma sprachlos, nur um dann mit doppelter Erregung zurück zu schreien: "Akane hey, drehst du jetzt total durch? Eben hab' ich doch gar nichts gemacht!" Er strich sich mit einer Hand eine Strähne aus dem Gesicht.

Sie fixierte diese Bewegung genau. Seine Augen waren entschlossen und es erschien wieder dieses Feuer darin, wie es immer entfacht, wenn ein Kampf bevor steht. Dazu aber das sanfte und kontrollierte Streichen mit zwei Fingern. Sie verlor ihr Gleichgewicht und kippte zurück auf die Bank.

"Wa-was jetzt?", fragte Ranma ungeduldig und schien noch verwirrter als vorher.

Seine Stimme war es schließlich, die Akane ihre Kraft wieder finden ließ. Ohne ein weiteres Wort griff sie nach ihrer Tasche und rannte davon. Sie wusste nicht genau wohin. Hauptsache war, weit weit weg von ihm. "Mit dem stimmt doch irgendwas nicht" knurrte sie. "Sicher hat Shampoo wieder irgendetwas Seltsames gekocht. Und wegen diesem blöden China-Mädchen und diesem noch blöderen Trottel, benehme ich mich wie eine Irre." Ihre Schlussfolgerung machte sie erst richtig wütend. Ohne auf den Weg zu achten, nahm sie an Tempo zu.

Ranma schaute ihr bedeppert hinterher. "Es war doch wegen mir." Er gab einen verächtlichen Laut von sich. "Also gut, ich bin bereit."

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Okay, ihr lieben Leute, das war erst der erste Streich, doch der zweite folgt sogleich. ^.~