Gelegenheit macht ...
Ein Kuss in vollkommener Dunkelheit und jenseits jeglichen Geräusches, war intensiver als alles andere. Jedenfalls dachte sie das, denn wie sonst sollte sie sich erklären können, dass sie ihn nicht vergessen konnte. Mit jedem Schließen ihrer Augen vermeinte Hermione wieder den Druck seiner Lippen auf ihren zu spüren. Jede Nuance seines Mundes schien ihr so vertraut wie ihr eigener und dennoch wusste sie nicht wem er gehörte. Sie kannte nur seinen Kuss.
Seufzend versuchte sie sich erneut auf das Buch in ihrem Schoss zu konzentrieren. Zum dritten Mal begann sie dieselbe Seite zu lesen und nahm dennoch nichts davon wahr. Wahrheit oder Pflicht – wer war nur auf die idiotische Idee gekommen dieses Spiel zu spielen?
„Es war niemand bei dir im Schrank. Du hast geträumt!", hat ihr ihre Freundin Ginny erklärt. Der Kuss war kein Traum gewesen, oder?
„Wir haben uns mit dir einen Scherz erlaubt und dich nur im Dunklen stehen gelassen!"
Verneinend schüttelte sie ihren Kopf. Sie war nicht allein gewesen. Da war die Wärme eines anderen Körpers. Sein Geruch, der sich unwiderruflich in ihr Gehirn gebrannt hatte. Immer wieder ertappte sie sich dabei, wie sie bei sämtlichen männlichen Schulkollegen die Augen schloss und an ihnen schnupperte, sobald sie an ihr vorbeiliefen, aber er war nicht dabei. Dieser Duft nach Rauch eines offenen Feuers. Nach Kräutern und nach etwas das sie nicht benennen konnte. Sie versuchte das Ganze zu vergessen.
Es tat ihr nicht gut sich in diese Sache hineinzusteigern, denn sie hatte bereits jetzt Angst ihren Verstand zu verlieren. Was wenn sie es sich wirklich nur eingebildet hatte und da wirklich niemand war? In ihrer Verzweiflung war sie sogar soweit gegangen und hatte sich sogar an ihren Erzfeind herangeschlichen und an ihm gerochen. Nur um herauszufinden, das zum Glück auch Draco dafür nicht in Frage kam. Niemand blieb über. Es war keiner der Jungs die sie kannte. Die einzigen männlichen Wesen die noch blieben und die sie noch nicht überprüft hatte, waren die Lehrer.
Tja und da war die Auswahl mehr als bescheiden zu nennen. Da war der Direktor Dumbledore. Der bloße Gedanke er könnte sie geküsst haben jagte ihr Angstschauer über den Rücken, von den anderen Gefühlen ganz zu schweigen. Oder Horace Slughorn. Lieber würde sie Draco als ihn küssen. Dann war da noch Filch der Hausmeister. Bei ihm genügte ein bloßes Igitt und Rebeus Hagrid. Ihn hatte sie zwar vom Herzen gern, aber mehr wie einen großen lieben Onkel und nicht dem Mann ihrer Träume. Gerade sah sie aus dem Augenwinkel eine dunkle Gestalt vorbeihuschen. Ihn hätte sie beinahe vergessen. Professor Severus Snape.
Unwillkürlich folgte sie ihm mit den Augen. Nein, er war es ganz bestimmt nicht gewesen. Er kam dafür überhaupt nicht in Frage. Da würde sie noch eher eine hässliche Kröte küssen als sich von ihm anfassen zu lassen. Wie widerwärtig musste sein Mund schmecken, wenn die Worte die daraus kamen nur so vor Gift trieften? Nein, das er es gewesen war, war schlicht unmöglich. Langsam erhob sie sich. Sie musste zu ihrer allerletzten Unterrichtsstunde.
Heute war praktisch ihr letzter Schultag. Morgen hielt nur noch Dumbledore in der großen Halle eine Abschiedsrede und dann war ihre Schulzeit in Hogwarts für immer vorbei. Seufzend stieg sie hinab in den Kerker. Zaubertränke, ausgerechnet das musste ihre letzte Stunde in diesem großartigen Schloss sein. Aber auch diese Stunde würde vorübergehen und Snape konnte ihnen nichts mehr tun. Es war vorbei mit all den Hässlichkeiten und den schlimmen Prüfungen.
Sie nahm gerade an ihrem Tisch Platz, als seine Gestalt an ihr vorüber zog und erst vorne am Lehrerpult innehielt. Aber das war es nicht gewesen, was sie erstarren ließ. Dieser Geruch. Sein Geruch. Es war jener … Stöhnend verbarg sie ihr Gesicht in den Händen. Lieber Gott lass mich aus diesem Alptraum erwachen und lass es nicht wahr sein.
Gerade hörte sie von seinem Mund das Wort Pflicht. In welchem Zusammenhang er es gebrauchte war unwichtig. Sie hörte nur dieses eine Wort. Pflicht, konnte das Wort erotisch klingen? Bis zu diesem Zeitpunkt wusste sie es nicht, doch jetzt erweckte es Bilder in ihrem Kopf, von denen sie nicht einmal wusste, das es sie gab. Mit offenem Mund folgte sie ihm. Nicht sie selbst, ihre Augen ruhten auf ihm um nicht eine Bewegung, eine Geste zu versäumen. Wie war das nur möglich? Er war es gewesen!
Nicht das sie sein Gesicht erkannt hätte, dafür war es zu dunkel gewesen und außerdem hatte man ihr die Augen verbunden. Es war mehr dieser Hauch seines ganz eigenen, speziellen, ihn ausmachenden Geruchs der seinem ganzen Körper um schwebte und einhüllte gewesen, der sie gleich einem Keulenschlag traf und ihn verriet. Der Kuss – er war es gewesen. Unwillkürlich glitt ihr Blick zu seinen Lippen. Dieser Mund war es gewesen der sie in der Dunkelheit überfallen hat und nachdem sie sich seitdem verzehrte. Er hatte Sehnsüchte in ihr geweckt und Träume, aber die bloße Vorstellung das er es gewesen war, brachte sie vollkommen Durcheinander. Verwirrt starrte sie ihn an und vergaß dabei alles rund um sich.
Sie wusste es! Woher konnte er nicht sagen. Aber dieser Blick, ihre Mimik und Gestik, selbst ihr ganzer Körper sprach deutlich eine Sprache. Sie hatte ihn erkannt. Dabei hatte er das gar nicht vorgehabt. Niemals hatte er auch nur einen Gedanken daran verschwendet wie es sein könnte, sie zu küssen. Eigentlich war er zufällig über sie gestolpert als er seine nächtliche Runde zog und dabei hatte er sie in einem Schrank gefunden. Es war kein normaler Schrank. Dieser besaß eine Geheimtür, aber das wusste keiner. Nicht einmal Dumbeldore.
Nur er hatte davon eine Ahnung. Alle Schüler rätselten über sein Geheimnis wie er es schaffte sich so schnell im Schloss fortzubewegen. Es waren diese Geheimgänge die es ihm ermöglichten. Und in einem von diesem fand er Hermione Granger. Erwartungsvoll stand sie da. Jemand hatte ihr die Augen verbunden. Von draußen drangen die Worte „Wahrheit oder Pflicht!" an sein Ohr. Also das wurde gespielt und die mutige Miss Granger hatte sich anscheinend für Pflicht entschieden.
Er wollte sich bereits abwenden und wider gehen, denn er erwartete das einer ihrer Freunde herein kommen würde um sie zu küssen, aber nichts passierte. Plötzlich neugierig geworden blieb er stehen. Sie hatte ihren Mund leicht zu ihm emporgehoben. Es wäre ein leichtes das Verbotene zu tun und niemand würde es erfahren. Tief holte er Luft. Er tat nichts verbotenes mehr. Schon seit Jahren nicht mehr. Er war vernünftig und erwachsen geworden und bar jeden Unfugs. Nie tat er etwas was sich nicht gehörte.
Niemand würde es erfahren.
Niemand.
Nicht einmal sie. Langsam, wie in Zeitlupe beugte er sich über sie und berührte ganz sanft, ganz sacht ihre Lippen. Weich und warm waren sie. Leicht strich er darüber. Ließ ihr Zeit sich zurück zu ziehen, oder ihm die Erlaubnis zu geben fortzufahren. Sie öffnete etwas ihren Mund und streckte sich ihm entgegen. Ein kleines Seufzen war von ihren Lippen zu hören und dann … er hatte sie einfach geküsst. Ließ die überwältigenden Gefühle, die sie in ihm auslöste zu und auch die Pein.
Denn jedes Glücksgefühl war in ihm mit Schmerz verbunden. Wenn er für eine Sekunde glücklich war, folgte daraus meist jahrelanger Schmerz. Und bei ihr würde es nicht anders sein. Sie war bereits in wenigen Tagen für immer fort aus Hogwarts und bevor ihre Lippen trocken von seinem Kuss waren, hätte sie ihn auch schon vergessen.
Doch jetzt starrte sie ihn als hätte er ihr rohe Gewalt angetan. Ihr Blick brachte ihn aus dem Konzept und er vergaß was er gerade sagen wollte. Stockte zum ersten Mal in seiner Rede. Zum Glück hörte ihm, wie immer, keiner der Schüler wirklich zu und so fiel es keinem von ihnen auf. Später wusste er nicht einmal genau was er alles zu ihnen gesagt hatte. Er nahm an, dass er seine Standartrede herunter zitiert hatte und ihnen erklärte für wie Unfähig er sie alle hielt und wie sehr er es bereute seine kostbare Zeit an sie vergeudet zu haben.
Noch nie war er so froh gewesen den Unterrichtsraum verlassen zu können. Nur noch wenige Stunden und dann war sie für immer fort. Brütend verbrachte er den Rest des Tages in seinem Kerker. Ließ sich nicht einmal zum Abendessen in der großen Halle blicken. Er schwor sich erst nach Dumbledores Rede seine Räumlichkeiten wieder zu verlassen. Nicht noch einmal wollte er ihr begegnen. Was sollte er ihr auch sagen? Es gab nichts zu sagen.
Eine Entschuldigung wäre ein Schuldeingeständnis, aber er fühlte sich nicht schuldig, im Gegenteil. So sehr er auch diese widersprüchlichen und seltsamen Gefühle in sich niederkämpfte sie waren da. Ungefragt. Ungewollt. Unerwünscht. Ihm tat der Kuss nicht leid und er würde es wieder tun, wenn er die Möglichkeit dazu bekam. Aber wie war sie ihm auf die Schliche gekommen? Was hatte ihn verraten? Gab es doch einen Zeugen? Nein, das hatte er überprüft, bevor …
Vielleicht hatte sie doch etwas durch ihre Augenbinde gesehen? So musste es gewesen sein. Dann wusste sie schon damals wer sie vorhatte zu küssen? Ruhelos sprang er von seinem Stuhl hoch und begann mit großen Schritten auf und ab zu laufen. Warum nur hatte er sich dazu hinreißen lassen. War er verrückt? Natürlich war er das, nur so konnte er sich sein Verhalten erklären.
Es sollte eine lange, eine sehr lange Nacht werden. Zuerst unternahm er den unsinnigen Versuch Schlaf zu finden. Also stand er wieder auf und wollte seinen gewohnten Gang durch das Schloss unternehmen. Unbewusst brachte ihn sein Weg genau in jenen verfluchten Schrank. Gerade als er umdrehen und verschwinden wollte, fiel sein Blick auf den Boden. Da lag ein Tuch. Jenes Tuch. Ohne darüber nachzudenken, bückte er sich und hob es auf. Rasch ließ er es in seiner Robe verschwinden.
Er war nicht sentimental und hing bestimmt nicht an irgendwelchen Erinnerungsstücken. So etwas brauchte er nicht. Darum würde er sich auch nicht erlauben darüber nachzudenken. Severus kehrte in seine Räume zurück, warf das Tuch achtlos in eine seiner Schubladen und schloss die Lade. Tief holte er Luft, dann öffnete er wieder die Lade. Was tat er nur? Er war scheinbar vollkommen außer Kontrolle geraten durch diesen Kuss. Hastig schloss er die Lade wieder und beschloss eine große Runde rund um das Schloss zu drehen und erst wieder zu kommen, wenn der neue Tag zu grauen begann.
Nervös schlich Hermione nach unten. Sie hatte ihn beim Abendessen nicht gesehen, aber das Frühstück würde er bestimmt nicht versäumen. Mit gesenktem Kopf schlich sie zu ihrem Platz. Zum letzten Mal würde sie dort ihr Frühstück einnehmen, bevor sie danach das Schloss für immer verließ. Der Gedanke machte sie traurig und zugleich wehmütig saß sie vor ihrem Teller. Sie würde die Schule vermissen. Automatisch glitt ihr Blick zum Lehrertisch. Er war nicht da.
Snape blieb auch dem Frühstück fern. War es wegen ihr? War sie verrückt? Natürlich war es nicht wegen ihr. Sie litt bestimmt unter Halluzinationen oder so. Es konnte nicht sein, dass er es gewesen war. In ihrem Herzen war sie sich sicher, dass er es gewesen war, auch wenn ihr Verstand sich weigerte das zu akzeptieren. Die Rede von Dumbledore war berührend schön gewesen und ehe sie sich versah stand sie mit ihren Freunden schon vor den Türen von Hogwarts.
In der einen Hand ihre Tasche und in der anderen ihren Schulabschluss. Damit war sie nicht mehr länger Schülerin von Hogwarts. Sie beschloss noch eine letzte Runde über das Hogwartsgelände zu drehen. Einmal noch vertraute Orte aufzusuchen, ehe sie den Zug ein letztes Mal bestieg um Nachhause zu fahren. Ihr Weg führte sie am See vorbei bis zum verbotenen Wald. Dort war sie nicht mehr länger alleine. Er war dort. Snape.
Schweigend standen sie einander gegenüber. Keiner sagte ein Wort. Sahen einander nur an. Mit ihm hatte sie nicht mehr gerechnet. Sie hatte geglaubt er wäre schon fort. Nun stand er hier vor ihr. Nervös begann sie an ihrer Lippe zu kauen. Das Schweigen zehrte an ihren Nerven. Sie hatte keine Ahnung was sie sagen sollte.
Haben Sie mich geküsst, war wohl nicht der beste Anfang für ein Gespräch, aber es war die einzige Frage die sie beschäftigte, seit er im Unterricht gestern an ihr vorübergegangen war. Wie von selbst glitt ihr Blick zu seinem Mund. Erneut versuchte sie sich vorzustellen wie er sich über sie beugte und sie küsste. Aber es gelang ihr nicht. Es wollte sich dazu kein Bild in ihrem Kopf einstellen.
„Miss Granger sollten Sie nicht mit den anderen einen Zug besteigen?", fragte er sie mit sonorer Stimme, bevor das Schweigen unangenehm wurde.
Was tat sie noch hier? Warum war sie nicht schon längst fort? Nun stand sie vor ihm wie die reinste Versuchung. Vielleicht wollte sie ihn anklagen für das was er getan hatte? Mit seiner Frage wollte er von sich ab auf etwas unverfängliches lenken.
„Ich denke, ich bin noch hier, weil ich etwas verstehen möchte.", erwiderte sie ruhig.
„Verstehen?"
„Sie müssen doch ahnen was mich beschäftigt!" Langsam ging sie auf ihn zu. Kam ihm näher.
„Woher soll ich wissen was in ihrem Kopf vor sich geht, Miss Granger!" Ihren Namen betonte er überdeutlich. Er wollte sie auf Distanz halten.
„Vielleicht weil Sie ähnliche Gedanken haben?", provozierte sie ihn. Er sah es in ihren Augen. Sie war sich sicher.
„Welcher Gedanke könnte uns schon verbinden?" Severus wich ein Stück zurück. Hermione stand schon beinahe dicht vor ihm.
„Ein Kuss!" Verneinend schüttelte er den Kopf.
„Ich küsse keine Schülerin!"
„Ich bin nicht mehr länger Ihre Schülerin!", widersprach sie sanft.
Das war wie ein Freibrief. Er durfte sie ungestraft küssen. Nicht einmal Dumbledore konnte ihn deshalb abmahnen.
„Was sollte mich dazu veranlassen Sie zu küssen?", verlangte er zu wissen. Noch war er nicht bereit dazu zu zugeben, das er es schon einmal getan hatte. Darauf war er nicht besonders stolz. Andererseits, warum sollte er bereuen, was man ihm so freimütig geschenkt hatte?
„Vielleicht, weil Sie es schon einmal getan haben!", sagte sie ihm auf den Kopf zu.
„Habe ich das?"
„Soll ich es Ihnen beweisen?" Hermione schob sich noch ein Stück näher an ihn heran. Sie musste ihren Kopf tief in den Nacken legen um ihm noch in die Augen blicken zu können.
„Wie?", flüsterte er heißer. Schon stellte sie sich auf ihre Zehenspitzen und streifte mit ihren Lippen seinen Mund.
Wo sie noch einen Funken Zweifel, eine Nuance Unsicherheit hatte, bekam sie nun Bestätigung. Plötzlich legten sich seine Hände um ihr Gesicht. Sie spürte wie er sie von sich stoßen wollte. Er wollte nicht zulassen was hier passierte.
„Sie versuchen nur mich zu testen, aber das wird Ihnen nicht gelingen!", warf er ihr vor. Sein Mund ruhte dicht über den ihrigen.
„Das ist kein Test!", widersprach sie sanft. Vorsichtig legte sie ihre Hände auf seine Brust. Ihn zu berühren gab dem Ganzen eine neue Wirklichkeit.
Wo vorher ungewisse Dunkelheit herrschte hatte nun der Prinz ihrer Träume ein Gesicht. Zugeben ein unerwartetes Gesicht und der Gedanke das Severus Snape dazu fähig war so zu küssen, war noch vollkommen neu für sie, aber hier im Licht des Tages wurde ihr diese Tatsache immer vertrauter. Sie begann ihn mit neuen Augen zu sehen.
Anders zu sehen. Aus der düsteren Fledermaus wurde ein Mann aus Fleisch und Blut. Wer so küssen konnte wie er, konnte nicht durch und durch böse sein. Da war noch mehr und ohne es zu wollen weckte das in ihr ihre Neugierde. Unentschlossen stand er vor ihr. Seine Atmung ging heftig.
Er schien mit sich zu kämpfen. Noch war er nicht dazu bereit es zu zugeben. Geschweige den es zu zulassen. Aber diesen Kampf würde er verlieren, mochte er es auch noch nicht wissen.
„Wo bleibt Ihr Mut, den Sie im Schrank gezeigt haben? Soll ich meine Augen schließen?"
Das war seine Achillesferse. Der Zweifel an seinem Mut und an seiner Tapferkeit. Immer stellte er sich seinen Herausforderungen und das wusste Hermione. Ein Funken stahl sich in seine Augen, dann neigte er sich über sie und verschloss ihren Mund.
Sie sollte schweigen. Sie sollte aufhören ihn zu provozieren. Nur deshalb tat er es. Jedenfalls versuchte er sich das einzureden. Weiter kam er nicht in seinen Gedanken. Wie ausgelöscht waren sie und ließen nur noch Platz für Gefühle. Gefühle die er längst verschüttet glaubte. Die es in ihm nicht mehr gab. Die tot waren.
Aber diese junge Frau brach mühelos seine harte Schale auf und drang, ohne es zu ahnen, bis tief in seinem Kern, in sein Herz, vor. Severus schlang seine Arme um sie und presste sie hart, beinahe schon schmerzhaft an sich.
„Du weißt nicht worauf du dich einlässt!", knurrte er sie an, sobald er seine Lippen von den ihren nahm.
„Nein, das weiß ich nicht, aber ich bin bereit es herauszufinden."
Tief holte er bei ihren Worten Luft. Zärtlich strich sie ihm mit ihren Fingern über die Wange, dabei sah sie ihn liebevoll an. Konnte es sein? War es möglich? Konnte ein Geschöpf wie sie ihr Herz an ein Geschöpf wie ihn verlieren?
„Du gehst fort von hier und kommst auch nicht mehr zurück!", sagte er heftig.
„Welche Entfernung könnte uns trennen, wenn wir zusammen sein wollen?"
So leicht wollte sie es ihm nicht machen. Mit einem Portschlüssel war es praktisch ein Kinderspiel sich jederzeit und überall zu sehen, selbst am Ende der Welt.
„Ein Kuss macht dich nicht zum Experten über mich!", versuchte er erneut sie zu vertreiben.
„Das stimmt und was ich bisher von dir kennengelernt habe, gefällt mir gar nicht, aber ich denke da könnte noch mehr sein. Das sagt mir der Kuss!", offenbarte sie ihm gnadenlos ehrlich.
Hermione löste sich von ihm und trat einige Schritte zurück.
„Ich werde jetzt gehen und überlasse es dir ob wir einander wiedersehen. Du weißt wo du mich findest!"
Mit diesen Worten machte sie kehrt und lief beinahe zum Schloss zurück. Wenn er sie nicht aufhielt, saß sie schon bald in einem Zug der sie meilenweit weg von ihm brachte.
Der Bahnsteig war überfüllt. Alle Kinder aus dem Schloss machten sich auf dem Heimweg. Sie musste sich über mehrere Koffer, Käfige und andere seltsame Dinge hinweg kämpfen bis ihre Freunde erreichte.
„Wo bist du gewesen?", fragte sie Harry.
Hermione zuckte nur mit den Achseln.
„Spazieren", antwortete sie ausweichend.
Nach und nach begannen alle den Zug zu besteigen. Es wurde Zeit für die Heimreise. Als sie gerade ihren Fuß auf die erste Stufe hinauf in den Wagon setzte, hielten Harrys Worte sie zurück.
„Was macht den der hier?" Mit der konnte er nur einen Menschen meinen. Sie drehte ihren Kopf und sah mitten in seine Augen.
„Geh nicht!", war alles was er sagte und wartete.
„Ich denke, ich habe hier noch etwas vergessen!", sagte sie zu dem völlig verblüfft dreinblickenden Harry, strahlte ihn glücklich an und ging auf Severus zu.
„Was hat deine Meinung geändert?", verlangte sie zu wissen. Sie würde nur bleiben, wenn er etwas nettes zu ihr sagte.
„Ich möchte herausfinden ..." begann er zögernd. Es fiel ihm nicht leicht über Gefühle zu sprechen und schon gar nicht, wenn es sich um die seinigen handelt.
„Was möchtest du herausfinden?", hakte sie sanft nach.
„Was es ist, was uns zueinander zieht!"
Es war nicht viel, aber es musste genügen. Er sagte nicht, das er sie mochte. Kein Wort von Zuneigung, geschweige den von Liebe. Aber das hatte sie auch nicht erwartet. So gut kannte sie ihn. Hermione schob ihre Hand in seine und hielt sie fest. Entschlossen zog sie ihn mit sich zum Ausgang. Die verwirrten und verblüfften Blicke die ihnen folgten nahmen sie gar nicht wahr. Einzig er zählte und der Gedanke ihn wieder zu küssen. Vielleicht auch wieder in einem Schrank.
